Home | Contact | Links | ||
Kann der Trotzkismus wirklich siegen? Grundlinien einer Trotzki-Kritik, Rote Kämpfer, 1932Source: Kurasje.org (disappeared); this copy from: Marxists' Internet Archive (Jonas Holmgren, 2011); Originalquelle nicht angegeben; hier korrigiert, braucht weitere Korrektur nach der Originalquelle: Berlin-Friedenau : Karl Cierpka, 1932. – 23 S. Die PerspektiveTrotzki hat immer großzügig formulierte, aber falsche Perspektiven aufgerichtet. So sagte er 1921 auf dem 3. Kongreß der Komintern den kriegerischen Zusammenstoß zwischen EngIand und Amerika mit genau bezeichneten Termin voraus: „Wir hatten den bewaffneten Frieden vor dem Kriege. Man sagte sich, da sind zwei Eisenbahnzüge, die auf demselben Geleise einander entgegenfahren, sie müssen zusammenstoßen. Aber die Eisenbahnstation war nicht bekannt, die Stunde war nicht im Kalender vermerkt. Hier haben wir es auf dem Papier in dem Weltkalender der Geschichte. Es wird im Jahre 1923 oder 1924 geschehen müssen. Entweder England sagt: ich werde zur Seite geschoben und zu einer Macht zweiter Ordnung oder England muß die gesamte Kraft, die es von seiner großen Vergangenheit ererbt hat, jetzt in das grausame Spiel hineinwerfen und sein ganzes Schicksal in einer ganz begrenzten Zeit auf diese Karte setzen“ (Protokoll, S. 86). Inzwischen sind nicht drei, sondern elf Jahre vergangen, und England hat weder den Krieg gegen Amerika geführt, noch aber auch den Rang einer „Macht zweiter Ordnung“ in dem von Trotzki gemeinten Sinn eingenommen. An diese Dinge erinnert die Trotskische Einschätzung der deutschen Situation, die er in einer Schrift „Was nun?“ bereits im März 1932 gegeben hat: „Die Widersprüche des deutschen Kapitalismus sind gegenwärtig zu jener Spannung gelangt, der unvermeidlich die Explosion folgen muß. Die Anpassungsfähigkeit der Sozialdemokratie hat die Grenze erreicht, wo bereits die Selbstvernichtung eintritt. Die Fehler der Stalinschen Bürokratie sind an ein Ziel geraten, nach dem die Katastrophe kommt. Das ist die dreieinige Formel, die Deutschlands Lage charakterisiert. Alles steht auf des Messers Schneide.“ (S. 6). Heute die Revolution oder morgen der Sieg des Hitler-Faschismus: „Die Generalschlacht muß geliefert werden, bevor Brünings bürokratische Diktatur vom faschistischen Regime abgelöst wird […]“ (S. 22). Mittlerweile führte die s.p.d. das Manöver der Bildung der „Eisernen Front“ zur Stärkung ihrer Position in den Massen durch, löste die Regierung Papen Brüning ab, schwanden die hochgespannten Chancen der Nationalsozialisten. Statt der „Explosion“ entwickelte sich eine Situation des unablässigen Ausbaus der rnonopolkapitalistischen Diktatur. Trotzki muß am Verein mit den k.p.o. und s.a.p.-Führern, die seine Perspektive teilten, die Termine verlängern. Er tut es nicht, ohne sich sofort wieder auf ein neues Datum festzulegen. So sagt er in seiner von Mitte September 1932 datierten Schrift „Der einzige Weg“ das rasche Ende der Regierung Papen-Schleicher voraus. Wenn sich die Regierung nicht mit dem Zentrum und den Nationalsozialisten einigt, würde sie diktatorisch regieren müssen. Wie lange? „Hundert Tage nein, wir bemessen wohl zu reichlich. Die Reichswehr entscheidet nicht, Schleicher genügt nicht. Die außerparlamentarische Diktatur der Junker und der Magnaten des Finanzkapitals läßt sich nur durch die Methoden eines langwierigen und unbarmherzigen Bürgerkrieges sicherstellen.“ (S. 11). Die Regierung von Papen hat ihre „hundert Tage“ zumindestens seit den Wahlen vom 31 Juli angetreten. Ende Oktober, Anfang November 1932 müsste sie – nach Trotzki – durch ein Regime des nationalsozialistischen Bürgerkrieges ersetzt sein. Aber wahrscheinlich, wird Trotzki zu diesem Zeitpunkt nur einen neuen Termin ausmachen müssen, denn erstens hat die Bourgeoisie Deutschlands infolge des wirklichen Zustandes der Arbeiterbewegung keinen Anlaß, ohne letzte Notwendigkeit das Risiko eines furchtbaren Bürgerkrieges einzugehen, und zweitens würde sie selbst bei Einsetzung des nationalsozialistischen Terrors nicht daran denken, Hitler etwa den Staatsapparat in entscheidendem Umfang auszuliefern. Aber Trotzki bestreitet das auf das heftigste. Er will nicht anerkennen, dass die in Deutschland heranwachsende Diktatur die Diktatur des Monopolkapitals. Er stellt den Faschismus als selbständige Kraft neben der Bourgeoisie dar, zu der sie „Zuflucht nimmt“, um sich „vollends des Drucks den Arbeiterorganisationen entledigen“ zu können: „Hier setzt die historische Funktion des Faschismus ein. Er bringt jene Klassen auf die Beine, die sich unmittelbar über das Proletariat erheben und fürchten, in dessen Reihen gestürzt zu werden, organisiert und militarisiert sie mit den Mitteln des Finanzkapitals, unter Deckung des offiziellen Staaten und lenkt sie auf die Zertrümmerung der proletarischen Organisationen, von den revolutionären an bis zu den gemäßigten“ (Was nun?, S. 5). „Der Faschismus ist ein besonderes Staatssystem begründet auf der Ausrottung aller Elemente proletarischer Demokratie in der bürgerlichen Gesellschaft“ (Was nun?, S. 5) „Es heißt alle selbständigen und freiwilligen Organisationen an zertrümmern, alle Stützpunkte den Proletariats zu vernichten und die Ergebnisse von dreiviertel Jahrhundert Arbeit dem Sozialdemokratie und der Gewerkschaften auszurotten“ (Was nun?, S. 5). „[…] der Faschismus braucht diese Ware nicht: er braucht nicht Tolerierung, sondern die Abschaffung der Sozialdemokratie“ (Der einzige Weg, S. 19). Faschismus beginnt noch Trotzki dort, wo alle Arbeiterorganisationen zertrümmert werden, also neben der Sozialdemokratie und den freien Gewerkschaften augenscheinlich auch die christlichen usw. Eine solche Auffassung ist derartig grob und primitiv, daß sie einem Manne schlecht ansteht, der im Tone größter Überheblichkeit von dem „Unwissen“ an derer spricht, selber aber die wirklichen tieferliegenden Tatbestände der deutschen Entwicklung ignoriert. Allerdings ist das die allgemein übliche Methode der Bolschewiki überhaupt. Trotzki unterscheidet sich hierin weit weniger von Stalin, dem er Unkenntnis dem deutschen Lage und Ignoranz vorwirft, als er selber glaubt. Alle Bolschewiken, Lenin nicht ausgenommen, haben sich nie zu einem aufmerksamen geduldigen und sorgfältigen Prüfung der Bedingungen der Revolution in den hochentwickelten europäischen Ländern erhoben. Sie haben immer ihr an sich schon primitives Urteil über diese Bedingungen noch vergröbert durch schlecht fundierte, aber heftige Angriffe. Der deutsche Faschismus und das Italienische SchemaWir wollen die Geduld haben, die Trotzki nicht hat, und noch einmal den gewaltigen Unterschied auseinandersetzen zwischen der deutschen und der italienischen Entwicklung: in Italien siegte der Faschismus in der vorübergehenden Erhebung der mittelständlerischen Diktatur, weil die bedeutend schwächere Bourgeoisie unter den Zuckungen der Nachkriegskrise erschöpft und willenlos war, während das Proletariat sich in verlorenem Aufstand verblutet hatte. Die italienische Arbeiterklasse war bereits niedergeschlagen, als Mussolini die Macht aufhob, die buchstäblich auf der Straße lag. Das Wiedererstarken der Bourgeoisie aber verwandelte die kleinbürgerliche Diktatur in die kommissarische Diktatur des Großkapitals. Der italienische Faschismus ist heute seinem Klasseninhalt nach übertragene Diktatur des monopolistischen Kapitals. Die straffe Verbindung zwischen staatlicher Wirtschaftspolitik und kapitalistischem Aufbau hat einen monopolartigen, eng verbunden staatlich-wirtschaftlichen Machtapparat geschaffen, der […] die großkapitalistische Diktatur verkörpert. Trotzki selbst kann nicht bestreiten, daß das italienische Regime in seiner Auswirkung zu dem sozial gleichen Inhalt wie das augenblickliche deutsche Regime gelangt ist, das Trotzki in seiner unüberwindlichen Neigung für schiefe geschichtliche Analogien „bonapartistisch“ nennt. „Allerdings führt der Faschismus, wie Italiens Beispiel zeigt, letzten Endes zur militärisch-bürokratischen Diktatur bonapartistischen Typs.“ (Der einzige Weg, S. 9). Obwohl die Regierung Papen-Schleicher von Trotzki als „ausgebildete Gestalt“ des Bonapartismus bezeichnet wird, muß sie nach seiner Meinung durch einen Hitlerstaatsstreich im Stile Mussolinis gesprengt werden. Der Hitlerfaschismus muß nach Trotzki den „Bonapartismus“ Papens ablösen, um nach „einer Reihe von Jahren“ zum Bonapartismus zu kommen. In diesem Zirkelschluß bewegt sich Trotzki, weil er die geschichtliche und soziale Stellung der deutschen Bourgeoisie nicht erkennen will oder kann. Trotz aller Erschütterungen durch die Weltkrise ist die Bourgeoisie Deutschlands ungleich gefestigter als die italienische. Sie geht an den Ausbau ihrer Diktatur, ohne die Macht aus den Händen zu geben. Zwar ist das deutsche Monopolkapital stark durch die Krise in Mitleidenschaft gezogen. Aber gerade deshalb nutzt es alle Mittel des ihm zur Verfügung stehenden Staatsapparats aus, um sich durch eine ungeheuerliche Steuerbegünstigungs- und Subventionspolitik sowie durch die staatlich vorgetragene Lohnabbau-Daueroffensive auf Kosten nicht allein des Proletariats, sondern gerade auch der Mittelschichten und der Schichten des kapitalistischen Klein- und Mittelbesitzes aufrecht zu erhalten. Weil das Proletariat im augenblicklichen Moment als ernsthaft handelnder Faktor ausgefallen ist, stellt die Monopolbourgeoisie gegenüber den zerrütteten Schichten des Mittel- und Kleinkapitalismus, die weitaus stärkste Gruppe dar, die ungeachtet aller Personenwechsel mit etlichen Zielbewußtsein Position um Position ihrer Diktatur weiter ausbaut, die juristischen Zwirnsfäden der Weimarer Verfassung nicht als Hindernisse betrachtet und die Parlamentsdemokratie sich selber zu Tode hetzen läßt. Trotzki hingegen erklärte die Regierung Brüning zur „Diktatur der bürokratischen Ohnmacht“. (Was nun?, S. 22). Und die Papenregierung hält er für „noch schwächer als ihre Vorgängerin“. (Der einzige Weg, S. 9.) Er sollte sich bei den deutschen Proletariern erkundigen, ob sie die Hungerpeitsche und Polizeifaust als „bürokratische Ohnmacht“ oder nicht als Äußerungen systematischer großkapitalistischer Interessendiktatur empfinden. Einer der Hauptfehler Trotzki. ist, daß er die deutsche Bourgeoisie der italienischen und russischen gleichsetzt, obwohl zwischen den im Gesamteffekt schwachen, ökonomisch zurückgebliebenen Bourgeoisien im Kriegsrußland und Nachkriegsitalien und der des entwickelten deutschen Monopolkapitalismus derselbe Unterschied besteht, der den kapitalistischen Einzelbetrieb vom umfassenden Trust unterscheidet. Trotzki sieht nur das „Finanzkapital“, das Hitler unterstützt und betrachtet die Veränderungen in Staat und Wirtschaft, die als Faschisierung bezeichnet werden, als Veränderungen von „zweitrangigem Charakter“! (Was nun?, S. 17). Die Koalition der Finanzbourgeoisie mit dem unter Hitler Kommando stehenden sozialen und ideologischen Kleinbürgertum unter der Führung eben desselben Kleinbürgertums erscheint Trotzki als primär, die ökonomisch-politische Umgruppierung der Bourgeoisie aber „zweitrangig“! In Wirklichkeit ist das „Finanzkapital“, von dem er nur spricht, d.h. das Bankkapital, das die Industrie beherrscht, eine im Ganzen überwundene Stufe der Entwicklung des deutschen Kapitalismus. In Deutschland herrscht das Monopolkapital, d.h. das Trustkapital, das sich die entscheidenden Zweige des Kredit und Bankwesens ebenso wie des Handelskapitals einverleibt. Im Monopolkapital sind die verschiedenen ehemals selbständigen Kapitalszweige miteinander verschmolzen. Damit sind auch die verschiedenen politischen Fraktionen der Bourgeoisie praktisch aufgehoben. Ein wirksames Maß von Selbständigkeit hat sich nur noch das Großagrariertum unter feudaler Führung erhalten, und zwar hauptsächlich aus politischen Gründen. Die Bourgeoisie ist heute in ihrem maßgebenden Teil nur noch die eine Fraktion des Monopolkapitals, die den Staat für ihre direkte Wirtschaftspolitik annektiert. Da sie für diese Politik die Unterstützung der Großagrarier braucht, muß sie dem Feudaladel auf dem engen Raum der monopolkapitalistischen Diktatur den Platz einer zweiten Fraktion einräumen. Was sich wirtschaftlich als die Herausbildung der Formen eines Staatskapitalismus darstellt, das zeigt sich politisch in der Bildung eines monopolistischen Wirtschafts-staates, in dem das Trustkapital die Funktionen seiner politischen Macht und seiner Wirtschafts-Politik konzentriert. Gewiß ist dieser Prozeß der Faschisierung des Monopolkapitals noch nicht abgeschlossen, aber es setzt sich in wachsend schnellerem Tempo durch. Für die monopolkapitalistische Bourgeoisie besteht keine Notwendigkeit mehr, den bisherigen Parlamentarismus als Herrschaftsform aufrecht zu erhalten, während sie zugleich in der politischen Abdeckung ihre wirtschaftlichen Angriffs auf die Arbeiterschaft zur direkten Diktatur übergeht. Das aber ist Faschismus. Erfolgte die Aufrechterhaltung der formalen Stimmzetteldemokratie unter Brüning objektiv wesentlich aus Gründen der Verschleierung des sich faschisierenden Regimes, so erfolgt sie unter dem Nachfolge Kabinett zum Zweck ihrer Diskreditierung und Selbstaufreibung. Die von Trotzki unterstützte parlamentarische Politik der k.p.d. gestattet es im übrigen der Bourgeoisie, vor breiten Kreisen revolutionär fühlender deutscher Arbeiter die Fiktion des Stimmzettels trotzdem noch aufrecht zu erhalten. Der Zustand einer entwickelten monopolkapitalistischen Diktatur ist in Deutschland noch nicht abgeschlossen. Alle monopolistische Politik vertieft die Diktatur- und Druckmethoden gegen das Proletariat, arbeitet gleichzeitig aber auch gegenüber den anderen Gesellschaftsschichten die groß-kapitalistische Vorherrschaft immer eindeutiger heraus. Die Differenzen zwischen Hitler und der Monopol-bourgeoisie, die sich im Anschluß an die Reichstagswahlen vom 31. Juli entwickelt hatten, sind in Wirklichkeit nur Phasen im Kampf um die Eingruppierung der Hitlerbewegung in das System der großkapitalistischen Diktatur. Die deutsche Bourgeoisie will Hitler die entscheidenden Bedingungen diktieren, seine größenwahnsinnigen Machtansprüche zurückweisen, um seine Bürgerkriegsarmee als stete Terrorreserve gegen das Proletariat zur Verfügung zu haben, ohne Hitler die ganze Staatsmacht auszuliefern. Wahrscheinlich wird die n.s.d.a.p. dabei noch in die Diktaturregierung direkt oder indirekt eingegliedert, aber in derselben „legalen“ Weise, in der sich die monopolkapitalistische Diktatur bisher durchgesetzt hat. Der Nationalsozialismus siegt nicht im Bruch mit der Großbourgeoisie, sondern diese setzt ihre faschistischen Tendenzen in der Fortführung und Vollendung des Prozesses der ökonomisch-politischen Umbildung ihrer Herrschafts- und Wirtschaftsmethoden durch. Der Nationalsozialismus ist nur die wichtigste Massenbasis dieser großkapitalistischen Diktatur und stete Terrordrohung gegen die Arbeiterschaft. Die politischen Ereignisse seit der Reichspräsidentenwahl haben deutlich gemacht, in welchem Mißverhältnis die tatsächliche Kraft der n.s.d.a.p. und ihre Machtansprüche stehen. Hitler unterlag im Stimmzettelkampf gegen Hindenburg. Die Reichsregierung beseitigte das halbsozialdemokratische Preußenkabinett, um der n.s.d.a.p. den Verwaltungsapparat des großen deutschen Staates zu entziehen. Die n.s.d.a.p. nahm einen Anlauf, um sich der Auflösung des neugewählten Reichstag zu widersetzen. Aber sie fügte sich am Ende ebenso, wie sie in dem Konflikt in Preußen in der Frage der Beamtendisziplin den Rückzug antrat. Sogar Trotzki muß diese Ereignisse anerkennen. Er versucht, sich in „Der einzige Weg“ die Linie eines Rückzuges von seiner Fünf Minuten vor Zwölf Theorie zu öffnen: „Überdies ist nicht ausgeschlossen, daß Hitlers politischer Kulminationspunkt bereits zurückliegt. Die allzulange Periode des Abwartens und die neue Barriere auf dem Wege in Gestalt des Bonapartismus schwächen unzweifelhaft den Faschismus, verstärken seine inneren Reibungen und können seinen Druck bedeutend herabmindern.“ (S. 45). Wie hieß es doch in „Was nun?“ – „Alles steht auf des Messers Schneide!“ Das Nachwort zu „Der einzige Weg“ hingegen muß, den eingetretenen wirklichen Ereignissen entsprechend, feststellen: „Die Tatsache, daß die verschiedenen Fraktionen der Groß-, Mittel- und Kleinbourgeoisie einen offenen Kampf um die Macht führen, ohne einen äußerst riskanten Konflikt zu scheuen, beweist, daß sich die Bourgeoisie nicht unmittelbar durch das Proletariat bedroht sieht.“ (S. 60). Unserer Auffassung, die schon etwas eher als Trotzki die deutschen Tatsachen so eingeschätzt hat, wie sie waren, stellte er mit der großen Geste des überlegenen Mannes das Wort entgegen: „Marx hat schon längst Weitling auseinandergesetzt, daß Unwissen zu nichts Gutem führt.“ (Was nun?, S. 48, Anm.). Wahrscheinlich aber nicht nur bei Weitling, sondern auch bei Trotzki. Hätte er sich bemüht, die tatsächlichen Verhältnisse in Deutschland sorgfältiger zu erfassen und abzuschätzen, so hätte er nicht in die Lage der Propheten begeben der seine eigenen, mit selbstherrlicher Bestimmtheit vorgetragenen Voraussagen in kürzester Zeit selbst in Frage stellen oder widerrufen muß. Kleinbürgertum und kapitalistische DiktaturEs gehört zu den Grundeinsichten des Marxismus, daß das politische Gesicht einer Zeit von der ökonomisch herrschenden Klasse bestimmt wird. Dem Reformismus blieb es vorbehalten, diese Tatsache zu verneinen und die Geschehnisse in den Wandelhallen des Parlaments für die bestimmenden Kräfte der politischen Entwicklung zu nehmen. Er mußte darum auch folgerichtig unablässig auf die formale Demokratie starren und eine Gefährdung dieser Demokratie einzig und allein von den Erfolgen der n.s.d.a.p. erwarten. Faschismus ist gleich Nationalsozialismus – das ist die ständige Formel der Sozialdemokratie gewesen, mit der sie den größten Teil der Arbeiterschaft von der wirklichen Verschiebung der kapitalistischen Herrschaftsmethoden abgelenkt hat. Die Umgruppierung der großkapitalistischen Kräfte führte in den Faschisierungsprozeß hinein, in dem die Monopolbourgeoisie die sich vom Parlamentarismus lösenden Regierungen ebenso als ihre Organe benutzte, wie früher den „demokratischen“ Parlamentarismus. Die demokratische Diktatur des Kapitals wandelte sich zur faschistischen, während die reformistischen Arbeitermassen ihre Aufmerksamkeit von den entscheidenden Bewegungen des Klassengegners ablenken ließen und im Interesse des parlamentarischen „Kampfes“ gegen die n.s.d.a.p. dem legalen Faschismus der Bourgeoisie nicht den kleinsten Widerstand entgegensetzten. Es blieb Trotzki und einer Reihe anderer oppositioneller Bolschewiken vorbehalten, diese Verleugnung des Klassengesichtspunktes in der Frage des Faschismus durch ihre Gleichsetzung von Faschismus und Nationalsozialismus zu decken. Dabei bedeutet diese Position nicht mehr und nicht weniger, als daß es den in der fortgeschrittenen bürgerlichen Gesellschaft immer von anderen Klassen abhängigen Kleinbürger und Bauernschichten gelingen könne, sich diktatorisch über Bourgeoisie und Proletariat zu erheben, sich also unabhängig von der ökonomischen Kräfteverteilung und Gesetzmäßigkeit und ohne reale ökonomische Machtgrundlage zum entscheidenden Faktor der monopolkapitalistischen Gesellschaft zu machen. Trotzki bezieht allen Ernstes eine solche Position, indem er davon spricht, „welch entscheidende Bedeutung die politische Selbstbestimmung der kleinbürgerlichen Volksmassen für das Schicksal der gesamten bürgerlichen Gesellschaft besitzt.“ (Der einzige Weg, S. 12). Er stellt fest, daß die „Magnaten des Finanzkapitals“ außerstande sind, „einzig durch ihre eigene Kraft mit dem Proletariat fertig zu werden.“ (Der einzige Weg, S. 13.) Natürlich richten die „Magnaten des Finanzkapitals“ „einzig durch ihre eigene Kraft“ überhaupt nichts aus. Dazu haben sie ihre staatlichen Machtorgane, und dazu benutzen sie auch das Kleinbürgertum, heute in der Form des Hitler Faschismus. Das wesentliche dabei ist aber, daß sie dieses Kleinbürgertum eben benutzen und benutzen können, weil sie die Stärkeren im ökonomischen und klassenpolitischen Sinne sind. Trotzki stellt dieses Verhältnis mit der fabelhaften Feststellung auf den Kopf: „Während sie sich des Faschismus bedient, fürchtet die Bourgeoisie sich vor ihm.“ (Der einzige Weg, S. 13). Zur Abwechslung beruft sich Trotzki zur Begründung der Angst der Monopolbourgeoisie auf den faschistischen Staatsstreich – Pilsudskis! Er will nicht sehen, daß zwischen dem Wesen und der Struktur wie dem Weg der Diktaturen in vorwiegend agrarisch-kleinbäuerlichen Ländern mit schwacher, ökonomisch unselbständiger Bourgeoisie und der Diktatur des hochentwickelten Monopolkapitals in einem fortgeschrittenen industriellen Land ein grundlegender Unterschied besteht! Darum mißt er alle diese Diktaturen an einem Schema, und dieses Schema orientiert er an den politischen Methoden der Kämpfe in Rußland, d.h. wieder in einem Land unglaublich rückständiger Bedingungen des Klassenkampfes mit einer großen bäuerlichen Mehrheit. Trotzki sieht die Realität des „Klassenbündnisses“ zwischen Arbeitern und Bauern in der Oktoberrevolution. Er glaubt darum, daß die Arbeiterschaft auch der hochkapitalistischen Länder zu einem gleichen Klassenbündnis kommen kann. Er schreibt deshalb wie die der Revolution ausweichenden Reformisten dem Kleinbürgertum eine „entscheidende Bedeutung“ für das „Schicksal der gesamten bürgerlichen Gesellschaft“ zu und verneint die Frage, daß das Kleinbürgertum „verdammt ist, bis ans Ende seiner Tage ein Werkzeug in den Händen des Kapitals zu bleiben“. (Der einzige Weg, S. 15.) Das heißt für ihn: es kann zum Träger einer faschistischen Diktatur über der Bourgeoisie und dem Proletariat werden, oder es kann zum Klassenverbündeten der Arbeiterschaft werden. Dabei sieht er nicht einmal, daß der Weg der deutschen. Kleinbürger und Bauernschichten zum Nationalsozialismus ökonomisch zwangsläufig bestimmt ist in der Tatsache der Vernichtung der Existenzbasis dieser privateigentumsgebundenen Schichten durch die monopolkapitalistische Entwicklung. Der Hitlerfaschismus ist eben die Form der reaktionären Rebellion des Kleinbürgertums gegen seinen ökonomischen Untergang. Es muß als gesellschaftliche Schicht reaktionär auftreten und sich unbewußt damit zum Bollwerk derselben monopolistischen Bourgeoisie machen, die seinen ökonomischen Ruin verursacht. Denn es kämpft um die Wiederherstellung seiner Privateigentums-basis, nicht um die Abschaffung des Privateigentums überhaupt. Selbstverständlich ist dabei, daß bei der labilen Klassensituation der Gegenwart Elemente hinüber und herüber wechseln. Es kommt aber auf die Kleinbürgerschicht als Ganzes an. Auch die russische Bauernschaft ist nur mit den Bolschewiken gegangen, weil deren Revolution ihre neu zu schaffende Privateigentumsbasis sicherstellte. Für Trotzki gibt es derartige ökonomische Notwendigkeiten und Gesetzmäßigkeiten nicht. Die Erfassung des Kleinbürger- und Bauerntums durch den Nationalsozialismus ist für ihn keine soziologische Tatsache, sondern lediglich Resultat der falschen Politik von s.p.d. und k.p.d. Er vertauscht den marxistischen Gesichtspunkt mit dem bürgerlich-subjektiven: „[…] das Kleinbürgertum muß den Glauben gewinnen an die Fähigkeit des Proletariats, die Gesellschaft auf eine neue Bahn hinauszufuhren“ (Der einzige Weg, S. 15). Die s.p.d. kann das nicht: „Die Sozialdemokratie lehrt den Arbeiter, Lakai zu sein. Einem Lakaien wird das Kleinbürgertum nicht folgen.“ (Der einzige Weg, S. 16). Aber die k.p.d. könne es, wenn sie sich „auf der Höhe der Lage erweist“. Die zentristische Bürokratie hat es indes verhindert, daß die k.p.d. das Proletariat in die Lage versetzt, „die unterdrückten Massen des Kleinbürgertums hinter sich herzuführen“: „Die direkte unmittelbare Verantwortung für das Wachstum des Faschismus trägt vor der proletarischen Vorhut die stalinsche Bürokratie.“ (Der einzige Weg, S 17). In einem bestimmten objektiv historischen Sinne sind s.p.d. und k.p.d. gemeinsam „schuld“ an dem Zustand der Ohnmacht der proletarischen Klasse. Ihre Politik hat eine Sammlung der KIassenkräfte der Arbeiterschaft auf einer tatsächlich revolutionären Linie bis jetzt erfolgreich verhindert. Dennoch gebietet marxistische Objektivität, ihnen nicht die „Verantwortung“ für gesellschaftlich-objektive Tatbestände in die Schuhe zu schieben. Sie haben die nationalsozialistische Mittelstandsrebellion nicht verursacht. Aber sie haben beide gemeinsam das Proletariat außer Stand gesetzt, nicht nur den Nationalsozialismus, sondern auch den monopolkapitalistischen Faschismus zu bekämpfen. Mit seiner Haltung proklamiert Trozki die faschistischen Mittelschichten als zukünftige Bundesgenossen der proletarischen Revolution. Er wiederholt damit den fundamentalen Irrtum der Bolschewiki überhaupt, die hartnäckig vor der Grundwahrheit die Augen verschließen, daß das Proletariat der entwickelten kapitaIistischen Länder zuletzt keine Bundesgenossen besitzt, daß es als proletarische Klasse allein, d.h. nur auf sich und seine eigenen Kräfte gestellt, kämpfen muß. Ist Hitler Kornilow?Neben dem italienischen Schema zieht Trotzki das Beispiel des Kornilow Putsches zur Begründung seiner Taktik heran. Auf unseren Einwand, diese Gleichsetzung der Situation vom August 1917 in Rußland mit der vom Frühjahr 1932 in Deutschland sei falsch, da es sich um ganz andere Klassenkräfte handelte, antwortet Trotzki (Was nun?, S. 47.48) mit dein Vorwurf, daß die Vertreter dieser Meinung „weder die russische noch die deutsche Lage begreifen.“ Der Kornilow Putsch sei „die bürgerliche keineswegs die „feudale“ Konterrevolution“ gewesen. Zur Bekräftigung dieser Meinung weist Trotzki darauf hin, daß die Bourgeoisie Kornilow stützte und dieser sich Republikaner, Bauernsohn usw. „nannte“. Die Frage ist indessen nicht, was sich Kornilow nannte, sondern was er war, d.h. welche Klassenkräfte und Klassenziele er vertrat. Trotzki selbst räumt ein, daß die Kornilow Bewegung „keine faschistische“ war, da sich Kornilow nicht auf das Kleinbürgertum stützte, sondern „auf die Sympathie der gesamten Bourgeoisie und die militärische Beihilfe von Offiziersstand und Junkertum, d.h. der jungen Generation der gleichen Bourgeoisie.“ (S. 47).
Offiziersstand und Junkertum des zaristischen Rußlands werden von Trotzki zum Beweis gezogen […] Das sind Bücher aus denen wir lernten, wenn wie für Preußen-Deutschland wie für Zaren-Rußland Offiziersstand und Junkertum der feudalen Klasse zurechnen. Kornilow und seine Militärkamarilla vertreten den Großgrundbesitz und die zaristische Reaktion. Dagegen spricht auch nicht, daß die Bourgeoisie ihn stützte. Mehr als einmal hat sich erwiesen, daß die Bourgeoisie ihre eigenen politischen Machtpositionen aufgab oder nicht um sie kämpfte, sondern sich aus Angst vor dem Proletariat der feudalen Reaktion in die Arme warf (Die Bourgeoisie in Preußen-Deutschland!). Nicht Kornilow kam zur Bourgeoisie, sondern die Bourgeoisie zu Kornilow, denn sie wollte die Liquidierung der kräftigen Ansätze wirklicher proletarischer Demokratie der Räte, um jeden Preis. Die entscheidende Frage nämlich ist: Für welche Klasse kämpfte Kornilow um die Macht? Wollte er, der sich „Anhänger von Agrarreform und konstituieren der Versammlung“ „nannte“, der schwachen und feigen Bourgeoisie Rußlands die Macht in die Hände spielen. Oder wollte er nicht vielmehr den Zarismus, die Macht der Grundbesitzerklasse wiederherstellen? „Ende August brachte dann der Aufstand Kornilows eine neue Wendung der Revolution hervor, indem er dem ganzen Volke anschaulich zeigte, daß die Kadetten im Bunde mit den konterrevolutionären Generälen danach trachten, die Räte auseinander jagen und die Monarchie wieder herzustellen.“ Die Monarchie, was war das anders als die zaristisch-feudale Reaktion? Ob dieses Zitat einem der „guten Bücher“ entnommen ist oder nicht, deren Studium Trotzki seinen Kritikern so angelegentlich empfohlen hat, möge er selbst entscheiden.Jedenfalls ist dem Nachwort eines längeren Artikels Lenins über die „Lehren der Revolution“ entnommen (Sämtliche Werke, Bd. 21, S. 96 der deutschen Ausgabe). Wenn die Bolschewiki die sozialrevolutionär-menschewistische Regierung gegen Kornilow „stützten“, so taten sie es im Kampf der linken bürgerlichen Gruppierungen gegen die feudale Konterrevolution. Ihre Taktik kann mit der Taktik des deutschen Proletariats gegen den deutschen Faschismus, d.h. gegen die monopolkapitalistische Bourgeoisie, ihre sozialdemokratisch reformistischen Stützpunkt und ihre national-sozialistische Terror Organisation nicht auf eine Linie gebracht werden.<.P> Bonapartismus oder Faschismus?Trotzkis Stellung zum deutschen Faschismus orientierte sich in seinen früheren Schriften vorwiegend an dein italienischen Schema und an russischen Beispielen. In „Der einzig Weg“ rückt er den Vergleich mit dein Bonapartismus in den Vordergrund: „Was nun?“ nannte schon die Brüningregierung eine „Karikatur auf den Bonapartismus“. „Der einzige Weg“ revidiert diese Auffassung bereits wieder: „Wollten wir genau sein, so müßten wir au unserer alten Bezeichnung eine Berichtigung vornehmen: die Brüningregierung war eine vorbonapartistische Regierung. Brüning war nur ein Vorläufer. In ausgebildeter Gestaltung ist der Bonapartismus in der Papen-Schleicher Regierung auf den Platz getreten“. (S. 7). Unter Bonapartismus versteht Trotzki ein „Regime militärisch-polizeilicher Diktatur“, das er wie folgt umschreibt: „Sobald der Kampf zweier sozialer Lager – der Besitzenden und Besitzlosen, der Ausbeuter und Ausgebeuteten höchste Spannung erreicht, sind die Bedingungen für die Herrschaft von Bürokratie, Polizei, Soldateska gegeben. Die Regierung wird „unabhängig“ von der Gesellschaft.“ (S. 7). […] 1. Was ist Bonapartismus? 2. Entspricht die Regierung Papen einem bonapartistischen Regime? 3. Entspricht die Regierung v. Papen Trotzki Definition des Bonapartismus? Erstens: Was ist Bonapartismus? - Historisch war der Bonapartismus der Staatsstreich Louis-Bonapartes, der die Periode der bürgerlichen Konterrevolution. die mit der furchtbaren Juni Niederlage des Proletariats begonnen hatte, zu ihrem diktatorischen Abschluß hatte. In dieser Periode wirtschafteten sich die verschiedenen bürgerlichen Parteien ab. Die jeweils reakionärere löste im parlamentarischen Regime die radikalere ab: „Die proletarische Partei erscheint als Anhang der kleinburgerlisch-demokratischen. […] Die demokratische Partei ihrerseits lehnt sich auf die Schultern der bourgeois republikanischen. Die Bourgeois Republikaner glauben kaum festzustehen, als sie den lästigen Kameraden abschütteln und sich selbst auf die Schultern der Ordnungspartei stützen. Die Ordnungspartei zieht ihre Schultern ein, läßt die Bourgeois Republikaner purzeln und wirft sich auf die Schultern der bewaffneten Gewalt. Sie glaubt noch auf ihren Schultern zu sitzen, als sie an einen schönen Morgen bemerkt, daß sich die Schultern in Bajonett verwandelt haben.“ (Marx im Achtzehnten Brumaire’, Dietz, Berlin., 5. Aufl. 1922, S. 30). Die noch royalistische Ordnungspartei vereinigte die legitimistische Fraktion des Grundbesitzes, mit der orleanistischen der Bourgeoisie. Als diese Klassenkoalition auseinanderfiel, schritt der in allen diesen parlamentarischen Kämpfen immer unabhängiger und mächtiger gewordene Präsident Louis Bonaparte zur Errichtung seiner unbeschränkten Diktatur. Wenn wir nicht den dauernden Fehler Trotzkis wiederholen wollen, mit schematischen geschichtlichen Analogien zu arbeiten, müssen wir als Marxisten die Frage stellen: Welche Klassenkräfte wirkten sich in der vorbonapartistischen Periode aus, welche Klassenkräfte ermöglichten die Diktatur Bonaparte? „Die bürgerliche Revolution 1848 hatte mit der Juni Schlachterei Cavaignacs das Proletariat als politischen Faktor ausgeschalten. Das folgende parlamentarische Regime lief sich tot, weil die französische Bourgeoisie infolge der allgemeinen ökonomischen Situation zu schwach war, ihr alleiniges Regime zu errichten. Die Kräfte der Grundbesitzerklasse paralysierten ihre politische Macht, legten sie lahm. Im Zustand eines ohnmächtigen’ Gleichgewichtes zwischen den Fraktionen der kapitalistischen Bourgeoisie und des feudalen Grundbesitzes – also nicht zwischen „Besitzenden und Besitzlosen“ – verselbständigte sich die im Präsidenten konzentrierte Staatsgewalt über beiden besitzenden Klassen. Die „zahlreichste Klasse der französischen Gesellschaft, die Parzellenbauern“ wurden nach Marx zu der sozialen Schicht, auf der sich die bonapartistische Diktatur erhob. Diese verkörperte also die übertragene, die kommissarische Diktatur im Namen und im Interesse der gesellschaftlichen Mittelschichten.“ Was ist also Bonapartismus? Bonapartismus ist die kommissarische Diktatur, die sich als Abschluß der Periode der bürgerlichen Konterrevolution auf dem sozialen Boden der gesellschaftlichen Mittelschichten als Verselbständigung der Staatsgewalt über den im Zustand eines ohnmächtigen Kräftegleichgewichts politisch paralysierten Klassen des Großgrundbesitzes und der Bourgeoisie erhebt, nachdem das Proletariat selbst schon niedergeschlagen wurde. Zweitens: Entspricht die Regierung v. Papen einem bonapartistischen Regime? Nicht ein einziges Merkmal des Bonapartismus ist dieser Regierung nachzusagen: Sie ist keine kommissarische Diktatur, die sich auf die gesellschaftlichen Mittelschichten stützt. Sie ist wesentlich Instrument des deutschen Monopolkapitals. […] Sie ist höchstens eine von der Bourgeoisie aus politischen Gründen eingegangene Koalition beider, in der das Monopolkapital die unbestrittene Führung besitzt. Die Reichsregierung ist weiter auch nicht Ergebnis eines Staatsstreiches, der den Abschluß einer Periode der Konterrevolution gebracht hätte. Gerade nach Trotzkisten dieser Staatsstreich, und zwar durch Hitler, noch bevor. Sie soll das Regime sein, das diesem Hitler Staatsstreich voraufgeht. Würde sich Trotzki auch nur an die Äußerlichkeiten seiner Vergleiche halten, so müßte er auch diese Regierung als das letzte Kabinett der Ordnungspartei vor dem Staatsstreich bezeichnen, also als „vorbonapartistisch.“ Endlich aber hat sich dieses Regime nicht auf dem Grund einer blutigen Niederschlagung des Proletariats erhoben, diese Niederschlagung soll ja nach Trotzki durch Hitler erst erfolgen. Wollte Trotzki überhaupt im Bilde bleiben, so könnte er mit einiger äußerer Berechtigung nur Hitler mit Bonaparte vergleichen, denn dieser ist tatsächlich Repräsentant der Mittelschichten und will sich, auf deren Schultern stehend, nach Trotzkis Ansicht über die Bourgeoisie und das Proletariat erheben. Trotzkis Analogien sind also falsch und obendrein auf den Kopf gestellt. Drittens: Entspricht die Regierung v. Papen Trotzkis Definition des Bonapartismus? Im wesentlichen ist diese Frage schon durch die Bemerkungen zu Punkt zwei beantwortet worden. Die Reichsregierung ist keine „Herrschaft von Bürokratie, Polizei und Soldateska“, die sich „unabhängig“ von der Gesellschaft gemacht hat. Sondern sie ist Ausdruck der sich entfaltenden monopolkapitalistische faschistischen Diktatur, wie die Regierung Brüning Ausdruck dieser werdenden Diktatur gewesen ist. Der Wechsel der Personen führte zwar zu einem neuen Grad der Faschisierung, änderte aber nichts an der monopolistischen Klassenbasis des kapitalistischen Regimes in Deutschland überhaupt. Es ist eine gefährliche und unmarxistische Verengung des politischen Gesichtsfeldes, wenn, wie Trotzki das tut, ein entscheidendes Gewicht auf die jeweils im Namen der Bourgeoisie handeln. den Personen, statt auf den gesellschaftlichen Inhalt dieses Handelns gelegt wird. Eine Ersetzung v. Papens durch andere Vertreter der kapitalistischen Interessen wird an dem inneren Diktaturverhältnis nichts ändern. Es ist und bleibt die Diktatur des Monopolkapitals; es ist nicht Diktatur der Bürokratie über Arbeiterschaft und Monopolkapital stellt sich also heraus, daß weder Trotzkis Oberflächenanalogien stichhaltig sind, noch die Voraussetzungen seiner eigenen Definition zutreffen, so ist weiter festzustellen: Es ist sinnlos, eine Diktaturperiode, die sich im Gefolge der bürgerlichen Konterrevolution in einer gesellschaftlichen Aufstiegsepoche des Kapitals in einem bestimmten historischen Schwächemoment ergeben hat, mit der heranwachsenden Diktatur des Monopolkapitals in der Epoche des Niedergangs der bürgerlichen Gesellschaft auf eine Stufe zu stellen. Faschismus ist nicht Bonapartismus, sondern Diktatur der Monopolbourgeoisie, die mit den Methoden alleiniger politischer Gewalt ihr sozial zum Untergang verdammtes System zu halten versucht, den Staatsapparat zu diesem Zweck umformt, „faschisiert“, und die übrigen gesellschaftlichen Kräfte die des entfesselten Mittelstandes sowohl wie die des Reformismus ihren Zwecken unterordnet und einbaut. Am deutlichsten macht Trotzki aber seine haltlose Position, wenn er den Bonapartismus als „das auf militärisch-polizeilicher Diktatur fußende Regime des ‚Burgfrieden“ – zwischen Bourgeoisie und Proletariat! – im Gegensatz zum „Regime des offenen Bürgerkriegs gegen das Proletariat […] Die Arbeiter werden über die Segnungen dieses „Burgfriedens“ sicherlich anderer Meinung sein als Trotzki; denn für sie ist der „Burgfrieden“ steter rücksichtsloser Angriff des Kapitals mit allen Mitteln und auf allen Gebieten. Im übrigen soll keineswegs behauptet werden, daß die augenblickliche Regierung in Deutschland das „letzte Wort“ eines faschistischen Regiments sei. Im Gegenteil, die deutsche Bourgeoisie wird versuchen, in steter Anpassung an die sich ökonomisch und sozial stets verschiebende Situation ihre Methoden umzustellen, auszubauen, abzuändern oder zu ergänzen. Sie wird Personen auswechseln. Sie wird in verschärfter Situation verschärfte Mittel anwenden, auf die nationalsozialistische Terrorreserve zurückgreifen oder sonstige Formen schärfsten Terrors entwickeln. Faschistisches Regime kann keinen abgeschlossenen Zustand bedeuten: Es ist vielmehr Prozeß der Anpassung der Bourgeoisie an die Bedingungen politischer Herrschaft in der Krise ihres Systems, die sich inmitten der Widersprüche ihrer Niedergangsperiode entwickelt.
Übrigens scheint Trotzkis deutschen Anhängern wenigstens in einem lichten Moment klar geworden zu sein, daß nicht das Kleinbürgertum, sondern die Monopolbourgeoisie die deutsche Entwicklung bestimmt. Entgegen der sonstigen Haltung der Trotzkisten bezieht ein Leitartikel der „Permanenten Revolution“ von der 5. Augustwoche 1932 eine Stellung, die Trotzkis Haltung direkt entgegensteht. Es heißt dort: „Der entscheidende Teil der deutschen Trust- und Finanzbourgeoisie hat es abgelehnt, Hitler die Macht auszuliefern. Den heutigen Machthabern in Deutschland ist klar, daß das Proletariat, sei es auch zersplittert, ernsten und langwierigen Widerstand im Falle der Machtübernahme durch die Faschisten leisten wird, dessen Ausgang unsicher ist. Aber nicht nur allein da, hält die Bourgeoisie ab, die Macht den Faschisten auszuliefern. Die Trust- und Finanzkönige haben nicht den Faschismus gezüchtet, um sich von ihm regieren zu lassen. Sie brauchen den Faschismus zur Unterdrückung der Arbeitermasse, das Regieren wollen sie selbst besorgen.“ Derselbe Artikel sagt weiter: „Eins ist klar, daß eine gewisse Atempause im Kampf zwischen Proletariat und Faschismus eingetreten ist.“ Es scheint also, daß auch Teile der Trotzkisten, ebenso wie der k.p.o. und s.a.p. ihr Fünf-Minuten-vor-Zwölf-Geschrei aufgegeben und die Vierundzwanzig-Stunden-Zeit eingeführt haben. Der Faschismus und die GewerkschaftenGenau so falsch wie Trotzkis Vorstellung vom „Sieg des Faschismus“ in Form des nationalsozialistischen Putsches ist seine Vorstellung von dessen Verhältnis zu den Gewerkschaften: „Der Faschismus hat zur grundlegenden und einzigen Bestimmung: bis aufs Fundament alle Einrichtungen der proletarischen Demokratie zu zerstören.“ (Was nun?, S. 20). – „Wesen und Bestimmung des Faschismus bestehen in der vollständigen Aufhebung aller Arbeiterorganisationen und in der Verhinderung ihres Entstehens.“ (Was nun?, S. 18). Faschismus bedeutet also nach Trotzki die Vernichtung nicht nur radikaler, revolutionärer, sondern auch reformistischer Organisationen, insbesondere der Gewerkschaften. Tatsächlich aber läuft die Politik des Monopolkapitals gerade darauf hinaus, neben der Vernichtung aller wirklich revolutionären Arbeiterbewegung die Einbeziehung des Reformismus in sein System der Diktatur zu erreichen. Auch das italienische Beispiel spricht nur bedingt für Trotzki. Auffassung. Die italienische Diktatur hat zunächst einen großen Teil der reformistischen Organisationen neben allen revolutionären und radikalen Organisationen zerschlagen. Sie übernahm jedoch schon von vornherein einige der reformistischen Gewerkschaftsorganisationen, und in der Form der Syndikate schuf sie neue Gewerkschaften, weil sie den unvermeidlichen Existenzkampf der Arbeiter in das Bett organisierter Kontrolle leiten wollte und mußte. Nicht die Gefahr ist die größere in Deutschland, daß die reformistische. Arbeiterbewegung zertrümmert wird, sondern die Gefahr des geschichtlichen Verrats und Verkaufs der großen Arbeiterorganisationen an den Klassengegner durch die Apparatbürokratie in den Gewerkschaften. Das Monopolkapital als wirkliche: Träger der diktatorischen Entwicklung Deutschlands fährt besser dabei, die Gewerkschaften zu erhalten und sie sich einzugliedern als Werkzeuge seiner faschistischen Politik. Nicht die italienischen Gewerkschaftsemigranten werden Brüder finden, sondern die verräterischen D‘Arragonas. Das hat die folgenden Gründe: Der Faschismus kann zwar die Gewerkschaften auflösen, nicht aber die industrielle Organisierung der Arbeiter durch die Betriebe beseitigen Die Streikmöglichkeit kann nicht ausgerottet werden. Streiks aber können unter Bestimmten Umständen in revolutionäre Kämpfe umschlagen. Sie sind für das Diktaturregiment gefährlicher als staatlich geknebelte Gewerkschaften. Der Faschismus kommt um die Frage der Regelung der Arbeits- und Lohnbedingungen nicht herum. Seine Zwangsgewerkschaften dienen ihm dazu, das gesamte Proletariat in die Zange arbeitsrechtlicher Vorschriften zu spannen und durch ein Zwangstarifwesen alle spontanen Regungen des Lohnkampfes wenn nicht zu ersticken, so doch ungemein zu erschweren. Die faschistischen Gewerkschaften’ sind ein Mittel faschistischer Massenbeherrschung. Der italienische Faschismus hat den Umweg über die Zerstörung eines großen Teiles der alten und den Aufbau neuer, eigener Gewerkschaften gemacht; er machte ihn, weil das Kräfteverhältnis zwischen reformistischen und revolutionären Kräften in den Gewerkschaften selbst und ebenso das Kräfteverhältnis zwischen Unternehmern und Gewerkschaften es nötig zu machen schienen. Ist die Bourgeoisie Deutschlands ebenfalls zu diesem Umwege gezwungen? Wir meinen: Nein, und sie selbst sieht offenbar einen anderen, ihrer ökonomischen Lage entsprechenderen Weg. Sie wird sich wahrscheinlich auch in dieser Frage als Herr der Situation gegenüber dem Nationalsozialismus zeigen: sie arbeitet ihrerseits darauf hin, die Gewerkschaften in den Dienst ihrer Lohn- und Arbeitspolitik zu stellen, d.h. sie als Maschinen zur Unterwerfung des Proletariats unter ihre wirtschaftspolitische Diktatur zu benutzen, spontane Explosionen aufzufangen und zu vermeiden. Es ist fernerhin nicht mehr im Geringsten daran zu zweifeln, daß der Apparat des Reformismus, der den verzweifeltsten Kampf um seine Existenz kämpft, unter den Losungen der „staatlichen Kontrolle der Wirtschaft“, der „Sozialisierung der Banken“, der „Erhaltung des Tarifrechts“, der „Arbeitsbeschaffung“, der „Einflußnahme der Arbeiterschaft auf die Wirtschaftsführung“ und der „Verstaatlichung der Produktion“ mit vollen Segeln in das Lager der faschistischen Diktatur des Monopolkapitals übergeht. Der deutsche Faschismus hat um so weniger Ursache, die ökonomisch kampfunfähigen und kampfunfähigen Gewerkschaften zu zertrümmern, als sie als Hauptstütze der sozialdemokratischen Politik mit allen Mitteln ihrer Apparatregie, ihres Massenbetrugs die Arbeiterschaft im Schlepptau des Monopolkapitals zu halten suchen (Eiserne Front!). Was die vom italienischen Staat geschaffenen Gewerkschaften von Amts wegen tun, das tut der Reformismus in der Dynamik der hochkapitalistischen Entwicklung freiwillig. Die Monopolbourgeoisie kann keine bessere „Arbeiter“ Politik als die der Ausnützung der reformistischen Gewerkschaftsbewegung durchführen. Einheitsfront – Wer mit wem?„Man muß der Sozialdemokratie den Block gegen die Faschisten aufzwingen.“ (Wie wird der Nationalsozialismus geschlagen, S. 7). Mit diesen Worten hat Trotzki im Dezember 1931 die Linie seines Kampfes gegen den Faschismus gekennzeichnet: Die Einheitsfront zwischen k.p.d. und s.p.d. ist der einzige Weg, um die Arbeitermassen in den Kampf zu bringen. Die s.p.d. ist nach Trotzki unbedingt für diese Einheitsfront zu gewinnen. Das ergibt sich aus der „absoluten Unversöhnlichkeit zwischen dem Faschismus und jenen Arbeiterorganisationen, durch die sich die Sozialdemokratie hält.“ (Was nun?, S. 6). Der Reformismus ist durch den Faschismus unmittelbar gefährdet: „Die Herrschaft des faschistischen Terrors wird nur die Abschaffung der Sozialdemokratie bedeuten können“ (Der einzige Weg, S. 25). Aus diesem Grunde ist die Sozialdemokratie auch bündnisfähig für die k.p.d.: „Jedenfalls ist dem „Sozialfaschisten“ seine Haut teuer. Die kommunistische Einheitsfrontpolitik muß gegenwärtig von der Sorge der Sozialdemokratie um die eigene Haut ausgehen. Das wird die realistischste und zugleich die in ihren Folgen revolutionärste Politik sein.“ (Der einzige Weg, S. 25-26). Aber diese „revolutionärste Politik“ bleibt nicht nur deshalb wirkungslos, weil die k.p.d. nicht daran denkt, trotzkistische Einheitsfrontpolitik mit der s.p.d. zu machen – sie macht sie lieber mit sich selber! – sondern auch deshalb, weil die Voraussetzung dazu nicht gegeben ist: Die Angst der reformistischen Bürokratie vor ihrer Vernichtung. Denn sie ist niemals bereit gewesen zu kämpfen, sie kapituliert bereits vor jedem Kampf vor dem Faschismus. Die absolute Unversöhnlichkeit, von der Trotzki spricht, existiert nicht zwischen dem monopolkapitalistischen Faschismus und dem Reformismus, sondern zwischen dem Reformismus und der Revolution. Gerade weil der Reformismus weiß, daß die Revolution seine materielle Vernichtung bedeutet, klammert er sich an das kapitalistische Regime und kommt in die genau entgegengesetzte Position als die, die ihm Trotzki zuschreibt. Er wird sich auf Kampfaktionen nur einlassen, um sie sabotieren zu können, wenn er sich überhaupt auf irgendwelche Aktionen einläßt. Und das tut er nur, wenn ihn die Masse hinter sich her schleppt, d.h. wenn die Gefahr besteht, daß er die Führung verliert. Dann aber ist die Masse schon selber in Bewegung. Eine Einheitsfrontpolitik mit ihm könnte erst eingegangen werden, wenn sich die Arbeiter bereits im Kampf befinden. Sie würde also dem Ziel, die Massen in Bewegung zu bringen, gar nicht dienen können. Umgekehrt aber wäre die nachträgliche Einheitsfront in laufenden Aktionen die direkte Stützung der wankenden Position der reformistischen Bürokratie in den Massen, die Ermöglichung der Durchführung ihrer Betrugsmanöver zur Abdrosselung der Massenaktion, wie das die Brandlersche Einheitsfronttaktik in der Periode von 1923 anschaulich gezeigt hat. Die Begründung für die „Einheitsfronttaktik“ ist bekannt. Trotzki gibt sie in „Der einzige Weg“ mit der klassischen Formulierung wieder: „Die Möglichkeit der Annäherung an die sozialdemokratischen Massen kann und muß man unter gewissen Bedingungen sogar mit parlamentarischen Spitzenabkommen bezahlen. Aber für einen Bolschewik ist das eben nur Eintrittsgeld.“ (S. 33). Leider hat es der Reformismus bei allen diesen Einheitsfrontabkommen in Deutschland fertig gebracht, die bolschewistischen Einheitsfronttaktiker um das Eintrittsgeld zu prellen. Die „Arbeiterregierung“ in Sachsen im Jahre 1923 hat das mit genügender Deutlichkeit offenbart. Nicht der Reformismus wurde entlarvt. Er erhielt im Gegenteil neues Ansehen in den Massen. Dafür aber haben die Parlamentsstrategen der k.p.d. […] die Sache des Kommunismus diskreditiert. In der Gegenwart aber hat die reformistische Bürokratie ebenfalls nicht, wie Trotzki abstraktlogisch als Möglichkeit aufgezeigt hat (Was nun?), ihre Stimmen im Parlament gegen Brüning abgegeben und damit „das Kräfteverhältnis mit einem Schlag“ verschoben, noch geht sie „in Gemeinschaft mit den Kommunisten“ an die Machteroberung. Es kommt eben nicht darauf an, was der Reformismus tun „könnte“, sondern darauf was er tut. Und er tut alles, um nicht nur die wirkliche Einheitsfront der Klasse im Interesse der faschistischen Bourgeoisie zu sabotieren, sondern auch der „Einheitsfrontpolitik“ von links keinen Angriffspunkt zu bieten. Aber auch die k.p.d.-Führung ihrerseits denkt nicht daran, die trotzkistische Taktik einzuschlagen. Und das nicht nur, weil sie keine Manöver mit der s.p.d. durchführen will, sondern weil sie jeder wirklichen Vereinheitlichung der Arbeiterklasse überhaupt entgegen wirkt. Sie ist im wesentlichen nichts als eine außenpolitische, revolutionär drapierte Agentur der Stalinschen Bürokratie, die mit dem Kurs auf den „Sozialismus in einem Lande“ den Verzicht auf eine revolutionäre Politik im internationalen Maßstab ausgesprochen hat. Alle Tatsachen stehen gegen Trotzkis Beweisführung. Als seine wirkliche taktische Position bleibt nur der Gedankengang übrig: Die k.p.d. Führung muß „von unten her“ gezwungen werden, eine Einheitsfrontpolitik mit der s.p.d. zu machen, damit die s.p.d. gegen ihren Willen gezwungen werden kann, das „Sprungbrett“ abzugeben für die „Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse“ durch die k.p.d. und so ihre eigene Vernichtung einzuleiten. Die kurzen Termine, die Trotzki selbst setzt, zeigen bereits den illusionären Charakter dieser intellektuellen Führerpolitik. Trotzkis Propaganda einer solchen Taktik: Eroberung der k.p.d. zum Zwecke der Eroberung der s.p.d. muß im Angesicht der tatsächlichen Situation doppelt illusionierend wirken. Sie stärkt erstens die durch nichts mehr zu begründende Meinung, daß die k.p.d. eine revolutionäre Partei sei. Sie erklärt zweitens Sozialdemokratie und Gewerkschaftsbürokratie für bündnisfähig mit den revolutionären Klassenkräften; hindert also in der Praxis ihre Entschleierung als konterrevolutionäre Faktoren. Praktisch muß die Haltung Trotzkis zu einer Stützung des Reformismus in den Massen führen. Die s.p.d. hat das so gut begriffen, daß sie eine lebhafte Propaganda für die Schriften Trotzkis entfaltet. In Dresden z.B. wurde die Broschüre „Soll der Faschismus wirklich siegen?“ allen s.p.d. Funktionären kostenfrei vom Apparat geliefert. Hätte er das getan, wenn er nicht eine Stützung seiner Stellung davon erwartete? Trotzkismus: Die Partei über die KlasseDie eine Wurzel der politischen Fehlschlüsse Trotzkis ist die Verneinung der selbständigen, bestimmenden Rolle des faschistischen Monopolkapitals; die andere seine Einschätzung der k.p.d.. Bei dieser Partei und nur bei ihr liegt angeblich „der Schlüssel zur Position“ (Was nun?). Der Haken ist nur, daß mit diesem Schlüssel die Stalinsche Bürokratie versucht „das Tor zur revolutionären Tat zu verschließen“. (S. 23.) Die k.p.d. ist für Trotzki nach wie vor eine proletarische, antibürgerliche Partei, wenn auch falsch geführt.“ (S. 14.) Die falsche Führung muß beseitigt, die k.p.d. reformiert werden. Davon hängt die Revolution überhaupt ab: „Wenn es nicht gelange, würde es in der gegebenen historischen Lage fast unentrinnbar den Sieg des Faschismus bedeuten“ (S. 68), d.h. nach Trotzki die Niederlage des Proletariats vielleicht auf Jahrzehnte hinaus! Die k.p.d. muß deshalb unter allen Umständen und sofort auf die Linie der „richtigen“ bolschewistischen Taktik geführt werden. Für Trotzki, „die Mißerfolge und das Scheitern dieser Politik der Einheitsfronttaktik liegen nicht in der Politik sondern in den Politikern. (S. 42.) Man muß nur die Führung ändern, um die Massen für die Revolution vor dem Siege des Faschismus.“ mobilisieren zu können. Diese Auffassung offenbart den bolschewistischen Führerstandpunkt Trotzkis, der der russischen unentwickelten Situation der Vorkriegszeit entspricht. Die Arbeiterklasse „an und für sich genommen ist lediglich Ausbeutungsmaterial“. Nur durch die Partei kann sie zum Klassenbewußtsein kommen: „Die Partei im jenes historische Organ, durch dessen Vermittlung die Klasse das Selbstbewußtsein erlangt.“ – „Der Marsch der Klasse zum Selbstbewußtsein d.h. die „Herausschälung einer revolutionären Partei, die das Proletariat hinter sich herführt“ (Was nun?, S. 21). Die Arbeiterklasse ist also „an sich“ zu selbständigen Klassenhandels unfähig. Der kommunistischen Partei fällt die absolute Führerrolle zu. Diese Partei ist nicht bloßes zeitgebundenes und zeitbedingtes Mittel und Werkzeug, nicht der Zusammensschluß der klassenbewußtesten kommunistischen Elemente des Proletariats, die der ganzen Klasse helfen, zur Erkenntnis ihrer Klassensituation und zu eigenem revolutionären handeln zu kommen, sondern sie ist der Klasse übergeordnet. So versteht sich auch, wenn die Trotzkisten in einem „Offenen Brief“ („Permanente Revolution“ Nr. 6, Jahrgang 1932) als besondere Vorbedingung für den Sieg des Proletariats fordern: „Zurückberufung der Genossen Trotzki, Rakowski und der Oktoberkämpfer in die Führung der kommunistischen Weltpartei.“ Noch klarer spricht Trotzki seine Ansicht im Rahmen der Behandlung der Rätefrage aus. Nach unserer marxistisch-kommunistischen Auffassung sind die Räte die Organe, in denen sich das Proletariat zum revolutionären Kampfe eint und vermittels deren es seine eigene Klassenführung über Fehler und Irrtümer von unten her entwickelt. Eine Partei kommt eben nur insoweit zur Führung in der Revolution, als sie durch ihre unter den Massen arbeitenden Mitglieder sich das Vertrauen der Mehrheit des Proletariats erwirbt. Die Räte werden im Verlauf der Revolution aus Organen der Sammlung des Proletariats zu Organen des proletarischen Aufstandes und schließlich zu Organen der proletarischen Diktatur. Eine politische Gruppierung wird sich in ihnen nur behaupten können, wenn sie sich täglich aufs Neue das Vertrauen der Arbeiter erwirbt, deren ständiger Kritik sie unterworfen ist. Im Verlauf der Entwicklung, d.h. im besonderen nach der Eroberung der Macht, der Umbildung und Durchorganisierung der wirklichen proletarischen Diktatur, wird die Rolle der Partei mehr und mehr zu schrumpfen beginnen, wahrend sich die Räte zu den Organisationskörpern der klassenlosen Gesellschaft fortentwickeln. Trotzki aber sieht in den Räten nur „die höchste Form der Einheitsfront unter Bedingungen, wo das Proletariat die Epoche des Machtkampfes betritt.“ (Was nun?, S. 51.) Sie dienen lediglich der Vermittlung der Führerrolle der Partei: „Würde es der kommunistischen Partei glücken, in der vorbereitenden Periode alle übrigen Parteien aus den Reihen der Arbeiter zu verdrängen, die überwältigende Mehrheit der Arbeiter unter ihrem Banner politisch und organisatorisch zu vereinigen, bestünde keinerlei Bedarf an Sowjets.“ (Was nun?, S. 54). Hat die Partei ist einem historischen Moment die Mehrheit der Klasse hinter sich, besteht „keinerlei Bedarf“ an Räten mehr. Sie können ganz allgemein, wie in Rußland, durch die Partei liquidiert werden. Wenn überhaupt, so wird hier deutlich, wie Trotzki bei ammer Intellektualität und vielleicht gerade deswegen steckenbleibt in einer der russischen Situation entsprechenden individualistischen Auffassung. Er begreift eben nicht den Klassenprozeß in einem Gesellschaftsrahmen, in dem das Proletariat auf dem Wege zu einer Diktatur ist, die die Diktatur der Mehrheit über die Minderheit darstellt. Wie allen Bolschewiken, sind auch Trotzki die „Massen“ mehr oder weniger Objekt, nicht Subjekt historischer Entwicklung. Für diese Art Bolschewismus ist „Organisation“ im Rätsinne nur Mittel, Äußerlichkeit, die man nach Bedarf annehmen oder ablegen kann, also nur parteipolitisches Mittel. Mit seiner Auffassung verrät Trotzki, wie sehr er auch in der Frage der Räte seinem Feinde Stalin eng verwandt ist. Die allgemeine Zwiespältigkeit, die zwangsläufige Doppelseitigkeit und DoppeIdeutigkeit der bolschewistischen Politik in der Frage der Räte spiegelt sich nun euch in Trotzki letzten Schriften. Seine Lage als Oppositioneller, der von dem Parteiregime an die Wand gedrückt ist, zwingt ihn, die Forderung der „Sowjetdemokratie“ von sich aus neu zu produzieren, d.h. die Kontrolle der Partei durch die Arbeiterschaft zu verlangen: „Die Sowjetdemokratie ist vor allem Lebensbedürfnis für die Wirtschaft selbst.“ (Was nun?, S. 79). Wäre dieser Satz von uns geschrieben, Trotzki würde nicht zögern, uns „Rätemystik“ vorzuwerfen. Die Liquidierung des StalinismusDer Stalinismus, d.h. die Diktatur des Generalsekretariats der k.p.r. über das russische Bauerntum und das russische Proletariat wie über die Komintern, ist die Konsequenz der Fortentwicklung der bolschewistischen Praxis unter den Bedingungen des ökonomischen Aufbaues der Staatswirtschaft in einem rückständigen Agrarlande. Trotzki sagt vom russischen Regime: „Auf den Grundlagen der proletarischen Diktatur in einem zurückgebliebenen Lande, in kapitalistischer Umkreisung, wurde zum ersten Male aus den oberen Schichten der Werktätigen ein mächtiger Apparat geschaffen, der sich über die Masse erhebt, ihr kommandiert, ungeheure Vorrechte genießt, durch innere Zirkelbürgschaft verbunden ist, seine besonderen Interessen, Methoden, Griffe in die Politik des Arbeiterstaates hineinträgt.“ (Was nun?, S. 73). Das kann nur ein Bolschewik schreiben, für den „bürokratische Selbstherrschaft“ und proletarische Diktatur keine unvereinbaren Gegensätze sind. Für den Kommunisten, der von der Stellung der Arbeiterklasse ausgeht, werden die Begriffe „proletarische Diktatur“ und ‚Arbeiterstaat“ zu inhaltslosen Formeln, wenn das Proletariat weder durch die Räte noch durch sonstige Organe die Macht ausübt. Die allmächtige und verselbständigte Bürokratie Sowjetrußlands herrscht über die Massen und hält sie von der leisesten Kontrolle, geschweige denn von einem irgendwie nennenswerten Einfluss auf den staatlichen und wirtschaftlichen Kurs fern. Eine Diktatur, die in den Händen einer in jeder Hinsicht „gehobenen“ Bürokratenschicht ist, ist das Gegenteil der proletarischen Diktatur, deren Grundlage nur die lebendige Demokratie der Arbeiterräte sein kann. Eine Wirtschaft, deren Führung in den Händen derselben Bürokratie liegt und die nach den Grundsätzen kapitalistischer Kalkulation und Rentabilität geleitet wird, in der das kapitalistische Lohnprinzip und die kapitalistischen Antreibermethoden bestimmend sind, eine Wirtschaft, die der Betriebsleitung eine unbeschränkte Befehlsgewalt über die Arbeiter verleiht, ist nicht sozialistisch. Sie ist, soweit sie bürokratisch organisiert ist, staatskapitalistisch. Dieser auf dem Gedanken des Hilferdingschen Generalkartells, dem Gegenteil eines proletarischen wirtschaftlichen Rätesystems, aufgebaute Staatskapitalismus ist das Fundament der Stalinschen Diktatur. Trotzki hofft auf die baldige „Liquidierung der bürokratischen Selbstherrschaft“ durch das russische ProIetariat. Tatsächlich wäre diese Liquidierung der einzig denkbare Ansatzpunkt ein Änderung des Kurses der Komintern, die ja mit den selben Methoden des „bürokratischen Zentralismus“ an die Sowjetbürokratie gebunden ist. Aber diese Liquidierung des Stalinismus als des festgefügten Systems bolschewistischer Führerdiktatur wird nur unter einer Voransetzung möglich sein: im Falle einer starken Erschütterung dieses Systems durch große weltpolitische Ereignisse. Erst der revolutionäre Vorbruch des europäischen Proletariats wird auch der russischen Arbeiterschaft die Kraft geben, das Stalinsche System zu beseitigen und die Rätedemokratie durchzusetzen. Und darum bewegt sich Trotzkis strategischer Plan in einem Zirkelschluß: Eine rechtseitige Änderung des Kurses der Komintern Ist nach ihm die Voraussetzung für die Revolution in Europa. Aber diese Kursänderung könnte nur die Folge der Änderung des Sowjetregimes Stalins sein, als deren Voraussetzung gerade die revolutionäre Erschütterung Westeuropas erscheint. Trotzkis bolschewistische Einstellung zwingt zu dem Schluß, daß auch im Falle eines Erfolge einer Politik die Voraussetzungen für den revolutionären Sieg des Proletariats in Europa noch nicht gegeben sind. Denn dieser kann mit bolschewistischen Methoden, den Methoden der Erbebung der Partei über die Klasse nicht erfochten werden in den Ländern, die ein fortgeschrittenes Proletariat aufweisen, das die Mehrheit der Bevölkerung darstellt, und einen Klassengegner, der zehnmal gefährlicher eis [?] der der russischen Revolution ist. Der Bolschewismus, Prinzip und Taktik des Kommunismus in einem rückständigen Lande, das durch die Revolution erst aus den Fesseln des Feudalismus heraustrat kann nicht richtunggebend sein für die Revolution in den entwickelten kapitalistischen Ländern. Die kommunistische Bewegung wird deshalb nicht dadurch zu einer konsequenten revolutionären Politik kommen, daß Stalin durch Trotzki ersetzt wird, sondern allein dadurch, daß die revolutionäre Arbeiterschaft Westeuropas die seinen Kampfbedingungen gemäße eigene Taktik und Strategie des Klassenkampfes gegen das Monopolkapital entwickelt. Solange das bolschewistische Prinzip die Komintern beherrscht, wird die Sowjetbürokratie deren Führung in den Händen halten. Deshalb wird es auch keine revolutionäre Umgestaltung der k.p.d. geben. Denn diese Bürokratie wird lieber, wie sie das geschichtlich schon mehrfach bewiesen hat, eine Partei zugrunde gehen lassen, als dem Druck der Arbeiter von unten nachgeben. Die Ausgangspunkte eines neuen revolutionären Aufschwunges des europäischen Proletariats werden aus all diesen Gründen nicht in der Komintern liegen, aber auch nicht in den Gruppen, die sich deren Reformierung zum Ziel gesetzt haben. Sie können nur durch die Schaffung neuer kommunistischer Kräftezentren herausgestellt werden. Kinderkrankheiten-TaktikDas wird um so deutlicher, als auch die sonstige Linie Trotzki den Anforderungen einer revolutionären Politik des deutschen Proletariats nicht entspricht: „Lest die Kinderkrankheiten des Radikalismus: das ist jetzt das zeitgemäßeste Buch.“ (Was nun?, S. 33). In der Tat ist Trotzkis Auffassung, das die Einheitsfrontpolitik der Angelpunkt aller kommunistischen Taktik ist, weil sich die nichtkommunistischen Massen nicht anders in den Kampf einbeziehen lassen (S. 30), eine Frucht der von Lenin 1920 empfohlenen Politik. Folgerichtig schließen sich auch die anderen Richtpunkte seiner politischen Anschauung dieser Taktik an: „Verbindung des Kampfes um die Macht mit dem Kampf um Reformen: vollkommene Selbständigkeit der Partei bei Wahrung der Gewerkschaftseinheit; Kampf gegen das bürgerliche Regime unter Ausnutzung seiner Einrichtungen; unversöhnliche Kritik des Parlamentarismus – von der Parlamentstribüne herab; unbarmherziger Kampf gegen den Reformismus bei praktischen Vereinbarungen mit den Reformisten in allen Teilkampfen“ (Was nun?, S. 30). In allen diesen Punkten steht Trotzki mit den sonst von ihm heftig angegriffenen k.p.o.-Leuten auf einer Linie. Gleich ihnen vertritt er die illusionäre Auffassung von der Möglichkeit der Eroberung der Gewerkschaften, ihrer „Revolutionierung“, und das in einem Augenblick, in dem der noch starke und gefestigte reformististische Apparat bereits dabei ist, sich an einem Werkzeug des legalen monopolkapitalistischen Faschismus umzuformen. Gleich ihnen tritt er für den „revolutionären Parlamentarismus“ ein, und das in einem Augenblick dem die Bourgeoisie selbst die „Parlamentstribüne“ so gut wie vollständig liquidiert. Gleich ihnen tritt er für eine Einheitsfront mit den Reformisten ein, die nicht nur alle Klassenbasis, sondern bereits die ihrer eigenen reformistischen Politik verlassen haben. Was ist die Kinderkrankheiten-Taktik Lenins? Sie ist eine Taktik, die er im Widerspruch zu seiner eigenen revolutionären Arbeit in der Periode zwischen Februar und Oktober 1917 den Kominternparteien aufgezwungen hat, und zwar in einem Moment, in dem es für die Russen klar wurde, daß die Weltrevolution zu lange ausblieb. Die Erkenntnis, daß sie mit ihren ungeheuren Schwierigkeiten selbst fertig werden wußten, führte zu den Auffassungen der „Kinderkrankheiten“. Sie waren Opportunismus, denn sie ersetzten die unbedingte revolutionäre Konsequenz durch eine Taktik der Schachzüge und Kompromisse, der parlamentarischen und reformistischen Winkelzüge. Der schwierige Prozeß der Klärung der Arbeitermassen sollte abgekürzt werden durch eine Taktik des Lavierens und der Zweideutigkeit, die in ihrem Gefolge unweigerlich die Stärkung der reformistischen Illusionen der Massen nach sich zog. Die Taktik, die Trotzki der deutschen Arbeiterklasse empfiehlt, ist die Taktik des bolschewistischen Opportunismus, d.h. eine Taktik, die genau sowie der „ultralinke Kurs“ der Stalinisten nur weiter in den Sumpf hineinführt. Weichensteller der k.p.d.Die „Linke Opposition“ soll nach Trotzki als „Weichensteller“: „den Zug der deutschen Kommunistischen Partei und den noch schwereren Zug des deutschen Proletariats dazu bringen, in eine andere Richtung zu fahren.“ (Was nun?, S. 110). Voraussetzung dafür wäre jedoch, daß dieser Zug der k.p.d. sich überhaupt in Bewegung nach vorn befindet. Das ist er aber nicht. Dessen ungeachtet empfiehlt Trotzki allen revolutionären Kräften in Deutschland, die Stellung eines Weichenstellers der k.p.d. einzunehmen. Den „linken Elementen“ der s.a.p. schlägt er vor, auf dem Boden der 21 Bedingungen eine „planmäßige Offensive gegen den Zentrismus in den eigenen Reihen“ zu eröffnen und „die Sache bis zum Ende“ zu führen, d.h. also in die k.p.d. überzugehen: „Weiter – mit dem Gesicht zur k.p.d.“ (Was nun?, S. 67). Daß die „linken Elemente“ der s.a.p., d.h. deren Kominternflügel, diesen Weg gehen werden, ist wahrscheinlich. Wir meinen nur, daß nicht sie die k.p.d. reformieren werden, sondern daß die k.p.d. sie verschlucken wird. Der einzige Weg„Wir sind unerschütterlich davon überzeugt, daß der Sieg über die Faschisten möglich ist […] jetzt, unter den gegebenen Bedingungen, in den kommenden Monaten und Wochen.“ (Wie wird der Nationalsozialismus geschlagen?, S. 3). Das war Trotzkis Perspektive Anfang Dezember 1931. Zehn Monate später muß er den Versuch machen, seinen Satz: „Man muß auf kurze Frist anlegen“, mit dem Ausbleiben des Hitlerputsches wie mit dem Ausbleiben der revolutionären Gegenaktion der Arbeiterschaft in Einklang zu bringen. In den letzten Teilen seiner Schrift „Der einzige Weg“ macht er Ausführungen, die mit dem ersten Teil nur schwer in Einklang zu bringen sind. Schleichers „hundert Tage“ ersetzt er durch den Termin des zu erwartenden Bankrotts des Papenschen Wirtschaftsprogramms, das dann „offenbar“ durch das Programm des Faschismus ersetzt werden muß: „Alles in allem muß das eine revolutionäre Situation bedeuten“ (S. 47). Aber Trotzki sieht auch andere Möglichkeiten, „nämlich die des rascheren Eintretens der Konjunkturwende“ (S. 47). Immerhin läuft auch das auf dasselbe hinaus: „Man kann mit völliger Gewißheit voraussagen, daß des Konjunkturumschwung der augenblicklich verfallenen Aktivität des Proletariats einen machtvollen Auftrieb verleihen würde.“ (S. 47). „Das bonapartistische Regime, das sich nur durch „Burgfrieden“ zu halten vermag, wird als erste Opfer des Konjunkturumschwunges fallen.“ (S. 48). Jedenfalls steht die Revolution wieder auf der Tagesordnung: „Die Frage der Siegesaussichten läuft unter diesen Bedingungen zu drei Viertel auf die kommunistische Strategie hinaus“ (S. 47), d.h. „bei richtiger Anwendung der Einheitsfrontpolitik.“ (S. 49). Die trotzkistische Schwenkung in der Politik der k.p.d. ist also nach wie vor Voraussetzung der Revolution. Bestimmt, und mit scharfen Angriffen auf den Leninbund hieß es in „Was nun?“: „Heute die Frage einer dritten Partei aufrichten, heißt sich am Vorabend der großen historischen Entscheidung den Millionen kommunistischer Arbeiter gegenüberstellen, die Unfrieden sind mit der Führung, sich aber aus dem Gefühl revolutionärer Selbsterhaltung an die Partei klammern.“ (S. 111). Die „Weichensteller“ der Linke Opposition stehen aber in „Der einzige Weg“ schon vor einer kritischen Frage: „Wird es dem kleinen Rad der Opposition gelingen, rechtzeitig das große Parteirad zu wenden? So steht jetzt die Frage.“ (S. 57). Schon am „Vorabend der großen historischen Entscheidung“? Zunächst natürlich begnügen sich die Trotzkisten noch mit „einer bescheideneren Rolle“: „Wir schlagen der kommunistischen Avantgarde unsere Hilfe vor bei der Ausarbeitung der richtigen Linie. Für diese Arbeit sammeln und erziehen wir eigene Kader.“ (Der einzige Weg, S. 57). Denn: „Die Linke Opposition hat bereits ihre marxistische Orientierung ausgearbeitet, aber noch keine Massen.“ (S. 59.) Aber: „Sollte sich die schlimmere Variante verwirklichen; sollten, allen unseren Bemühungen zum Trotz, die heutigen offiziellen Parteien durch die Stalinsche Bürokratie zum Zusammenbruch geführt werden; sollte es in gewissem Sinne heißen, wieder von vorn zu beginnen, dann wird die neue Internationale ihren Stammbaum von den Ideen und Kadern der Linken Kommunistischen Opposition herleiten,“ (S. 59). Wenn also die Eroberung der Komintern durch den Trotzkismus mißlingen sollte, dann wird er zum Aufbau einer eigenen trotzkistischen Internationale schreiten. Das wird er aber erst nach der Katastrophe tun, die nach Trotzki unvermeidlich ist, wenn die k.p.d. ihre „ultralinke“ Taktik nicht durch eine trotzkistische ersetzt. Bis zum vollkommenen Zusammenbruch der k.p.d. aber werden die Trotzkisten die deutschen Proletarier auffordern, diese stalinistische Partei zu stützen, d.h. mit ihr in den Abgrund hinein zu laufen. Wer ist defaitistisch?Wenn die Arbeiterschaft Deutschlands heute nicht kampffähig und kampfbereit ist, so ist das zum guten Teil auch die Folge der Politik der k.p.d.. Der Reformismus hat an sich konsequent gehandelt. Daß aber die k.p.d., kommandiert von Rußland, unter dem Deckmantel revolutionärer und ultrarevolutionärer Gesten eine praktisch konterrevolutionäre Politik verbarg, hat die Lage für die deutschen Arbeit entscheidend verschlechtert. Wenn wir also aussprechen, daß das deutsche Proletariat in den nächsten Wochen und Monaten schwerlich zum Kampfe aufstehen wird, so auch deshalb weil wir u.a. die k.p.d. als einen die Entwicklung durchaus nicht weniger hemmenden Faktor ansehen müssen als die s.p.d. Denn das ist die bittere Wahrheit: s.p.d. und k.p.d., beide große Parteien sind Hindernisse wirklichen revolutionären Kampfbeginns, ja, des Klassenkampfes überhaupt. Die Arbeiterbewegung Deutschlands steht vor einem Umbildung und Neubildungsprozeß, der sich durch keine wie immer geartete „Taktik“ dieser oder jener Gruppe umgehen läßt. Erst wenn die deutschen Arbeiter mehr als bisher erkennen, daß der Klassenkampf unmittelbar ihre eigene Aufgabe ist, wird nicht die Einheitsfront von unten formen, wird sich die neue Führung der Klasse herausbilden. Die Entwicklung drängt auf diesen Vorbruch des revolutionären Massenwillens hin. Die Zuspitzung reift heran. Aber es wäre Selbsttäuschung, wollte man an eine entscheidende Wendung in den nächsten Wochen und Monaten glauben und diesen Glauben zum Ausgangspunkt politischer Taktik zu machen. Trotzki täuscht sich, weil er an die russische Entwicklung denkt. Der Weg in Deutschland ist anders und viel schwieriger; verlangt einen ständigen Kampf um die Klärung der Köpfe der Massen. Sie müßen die ganze furchtbare Wahrheit erkennen; sie müssen lernen, aus ihren eigenen Kräften heraus den Neubeginn zu schaffen. Und sie werden das nur im Feuer neuer, schwerer Erfahrungen. Die vorhandenen revolutionären Kräfte müssen ihnen helfen. Sie müssen zu diesem Zweck überall Kaders bilden, die den Arbeitern die ganze Wahrheit sagen. Keinesfalls dürfen sie auch nur den Anschein erwecken, als ob mit den reformistischen Organisationen auch nur ein Schritt des Kampfes getan werden könne; oder als ob die k.p.d. noch irgendwie entscheidend für den revolutionären Kampf sei. Steht die Frage, wie sie Trotzki und die ihm durchaus wesensverwandten Strategen der k.p.o. und s.a.p. im vergangenen Winter überall gestellt haben „Jetzt oder nie“, so wird die Antwort nur ein Nie sein können. Ist der Schlüssel des revolutionären Kampfes bei der k.p.d., so wird es keinen revolutionären Kampf geben. Defaitistisch ist nicht der, der die realen Kräfte einzuschätzen versucht, sondern der, der wie Trotzki den Arbeitern sagt: Wenn Hitler zur Macht kommt, ist alles aus, auf Jahrzehnte hinaus. Der revolutionäre WegWir haben nachzuweisen, daß Hitler nicht Mussolini ist und nicht Kornilow. Er ist Werkzeug des Monopolkapitals. Seine Differenzen mit der Bourgeoisie beruhen darauf, daß er nicht Gendarm sein will, sondern Kommandeur. Aber die Bourgeoisie hat noch andere Gendarmen und vor allem hat sie das Geld, mit dem sie ihn entlohnt. Darum wird er sich einfügen. Für das Proletariat aber wird der Faschisierungsprozeß der Monopolbourgeoisie Druckmaßnahme auf Druckmaßnahme häufen bis es die Notwendigkeiten des eigenen Kampfes begriffen hat. Sobald das aber geschieht, d.h. sobald auf dem sozial zerwühlten Boden neue breite Massenkämpfe ausbrechen, wird auch für die breitere Arbeiterbewegung der Zeitpunkt der Inangriffnahme und Durchführung ihrer revolutionären Umrüstung anbrechen. Die fortgeschrittensten und klarsten kommunistischen Köpfe zu der Klasse werden mit ihren Kaders vor die Öffentlichkeit der kämpfenden Klasse treten und den Grundstein legen für die revolutionäre kommunistische Organisation, die revolutionäre „Partei“, ohne die das Proletariat seinen Kampf nicht siegreich beenden können wird. Und die Massen selbst werden den alten Boden ihrer überholten Gewerkschaftsorganisationen verlassen, sich um Aktionsausschüsse und Räteorgane gruppieren und damit auf breiterer Grundlage zur Neuschaffung von betrieblichen Kampforganisationen übergehen. Wie lange der Prozeß der Aktivierung der Arbeiterklasse dauern wird, und auf welchem Wege sie sich ihre der Situation und den Aufgaben angepaßten Kampforganisationen, ihre Werkzeuge des revolutionären Kampfes schaffen wird, kann nicht einfach vorausgesagt werden. Das alles wird abhängen von einer ganzen Reihe gesellschaftlicher Kräfte: von der tatsächlichen ökonomischen Entwicklung, von den Formen und Methoden der politischen Umgruppierung der Bourgeoisie, von der Politik und dem Zersetzungsprozeß der alten Arbeiterbewegung um s.p.d. und k.p.d., von dem Grad, in dem die Erkenntnis der eigenen Verantwortlichkeit in den Masse wächst, kurz, von einer Kette objektiver und subjektiver gesellschaftlicher Faktoren, die zu beobachten und zu untersuchen die ständige Aufgabe der revolutionären Kräfte in der Klasse ist. Voraussichtlich wird es sich noch um einen längeren Prozeß handeln. Revolutionäre werden in der Arbeiterklasse nur dann als treibende Kräfte einer geschichtlich unabwendbaren Entwicklung wirken, wenn sie eich erstens in den tatsächlichen Gegebenheiten orientieren und wenn sie nicht zweitens sorgfältig und zäh der vorbereitenden Arbeit des Aufbaues eines neuen kommunistischen Kerns in der Klassenbewegung unterziehen, ihr konsequentes Programm herausarbeiten und ihre von Sektiererei ebenso wie von Opportunismus freie Taktik entwickeln. SchlußIllusionen und Selbsttäuschungen sowie billiges individuelles Führerbewußtsein können den Weg zu einer revolutionären Taktik der sich zum Kommunismus hin orientierenden Arbeiter nicht erschließen. Bolschewistische Führerpolitik, bolschewistische Apparatschieberei, bolschewistischer Opportunismus sind kein Schlüssel zur Revolutionierung der Arbeiterschaft, sondern Sperrriegel einer Aufwärtsentwicklung der Klassenkräfte des Proletariats. Die verhängnisvolle Rolle, die die Komintern in der europäischen Arbeiterbewegung seit langem spielt, wird nicht durch die Ersetzung Stalins durch Trotzki aufgehoben. Und darum ist der Trotzkismus eine Spielart des Bolschewismus, nicht dazu berufen, die Praxis des revolutionären Kampfes der Arbeiterklasse Europas zubestimmen. Sondern die erwachsenden Arbeitermasse, werden auf Grund ihrer bitteren Erfahrungen in den letzten fünfzehn Jahren über den Bolschewismus jeder Art und Färbung hinweggehen. Sie werden ihre Kampforgane schaffen, sie werden sich ihre Bewegung aufbauen, wie sie sie brauchen: Keine bolschewistischen Kommandeure über ihren Köpfen sondern Kommunisten in ihren Reihen, die ihnen helfen, den revolutionären Weg im Zug der Entwicklung der Klasse selbst zu gehen. Nicht der Trotzkismus wird siegen, sondern das europäische Proletariat wird die Grundlinien des revolutionären marxistischen Kommunismus wieder herausstellen und Reformismus und Bolschewismus gleichermaßen überwinden und seinen Kampf auf dem Boden der ihm gesellschaftlich diktierten Kampfbedingungen nach seiner eigenen revolutionären Gesetzmäßigkeit führen. © Obgleich die Kommunistische Linke im Allgemeinen keine Urheberrechte bzw. „intellektuelle Eigentumsrechte“ für sich eingefordert hat, können einige Veröffentlichungen auf dieser Webseite urheberrechtlich geschützt sein. In diesem Fall steht ihr Gebrauch nur zum Zweck persönlichen Nachschlags frei. Ungeschütztes Material kann für nicht-kommerzielle Zwecke frei und unentgeltlich verbreitet werden. Wir sind Ihnen erkenntlich für Ihren Quellenhinweis und Benachrichtigung. Bei beabsichtigter kommerzieller Nutzung bitten wir um Kontaktaufnahme. Compiled by Vico, 16 May 2019 |
Übersicht
Siehe auch: Entschiedene Linke / Rote Kämpfer, 1926-1945 |