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Quelle: a.a.a.p. Gruppe Internationaler Kommunisten (Holland) : p.i.k.: Pressedienst der Internationalen Kommunisten-Holland, 1928-1933. – Transkribiert und herausgegeben für Rätekommunismus ; Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek; €15,80. |
Die holländische Sozial-Demokratie und ihre linke StrömungQuelle: Pressedienst der g.i.k., Nr. 11, 1929 (i.i.s.g. ); Transkribiert und herausgegeben für Rätekommunismus ; Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek. VI. Die Agrarfrage (Schluss)Die Selbstorganisation der Dorfkommunen Nachdem wir gezeigt haben, wie die Agrarproduktion durch die agrarwissenschaftliche Spezialisierung zur Warenproduktion übergegangen ist, müssen wir andeuten, wie damit die Bedingungen zur Durchführung der sozialen Revolution in der ganzen Agrarwirtschaft gegeben sind. Ohne weiter an dieser Stelle auf die Probleme eingehen zu können, stellen wir uns einfach auf den Marx’schen Standpunkt, dass die Gesellschaft berechnen muss, wieviel Arbeitszeit jedes Produkt enthält, m.a.W., die Betriebsorganisationen stellen die gesellschaftlich-durchschnittliche Produktionszeit für jedes Produkt fest. Wie das auch für die Agrarwirtschaft jetzt möglich ist, wird deutlich demonstriert durch die Tatsache, dass die moderne „Selbstkostenrechnung“ heute ebenso gut dort angewandt wird wie in der Industrie. In Wirklichkeit wird damit bewiesen, dass die Agrarwirtschaft zur industriellen Produktion übergegangen ist. Die proletarische Revolution, die die Durchführung des Kommunismus nicht als eine „Nationalisierung“ der „reifen“ Betriebe auffasst, sondern als die Durchführung eines Prinzips, nach dem alle Produzenten ihre Arbeit selbst in der kommunistischen Produktion einfügen, legt damit zugleich die Grundlage für die Einreihung der ganzen Agrikultur als Unterteil der Gesamtproduktion. Dieses eine Prinzip ist die Schaffung und Befestigung einer Einheit, die den Produktenstrom, der sich innerhalb der Gesellschaft bewegt, normalisiert, ist die Feststellung der gesellschaftlich-durchschnittlichen Produktionszeit des Produkts. Jeder Betrieb wird dadurch zu einer aktiven Zelle des Kommunismus, wo sich die proletarische Selbstaktivität entfalten kann. Ist die Macht des industriellen Proletariats unwiderruflich im Rätesystem verankert, dann kann es nicht anders, als dieselben Organisationsprinzipien auf die Landwirtschaft zu übertragen. Die Produktion ist jederzeit funktionell abhängig von ihrem organisatorischen Aufbau, aber wie dieses Rätesystem sich auf dem Lande auswirkt, ist eine andere Frage, welche die Zukunft zu lesen hat. Möge das allgemeine Prinzip des Rätesystems für Industrie und Landwirtschaft dasselbe sein, es gibt doch viele Umstände, welche bestimmen, dass dieses Allgemeine in den besonderen Fallen sehr verschieden zu Tage tritt. So wird sich z.B. zeigen, dass das proletarische Klassenbewusstsein bei den Industriearbeitern viel kräftiger entwickelt ist als beim landwirtschaftlichen Proletariat, während ein anderer Grund für eine verschiedene Ausarbeitung des Räteprinzips in der Verschiedenheit der natürlichen Produktionsbedingungen in Industrie und Landwirtschaft liegt. Doch wie dem auch sei: Entscheidend ist, dass die Bauern in Dorfkommunen, die schließlich nichts anderes als die Zusammenfassung der Betriebsorganisationen der Bauernhöfe sind, zusammenarbeiten. „Von selbst“ werden die Bauern es allerdings nicht tun, so dass neben einer mächtigen Propaganda die ökonomische Diktatur des Proletariats diese Arbeit zu Stande bringen muss. Diese wirkt sich dann so aus, dass Landbauwerkzeuge, Saatgut, Kunstdünger, Benzin, Petroleum usw. nur an landwirtschaftliche Betriebsorganisationen oder Dorfkommunen geliefert werden. Je fester das Proletariat der Industrie im Sattel sitzt, desto sicherer ist eine schnelle Selbstorganisierung der Bauern durchzuführen. Fassen wir jetzt unsere Betrachtungen über die holländische Sozialdemokratie und ihre linke Strömung zusammen, so kommen wir zu folgendem Ergebnis: Der rechte Flügel lebt nur in der „natürlichen“ Ideologie von dem immer weiteren Vordringen der Demokratie und der Sozialreform. Die Verschärfung des Klassenkampfes treibt sie immer weiter auf die Seite der Bourgeoisie. Die „Linken“ umfassen eine jüngere Generation, welche zwar in der Vorkriegszeit die „Erfolge“ des Reformismus erlebt haben, bei denen aber die aus dieser Praxis resultierende Ideologie durch die Verelendung der Kriegs- und Nachkriegsperiode nicht genügend „verhärtet“ werden konnte. Der Glaube an das friedliche Hineinwachsen in den Sozialismus ist damit ins Wanken geraten, die Notwendigkeit einer Revolution, um die Produktionsmittel in die Hände der „Gemeinschaft“ zu bringen, wird evident. Die Verschärfung der Klassengegensätze führt hier zu einer Revolutionierung der Ideologien. Es hat sich aber schon unzweideutig herausgestellt, dass ihre Auffassungen von der Führung des Klassenkampfes (Schachspiel) vollkommen der Aufstiegsperiode des alten Sozialdemokratismus entlehnt und als solche verknöchert sind. Von einer Revolutionierung in der Richtung des Selbsthandelns der Arbeiterschaft kann darum nicht die Rede sein. Deutlich zeigt sich bei ihnen auch der Zusammenhang zwischen ihrer Ideologie, den Auffassungen über „Kommunismus“ und dem organisatorischen Aufbau der „Kampforganisationen“ und damit auch der Führung des Klassenkampfes. Die zentralen Gewerkschaften mit zentralem „Generalstab“, der die Massen vorschiebt oder zurückzieht, entspricht völlig ihren Auffassungen über den „Kommunismus“. Es sind die verstaatlichten Produktionsmittel, von zentraler Stelle geleitet und verwaltet, während die Massen nur Disziplin und Ordnung halten müssen; ihre Initiative würde das zentrale Verfügungsrecht nur durchkreuzen. Damit wäre dann der Jaure’sche Ausspruch zur Wahrheit geworden, dass, „wenn die Sozialisten ihr Ziel erreicht haben, werden sie finden, dass ihre Seelen leer sind“. Die „Linken“ in der holländischen Sozialdemokratie sind damit treffend gekennzeichnet: Ihre Ideologie ist geworden und verknöchert in der alten Sozialdemokratie, sie sind die Gefangenen des, dem Kapitalismus angepassten, ,,reformistischen Geistes“, und ihre revolutionäre „Seele“ ist leer. (Die Darstellungen bezüglich der modernen Entwicklung in der Landwirtschaft und dementsprechender Stellung der Agrarfrage sind teilweise der demnächst erscheinenden Schrift: „Grundprinzipien der kommunistischen Produktion und Verteilung“ entnommen.) Compiled by Vico, 21 August 2021 |
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