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Quelle: a.a.a.p. Gruppe Internationaler Kommunisten (Holland) : p.i.k.: Pressedienst der Internationalen Kommunisten-Holland, 1928-1933. – Transkribiert und herausgegeben für Rätekommunismus ; Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek; €15,80. |
Die Sozialisierung der Landwirtschaft – III. (Schluss)Quelle: Pressedienst der g.i.k., September 1930 (i.i.s.g. ); Transkribiert und herausgegeben für Rätekommunismus ; Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek. Die Bildung der LandarbeiterräteDie unrichtige Auffassung der französischen Genossen in Bezug auf die einheitliche Bearbeitung des Bodens in Bezug auf den Zusammenschluss der Betriebe wirkt sich selbstverständlich auch aus in der Frage der Landarbeiterräte. Die revolutionäre Bewegung in Westeuropa von 1918-1923 hat das Landproletariat noch nicht in Bewegung gesetzt, und also haben wir noch keine Erfahrungen, wie dieses sich in dem Kampf um den Kommunismus organisiert. Ohne den Weg der Wirklichkeit zu verlassen, können wir darum nicht weitergehen, als schon in den „Entwicklungslinien“ formuliert wurde, wo es heißt: „Wie die Räteidee sich auf dem Lande durchsetzt, wie der Bau, die Struktur der Betriebsorganisationen und Räte auf dem Land sein wird, darüber ist noch sehr wenig zu sagen. Die revolutionäre Periode in Westeuropa hat uns in dieser Beziehung noch keine Erfahrung gebracht, und es hat keinen Sinn, organisatorische Formen für einen glatten Verlauf der Produktion auszudenken. Das würde heißen, den Boden der Wirklichkeit zu verlassen und sich in das Reich der Phantasie begeben.“ Es ist wahr: Diese Sachlage ist höchst unbefriedigend. Aber was ist daran zu wollen? Nein, sagt L’Ouvrier Communiste, die Sache ist jetzt schon zu klären. Schließlich ist es doch auch einfach, denn „die Diktatur der Räte auf dem landwirtschaftlichen Gebiet der Produktion kann nur durch Vermittlung der landwirtschaftlichen Arbeiterräte ausgeübt werden.“ Mittels dieses Satzes lösen die Genossen die ganze Agrarfrage. Sie sagen, dass „es unmöglich ist, Betriebsräte der mittelgroßen Kulturen auszudenken“, weil diese höchstens 10 Mann umfassen würden. „Derartige Räte können nur in Großunternehmen bestehen“, die Lösung liegt daher so, dass die Großunternehmen, die aus dem Kapitalismus herrühren, einen Betriebsrat bilden, während die Landarbeiter überall die blöde Parzellierung aufheben und überall Großbetriebe schaffen. Damit sind dann die Bedingungen für die Bildung der landwirtschaftlichen Arbeiterräte gegeben, und die Frage ist gelöst. Wir bezeichnen das als eine unfruchtbare Konstruktion. Es heißt, das Pferd beim Schwanz aufzäumen, wenn man die Grundstücke „eines ganzen Distriktes“ zu einem Betrieb vereint, weil es sonst unmöglich wäre, einen Betriebsrat zu bilden. Die Struktur der Räte wird hier nicht von den Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft diktiert, sondern umgekehrt. Die Genossen konstruieren im Voraus die Räte, und demgemäß sollen die Produktionsbedingungen gemacht werden. Das ist ein unmarxistisches Verfahren und obendrein ein utopisches. Funktion und Struktur der RäteWie bemerkt, ist nach unserer Meinung nur wenig zu sagen, wie die Räteidee sich in der Landwirtschaft durchsetzt. Die Betriebsorganisationen und Räte sind die besonderen Erscheinungsformen, der organisatorische Ausdruck von… ja, wovon? Von ihrer Funktion. Die Funktion ist das Wesentliche, das allgemeine, das sich in immer wechselnden Formen offenbart. Die Funktion wirkt nur in einer Verkörperung, einem Werkzeug, um in Tätigkeit treten zu können. Mit der Änderung der „Umwelt“, den Umständen, wirkt dieselbe Funktion sich daher immer anders aus. Die Vielgestaltigkeit ist dann nur der Ausdruck desselben Prinzips, das sich bei immer anders gestalteten „Werkzeugen“ durchsetzt. Diese „Werkzeuge“ sind die besonderen Erscheinungsformen des Allgemeinen. Bei der proletarischen Revolution handelt es sich um die Aufhebung der Lohnarbeit, was nur möglich ist bei der „Leitung der produktiven Kräfte durch die Produzenten selbst“. Es tritt hier also die Funktion der Betriebsorganisationen und Räte in Erscheinung. Es ist das Allgemeine, das Wesentliche, das sich in dem Gesamtwirtschafts-körper in mannigfacher Gestaltung durchsetzt. Wie die Formen, in welchen diese selbstständige Leitung der produktiven Kräfte seitens der Produzenten sich manifestiert, auch wechseln, sie sind doch alle nur der immer anders geartete Ausdruck dieser selbstständigen Leitung. Die Praxis des revolutionären Klassenkampfes hat uns die allgemeine Form gezeigt. Aber es ist von vornherein klar, dass dieses alte Prinzip sich in verschiedenen Wirtschaftsbranchen variierend gestalten muss. Gerade wie das Wirtschaftsleben „differenziert“ ist, so auch das Rätesystem. Die selbstständige Leitung der produktiven Kräfte wirkt sich im Transportbetrieb anders aus als im Maschinenbau und hier wieder variierend mit Baubetrieb oder Unterrichtswesen. Kurz gesagt: Jede Wirtschaftsbranche hat seine eigene Schattierung, um das Wesentliche, die selbstständige Leitung der produktiven Kräfte, zu ermöglichen. Es sind immer vom wirklichen Leben anders gestaltete Äußerungen des Räteprinzips. Der Irrtum, welcher den französischen Genossen unterlaufen ist, ist der, dass sie die besonderen Erscheinungsformen der Betriebsorganisationen und Räte der industriellen Betriebe, welche wir aus der Praxis kennengelernt haben, mit dem Allgemeinen verwechseln. Es ist eine Einengung des Bewusstseins, die zu einer schablonenhaften Auffassung der Revolution führt, welche das Wesentliche der Revolution verschleiert und wodurch man den Fragen der Wirtschaftsgestaltung nicht gerecht werden kann. Aus diesen Gründen meinen wir, dass abgewartet werden muss, wie die alte Idee sich auf dem Lande durchsetzt. Unsere Propaganda kann nur sein: Nehmt die produktiven Kräfte in die eigene Hand! Wie die Landarbeiter das tun, können und müssen wir ihnen ruhig überlassen. Sie können es nur in irgendeiner Form des Räteprinzips. Und diese Form wird von den Produktionsbedingungen bestimmt sein. Das Meistwahrscheinliche ist, dass die Landarbeiter das Dorf als „Dorfkommune“, als Einheit in die Gesamtwirtschaft eingliedern. Sie erhalten Grund und Boden von der Gesellschaft zur selbstständigen gemeinschaftlichen Bewirtschaftung unter Kontrolle der Gesellschaft. Aber wie sie die Agrarwirtschaft innerhalb ihrer Kommune organisieren müssen, das ist ihre Sache. Allerdings wird im Getreidebau wohl meistens die kleine Parzellierung aufgehoben werden können, aber glücklicherweise sind sie dazu keineswegs gezwungen, weil sonst kein Betriebsrat zu bilden wäre. In einer ganzen Reihe von Zweigen der Agrarwirtschaft, insbesondere in der Milch- und Viehwirtschaft, ist eine derartige Zusammenlegung zum „Großbetrieb“ nicht ohne weiteres möglich, weil die technischen Bedingungen dazu fehlen. Die heutige Viehwirtschaft wird jetzt schon vollzogen in tatsächlichen „Viehfabriken“. Ihre Erweiterung ist an denselben Bedingungen gebunden wie die der Industrie; es gehört ein ganzer Produktionsapparat an „festen“ Produktionsmitteln dazu. Maßgebend für die Entwicklung der Agrarwirtschaft ist aber, dass das Tempo nur von den Landarbeitern selbst angegeben werden kann, weil es vor allem darauf ankommt, dass sie die Leitung der produktiven Kräfte selbst in der Hand halten. Und andererseits ist das Tempo von der Entwicklung der ganzen Gesellschaft abhängig. Die französischen Genossen, die für eine sofortige, allgemeine „Kollektivierung“ auftreten, weil ein Betrieb mit zehn Arbeitern keinen Betriebsrat bilden kann, täten gut, die Wirkung der formierten „Kollektivierung“ in Russland aufmerksam zu beobachten. Nachdem sie sich vollzogen hatte, stellte sich heraus, dass keine Werkzeuge da waren, um das Land in der neuen Weise zu bearbeiten (nur an Traktoren ein zu wenig von 120 000), um von dem Fehlen der für Großbewirtschaftung notwendigen Bauten gar nicht zu reden. Die Folge ist, dass man unter dem Namen der Kollektivierung doch nicht anders als die alten Methoden der Bewirtschaftung anwenden kann. Gerade all diese Umbauschwierigkeiten zeigen, dass die Frage von einer ganz anderen, sagen wir, neuen Seite angefasst werden muss. Wir müssen zurück zu Marx. Die agrarische Arbeit ist vergesellschaftet und darum kann sie, so wie sie ist, zum Kommunismus übergehen. Es handelt sich nur darum, sie zu verbinden durch die Durchführung der gesellschaftlich durchschnittlichen Produktionszeit. Darauf vollzieht sich der Umbau organisch zu einem vernünftigen Produktionsapparat. Möge es richtig sein, dass der Privatbesitz ein schwerer Hemmschuh für die Entwicklung in der Landwirtschaft ist, dasselbe trifft zu für die Industrie. Der Umbau in der Landwirtschaft ist durchaus nicht größer als in der Industrie und in der Organisierung der Verteilung der Produkte. In dieser Beziehung sei zum Beispiel daran erinnert, wie Davis, der frühere Arbeitsminister in Amerika, ausführte, wie dort 40% der Kohlengruben mit 75% der Arbeiter imstande waren, den gesamten Kohlenverbrauch zu decken. Die Eisen- und Stahlwerke konnten in sieben Monaten den ganzen Jahresbedarf befriedigen. Die Fensterglasfabriken können den Jahresbedarf in 17 Wochen befriedigen und 14% der Schuhfabriken sind imstande, den ganzen Schuhbedarf zu decken. Gegenüber diesem Überfluss an Produktivkraft steht eine ganze Reihe Branchen, die ein Zuwenig aufweisen, wenn sie auf die Bedürfnisse der Massen umgestellt werden müssen. Es ist eine Umgestaltungsarbeit, welche nur aus der Praxis bestimmt werden kann, so dass wir für den Kommunismus nur die allgemeinen ökonomischen Grundlagen geben können, auf welchen sie vollzogen werden muss. Die Funktion der Betriebsorganisation und der BetriebsratDiese ökonomische Grundlage haben wir schon mehrmals angegeben, und auch, dass die Betriebsorganisationen und Betriebsräte diese Grundlage zur Wirklichkeit machen werden. Nun müssen wir noch näher auf die Entgegnung der französischen Genossen eingehen, dass es unmöglich ist, „einen Betriebsrat der mittelgroßen Kulturen auszudenken“. Nach unserer Auffassung kann immer ein Betriebsrat gebildet werden, auch wenn die „Belegschaft“ nur einen Mann umfassen würde. Zwar wird dieser Fall in der Praxis nicht vorkommen, aber doch stellen wir ihn vor, weil damit am klarsten hervortritt, was ein Betriebsrat eigentlich ist. Wir glauben doch annehmen zu können, dass keiner behaupten wird, dass das wesentliche Merkmal eines Betriebsrats durch die Zahl der Mitglieder bestimmt wird. Das wesentliche Merkmal liegt in der Funktion. Was ist nun die Funktion des Betriebsrats? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, müssen wir ausgehen von den neuen Rechtsverhältnissen, so wie diese aus den neuen ökonomischen Verhältnissen hervorgehen. Diese sind dann so, dass mit der Aufhebung des Privatbesitzes die Produktionsmittel (im weitesten Sinne) in die Hände der Gesellschaft übergegangen sind. Die Arbeiter erhalten die Betriebe nicht als ihren „Besitz“, sondern sie erhalten diese gesellschaftlichen Güter, auch Rohstoffe, zur selbstständigen Bewirtschaftung für die Gesellschaft. Sie verwalten die Güter und leiten die Produktion „im Namen der Gesellschaft“. Diese Verwaltung verläuft nach den allgemein gültigen Regeln, welche für jede gesellschaftliche Arbeit Geltung haben und welche dahin lauten, dass jeder Betrieb seinen Verbrauch an gesellschaftlichen Gütern berechnet, um die Produktionszeit der Produkte feststellen zu können. Auf dieser ökonomischen Grundlage bauen sich die neuen Rechtsverhältnisse auf. Davon sei hier nur erwähnt, dass die Belegschaft durch ihren Betriebsrat als „Rechtsperson“ auftritt. Das heißt, der Betriebsrat vertritt die Belegschaft nach außen, er versorgt die Verbindungen mit den übrigen Betriebsorganisationen und Körperschaften und legt die Verantwortung des Güterverbrauchs ab. Das ist die Funktion des Betriebsrates, und man sieht, dass sie in gar keinem Zusammenhang steht zu der Zahl der Mitglieder. Besteht die „Belegschaft“ aus nur einem Arbeiter, so ist dieser zugleich „Betriebsrat“ kraft der Funktionen, die er auszuüben hat. Daher ist die Meinung, dass zehn Mann keinen Betriebsrat bilden können, falsch. Der Irrtum ist darauf zurückzuführen, dass man fälschlich haftet an einem Namen. Man verwechselt den Namen mit der Funktion, was immer eine eingehende Fassung der Probleme behindert. Zwar enthalten die Ausführungen der französischen Genossen noch mehr Anhaltspunkte für eine nähere Untersuchung, aber doch wollen wir unsere Ausführungen hierauf beschränken. Einmal aus Raummangel, dann aber, weil es hier um die Kernpunkte geht, in denen unserer Meinung nach vor allem Klarheit geschaffen werden muss. Darum würden wir es begrüßen, wenn noch mehr Genossen zu diesem Thema das Wort ergreifen. Gruppe Internationaler Kommunisten Holland Redaktionelle Anmerkung*) De ontwikkeling van het boerenbedrijf, g.i.c., 1930. Compiled by Vico, 21 August 2021 |
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