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Antonie Pannekoek Archives

Proletarier

Quelle: Kollektion a.a.a.p., Gravierung von H. Baluscher


Die Krise der bolschewistischen Partei / N. Insarow, 1926


Die Krise der bolschewistischen Partei / N. Insarow. – In: Proletarier, Heft 8-9 (September 1926), S. 141-154; Heft 10 (Oktober 1926), S. 172-178; Heft 11 (November 1926), S. 210-215; Transkription von Rätekommunismus 


I.

Das Echo der fraktionellen Kämpfe auf dem XIV. Parteitag der bolschewistischen Partei war noch nicht verklungen, als sich das letzte Plenum ihres Zentralkomitees (im Juni dieses Jahres) in eine Arena neuer Kämpfe verwandelte. Ihr Ergebnis war die Entfernung von Sinowjew aus dem Politischen Büro des z.k., die Streichung seines Anhängers Laschewitsch (Stellvertreter des Vorsitzenden des Kriegsrates) aus der Liste der Kandidaten des ZK; sowie der Ausschluss einiger anderer Mitglieder der Sinowjew-Fraktion aus der Partei und ihre Entfernung von den von ihnen bis jetzt bekleideten Staatsposten. Die Mehrheit des bolschewistischen z.k. begründet diese Beschlüsse mit der Fortsetzung der fraktionellen Tätigkeit seitens Sinowjews und seiner Anhänger und im Besonderen mit ihren Bemühungen zwecks Organisierung einer Fraktion und damit der Vorbereitung zur Spaltung der bolschewistischen Partei. Die charakteristischsten Momente aus dieser fraktionellen Tätigkeit sind: die illegalen Versammlungen in der Umgegend Moskaus, organisiert von Laschewitsch und Belenki (Mitarbeiter von Sinowjew im Ekki), und die Entsendung von Agenten in die verschiedenen Parteiorganisationen und die Sektionen der 3. Internationale zur Gründung von illegalen fraktionellen Gruppen. In den Artikeln der bolschewistischen Presse, in den Reden von Bucharin, Rykow u.a. sowie in den Resolutionen der verschiedenen Organisationen zu den Beschlüssen des bolschewistischen ZK werden Sinowjew und seine Anhänger noch beschuldigt, dass sie „formell und faktisch“ einen Block mit den Gruppen um Trotzki und Schljapnikow geschlossen hätten. Dies soll in ihrer gemeinsamen Plattform, vorgetragen von Trotzki, über alle ökonomischen und politischen Fragen, die auf der Tagesordnung des Plenums standen, zum Ausdruck gekommen sein. In Wirklichkeit ist das Vorgehen der Mehrheit um Stalin nicht nur gegen Sinowjews Anhänger, sondern auch gegen die der anderen Gruppen gerichtet: Nicht nur wurden Kamenew und Laschewitsch von ihren Posten als Kommissar für Innen- und Außenhandel, bezw. als Stellvertreter des Vorsitzenden des Kriegsrats enthoben, sondern auch der Trotzkist Pjatakow, sowie Trotzki selbst wurden in Urlaub geschickt.

Die Kämpfe im letzten Plenum des bolschewistischen z.k. und seine Beschlüsse sind nicht etwas Neues und Unerwartetes, sie sind eine Fortsetzung der Kämpfe auf dem XIV. Parteitag, deren Anfang seit dem Ausscheiden Lenins aus der Führung der bolschewistischen Partei datiert. Das letzte Plenum, sowie auch der XIV. Parteitag, haben nur die Kämpfe, die bis dahin ein Geheimnis für die Uneingeweihten im innerorganisatorischen Leben der bolschewistischen Partei waren, an der Oberfläche ausgetragen.

Manche – besonders die Anhänger der 3. Internationale – glauben, dass die Ursachen der Kämpfe zwischen den Führern der bolschewistischen Partei in ihren verschiedenen Auffassungen zu den einzelnen politischen und ökonomischen Fragen liegen. Sie sehen die unbestreitbaren Tatsachen, dass sich die Kämpfe um die Führung zuspitzen; sie glauben aber, dass jede Gruppe nach der Führung strebt, soweit das notwendig für die Durchsetzung und Durchführung ihrer Politik ist. Eine solche Erklärung der Kämpfe zwischen den bolschewistischen Führern ist falsch!

Es ist falsch, die Erklärung dieser Kämpfe in irgendwelchen „Auffassungsdifferenzen“ zu suchen. Ihre wahren Gründe sind persönlicher Natur-Kampf um die Führung. Ein Delegierter des XIV. Parteitages hat das z.B. sehr bildlich ausgedrückt, indem er die von Lenin hinterlassene Führung mit einem Kaftan verglich, den sich die einzelnen Mitglieder des Polbüros des z.k. der bolschewistischen Partei anprobieren und für sich beanspruchen. Ein Beweis dafür ist die Tatsache, dass die Differenzen der bolschewistischen Führer ursprünglich nicht wegen politischer, wirtschaftlicher und anderer prinzipieller Frage, sondern wegen der Führung der Partei als persönliche Rivalitäten entstanden sind. Die „Meinungsverschiedenheiten“ waren später als Ideenmantel notwendig, wo der Kampf offenen Charakter annehmen musste, wo die Rivalen die Unterstützung der Parteimitglieder für ihre Zwecke gewinnen mussten. „[…] Es ist notwendig zu bemerken.“ – sagt Petrowski (Vorsitzender des ukrainischen Rats der Volkskommissare) – „dass die jetzigen Differenzen große Ähnlichkeit mit der Diskussion von 1923 haben. Ursprünglich waren es persönliche Differenzen, später disharmonische Arbeit und dann das Suchen nach Positionen, die man zur Begründung dieser Differenzen angeben könnte (1). Um das festzustellen, genügt eine Lektüre des stenographischen Berichts des XIV. Parteitages der Bolschewiki.

Von Stalin und seinen Anhängern, wie auch von Sinowjew, wurde in den Debatten des XIV. Parteitages festgestellt, dass die Differenzen mit dem Ausscheiden Lenins aus der Führung der Partei (schon nach seiner Erkrankung) entstanden sind, und dass ihr Ausgangspunkt die Frage der Führung ist. Nach dem Ausscheiden Lenins, bei dem Fehlen einer anderen, allgemein anerkannten Autorität in der bolschewistischen Partei, bei dem Vorhandensein einiger Rivalen um seinen Platz, gewann die Frage der Organisierung des Sekretariats und der Person des Sekretärs, in dessen Hände sich der Parteiapparat befindet, besondere Bedeutung; der Posten des Generalsekretärs gab Stalin großen Vorzug gegenüber den anderen Rivalen Trotzki, Sinowjew und Kamenew. Deshalb der Kampf um das Sekretariat, der mit der sogenannten „Höhlensitzung“ in Kislowodsk (1923) beginnt und vom XII. bis XIV. Parteitag der Bolschewiki dauert.

„Es handelte sich“ – sagt Sinowjew, erzählend von der „Höhlensitzung“ „darum, wie wir die weitere Arbeit bis zur Wiederherstellung der Gesundheit Wladimir Iljitsch vorbereiten […] Alle Teilnehmer der Beratung verstanden und allen war es gleich klar, dass das Sekretariat mit Wladimir Iljitsch eine ganz andere Bedeutung hat, wie das Sekretariat ohne ihn. Bei Lebzeiten Wladimir Iljitschs war es ganz einerlei, wer der Sekretär ist und wer in dem Sekretariat war; jeder hatte eine begrenzte, dienstliche Rolle zu spielen. Das Sekretariat war ein organisatorisches Instrument, das eine bestimmte Politik durchführen musste. Es war allen klar, dass das Sekretariat des z.k. ohne Wladimir Iljitsch eine absolute, entscheidende Bedeutung bekommt. Ich wiederhole, das war vor der ersten Diskussion mit Gen. Trotzki. Wir alle dachten, wie ist es zu organisieren, damit wir ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte haben. […] Damals waren wir mit Bucharin ein Herz und eine Seele und fast in allem einverstanden. In dieser Zeit entstanden in uns zwei Pläne. Der eine war, das Sekretariat dienstlich zu machen und der andere, es zu „politisieren“, in dem Sinne, dass wir es mit einigen Mitgliedern des Polbürs erweitern. […] In dieser Zeit reiften schon gewisse, persönliche – dabei sehr scharfe – Konflikte mit Gen. Stalin heran. […] Schließlich wurde es beschlossen, dass das Sekretariat mit drei Mitgliedern des Polbüros erweitert wird. Dieser auch nicht besonders glückliche Vorschlag wurde von Gen. Stalin gemacht, und wir haben uns einverstanden erklärt. Wir erweiterten das Organisationsbüro mit drei Mitgliedern des Polbüros: mit Gen. Trotzki, Bucharin und mir. Ich besuchte die Sitzungen des Organisationsbüros, glaube ich, ein-, zweimal, und die Gen. Bucharin und Trotzki vielleicht gar nicht. Daraus wurde nichts. Und dieser Versuch scheiterte.“ (2)

In dieser Zeit soll Sinowjew auch das Bündnis mit Trotzki gegen Stalin gesucht haben. „Gen. Serebrjakew hat“ – sagt Weroschilow auf dem Parteitag, ohne Trotzki zu widerlegen – „in der öffentlichen Sitzung des Plenums des z.k. im November 1923 erklärt, dass Gen. Sinowjew dem Gen. Trotzki ein Bündnis angeboten hat. Trotzki bestritt es nicht. Einen Block hat er jedoch kategorisch abgelehnt.“ (3)

Trotzki glaubte 1923, dass sein Einfluss in der jungen Garde der bolschewistischen Partei nach außen und in der Armee genügend stark ist, um sich selbst als alleiniger Führer durchzusetzen, indem er die Wirtschaftskrise, die Unzufriedenheit der Arbeiterklasse, sowie die Enttäuschung der revolutionären Elemente nach dem Bankrott der 3. Internationale in Deutschland ausnutzte. Dies zwang Sinowjew und Stalin, sich zu vereinigen, um die Ansprüche des populärsten und gefährlichsten Prätendenten zurückzuweisen. Dieses Zusammengehen dauerte aber nur, bis die Gefahr Trotzki verschwand.

„Das erste, ernsthafte Auseinandergehen“ gibt selbst Sinowjew zu – „kam nach dem XIII. Parteitag (1924, Verfasser), man kann sagen, am andern Tag nach dem Parteitag. Die ausschlaggebende Rolle spielte hier das Auftreten des Gen. Stalin, seine Rede vor den Sekretären der Bezirkskomitees; sie wurde später gedruckt und enthielt direkte Angriffe auf Kamenew und mich. Der Angriff auf mich war in der Frage der Diktatur der Partei. […] Durch die Presse machte Stalin den entscheidenden Angriff gegen den „Kern“ (gegen die „Troika“ Sinowjew, Kamenew, Stalin. (der Verfasser) und das zersetzte den Kern. Damals haben sich einige führende Genossen, 15-17 Bolschewiki-Leninisten, zusammengefunden, die die geschaffene Lage berieten. Sie gaben die Unrichtigkeit von Stalins Auftreten und seine prinzipiellen Fehler in der Frage der Diktatur der Partei zu. […] Nachher wurde zum ersten Male etwas wie geschriebene Verfassung darüber, wie wir unter uns in Zukunft leben müssen, ausgearbeitet. […] Scheinbar existiert sie nicht mehr. In dieser Zeit erklärte Stalin einige Male seinen Rücktritt, das wurde aber abgelehnt, und man beschloss, dass wir in Zukunft unsere Arbeit in Einklang bringen werden. Bei der Frage an Stalin, warum er mit seinem Artikel auftrat, antwortete er, dass er die Erweiterung des Kerns bezweckte, da er zu klein ist.“ (4)

Wie für Stalin der ideelle Mantel – Partei- oder Klassendiktatur – notwendig war, um den Kampf gegen Sinowjew und Kamenew einzuleiten, so waren auch für die letzteren die „Meinungsverschiedenheiten“ notwendig, um den offenen Kampf gegen Stalin zu führen. Die widerspruchsvolle und unaufrichtige Kritik Sinowjews und seiner Freunde nach der XIV. Konferenz (April 1925), das Suchen nach ideellen Argumenten gegen Stalin, waren nur die Vorbereitungen zum offenen Wettkampf. Die beiden Seiten wussten für sich, um was es sich handelt. Wie auf dem XIV. Parteitag von den beiden Seiten vorgetragen wurde, ging diesem ein versteckter und erbitterter Kampf ums Übergewicht im Parteiapparat voraus – durch Abberufung bisheriger und Berufung neuer Parteifunktionäre. Dieser Kampf erreichte seine größte Verschärfung in der Leningrader und Moskauer Organisation. Die Sinowjew-Gruppe soll auch sogar, wie es auf dem Parteitag berichtet wurde, die Beseitigung Stalins vom Posten des Generalsekretärs verfolgt haben, indem Kamenew ihn im Januar 1925 zum Nachfolger Trotzkis – als Vorsitzender des Kriegsrates – vorschlug (5).

Der ideelle Mantel, den die bolschewistischen Führer ihren persönlichen Kämpfen umhängen wollten, war zu durchsichtig, um sogar die Delegierten des XIV. Parteitags täuschen zu können. Deshalb war die Frage der Führung konzentriert in die des Sekretariats, tatsächlich die Zentralfrage der Parteitagskämpfe. Bei der Erörterung dieser Frage erreichte die Erregung der Leidenschaften ihren Höhepunkt und spielten sich die stürmischsten Szenen ab. So z. B. als Kamenew erklärte: „‘Wir sind dagegen, dass das Sekretariat, das faktisch die Politik und die Organisation in sich vereint, über das politische Organ (d.h. das politische Büro, wo Kamenew damals den Vorsitz hatte. (der Verfasser) steht. Wir sind dafür, dass unsere Spitze so organisiert wird, dass das politische Büro, das alle Politiker unserer Partei umfasst, wirklich Vollmacht hat und dass das Sekretariat, das seine Bestimmungen technisch ausführt, ihm untergeordnet ist. (Lärm.)1 Ich muss aber bis zum Ende aussprechen […] ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass Gen. Stalin nicht die Rolle eines Vereinigers des ‚bolschewistischen Stabes erfüllen kann‘“ – verwandelte sich der Parteitag in eine Arena wildester Szenen, die der Stenograph wie folgt fixierte: „Stimmen aus dem Saal: ‚Unwahr!‘ ‚Unsinn!‘ ‚Sieh, darum handelt es sich!‘, Man hat die Karten aufgedeckt!‘ Lärm. Applaus der Leningrader Delegierten. Geschrei: ‚Wir werden Euch die Kommandohöhen nicht geben!‘ ‚Stalin!‘ ‚Stalin!‘ Die Delegierten stehen auf und begrüßen Gen. Stalin. Stürmischer Applaus. Geschrei: ‚Sieh, wo der Vereiniger der Partei ist!‘ ‚Der bolschewistische Stab muss sich vereinigen‘. Stimmen aus dem Saal: ‚Es lebe Gen. Stalin!!!‘ Stürmischer, langanhaltender Applaus und Schreie: ‚Hurra!‘ Lärm.“ (7)

Indem wir aber die wahren Motive der sich gegenseitig bekämpfenden bolschewistischen Führer hervorheben, wäre es politische Kurzsichtigkeit, nicht zu sehen, dass die Frage der Krise der bolschewistischen Partei nicht mit dieser des persönlichen Kampfes der Führer und seiner Gründe erschöpft wird. Hier muss man nicht einen der Grundsätze des historischen Materialismus außer Acht lassen: „Wenn es sich um die Erforschung der Ursachen der historischen Ereignisse handelt, muss man nicht so sehr die Beweggründe der einzelnen Personen, mögen sie die berühmtesten sein, als die Beweggründe, die die großen Massen in Bewegung setzen, im Auge haben.“ (8) Und die Beweggründe der Masse der Mitglieder der bolschewistischen Partei, die an den Fraktionskämpfen teilnehmen, sind nicht die der Führer. Ihre Erklärung muss man in der heutigen russischen Wirklichkeit und der Rolle der bolschewistischen Partei als Ergebnis des Verlaufes und des Charakters der russischen Revolution suchen.

II.

Die Frage der Entwicklung und des Charakters der russischen Revolution ist nicht neu. Sie beschäftigte den marxistischen Gedanken schon lange vor der Revolution 1917 und sie zwingt sich doch immer von neuem bei der Betrachtung und der Erklärung der Vorgänge, die sich in Russland und der bolschewistischen Partei vollziehen, auf. Besonders hartnäckig wurde die Frage des Verlaufes und des Charakters der russischen Revolution, sowie auch die der Rolle des russischen Proletariats in ihr, am Vorabend und während der Revolution von 1905 gestellt.

Die Bolschewiki, wie auch die Menschewiki, schätzten die bevorstehende und sich vollziehende Revolution als bürgerliche ein. „Die Marxisten“ – schreibt Lenin – „sind von dem bürgerlichen Charakter der russischen Revolution unbedingt überzeugt. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass diejenigen demokratischen Umwandlungen in der politischen Ordnung und diejenigen sozialökonomischen Umwandlungen, die für Russland unabwendbar geworden sind, an sich allein nicht nur keine Untergrabung des Kapitalismus und der Herrschaft der Bourgeoisie bedeuten, sondern im Gegenteil, sie werden zum ersten Male den Boden tatsächlich säubern für eine breite und schnelle, europäische und nicht asiatische Entwicklung des Kapitalismus, sie werden zum ersten Male die Herrschaft der Bourgeoisie als Klasse möglich machen.“ (9) Auf demselben Standpunkt blieben die Bolschewiki bis Ende 1917.

Die Differenzen zwischen den Bolschewiki und Menschewiki bestanden nicht in der Einschätzung des Charakters der russischen Revolution, sondern nur in der Bestimmung ihres Ganges und speziell der Rolle des Proletariats in ihr. Die Differenzen zwischen ihnen waren also von taktischem Charakter. Nicht zufällig war auch die hauptpolitische Arbeit Lenins aus dieser Zeit, „Zwei Taktiken in der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution“ betitelt.

Mechanisch ausgehend von dem Standpunkt, dass die russische Revolution eine bürgerliche ist und folglich die Errichtung der politischen Herrschaft der Bourgeoisie als Ergebnis haben wird, waren die Menschewiki der Ansicht, dass das Proletariat mit allen Kräften den Sieg der bürgerlichen Revolution als eine notwendige Etappe der gesellschaftlichen Entwicklung fördern, nicht zur Übernahme der Macht streben soll, dass es seine Aufgabe ist, die Bourgeoisie weiterzutreiben, indem es ihre Halbheit kritisiert und die Rolle einer Opposition spielt. Die Bolschewiki dagegen waren der Auffassung, dass kraft der Klassenverhältnisse in Russland, dem Proletariat und seiner Partei die Rolle der „Jakobiner“ der russischen bürgerlichen Revolution zukommt, und es sich folglich an der sogenannten „vorläufigen revolutionären Regierung nach der siegreichen Revolution zu beteiligen hat.“ (10) „Der Sieg der bürgerlichen Revolution bei uns“ – schreibt Lenin – „ist unmöglich als Sieg der Bourgeoisie. Das scheint paradox zu sein, ist aber so. Das Vorherrschen der Bauernbevölkerung, ihre fürchterliche Unterdrückung vom halbfeudalen Großlandbesitz, die Kraft und das Bewusstsein des schon in sozialistischer Partei organisierten Proletariats, – alle diese Umstände verleihen unserer bürgerlichen Revolution einen besonderen Charakter. Diese Besonderheit beseitigt nicht den bürgerlichen Charakter der Revolution. Diese Besonderheit bedingt nur den konterrevolutionären Charakter unserer Bourgeoisie und die Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats und der Bauern für den Sieg einer solchen Revolution […] Diese These ist der Ausgangspunkt der taktischen Differenzen der Sozialdemokratie während der Revolution.“ (11)

Wir müssen bemerken, dass die Stellung der Bolschewiki zu der „vorläufigen revolutionären Regierung“ an einer großen Unklarheit litt. Die Bolschewiki konnten keine einheitliche und klare Antwort auf die Frage: Was werden sie mit der „vorläufigen revolutionären Regierung“ machen, nachdem die Errungenschaften der bürgerlichen Revolution gefestigt sind? geben; manche vertraten den Standpunkt, dass sie dann die Regierung verlassen müssen (das entspricht auch ihrer Bezeichnung „Vorläufige revolutionäre Regierung“); andere waren der Auffassung, dass sie nicht freiwillig aus der Regierung austreten sollen, sondern, wenn das geschehen soll, so nur auf dem Wege einer neuen Pariser Kommune. Die Bolschewiki konnten aber nicht zu einer neuen Pariser Kommune kommen, wenn sie sich die Durchführung der bürgerlichen Revolution zur Aufgabe stellten.

Auf einem anderen Standpunkt in Bezug auf den Charakter der russischen Revolution stand die polnische Sozialdemokratie unter Führung von Rosa Luxemburg, die Trotzki-Gruppe und Parvus. Ihrer Meinung nach ist die Revolution nicht unbedingt-, sondern bedingt- bürgerlich, da sie unter gewissen Umständen auch eine proletarische sein kann. Dieser Einschätzung des Charakters der russischen Revolution lag ihre Prognose von dem Gang der Revolution und der Rolle des Proletariats in ihr zu Grunde. Diese Prognose stützte sich auf dieselbe Einschätzung der Klassenverhältnisse in Russland, von der auch die Bolschewiki ausgingen und deren Richtigkeit die Menschewiki auch nicht leugnen konnten (12); nämlich: Bei der Schwäche und des reaktionären Charakters der russischen Bourgeoisie, bei dem Fehlen eines starken Kleinbürgertums sind die Arbeiter und Bauern die Hauptträger der Revolution; wegen der politischen Rückständigkeit und Unorganisiertheit der Bauern gehört aber die Hegemonie der Arbeiterklasse. Deshalb wird die Aufrichtung ihrer Herrschaft das Ergebnis der Revolution sein. Nach Rosa Luxemburg, Trotzki und Parvus wird und kann die Arbeiterklasse sich nicht mit der Vernichtung des feudalmonarchistischen Regimes und mit der Ebnung des Weges der kapitalistischen Entwicklung beschränken; sie wird, kraft der Logik der Klassengegensätze, versuchen, die kapitalistische Ausbeutung zu beseitigen und den Sozialismus zu verwirklichen. Daraus folgt aber unvermeidlich der Konflikt mit den Bauern. Deshalb führt die Entwicklung der russischen Revolution ihrer Meinung nach nicht zu der „vorläufigen revolutionären Regierung“ der Arbeiter und Bauern, sondern zu der Arbeiterregierung, zur Diktatur des Proletariats. Daraus folgt die Taktik der „permanenten Revolution“.

Gleichzeitig aber sahen die Anhänger der permanenten Revolution die Rückständigkeit Russlands und das Fehlen der für die Verwirklichung des Sozialismus notwendigen ökonomischen Bedingungen; sie sahen, dass der Befreiungswille des Proletariats in einen Widerspruch mit den materiellen Verhältnissen kommen muss. Sie stellten aber seine Lösung in Abhängigkeit von der europäischen Revolution.

„Die politische Herrschaft des Proletariats“ – schreibt Trotzki „ist unvereinbar mit seiner ökonomischen Sklaverei. Unter welcher politischen Flagge es auch an die Macht gelangt, wird es doch gezwungen sein, den Weg der sozialistischen Politik zu gehen. Die Auffassung, dass das Proletariat, von der Mechanik der bürgerlichen Revolution auf die Höhe der Staatsherrschaft getrieben, sich – wenn es auch will – auf die Mission, Schaffung der republikanisch-demokratischen Verhältnisse für die Herrschaft der Bourgeoisie beschränken kann, muss für eine große Utopie angesehen werden. […] Wie weit kann aber die sozialistische Politik der Arbeiterklasse in den ökonomischen Verhältnissen Russlands gehen? Man kann mit Sicherheit eins sagen: Sie wird viel früher an politische Widerstände als an die ökonomische Rückständigkeit des Landes stoßen. Ohne die direkte Staatsunterstützung des europäischen Proletariats kann die russische Arbeiterklasse sich nicht an der Macht halten und ihre vorläufige Herrschaft in eine dauernde sozialistische Diktatur verwandeln (13).

Denselben Standpunkt vertrat auch Rosa Luxemburg in der deutschen und polnischen sozialdemokratischen Presse, in ihren Reden auf dem Londoner Parteitag der russischen Sozialdemokratie und im Besonderen in der von ihr redigierten polnischen Zeitschrift „Przeglad social-demokratyczny“. Nach dem Ausbruch der russischen Revolution 1917, vor der Übernahme der Macht durch die Bolschewiki, schrieb sie wiederum:

„Als Frucht der ganzen kapitalistischen Entwicklung denkt die Revolution nicht daran, in ihrem logischen Fortschreiten bei den Errungenschaften stehen zu bleiben, bei denen sie der Kretinismus der „öffentlichen Meinung“ Europas, die sozialdemokratische eingeschlossen, halt machen lassen möchte. Ihre natürliche Tendenz führt zu einer Generalauseinandersetzung der Klassen im Schoße der russischen Gesellschaft, wobei die Hauptrolle naturgemäß der fortgeschrittensten und radikalsten Klasse, dem industriellen Proletariat zufallen muss. Das Ziel, auf das diese Entwicklung hinsteuert, ist unvermeidlich die Diktatur des sozialistischen Proletariats. Die Diktatur des Proletariats ist in Russland, falls eine internationale proletarische Revolution ihr nicht rechtzeitig Rückendeckung schafft – zu einer betäubenden Niederlage verurteilt, gegen die das Schicksal der Pariser Kommune ein Kinderspiel gewesen sein dürfte.“ (14)

1918, nach der Eroberung der Macht durch die Bolschewiki, schrieb sie wieder: „Darin liegt das Schicksal der russischen Revolution, darin ihr Glück und Ende eingeschlossen. Sie kann lediglich als Prolog der europäischen Revolution des Proletariats ihr Ziel erreichen. Werden hingegen die europäischen, die deutschen Arbeiter dem spannenden Schauspiel weiter wohlwollend zuschauen und nur die Zaungäste spielen, dann darf die russische Sowjetherrschaft nichts anderes gewärtigen als das Geschick der Pariser Kommune. Diese inneren Zusammenhänge äußern sich schon jetzt in allerlei sichtbaren Hemmungen der bolschewistischen Politik.“ (15)

Im Zusammenhang mit der Ansicht der Anhänger der permanenten Revolution über den Gang der russischen Revolution heißt ihr Standpunkt zu ihrem Charakter: Wenn die russische Revolution von der europäischen unterstützt wird, so kann sie eine proletarische werden, wenn nicht, dann wird sie eine bürgerliche.

Es ist klar, dass die Anhänger der permanenten Revolution nicht von einem voreingenommenen Standpunkt über den Charakter der Revolution ausgingen, sondern von ihrem realen Gang, bestimmt durch die Klassenverhältnisse und die Logik der Klassengegensätze. Deshalb war ihr Standpunkt der einzig richtige und die Taktik der permanenten Revolution die einzig revolutionäre. Die Bolschewiki wollten, wie auch die Menschewiki, den Klassenkampf des Proletariats beschränken: Die Bolschewiki nach der Eroberung der Macht mit der Durchführung der bürgerlichen Revolution und die Menschewiki während der Revolution im Rahmen der politischen Hegemonie der Bourgeoisie. Trotzki charakterisiert sehr trefflich den Unterschied zwischen der bolschewistischen und menschewistischen Position; indem er schrieb: „Während sich die antirevolutionären Seiten des Menschewismus mit aller Kraft schon jetzt zeigen, droht den antirevolutionären Zügen des Bolschewismus eine große Gefahr erst im Falle eines revolutionären Sieges.“ (16)

Die Entwicklung der russischen Revolution von 1917 bestätigte voll und ganz die Diagnose der Anhänger der permanenten Revolution. Die Bolschewiki selbst waren unter dem Druck der Logik des Klassenkampfes gezwungen, wenn sie Partei der Revolution bleiben wollten, ihre früheren Ansichten zu revidieren. Das geschah natürlich nicht ohne Krisen und innere Kämpfe. (Siehe die Meinungsverschiedenheiten auf der April-Konferenz 1917; den Austritt Sinowjews und Kamenews aus dem z.k. nach der Übernahme der Macht; den Austritt von Rykow und anderen aus dem Rat der Volkskommissaren nach dem Scheitern der Verhandlungen mit den Menschewiki und Sozialrevolutionäre.) Lenin selbst sogar verließ nicht auf einmal und radikal seine Theorie von dem bürgerlichen Charakter der Revolution (1918 ist er noch für den später eingeführten Staatskapitalismus (17).) und verhandelt mit dem bekannten russischen Industriellen Meschtscherski über die Bildung eines Metalltrusts mit kapitalistischem Charakter.

Die Entwicklung der russischen Revolution zeigte auch, dass die proletarische Diktatur, beschränkt auf die Grenzen Russlands, nicht die ökonomische Rückständigkeit überwinden kann. Das ist der Sinn der Wendung in der bolschewistischen Politik 1921.

Der heroische Versuch des russischen Proletariats endete aber nicht wie die Pariser Kommune, da seine Schwäche schon im Voraus die Übernahme der Macht aus den Händen seiner Klassenorgane – der Sowjets – in die der bolschewistischen Partei zur Folge hatte (18).

Dabei waren die letzten Kundgebungen des Machtwillens der Arbeiterklasse (die Arbeiteropposition in der Gewerkschaftsfrage, Kronstadt) nach ihrem Verbluten während des Bürgerkrieges brutal im (Interesse der Parteialleinherrschaft erstickt worden. Diese zwei Umstände erklären den „friedlichen“ Charakter der Wendung 1921; das, was die Arbeiterklasse selbst nicht nun konnte, tat die bolschewistische Partei, indem sie die Staatsmacht und Politik dem Interesse der Bauern (unter der Losung „Bündnis der Arbeiter und Bauern“) und der Bourgeoisie anpasste. Das gelang ihr besonders leicht noch deshalb, weil sie schon die Rolle Galliffets (Kronstadt) – obwohl unter der roten Fahne – gespielt hat.

Die bolschewistische Partei stand 1921 vor der Alternative: ihre bisherige Politik, die einen Versuch der sozialistischen Politik unter russischen Verhältnissen darstellte, fortzusetzen und zu fallen infolge des Ausbleibens der europäischen Revolution (durch die Schuld der Sozialdemokratie und die falsche Taktik der 3. Internationale) oder ihre Politik den Bedürfnissen der Bauern und damit der kapitalistischen Entwicklung anzupassen, um die Macht zu behalten. Die Bolschewiki, gemeinsam mit Trotzki, wählten den zweiten Weg; sie erklärten ihre bisherige Politik für eine Kriegsnotwendigkeit, und die n.e.p. als einzige richtige Politik, die zum Kommunismus führen soll. Damit aber gerieten sie in die schiefe Lage, von der Engels schreibt: „Es ist das Schlimmste, was dem Führer einer extremen Partei widerfahren kann, wenn er gezwungen wird, in einer Epoche die Regierung zu übernehmen, wo die Bewegung noch nicht reif ist für die Herrschaft der Klasse, die er vertritt und für die Durchführung der Maßregeln, die die Herrschaft dieser Klasse erfordert. Was er tun kann, hängt nicht von seinem Willen ab, sondern von der Höhe, auf die der Gegensatz der verschiedenen Klassen getrieben ist, und von dem Entwicklungsgrad der materiellen Existenzbedingungen, der Produktions- und Verkehrsverhältnisse, auf dem der jedesmalige Entwicklungsgrad der Klassengegensätze beruht. Was er tun soll, was seine eigene Partei von ihm verlangt, hängt wieder nicht von ihm ab, aber auch nicht von dem Entwicklungsgrad des Klassenkampfes und seiner Bedingungen, die wieder nicht aus der momentanen Stellung der gesellschaftlichen Klassen gegeneinander und aus dem momentanen, mehr oder weniger zufälligen Stande der Produktions- und Verkehrsverhältnisse hervorgehen, sondern aus seiner größeren oder geringeren Einsicht in die allgemeinen Resultate der gesellschaftlichen und politischen Bewegung. Er findet sich so notwendigerweise in einem unlösbaren Dilemma: was er tun kann, widerspricht seinem ganzen bisherigen Auftreten, seinen Prinzipien und den unmittelbaren Interessen seiner Partei; und was er tun soll, ist nicht durchzuführen. Er ist mit einem Wort gezwungen, nicht seine Partei, seine Klasse, sondern die Klasse zu vertreten, für deren Herrschaft die Bewegung gerade reif ist. Er muss im Interesse der Bewegung selbst die Interessen einer ihm fremden Klasse durchführen und seine eigene Klasse mit Phrasen und Versprechungen, mit der Beteuerung abfertigen, dass die Interessen jener fremden Klasse ihre eigenen Interessen sind. Wer in diese schiefe Stellung gerät, ist unrettbar verloren.“ (19)

III.

Die n.e.p. bedeutete nicht nur Rechnungtragen den Interessen der Bauern und den Bedürfnissen der einfachen Warenproduktion; auf der Grundlage der letzteren entwickeln sich mit eiserner Notwendigkeit die kapitalistische Produktionsweise und die bürgerlichen Gesellschaftsbeziehungen. „Der Marxismus lehrt“, schrieb Lenin einmal, als er noch mehr Marxist als „Leninist“ war, „dass eine Gesellschaft, die auf dem Boden der Warenproduktion und im Austausch mit den zivilisierten kapitalistischen Nationen steht, auf einem gewissen Entwicklungsgrad selbst unvermeidlich den Weg des Kapitalismus betritt.“ (20) Folglich entspricht die n.e.p. nicht nur den Interessen der einfachen Warenproduktion, sondern auch der kapitalistischen; und die bolschewistische Partei, indem sie ihre Politik den Verhältnissen der Bauern anpasste, verwandelte sich faktisch in eine Trägerin der Interessen der sich neu entwickelnden Bourgeoisie.

Die Bolschewiki hörten jedoch nicht auf, das Gegenteil zu „beweisen“; nämlich, dass ihre Politik eine proletarische ist, weil sie den Interessen des Proletariats entspricht. Die Politik der Förderung des privaten Handels-, Industrie- und Agrarkapitals wird nicht nur mit den Interessen des Fiskus und der Staatsindustrie gerechtfertigt (Schaffung von zahlungsfähigem Markt für ihre Erzeugnisse), sondern auch mit den unmittelbaren Interessen der Arbeiter; so z. B. wurden die Erleichterungen des Privatkapitals in der handwerksmäßigen Produktion und seine Zulassung in der Industrie durch die Genehmigung, eigene Fabriken zu bauen, mit Interessen der Arbeitslosen und der Lehrlinge begründet, die zufolge dieser Politik Verwendung ihrer Arbeitskraft finden können; mit den Interessen der Landarbeiter und Dorfarmut wurde auch die Zulassung der Pacht und der Lohnarbeit in der Landwirtschaft begründet. (Um den Bauern ohne Inventar und Arbeitsvieh, die ca. 40% aller Bauern ausmachen, die Möglichkeit, ein gewisses Einkommen aus ihrem Lande zu ziehen und ihre Arbeitskraft zu verkaufen, zu geben.)

Zur Begründung der Zulassung der Pacht und Lohnarbeit in der Landwirtschaft schrieb die „Prawda“ in einem Leitartikel vom 16. April 1925: „Indem wir die Kulaki-Wirtschaft und die Wirtschaft der Handwerker fördern, können wir gleichzeitig in viel größerem Umfang den mittleren und armen Bauern wirtschaftlich helfen und auch das Tempo der Anhäufung unserer Staatsindustrie beschleunigen.“ Mit einem Wort wird mit den Interessen der Arbeiter und der Armut die Sanktionierung und Förderung der Ausbeutung und der kapitalistischen Beziehungen erklärt und gerechtfertigt.

Kein Marxist wird leugnen, dass die n.e.p. sowohl den Interessen der Bauern, der Handwerker und der sich neu entwickelnden Bourgeoisie, als auch den unmittelbaren Interessen des Proletariats entspricht; mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise fördert die n.e.p. die Entwicklung der Produktionskräfte, weil bei der gegebenen Stufe ihrer Entwicklung die kapitalistischen Beziehungen eine Bedingung für ihre Weiterentwicklung sind (das ist der Sinn des Bankrotts des „Kriegs“-kommunismus). Da nur die Entwicklung der Produktionskräfte die Bedingungen für die Anwendung der Arbeitskraft des Proletariats schaffen kann, entspricht die n.e.p. auch seinen unmittelbaren Interessen.

Der Umstand aber, dass die sowohl den Interessen der Arbeiterklasse als auch denen der Bourgeoisie entspricht, zeigt, dass zur Bestimmung ihres Klassencharakters nicht das Zusammenfallen mit den unmittelbaren Interessen des Proletariats genügt. Der Klassencharakter der n.e.p. wird von den Wirtschaftsbeziehungen, die sie entwickelt, bestimmt; diese Beziehungen sind Ausbeutungsbeziehungen, Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit. Die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaftsbeziehungen führt aber nicht nur zur ökonomischen, sondern auch politischen Herrschaft der Bourgeoisie; deshalb ist die n.e.p. ihrem Klassencharakter nach die Politik der neu aufsteigenden russischen Bourgeoisie. Das Zusammentreffen dieser Politik mit den unmittelbaren Interessen der Arbeiterklasse ist nur ein Beweis dafür, dass die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise eine gesellschaftlich-ökonomische Notwendigkeit für Russland ist, dass die Interessen der neuen russischen Bourgeoisie mit diesen der „gesamten Gesellschaft“ zusammenfallen, weil die kapitalistische Produktionsweise dort noch eine Bedingung für die Entwicklung der Produktivkräfte ist.

Die Bolschewiki und ihre noch denkenden Anhänger leugnen nicht, dass die n.e.p. die Entwicklung der kapitalistischen Produktions- und Verkehrsverhältnisse fördert. Lenin selbst sagt bei Einführung der n.e.p. in seiner Rede über die „Naturalsteuer“ vor dem X. Parteitag der Bolschewiki (1921): „Die Freiheit des Austausches ist die Freiheit des Handels, und die Freiheit des Handels heißt zurück zum Kapitalismus […] Wir alle und jeder, der das abc des Marxismus kennt, wissen, dass aus diesem Tausch und dieser Freiheit des Handels unvermeidlich die Verteilung der Warenproduzenten in Kapitalisten und Arbeiter erfolgen wird, d.h. Wiederherstellung der kapitalistischen Lohnsklaverei, die nicht aus dem Himmel fällt, sondern in der ganzen Welt gewachsen ist gerade aus der Warenlandwirtschaft. Das wissen wir theoretisch ausgezeichnet und ein jeder in Russland, der das Leben des Kleinbauern und seine ökonomischen Verhältnisse kennt, kann nicht umhin, das nicht zu merken.“ (21)

Die Bolschewiki glaubten aber mit Lenin, dass die n.e.p. parallel mit der Entwicklung der kapitalistischen Beziehungen auch die Entwicklung der sogenannten „sozialistischen Elemente“ fördert. Noch mehr: die Bolschewiki behaupten heute, dass diese „sozialistischen Elemente“ sich schneller als die kapitalistischen Produktions- und Verkehrsverhältnisse entwickeln, so dass die ersteren und somit auch die sozialistischen Gesellschaftsbeziehungen siegen werden, indem sie die letzteren immer mehr verdrängen; deshalb entspricht die n.e.p. nicht nur den unmittelbaren Interessen der Arbeiterklasse, sondern sie ist auch ihrem Klassencharakter nach eine proletarische Politik, weil sie letzten Endes zum Kommunismus führt.

Die sogenannten „sozialistischen Elemente“ in der gegenwärtigen russischen Ökonomik sind die Staatsunternehmungen und die verschiedenen Arten von Genossenschaften.

Dass die Genossenschaften unter den Bedingungen der Warenproduktion nichts mit Sozialismus gemein haben und dass sie nichts anderes als Erwerbsgesellschaften der kleinen Warenproduzenten und Kapitalisten sind – das bedarf keines Beweises. Was die zweite und wichtigste Art von „sozialistischen Elementen“ – die Staatsunternehmungen – anbetrifft, so haben sie auch nichts mit Sozialismus gemein, „Es sind“ – schreibt Marx – „zwei Charakterzüge, welche die kapitalistische Produktionsweise von vornherein auszeichnen. […] Das zweite, was die kapitalistische Produktionsweise speziell auszeichnet, ist die Produktion des Mehrwerts als direkter Zweck und bestimmendes Motiv der Produktion.“ (22)

Diese Charakterzüge trägt auch die Staatsindustrie (um von den anderen Staatsunternehmungen, z. B. den Banken, nicht zu reden); sie produziert Waren für den Markt und dabei auf kaufmännischer Grundlage, ausgehend von dem Gesichtspunkt der Rentabilität, d.h. vom Gesichtspunkt des Profits.

Das einzige Merkmal, auf das sich die Bolschewiki berufen, zum Beweis des „sozialistischen Charakters“ der Staatsunternehmungen, speziell der Staatsindustrie, ist der Umstand, dass sie Eigentum des Staates sind, und der Staat, versichern sie, ist ein Arbeiterstaat, folglich sind die Staatsunternehmungen Eigentum der Arbeiterklasse. Die bolschewistische Argumentation bezweckt, zu „beweisen“, dass die Arbeiterklasse im Besitz sowohl der Arbeitskraft als auch der Produktionsmittel ist; und der Kapitalismus, wie jeder Marxist weiß, zeichnet sich durch die Trennung der Produktionsmittel von der lebendigen Arbeitskraft und die Verwandlung der Produktionsmittel in Eigentum der Bourgeoisie aus. Diese Eigentumsverhältnisse – einerseits die Bourgeoisie als Besitzerin der Produktionsmittel, andererseits das Proletariat als Besitzer und Verkäufer der Arbeitskraft – existieren nach der offiziellen bolschewistischen Theorie nicht in den Staatsunternehmungen; infolgedessen sind sie nicht kapitalistisch, sondern sozialistisch.

Nur ein Blick auf die Beziehungen zwischen den Verwaltungen und der Arbeiterklasse genügt, um die Unzulänglichkeit dieser Argumentation zu zeigen. Die Beziehungen zwischen Staatsunternehmungen und Arbeitern sind Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, zwischen Käufern und Verkäufern der Ware Arbeitskraft. Die russischen Arbeiter schließen Tarifverträge mit den Staatsunternehmungen ab; zur Realisierung des Wertes der Ware Arbeitskraft treten sie in Konflikte ein und sie führen sogar Streikkämpfe gegen die Staatsunternehmungen; schließlich werden die Arbeiter der Staatsunternehmungen abgebaut und als Arbeitslose auf die Straße hinausgeworfen, so wie aus den privatkapitalistischen Unternehmungen und auch denen der kapitalistischen Staaten. Es ist klar, dass die angeblichen Eigentümer der Produktionsmittel, d.h. der Staatsunternehmungen, nicht mit sich selbst Tarifverträge abschließen und in Konflikte und Streiks eintreten können; sie können schließlich sich nicht selbst abbauen und außerhalb „ihrer“ Fabriken als Arbeitslose stellen.

Die Tatsache, dass die Arbeitskraft in Russland noch Ware bleibt, deren Wert und Schicksal dem blinden Marktgesetze der Warenwirtschaft unterworfen ist; die Tatsache, dass die Arbeiter ein Anhängsel und nicht Herren der Produktionsmittel sind, zeigt, dass die Arbeiterklasse nicht ein realer, sondern nur fiktiver Besitzer der Staatsunternehmungen ist. Die logische Spekulation, mit welcher die Bolschewiki beweisen wollen, dass die Arbeiterklasse Eigentümer der Staatsunternehmungen ist, und dass diese folglich sozialistisch sind, kann mit demselben Erfolge auch von der Noske und Macdonald-Demokratie angewandt werden, um zu beweisen, dass der „Sozialismus marschiert“, wenn sie an der Macht sind. Eine solche Spekulation kann jedoch weder in England und Deutschland, noch in Russland den kapitalistischen Charakter der Staatsunternehmungen, resp. der Staatsindustrie, verdecken. Wie wenig die russischen Arbeiter selbst mit dem bolschewistischen Gerede von dem sozialistischen Charakter der Staatsindustrie einverstanden sind, musste auch Rjasanow auf dem XIV. Parteitag der Bolschewiki zugeben, indem er sagte: „Genossen, trotzdem unsere Unternehmungen von „konsequent-sozialistischem Typ“ sind, müssen wir oft – und das müssen wir offen gestehen – für die Arbeiter, die dort arbeiten, schreiben: Das ist Sozialismus und nicht Kapitalismus. Da sie dort die alten kapitalistischen Gepflogenheiten in sozialistischer (?!) Ausstattung treffen“. (Prawda, 3. 1. 1926.)

Außer dem Umstand aber, dass die Staatsindustrie und die anderen Staatsunternehmungen nichts gemein mit sozialistischen Produktionsformen haben, sondern rein staatskapitalistisch sind, muss unterstrichen werden, dass die zukünftige ökonomische Entwicklung Russlands sich nicht in der Form des Staatskapitalismus, sondern in Form des Privatkapitalismus vollziehen wird, d.h. nicht, wie die Bolschewiki versichern, auf dem Wege der Verdrängung des Privatkapitals von dem staatlichen, sondern umgekehrt! Der Grund dafür liegt in der Beweglichkeit und Konkurrenzfähigkeit des Privatkapitals, die ihm eine schnellere Akkumulation ermöglichen, d.h. eine schnellere Entwicklung als dem Staatskapital, das wegen seines bürokratischen Charakters einen großen Teil des Mehrwertes unproduktiv verbraucht.

Die bisherige schnelle „Entwicklung“ der Staatsindustrie und ihrer Produktion erklärt sich aus dem Umstand, dass der Staat noch über fertige, aber stillstehende Fabriken aus der vorrevolutionären Zeit verfügte, für deren Inbetriebsetzung verhältnismäßig weniger Mittel notwendig waren: zur Reparatur und zum zirkulierenden Kapital. Heute sind die alten Fabriken schon in Betrieb gesetzt, außerdem ist ihr Grundkapital in sehr hohem Grad verbraucht. Auf diese Weise steht der russische Staatskapitalismus vor der Notwendigkeit. nicht nur große Mittel für die Wiederherstellung des Grundkapitals der alten Fabriken, sondern auch Grundkapital für jede neue Erweiterung der Produktion anzulegen. „Während des vergangenen Jahres 1924-1925“ sagt Rykow – „nahm die Staatsindustrie um 64%. zu und im laufenden Jahre etwas über 40%. Ein solches Faktum der Industrieproduktion war nur deshalb möglich, weil die stillstehenden Fabriken langsam in Betrieb gesetzt wurden. Jetzt gibt es keine oder fast keine stillstehenden Fabriken mehr, die wir ohne eine neue Ausrüstung in Betrieb setzen könnten. Für die weitere Entwicklung im nächsten Jahre ist es notwendig, neue Fabriken zu bauen, neue Werkbänke aufzustellen und das ist viel schwerer, als die alten in Betrieb zu setzen. Ohne Neubauten kann sich die Industrie jetzt nicht mehr entwickeln. Die Neubauten erfordern aber einen großen Kapitalsaufwand, d.h. größere Akkumulation in den Händen des Staates. Deshalb kann man in den nächsten Jahren nicht mit einer so schnellen Entwicklung wie im vorigen Jahre rechnen. Im nächsten Jahr 1926-1927 wird nach den Kontrollzahlen der Staatsplankommission das weitere Wachstum der Industrie auf 15%. vorausbestimmt.“ (23)

Es ist deutlich ersichtlich, dass die Staatsindustrie in Zukunft zu einer langsamen Entwicklung verurteilt ist. Die Bedeutung dieses Umstandes wird besonders klar, nachdem man ihr die Entwicklung der Privatindustrie gegenüberstellt. Nach den offiziellen Angaben des ukrainischen Volkswirtschaftsrates ist während der ersten Hälfte des Wirtschaftsjahres 1925-1926 die Zahl der Unternehmungen der Groß–Privatindustrie um 16%, die Zahl der von ihr beschäftigten Arbeiter um 30%. und ihre Produktion um 57,%. gestiegen (24). Wenn man in Betracht zieht, dass die Privatindustrie über keine alten Fabriken verfügte, wird es ersichtlich, mit welchem beschleunigten Tempo ihre Entwicklung vor sich geht, und dass in Zukunft die Staatsindustrie notwendig durch die Privatindustrie verdrängt werden muss.

Die Bolschewiki sind, um der Lösung ihrer eigenen Schwierigkeiten wegen, gezwungen, die Entwicklung der Privatindustrie zu fördern; vorläufig nicht so sehr unter dem Druck der neuen Bourgeoisie als unter dem Druck der Lebensbedürfnisse der gesamten Gesellschaft. So z.B. ist – nach Rykow – während des Wirtschaftsjahres 1920-1926 die Nachfrage nach Industrieprodukten um eine Milliarde Rubel gestiegen, während die Industrieproduktion nur um 750 Millionen Rubel gestiegen ist, auf diese Weise blieb eine Nachfrage von 250 Millionen Rubel unbefriedigt (25). Die ungeheure und ständig wachsende Agrarübervölkerung Russlands und dann auch die mit ihr verbundene Arbeitslosigkeit und Verelendung stellt noch hartnäckiger die Notwendigkeit von der Entwicklung der Privatindustrie als der Warenhunger auf die Tagesordnung. Nach offiziellen Angaben wird die Agrarüberbevölkerung auf 5 Millionen Menschen eingeschätzt; der jährliche Bevölkerungszuwachs übersteigt 2 Millionen Menschen (26), und nach den optimistischen Angaben der Staatsplankommission wird für das nächste Wirtschaftsjahr 1926-1927 eine Erhöhung der Arbeiter und Angestellten um 4,9 Prozent, d.h. ca. 400 000 Mann, erfolgen (27). Es ist klar, dass bei der Unfähigkeit der Staatsindustrie, die Bedürfnisse des Marktes zu befriedigen und die wachsende Arbeitslosenarmee aufzunehmen, die Entwicklung der Privatindustrie nicht nur unvermeidlich ist, sondern für sie bestehen alle günstigen Vorbedingungen – vor allem die billige Arbeitskraft.

Die Staatsindustrie hemmt also die privatkapitalistische Entwicklung in Russland nicht; sie, wie die Eisenbahn und die anderen wirtschaftlichen Unternehmungen des bürgerlichen Staates, befriedigt die allgemeinen Bedürfnisse der privatkapitalistischen Wirtschaft. Noch mehr: Die Beibehaltung der Großindustrie in den Händen des Staates bei der Einführung der n.e.p. steht in voller Harmonie mit den Interessen der neuen Bourgeoisie, denn ihre Rationalisierung bedeutet nach der Ruinierung und Verarmung der alten Bourgeoisie (soweit sie russischer Abstammung war) ihre Auslieferung in die Hände des ausländischen Kapitals; und das bedeutet einerseits Aufgabe der „nationalen“ Unabhängigkeit des aufkommenden bürgerlichen Russland und andererseits Entziehung des doppelten Schutzes der schwachen n.e.p.–Bourgeoisie gegen die vernichtende Konkurrenz des ausländischen Kapitals, den ihr die bürokratische und konkurrenzunfähige Staatsindustrie und das mit ihr verbundene Außenhandelsmonopol (genannt noch „sozialistischer (!) Protektionismus“) bieten. Deshalb erklärt sich derjenige Teil der Konterrevolution von 1917, der die bürgerliche Entwicklung Russlands sieht und sich auf den Boden der Interessen der neuen Bourgeoisie stellt, gegen die Denationalisierung der Großindustrie. Charakteristisch sind in dieser Beziehung nicht nur die Erklärungen der „Smenawech“–Richtung, sondern auch diese des wirtschaftlichen Redakteurs der Kerenski–Zeitung „Dni“ (A. Markow). In einem Vortrag nach dem XIV. Parteitag der Bolschewiki sagte er: „Außerdem ist es nötig, die Notwendigkeit des Staatsaufbaues nicht auf dem Boden der Verhältnisse, die vor dem Oktober–Umsturz vorhanden waren, sondern auf dem jetzt existierenden anzuerkennen. Das bedeutet die Anerkennung der Agrarfrage, dass sie im Großen und Ganzen gelöst ist. Man darf auch nicht die Wiederherstellung der Rechte der alten Besitzer der Fabriken, Betriebe und des städtischen Besitzes, sowie auch Liquidierung der ganzen „nationalisierten“ Wirtschaft verlangen. Die letzte Frage darf nur vom Gesichtspunkt der Interessen der Staatsnotwendigkeiten“ behandelt werden (28).

Bei der Betrachtung des Klassencharakters der Neuen ökonomischen Politik der Bolschewiki erinnert man sich unwillkürlich des Charakteristikums, das Marx und Engels im „Kommunistischen Manifest“ dem bürgerlichen Sozialismus gegeben haben: „Freier Handel! Im Interesse der arbeitenden Klasse; Schutzzölle! Interesse der arbeitenden Klasse; Zellengefängnisse! Im Interesse der arbeitenden Klasse! Da ist das letzte, das einzig ernst gemeinte Wort des Bourgeois–Sozialismus. Der Sozialismus der Bourgeoisie besteht eben in der Behauptung, dass die Bourgeois Bourgeois sind im Interesse der arbeitenden Klasse.“

Jawohl. „Freiheit des Handels“, „Freiheit des Pachtens“, „Freiheit der Lohnarbeit“, sozialistischer Protektionismus“, Staatsindustrie – alles das im Interesse der Arbeiterklasse. Worin besteht eigentlich heute der Sozialismus der Bolschewiki, wenn nicht einzig und allein in der Behauptung, dass die n.e.p.-Männer und die Kulaken n.e.p.–Männer und Kulaken im Interesse der Arbeiterklasse sind.

IV.

Die neue ökonomische Politik der Bolschewiki hat als Folge einen unlösbaren Widerspruch zwischen den Zielen, die sie sich stellen, und des Ergebnisses ihrer Tätigkeit. Dieser Widerspruch verschärft sich immer mehr und wird fühlbarer mit der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaftsverhältnisse; sein psychologischer und ideologischer Ausdruck sind die Zweifel eines großen Teiles der bolschewistischen Mitglieder an der Richtigkeit ihrer Theorie und Praxis und die dringend empfundene Notwendigkeit der Umwertung der Werte. Politisch drückte sich diese Erscheinung in der Herausbildung von politischen Gruppen und Richtungen in der bolschewistischen Partei aus. Dieser Zerfallsprozess der Bolschewiki in verschiedene Richtungen und Gruppen und ihr Kampf wird besonders verschärft durch die bunte soziale Zusammensetzung ihrer Partei.

Die bolschewistische Partei stellt, ihrer sozialen Zusammensetzung nach, ein buntes Konglomerat dar. Nach den offiziellen Angaben der statischen Abteilung ihres z.k. zählt die bolschewistische Partei am 1. Januar 1926 1 002 500 Mitglieder (ohne die „Militärkommunisten“ und ohne die Mitglieder in den ausländischen Institutionen); 40,8 Prozent von ihnen sind Arbeiter aus der Produktion, 1,2 Prozent Landarbeiter, 11,4 Prozent Bauern, 36,1 Prozent Angestellte und 10,5 Prozent „Verschiedene“ (Gewerbetreibende, Studierende usw.) (29). Es ist ersichtlich, dass in der bolschewistischen Partei fast alle Klassen der russischen Gesellschaft vertreten sind. Es fehlen nur der n.e.p.–Mann und der Kulak. Deshalb ist aber ihre leichte Kavallerie, die Intellektuellen, die Bürokratie, die Bauern und die Gewerbetreibenden, in genügender Zahl vertreten. Auf diese Weise verpflanzen sich die Klassengegensätze in dem heutigen Russland in sie selbst und verwandeln sie in einen Herd permanenter Krisen.

Nicht aber nur die verschiedenartige Zusammensetzung der bolschewistischen Partei verwandelt sie in eine Arena der Klassengegensätze im heutigen Russland. Bei dem antagonistischen (gegensätzlichen, widerstreitenden) Charakter der ökonomischen Verhältnisse und bei dem Umstand, dass die Bolschewiki als regierende und einzige legale Partei die Interessen der „gesamten Gesellschaft“ zu vertreten haben, ist die Entstehung von Ansichten und politischen Bildungen, die mehr oder weniger mit den Interessen der verschiedenen Klassen zusammenfallen, unvermeidlich – unabhängig von der verschiedenartigen Klassenzusammensetzung. Die Krise der bolschewistischen Partei ist also ein objektiver Prozess, der sich unabhängig von den Rivalitäten der bolschewistischen Führer entwickelt. Noch mehr! Die persönlichen Rivalitäten nehmen immer mehr das Gesicht dieses objektiven Prozesses an; sie identifizieren sich mit ihm. Um Anhänger zu werben, sind die kämpfenden Führercliquen gezwungen, ihren persönlichen Absichten und Motiven einen politischen Ideenmantel umzuhängen; sie sind gezwungen, politische Plattformen aufzustellen, die umso populärer sind, je mehr sie Ausdruck der Interessen, der Stimmungen und der Auffassungen von bestimmten Teilen der bolschewistischen Partei sind. In diesem Sinne sind die Plattformen, die die Kämpfenden als Fahne des Kampfes aufstellen, charakteristischer für die heutige russische Wirklichkeit und das Wesen der bolschewistischen Krise als für die Bewegmotive der einzelnen Führer.

Trotz der erbitterten und oft vernichtenden Kritik, die die Opposition an der heutigen bolschewistischen Politik übt, fehlt ihr ein klares und abgeschlossenes Programm. Wie die Opposition auf dem XIV. Parteitag, so begnügt sich auch der oppositionelle Block (der die Gruppen Trotzki, Sinowjew und Schliapnikow umfasst), der auf dem Juli-Plenum des bolschewistischen z.k. offen unter der Führung von Trotzki auftrat, mit der Feststellung der Entwicklung der kapitalistischen Verhältnisse und der wachsenden Aktivität der neuen Bourgeoisie; er hat jedoch nicht den Mut, die Waffe der Kritik gegen die Politik selbst, die diese Entwicklung sanktioniert und fördert, d.h. die n.e.p., anzusetzen, indem er ihren bürgerlich–kapitalistischen Charakter aufdeckt. Der oppositionelle Block bleibt noch auf dem Boden der n.e.p., trotzdem er durch Trotzki den „stark nichtproletarischen Charakter der in Russland herrschenden Macht“ feststellte, und seine Kritik ist hauptsächlich gegen die Preispolitik, die Lohnpolitik und die Wahlinstruktionen gerichtet. Für Stalin und seine Anhänger fällt es nicht schwer zu beweisen, dass ihre Politik heute die einzig reale und mögliche ist, und die der Opposition unmöglich und utopisch, ohne natürlich die kapitalistischen Ergebnisse dieser realen Politik verleugnen zu können.

Wenn aber die bisherige Diskussion in der bolschewistischen Partei noch nicht ein klares, abgeschlossenes Programm der Opposition zur Folge hatte, so ist ein Ergebnis von ungeheurer Bedeutung schon da: Stalin und seine Anhänger haben bewiesen, dass ihre Politik die einzig mögliche ist und die Opposition, dass diese Politik zum Kapitalismus und zur Herrschaft der Bourgeoisie führt. Auf diese Weise bewiesen die beiden Fraktionen der bolschewistischen Partei in geteilter Arbeit die Unvermeidlichkeit der kapitalistischen Entwicklung und den bürgerlichen Ausgang der Revolution von 1917. Der Weg von hier bis zu einem klaren Programm ist nicht allzu weit.

Und doch ist es eine Illusion, für die nächste Zukunft ein Programm seitens der bolschewistischen Opposition zu erwarten, das von der Ansicht des bürgerlichen Ausganges der russischen Revolution und dem kapitalistischen Charakter der n.e.p. ausgeht. Die Gründe dafür müssen nicht nur in dem Umstand liegen, dass ein großer Teil der Führer der Opposition aus persönlichen Motiven in Opposition ist, nicht nur darin, dass er mit den Dogmen des Leninismus gebunden ist und dass auf ihm eine politische Vergangenheit lastet; sie müssen auch in dem Umstand gesucht werden, dass die Opposition noch eine Opposition im Rahmen der bolschewistischen Partei bleibt. Ihre Objekte sind die Mitglieder der Partei; ihr Ziel ist die Eroberung der Führung. Das zwingt sie, in ihrer Kritik und Plattform zu der Ansicht, dass die bolschewistische Partei eine regierende Partei ist und eine bleiben soll.

Die Opposition kann nicht die n.e.p. verneinen, weil sie nicht eine andere Politik aufzeigen kann, die mit den Interessen der bolschewistischen Partei als regierende zu vereinbaren ist. Die einzige Politik, die sie als Verneinung der n.e.p. gegenüberstellen könnte, ist der sogenannte Kriegskommunismus. Nach der Erfahrung bis 1921 ist es aber für jeden klar, dass eine solche Politik zur ökonomischen und politischen Katastrophe führt. Und für sie können nur die wenigen idealistischen Elemente, die die Entartung der Partei sehen, und es vorziehen, als Kommunisten zu fallen, gewonnen werden Die große Mehrheit der bolschewistischen Partei, besonders ihre Bürokratie in dem Staats- und Parteiapparat, will aber Sicherheit und Ruhe haben. Sogar die Mehrheit der Arbeiterklasse nach dem Misserfolg ihrer ersten Anstrengungen würde einer solchen Politik feindlich gegenüberstehen.

Bei den gegenwärtigen Verhältnissen, und den Stimmungen der Parteimitglieder kann die Opposition die n.e.p. verneinen, indem sie ihren kapitalistischen Charakter unterstreicht und den bürgerlichen Ausgang der russischen Revolution feststellt, nur unter der Bedingung, dass sie sich nicht mehr die Eroberung der Führung zur Aufgabe stellt, sondern ihre Aufgabe in der Zusammenfassung des Proletariats gegen die neue Bourgeoisie in Stadt und Land und für die zweite Revolution sieht. Eine solche Opposition ist heute aber sogar für die fortgeschrittensten und aufrichtigsten Elemente der Opposition unmöglich, denn sie sind noch zu sehr mit den Interessen und der Ideologie der bolschewistischen Partei verbunden. Deshalb wird sich die Kritik der Opposition noch lange Zeit im Rahmen der n.e.p. bewegen und ihre Plattform wird sich mit einer stärkeren Betonung der Interessen des Proletariats gegenüber der der übrigen Klassen beschränken. Auch eine solche Plattform ist jedoch für die bolschewistische Partei unerträglich, und ihre unvermeidliche Folge wird der Ausschluss der Opposition und die Bildung einer neuen Partei sein. Von diesem Moment an wird die neue Etappe in der Entwicklung der Opposition anfangen: ihre Kritik wird sich von der Ideologie und den Interessen der bolschewistischen Partei freimachen und in eine Kritik der n.e.p. verwandeln; ihr Ziel wird nicht mehr die Eroberung der Führung der bolschewistischen Partei sein, sondern Vorbereitung des Proletariats für seine zweite Revolution; der Ausgangspunkt, ihr Programm, wird der bürgerliche Ausgang der Revolution von 1917 sein.

Es ist möglich, dass nach dem Ausschluss der Opposition die bolschewistische Partei die Bildung einer zweiten Partei nicht zulässt, indem sie einen Teil der Oppositionellen in Zuchthäuser und nach der Verbannung schickt und den anderen Teil zum Verzicht zu jeder politischen Tätigkeit durch Beraubung aller Existenzmöglichkeiten zwingt. Es ist auch ein Kompromiss zwischen den kämpfenden Führercliquen möglich. In beiden Fällen aber wird die Krise der bolschewistischen Partei nicht liquidiert; sie ist eine permanente Erscheinung bis zur Liquidation der bolschewistischen Parteidiktatur.

V.

Die Liquidierung der bolschewistischen Parteidiktatur geht auf dem Wege der Entartung. Ihre bewusstesten und revolutionärsten Elemente treten immer mehr und mehr in Opposition und in einen Kampf gegen ihre Politik ein. Auf diese Weise verbleibt den Bolschewiki nichts weiter, als sich auf die Staatsbürokratie, die Bauern, die Gewerbetreibenden und die unbewusste Schicht des Proletariats zu stützen und ihre Politik nimmt noch entschiedeneren kapitalistischen Charakter an. Diese Entwicklung wird erleichtert und beschleunigt durch die Veränderungen in der bolschewistischen Partei selbst. Ihre Zusammensetzung und im Besonderen ihre führenden Kaders verändern sich so, dass sie alten bolschewistischen Doktrinen und Traditionen, getragen noch teilweise von dem gegenwärtigen führenden Zentrum, immer unbedeutendere Faktoren werden in ihrer Politik, die „alte Garde“ vermindert sich ständig und spielt eine immer unbedeutendere Rolle. Nach Sinowjew sind die Mitglieder, die bis zu 1905 der Partei angehörten, heute weniger als 2000 Mann; die Hälfte von ihnen sind Invaliden, und die Mitglieder, die bis zu 1917 der Partei angehörten, zählen heute 8500 Mann (30). – die Rolle der Nach-Revolutionsmitglieder dagegen wächst; sie sind schon in der Mehrheit in dem führenden Apparat der Partei. „In den unteren Organen (der Partei – der Verfasser) – sagt Molotow in seinem Organisationsbericht vor dem XIV. Parteitag der Bolschewiki – nimmt der Prozentsatz der alten Kommunisten bedeutend ab. In der Zusammensetzung der Zellenbüros einer Reihe Organisationen sehen wir eine bedeutende Erneuerung. So z.B. nach den Daten für die Zusammensetzung der Büros der Betriebszellen im Moskauer Gouvernement haben wir für diese Periode eine Erhöhung des Prozentsatzes der Kommunisten, die seit 1922 Mitglieder der Partei sind, von 4 auf 23 Prozent; für alle Zellen in dem Moskauer Gouvernement haben wir in dieser Periode eine Erhöhung des Prozentsatzes, die Parteimitglieder seit 1920 sind und sich mehr als verdoppelt haben (von 29 auf 61 Prozent). In der Zusammensetzung der Bezirks- und Gouvernement-Komitees haben wir auch eine gewisse Verminderung der Kommunisten aus dem alten Kader der Partei (31). Besonders charakteristisch sind die folgenden Angaben für die Zusammensetzung der Zellenbüros und Sekretäre in Moskau.

I. Die Zellenbüros
(nach der Dauer der Parteimitgliedschaft) in Prozenten

Wahlperiode bis 1917 1917 1918-1919 1920-1921 1922-1923 1924-1925 Betriebsarbeiter
Herbst 1925 4,6 8,3 26,0 15,2 5,1 40,8 34,4
Frühjahr 1926 4,3 8,1 23,9 13,8 4,0 45,8 34,7

II. Die Zellensekretäre
(nach der Dauer der Parteimitgliedschaft) in Prozenten

Wahlperiode bis 1917 1917 1918-1919 1920-1921 1922-1923 1924-1925 Betriebsarbeiter
Herbst 1925 5,2 11,2 37,3 6,7 17,7 8,5
Frühjahr 1926 4,2 9,1 32,1 5,2 31,4 14,0

Aus diesen Angaben ist es zu ersehen, dass der Prozentsatz der alten Mitglieder, sowohl unter den Mitgliedern der Zellenbüros als auch unter ihren Sekretären, ständig abnimmt und dass der Prozentsatz der neuen Mitglieder ständig zunimmt und schon in der Überzahl ist. Aus diesen Angaben ist auch zu ersehen, dass die Betriebsarbeiter eine Minderheit in den Büros sind und dass die Sekretäre nur zu 14 Prozent Betriebsarbeiter sind. Es ist ersichtlich, dass nicht nur in den oberen Organen des bolschewistischen Parteiapparates, sondern auch unter den Zellensekretären und -Büros nicht die proletarischen Elemente, sondern das Beamtentum überwiegt. Dass diese Erscheinung nicht nur in Moskau und im Moskauer Gouvernement zu beobachten ist, sieht man aus den folgenden Angaben für das Gouvernement Nijagorodsk: „Nach der Dauer der Partei-Mitgliedschaft – schreibt „Prawda“ vom 3. Sept. 1926 – besteht die größte Gruppe der Mitglieder des Büros aus den Mitgliedern, die während und nach 1924 in die Partei eingetreten sind (45 Prozent). Die Mitglieder aus der Illegalität machen nur 1,7 Prozent aus; die in den ersten Jahren der Revolution eingetreten sind, 19,3 Prozent und die von 1919-1923 eingetreten sind, 34 Prozent. […] Wenn man die berufliche Zusammensetzung der Büros betrachtet, so zeigt es sich, dass der größte Teil der Mitglieder der neugewählten Büros Angestellte und Beamte sind. Die Arbeiter machen 39,4 Prozent aus, die Bauern (mit den Dorfarbeitern zusammen) 7,5 Prozent und die Beamten, Angestellten und anderen 53,1 Prozent.“

Der neue Beamtenkader der bolschewistischen Partei ist weder von einer Tradition noch mit der marxistischen Gedankenwelt belastet; er ist mehr oder weniger in politischer Ideenbeziehung tabula rasa und wird ohne großen Widerstand Träger der ökonomischen, d.h. der kapitalistischen Notwendigkeit. Trotz der Entartungstendenzen ist es jedoch nicht vollständig ausgeschlossen, dass die Liquidierung der bolschewistischen Parteidiktatur sich über den Weg einer politischen Katastrophe vollzieht. Solange die bolschewistische Partei nicht vollständig entartet ist, ist sie weder einfach bäuerlich noch einfach bürgerlich, trotzdem sie letzten Endes eine Politik der kapitalistischen Notwendigkeit durchführt; sie bleibt mehr oder weniger eine utopische Partei, deren Politik keine Gesellschaftsklasse vollständig befriedigt. Deshalb, solange die bolschewistische Partei nicht vollständig in eine bürgerliche Partei entartet ist, wird die junge russische Bourgeoisie nicht aufhören, zur Macht zu streben; deshalb ist bei einer Vorschärfung der Klassengegensätze die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die von inneren Kämpfen zersetzte und von allen Klassen isolierte bolschewistische Partei von der Macht gestürzt wird. Auf welchen von diesen beiden Wegen sich die Liquidierung der bolschewistischen Parteidiktatur vollziehen wird, wird die Zukunft zeigen. Jedenfalls gilt der Grundsatz des historischen Materialismus, dass die ökonomische Struktur den politischen Überbau bestimmt, auch für Russland; mit der Entfaltung der kapitalistischen Verhältnisse bereiten die Bolschewiki selbst die Ablösung ihrer Diktatur durch die der Bourgeoisie, mit der bürgerlichen Demokratie vor. Unabhängig aber von der Vollziehung dieser unvermeidlichen Etappe der Entwicklung stehen schon heute die bewussten Elemente des russischen Proletariats, die revolutionären und ehrlichen Elemente der bolschewistischen Partei vor der Aufgabe, die russische Arbeiterklasse auf Grund der Erfahrung der Oktober-Revolution und der europäischen Arbeiter–Bewegung für den proletarischen Oktober vorzubereiten.


Die vorliegende Abhandlung ist in einem Fluss geschrieben, zusammen mit dem Anfang in Nr. 8-9 und der Fortsetzung in Nr. 10 des „Proletarier“. Die hier bis in ihren Ursprung aufgezeigten Ursachen der russischen Opposition und die realen Perspektiven für deren Zukunft zeigen deutlich, dass die Krise der bolschewistischen Partei in Russland nicht mit der Kapitulation der oppositionellen Führer beendigt ist. – Der Schluss dieser Artikelserie, geschrieben nach der Kapitulation liegt uns vor, sie ist aber noch nicht in die deutsche Sprache übersetzt. Red. d. Proletarier.


Anmerkungen

1. Parteitag der KPSU. Stenographischer Bericht. Staatsverlag 1926, S. 168.

2. Stenographischer Bericht. S. 455-56.

3. Stenographischer Bericht. S. 399.

4. Stenographischer Bericht. S. 454-55.

5. Als Molotow dies mitteilt, verlauten Stimmen: „Damit er sich den Weg ebnet.“ (Stenographischer Bericht, S. 484.)

6. Auf diese Forderung antwortet Stalin in seiner Schlussrede ironisch: „Vielleicht müssen wir damit einverstanden sein, wenn die Umwandlung des Sekretariats in einen einfachen technischen Apparat bequem für Gen. Kamenew ist. Ich fürchte nur, dass die Partei (?) damit nicht einverstanden sein wird.“ (Stenographischer Bericht, S. 485.)

7. Stenographischer Bericht. S. 275.

8. Fr. Engels: „Ludwig Feuerbach.“ Aus dem russischen zurückübersetzt.

9. N. Lenin: „Die zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution.“ Gesammelte Werke, Staatsverlag 1922, Bd. VI, S. 328 (russ.).

10. Siehe „Die zwei Taktiken […]“. Gesammelte Werke, Bd. VI, S. 338.

11. N. Lenin: Gesammelte Werke, Bd. XI, 1. Teil, S. 28-79.

12. Siehe die Protokolle des Londoner Vereinigungsparteitags 1907. Die Rede Martinows, S. 279.

13.L. Trotzki: „Perspektiven der russischen Revolution.“ Berlin 1917, S. 80-84 (russ.).

14. L. Trotzki: Die Perspektiven der russischen Revolution. Berlin 1917 (russisch).

15. Spartakusbriefe (Neudruck).

16. Trotzki: „Die russische Revolution 1905.“ Berlin 1923, S. 231.

17. Siehe seinen Artikel: „Über die ‚linke‘ Kindheit usw.“ Gesammelte Werke, Bd. XV, S. 253 (russ.).

18. Diese Tatsache, ein Ausdruck der Schwäche der russischen Arbeiterklasse, wurde von den Bolschewiki und der 3. Internationale zur These erhoben, nämlich dass die Diktatur des Proletariats die Diktatur der Partei ist. Wie wenig das mit dem Marx-Engelsschen Standpunkt zu dieser Frage zu tun hat, ist aus der Engelsschen Kritik an Blanqui ersichtlich: „Daraus, dass Blanqui jede Revolution als den Handstreich einer kleinen revolutionären Minderzahl auffasst, folgt von selbst die Notwendigkeit der Diktatur nach dem Gelingen. Der Diktatur, wohlverstanden, nicht der ganzen revolutionären Klasse des Proletariats, sondern der kleinen Zahl derer, die den Handstreich gemacht haben und die selbst schon im Voraus wieder unter der Diktatur eines oder einiger wenige organisiert sind.“ (Fr. Engels: „Programm der blanquistischen Kommuneflüchtlinge.“)

19. Fr. Engels: „Der deutsche Bauernkrieg.“ Viva, Berlin&n bsp;1925, S. 117-118.

20. N. Lenin. Ges. Werke, Bd. VI, S. 329 (russ.).

21. N. Lenin, Ges. Werke, Bd. XVIII, 1. Teil. S. 140.

22. K. Marx, Das Kapital, Hamburg 1922. Bd. III, 2. Teil, S. 416/17.

23. Rede Rykows. „Iswestija“ vom 20. 8.

24. „Prawda“. 11. August 1926.

25. „Iswestija“, 20. August 1926.

26. „Prawda“, 2. September 1926.

27. „Prawda“, 3. September 1926.

28. „Dni“, 16. Januar 1926.

29. „Bolschewik“, Nr. 12, 30. Juni 1926, S. 68.

30. Stenographischer Bericht des 14. Parteitages, S. 460.

31. Stenographischer Bericht S. 80.


Compiled by Vico, 10 March 2023





























Overview

  • I.
  • II.
  • III.
  • IV.
  • V.
  • Anmerkungen