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Quelle: a.a.a.p. Internationale Rätekorrespondenz 1934-1937 / Gruppe Internationaler Kommunisten (Holland). – Transkribiert und herausgegeben für Rätekommunismus ; Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek, Dezember 2020, 504 S., € 13,16, ISBN 979-8551636052 |
Das gelobte Land (Bericht aus Palästina)Quelle: Das gelobte Land (Bericht aus Palästina) – In: Internationale Rätekorrespondenz : Theoretisches und Diskussionsorgan für die Rätebewegung. – Ausg[abe]. der Gruppe Int[ernationaler]. Kommunisten, Holland. – 1936, Nr. 20 (Dezember); Quelle der Transkription: Die Berichte, die sich mit der (hauptsächlich durch die jüdische Einwanderung geschaffenen) neuen Lage Palästinas beschäftigen, sprechen im allgemeinen vom Ausbau des Landes durch jüdisches Kapital und von der jüdischen Arbeit, von der daraus hervorgehenden Prosperität, der mehr oder weniger gleichmäßigen Anteilnahme des gesamten jüdischen Volkes an dieser Prosperität und den guten Aussichten für eine immer weiter fortschreitende glückliche Entwicklung. Diese Berichte erregen Aufsehen und Hoffnungen umso mehr, als seit einiger Zeit in den meisten übrigen Ländern die Arbeiterklasse und die bürgerlichen Mittelschichten durch die dauernde Krise immer mehr verelenden. Überall werden Produkte und Produktionsmittel zerstört oder zu Zerstörungsmittel umgebaut. Überall herrscht Arbeitslosigkeit, und die Massen sehen im dumpfer Erwartung einem neuen Weltkrieg entgegen. Lediglich Palästina, das im Aufbau begriffene Land, soll hiervon eine Ausnahme machen. In Palästina werden die Gelder jüdischer und britischer Kapitalisten verwertet. Nach Palästina drängen die verelendeten jüdischen Handwerker und Arbeiter aus Osteuropa und den u.s.a., die arabischen Nomaden und Bauern, die orientalischen Juden. Durch den mit der Krise und fortschreitenden Monopolisierung wachsenden Faschismus und die damit z.B. in Deutschland durch den Antisemitismus hervorgerufenen Verelendung des jüdischen Mittelstandes entstand seine Wanderung nach Palästina. In diesen Verhältnissen erscheint die Bildung eines Nationalgefühls bei den Juden und eine Verstärkung desselben bei den Arabern, bei denen schon 1917 eine große nationale Bewegung bestanden hatte. Der Zionismus oder Palästinismus, die nationale Bewegung der jüdischen Massen, ist in verschiedene der Klassenschichtung entsprechende Parteien geteilt. Es gibt zwei demokratisch-liberale Parteien, die durch die Spaltung der Partei der „Allgemeinen Zionisten“ entstanden. Die kleinere der beiden neuen Parteien steht den Faschisten näher, die größere mehr der Arbeiterpartei. Es gibt eine große faschistische Partei, die „Revisionisten“ mit einigen kleinen Splittergruppen im Gefolge. Außerdem eine große klerikale Partei der „Misrachi“. Die Arbeiterpartei (m.a.p.a.i.) und die „Allgemeine Gewerkschaft der jüdischen Arbeiter im Lande Israels“ (Histadrut) sind reformistisch-nationalistisch. Dazu kommt noch eine reformistische Organisation, die aus den Mitgliedern der agrarischen Arbeiterkommunen besteht, „Haschomer Hazair“, verschiedene Jugendorganisation und eine Frauenorganisation „Wizo“. Alle diese Gruppen propagieren die Einwanderung der Juden aller Länder nach Palästina. Lediglich die in Palästina illegale Gruppe der Komintern (p.k.p.) kämpft gegen die Einwanderung. Die Bevölkerung von Palästina betrug nach dem Government Census vom 23. Oktober 1922.
Im Jahre 1934 (Schätzung):
Die Produktionsmethoden in Palästina sind zum Teil noch biblisch. Bei den arabischen Nomadenstämmen (Beduinen) herrscht die abgeschlossene Familienwirtschaft, (Klan), vor. Diese Form löst sich durch Viehverkauf, Verkauf des Besitzes an Ländereien in Lohnarbeit auf. Ein großer Teil der arabischen Landwirtschaft ist noch mittelalterlich feudal. Die Großgrundbesitzer (Effendis) verpachten den Boden an arabische Bauern (Fellachen), die diesen Boden schon seit Generationen bearbeiten. Der Pachtzins beträgt im allgemeinen ein Fünftel des Ertrages in Naturalien. Außerdem verleiht der Effendi Geld, damit sich die Fellachen die notwendigen Erntegeräte kaufen können. Die Zinsen betragen bis 150%. Die Effendis bilden einen Teil der Bevölkerung der arabischen Stadt, sofern sie es nicht vorziehen, ihre Revenue, die von ihren Aufsehern eingetrieben wird, im Ausland zu verzehren. Einige von ihnen verkaufen auch Teile des Bodens und richten auf dem Rest eine intensive Pflanzenwirtschaft ein. In dem Maße, wie die Effendis von der Pachtwirtschaft zur Plantagenwirtschaft übergehen, werden die Fellachen zu Lohnarbeitern.
Der Rest von 6 000 km² wahrscheinlich Wüste. Die arabische Stadt ist hauptsächlich Handelsstadt. Die Einwohner, Händler und Handwerker, haben meistens noch Landbesitz. Die jüdische Kolonisation begann um 1880. Ein Baron Rothschild rettete damals die vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch stehenden ersten jüdischen Dörfer durch Einführung veredelter Kulturen und durch finanzielle Unterstützung. 1896 fand der erste zionistische Kongress statt, auf dem das Ziel „Die Schaffung einer öffentlich rechtlich gesicherten Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“ proklamiert wurde. Es besteht ein nationaler Bodenfond (k.k.l.) und ein Palästina Gründungsfonds (k.h.). Der k.k.l., die Bodenkaufzentrale der zionistischen Organisation, wurde im Jahre 1902 zu dem Zweck ins Leben gerufen, Boden als unveräußerliches Eigentum für das jüdische Volk zu erwerben. Der Boden wurde gekauft von den arabischen Besitzern, Effendis und Familien, Clans und Dorfkommunen, wobei es oft zur Vertreibung der Fellachen vom Boden der Effendis kommt. In einigen Fälle der neueren Zeit werden den Arabern kleinere Bodenflächen zur Verfügung gelassen, die sie nur intensiv mit Krediten und modernen Hilfsmitteln bebauen. Der k.k.l. besaß 1934 41 500 Hektar Boden. Der k.h. begann seine Tätigkeit im Jahre 1931 und finanziert landwirtschaftliche Kolonisation, städtische Kolonisation, Erziehung, Einwanderung, Gesundheitswesen, religiöse und kommunale Einrichtungen. Beide Fonds unterstehen der zionistischen Exekutive und dem Aktionskomitee, die von dem Kongress, der alle zwei Jahre zusammentritt, gewählt werden. Der Kongress wird auf demokratischer Grundlage von den zionistischen Organisationen aller Länder gewählt und dabei finanziert. Jeder, der einen Schilling bezahlt, hat Stimmrecht und wählt die Delegierten. Die zionistischen Körperschaften sind mit anderen nicht zionistisch-jüdischen Körperschaften zur erweiterten Jewish Agency vereinigt. Die jüdische Landwirtschaft besteht aus Plantagenwirtschaft, gemischter Wirtschaft und Getreideanbau. In den Plantagen (Ende 1934: 15 000 Hektar jüdisch, 10 000 Hektar arabisch) werden Zitrusfrüchte, Mandeln und Wein gepflanzt. Die Betriebsarten sind Latifundien (von fünf Hektar aufwärts), intensive Bauernwirtschaften (1,5-2,5 Hektar) und Kommunen. In der Gemischt – Wirtschaft besteht Gemüsezucht, Viehzucht zur Produktion von Milch und Käse und Geflügelzucht mit Eierproduktion. In dieser Wirtschaft herrschen kleine Bauern vor, die zu Produktionsgenossenschaften zusammengeschlossen sind. Das Getreide wird von den zirka 10 000 Arbeitern der Kommunen und Arbeitersiedlungen in der Ebene Jesreel und von den Bauern in Galiläa gepflanzt. Außerdem gibt es landwirtschaftliche Siedlungen um Haifa, Petach Tiqva, Kfar Saba und die jüdischen Kolonien herum, deren Besitzer noch in der Stadt als Arbeiter und Angestellte arbeiten. Diese Hilfswirtschaften sollen aber zur Grundwirtschaft werden. In Palästina herrscht durch die große Einwanderung der letzten Jahre eine gesteigerte Nachfrage nach Boden für landwirtschaftliche Zwecke und in den Städten für Bauten. Dadurch steigen die Bodenpreise ständig und die Bodenspekulation hat einen riesigen Umfang angenommen. Nach palästinensischem (türkischem Bodenrecht) muss beim Kauf ein Viertel des Kaufpreises angezahlt werden, der Rest nach sechs Monaten. Die Grundstücksgesellschaften kaufen also Boden, der ungefähr das Vierfache ihres Kapitals kostet. Sie parzellieren den Boden und verkaufen ihn bei dem bestehenden Bodenhunger mit erheblichen Gewinnen und können so ihren Verpflichtungen nachkommen. Wenn aber der Bodenhunger nachlässt, zum Beispiel durch Angebot billigen Bodens und Ausbeutungsmöglichkeit billiger Arbeitskraft auf der Insel Zypern und die Gesellschaften den Boden nicht loswerden, also auch den Restbetrag nicht zahlen können, verfällt die Anzahlung und der Kauf wird hinfällig. Die Gesellschaften haben dann ihr Kapital verloren, und hiermit ist eine Krisenmöglichkeit gegeben, die in einem Land, in dem die Bodenspekulation eine so herrsche Rolle spielt, bemerkenswerte Folgen haben muss. Der k.k.l. versucht die Spekulationen auszuschließen und vergibt seine Böden in Erbpacht. Aber da der Fonds (ebenso wie der k.h.) aus Spendensammlungen besteht, kann er nicht mit dem Bodenhunger Schritt halten. Denn der Bodenhunger ist wie die Einwanderung eine Folge der Verelendung der jüdischen Massen und ihrer Angst vor der endgültigen Proletarisierung. Die fortschreitende Verelendung muss aber auch auf die Geldsammlungen einen hemmenden Einfluss haben. Das Land aber ist im Besitz des Feudaladels und seine Preise steigen. Die Gelder des k.k.l. reichen nicht aus, und er sieht sich gezwungen, große Landkäufe privater Gesellschaften zu fördern, die er vermittelt. So gewinnt die Spekulation immer mehr Einfluss und die landhungrigen Massen der arabischen und jüdischen Landbevölkerung stehen vor der Aufgabe, die Fesseln der feudalen und kapitalistischen Eigentumsverhältnisse zu zerbrechen. Die Bodenfrage ist aber nicht nur auf Palästina beschränkt. Eine wichtige Rolle in der Bauindustrie spielen die Arbeiterkooperativen, die als Unternehmer auftreten. Sie nehmen Aufträge an, führen die Bauten aus und stellen noch ungelernte Arbeiter an. Alle erhalten den gleichen Lohn und der Gewinn wird unter die Stamm-Mitglieder der Kooperative (Kewuza genannt) verteilt – unter Ausschluss der nicht zur Kewuza gehörigen Lohnarbeiter. Ein Lohnarbeiter kann nur bis zu drei Monaten in der Kewuza arbeiten. Dann muss er entweder [?] in die Kewuza als Mitglied eintreten und einen Anteil einzahlen. Da der Anteil meistens sehr hoch ist, so muss der Arbeiter den Arbeitsplatz verlassen und damit kehrt sich diese Verordnung der Gewerkschaft in ihr Gegenteil um. Anstatt die Arbeiter innerhalb des Kapitalismus von der Lohnarbeit zu befreien, stößt sie die Arbeiter alle drei Monate auf den Markt zurück. Auch das gesamte jüdische Autobus und Transportwesen, das wegen des geringen Eisenbahnnetzes sehr verzweigt ist, liegt in den Händen einiger solcher Genossenschaften. Mit der Entwicklung des Verkehrs entstanden auch Karosseriewerke, während die Motoren noch importiert werden. Auch der Straßenbau wird in großem Maße durchgeführt. Hauptsächlich von der Regierung, teils auch von den Kommunen. Augenblicklich wird auch eine Wasserleitung von Ras el Ain (Jaffa) nach Jerusalem gebaut. Die Länge der Wasserleitung beträgt ungefähr 65 Kilometer und sie steigt vom Meeresspiegel auf 800 Meter. Diese Arbeit, ein Regierungsauftrag, wird von der Gewerkschaft als Unternehmer ausgeführt. Die Palestine Potash Company, ein englisches-jüdisches Konsortium, hat die Konzession zur Ausbeutung der Mineralschätze des Toten Meeres und ist ein modernes Großunternehmen der Chemie. Das Betreten des Geländes der Company ist aber streng verboten. Es sollen dort Gifte für die Kriegsführung hergestellt werden. Fabriken für Produktion von Kunstseide haben in letzter Zeit geschlossen, weil es nicht möglich war, die Löhne der Arbeiter so zu drücken, und weil die Arbeitsmethoden nicht weiter intensiviert werden konnten, um der japanischen Konkurrenz standzuhalten. Die Partei der „Revisionisten“, die faschistische Partei der Juden, erstrebt den Judenstaat zu beiden Seiten des Jordan (also auch Transjordan). Ihr Programm ähnelt dem italienischen. Sie predigen die Volksgemeinschaft auf der Grundlage der jüdischen Tradition. Hier haben sie Berührungspunkte mit den Misrachi, der jüdischen klerikalen Partei, die über die Schabbat-Ruhe und über die religiöse Küche und Erziehung wacht und die in diesen Beziehungen auf dem letzten zionistischen Kongress von der Arbeiterpartei, die fast 50% aller Mandate hatte und von den liberalen Parteien weitgehende Zugeständnisse erhielt. Die Revisionisten wollen die Frage des Verhältnisses von Juden zu Arabern in dem Sinne lösen, dass die Araber in Palästina eine nationale Minderheit bilden sollen mit vom Judenstaat kontrollierten gewissen Rechten kultureller und religiöser Autonomie. Die Revisionisten sind aus der Gesamtorganisation der Zionisten ausgetreten und nehmen nicht mehr am Kongress teil. Sie halten einen eigenen Kongress ab. Eine Abspaltung von ihnen, die Juden-Staatspartei, ist aber im allgemeinen zionistischen Weltkongress verblieben und bildet dort den äußersten rechten Flügel. In Palästina ist jetzt der Jude automatisch Mitglied der Knesset-Jisrael, einer Organisation, der das gesamte jüdische Erziehungswesen, die jüdische Kirche, Unterstützungswesen, etc. unterstehen und deren Exekutivkomitee, der Wa’ad’le’umi (Nationalrat), als Vertretung der jüdischen Bevölkerung mit der Regierung verhandelt. Die Araber werden bei der Regierung hauptsächlich vom muselmanischen Rat, mit dem Mufti von Jerusalem an der Spitze, vertreten. Es gibt aber auch arabische Parteien, die hervorgegangen sind aus der großen arabischen Freiheitsbewegung und dem arabischen Aufstand, der 1917-1918 von den Engländern unterstützt, die arabischen Länder von der jahrhundertelangen türkischen Unterdrückung befreite. Aber die arabischen Beduinen und Städter hatten noch nicht die Kraft, der Macht des englischen und französischen Imperialismus zu widerstehen, die es auch viel geschickter als die […] die arabischen Länder in ihrer Weltreiche einzufügen. Die Histadrut kontrolliert den gesamten jüdischen Arbeitsmarkt. Es gibt weder staatliche noch städtische Arbeitsämter. Eine Arbeitslosenunterstützung existiert nicht. Die Histadrut vermittelt die Arbeiter an die Unternehmer, die damit den Tarif anerkennen. Die Unternehmer sind außerdem noch in eigenen Unternehmerverbänden zusammengeschlossen, die aber noch keine Gesamtorganisation besitzen. Demgegenüber ist die Histadrut imstande, den Lohn im allgemeinen durchzusetzen, wobei die verhältnismäßig geringe Arbeitslosigkeit, der immer noch herrschende Mangel an Facharbeitern und die geringe Höhe der Löhne begünstigend wirken. Die jüdische Bourgeoisie kann auch nicht einfach die billigere arabische Arbeitskraft ausbeuten, weil es nicht so viele gelernte arabische gibt und die jüdische Arbeiterklasse einen gewissen politischen Schutz gegenüber den Arabern bieten soll[?]. Denn die jüdische Bourgeoisie sitzt ja nicht – wie die englische – außerhalb des Landes. Auf dem Lande, in der Plantagenwirtschaft, ist das anders. Dort werden zum großen Teil arabische Arbeitskräfte ausgebeutet, die erfahren und billig sind. Allerdings sind auch die Löhne der arabischen Landarbeiter erheblich gestiegen. Trotzdem die Histadrut sehr energisch durch Postenstehen gegen das Eindringen arabischer Arbeitskräfte auf dem Lande kämpft, kann sie nicht verhindern, dass die Pflanzer weiter arabische Arbeiter (meistens frühere Fellachen) beschäftigen und dass diese arabischen Arbeiter mit den Formen gewerkschaftlicher Kämpfe vertraut werden, die sie auch schon verschiedentlich mit Erfolg anwendeten. Die Histadrut ging sogar so weit, dass sie einen Betrieb in Tel Aviv (Möbeltischlerei) bekämpfte, in dem ein revolutionärer arabischer Arbeiter angestellt war. Als die Arbeiter des Betriebes sich mit dem arabischen Genossen solidarisch erklärten, entstand eine Schlägerei zwischen den Betriebsarbeitern und den Gewerkschaftsfunktionären, und gegen die Betriebsarbeiter wurde ein Verfahren auf Ausschluss aus der Histadrut eingeleitet. Ausschluss aus der Histadrut bedeutet soviel wie Verlust der Arbeitsmöglichkeit. Denn obwohl die Histadrut offiziell für alle Arbeiter Arbeit vermitteln, so herrscht doch ein solcher Protektionismus, dass oppositionelle oder ausgeschlossene Arbeiter keine Arbeit bekommen. In dieser Beziehung kann man die Histadrut als eine staatliche Organisation bezeichnen. Sie kann es in den meisten Fällen durchsetzen, dass Arbeiter, die nicht in ihr organisiert sind, von keinem Unternehmer mehr beschäftigt werden. Der Histadrut ist eine allgemeine Krankenkasse angeschlossen, die über Krankenhäuser, Erholungsheime und gute Ärzte verfügt. Die Histadrut baut Arbeiterwohnsiedlungen und Wohnblocks, in denen Arbeiterfamilien Wohnungen bekommen, die durch Abzahlungen zu ihrem Privateigentum werden. Die vorherrschende Fraktion in der Histadrut ist die Arbeiterpartei (m.a.p.a.i.). Sie hat ca. 6000 Mitglieder und ist der Zweiten Internationale lose angeschlossen. Außerdem hat sie in den verschiedenen Ländern, in denen Juden wohnen, ihr angeschlossene Gruppen (League for Labour Palestine). Sie ist noch nationalistischer als die übrigen dieser Internationale angeschlossenen Parteien. Sie besetzt alle Behörden in der Histadrut und herrscht dort absolut, umso mehr, da die Funktionäre vom Vorstand ernannt werden. Der „Haschomer Hazair“, ursprünglich eine in Osteuropa stark verbreitete jüdische Jugendorganisation, gewinnt in Palästina immer mehr das Gesicht einer Partei. Bisher aber waren in ihr nur solche Arbeiter und Arbeiterinnen zusammengeschlossen, die auf dem Lande in Arbeiterkommunen (sogenannten „Kwuzot“) leben. Die „Kwuzot“ wollen sozialistisches Leben dadurch verwirklichen, dass sie zuerst mithilfe von Anleihen des k.k.l. und k.h. und aufgrund gemeinsamen Einkaufs und Verkaufs, gemeinsamer Küche und gemeinsamer Erziehung der Kinder, ihren Boden bebauen und keine Lohnarbeiter anstellen. Die Partei „linke Poale Zion“ mit ca. 250 Mitgliedern im Lande und verschiedenen Gruppen in anderen Ländern, besonders in u.s.a. und Polen, bildet innerhalb der Histadrut die Opposition, die Demokratisierung des Apparates und gleichberechtigte Organisierung der arabischen Arbeiter fordert. Ihr Endziel ist ein Räte-Palästina. Sie ist insofern nationalistisch, als sie die Schaffung eines jüdischen Arbeiterzentrums in Palästina fordert. Die l.p.z. ist mit den übrigen zionistischen Parteien darin einig, dass eine Assimilation der jüdische Mittelschichten und Proletarier in den Ländern der Diaspora, auch sogar in der Sowjetunion, die als erste Etappe des Kommunismus betrachtet wird, unmöglich sei. Sie verlangen, dass nach der Abschaffung des Privateigentums und des Staates noch ein Stadium dauern müsse, in dem den Nationen auf eigenen Territorien die Möglichkeit ihrer kulturellen Entfaltung gegeben werden müsse. Am zionistischen Kongress nimmt sie aber nicht teil. Sie steht auf dem Standpunkt der Komintern, der sie wegen der Differenzen in der Judenfrage nicht angeschlossen ist. Die illegale palästinensische Kommunistische Partei (p.k.p.) besteht aus ca. hundert jüdischen Mitgliedern, die zum Teil enttäuschte ehemalige Mitglieder der Haschomer Hazair sind. Da sie ihr Hauptziel darin sieht, den englischen Imperialismus zu schwächen, bekämpft sie die jüdische Einwanderung, weil sie in ihr eine Stärkung des englischen Imperialismus sieht. Dafür unterstützt sie jede arabische nationale Bewegung. Sie preist die Pogrome der vergangenen Jahre als nationalrevolutionäre Erhebung und propagiert anlässlich des italienisch-abessinischen Krieges die Volksfront des arabischen Volkes mit seinen Führern, den Effendis, und empfiehlt arabische Legionen zu bilden, die nach Abessinien gehen sollen, um dort den italienischen Faschismus zu bekämpfen. Die p.k.p. bemüht sich sehr, ihre Organisation zu arabisieren. Sie tritt als einzige Organisation für die Zahlung von Arbeitslosenunterstützung ein. Die „Antifa“, angeschlossen dem Weltkomitee in Paris, hat ca. 500 Mitglieder. Sie steht unter der Führung der l.p.z. Sie soll die Grundlage der Einheitsfrontbewegung darstellen zum Kampf gegen Faschismus, Imperialismus und Antisemitismus. Jeder kann Mitglied werden bis auf die Mitglieder der p.k.p., weil diese die jüdische Einwanderung bekämpfen, während die Antifa und die l.p.z. auf dem Standpunkt stehen, dass durch die Schaffung eines jüdischen Proletariats in Palästina eine Kraft geschaffen werde, die notgedrungen gegen den Imperialismus wirken müsse; und dass die Bekämpfung des Rechtes der freien Einwanderung und Verwurzelung der jüdischen Arbeiter im Lande chauvinistisch sei. Tel Aviv, November 1935. (gekürzt) © Obgleich die Kommunistische Linke im Allgemeinen keine Urheberrechte bzw. „intellektuelle Eigentumsrechte“ für sich eingefordert hat, können einige Veröffentlichungen auf dieser Webseite urheberrechtlich geschützt sein. In diesem Fall steht ihr Gebrauch nur zum Zweck persönlichen Nachschlags frei. Ungeschütztes Material kann für nicht-kommerzielle Zwecke frei und unentgeltlich verbreitet werden. Wir sind Ihnen erkenntlich für Ihren Quellenhinweis und Benachrichtigung. 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