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Quelle: a.a.a.p. Gruppe Internationaler Kommunisten (Holland) : p.i.k.: Pressedienst der Internationalen Kommunisten-Holland, 1928-1933. – Transkribiert und herausgegeben von Hans-Peter Jacobitz und Thomas Königshofen; Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek; €15,80. |
Revolutionäre Gewerkschaftsbewegung in HollandQuelle: Pressedienst der g.i.k., Nr. 3 vom 6. Oktober 1928 (i.i.s.g. ); Transkribiert und herausgegeben für Rätekommunismus ; Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek. III. Der „Kampf ums Brot“ und die SelbstbewusstseinsentwicklungWie bedauerlich es auch sein möge, dass die erwähnten Betriebsorganisationen der Amsterdamer städtischen Arbeiter aufs tote Gleis geraten sind, so ist es doch nicht verwunderlich. Ideologisch sind sie noch völlig auf den Gewerkschaftsstandpunkt des „täglichen Kampfes ums Brot“ eingestellt, welcher eben „mit mehr revolutionären Mitteln“ geführt werden soll. Die B.O. [Betriebsorganisation] offenbart sich dazu als die beste Waffe. Das Organisationsprinzip nach Betrieben entspricht hier noch nicht der klaren Einsicht, dass diese Organisation die Handhabe ist für die Entfaltung des Selbstbewusstseins zur Durchführung der sozialen Revolution. Leitmotiv des Handelns bleibt immer noch „der Kampf ums Brot“ und nicht das Schaffen der Vorbedingungen der Revolution, wo dieser Kampf nicht als Ziel erscheint, sondern als unmittelbare Schule für die Selbstorganisation und das Selbsthandeln des Proletariats. Dies zeigt sich z.B. auch an den von den Betriebsorganisationen angesetzten Bestrebungen, in die i.a.a. aufgenommen zu werden. Diese Internationale steht zwar der Prinzipienerklärung nach auf dem Boden des Räteprinzips, aber... so weit wir wissen, hat nicht eine einzige der angeschlossenen Gewerkschaften dieses Prinzip verwesentlicht. Es sind alles gewöhnliche Berufsverbände, welche ganz gewöhnliche Koalitionsgewerkschaftspolitik treiben, welches nichts anderes sein kann als Führerpolitik. Darum wird hier der erste Grundsatz der Entfaltung des Selbstbewusstseins verletzt. Die Amsterdamer B.O.’s wissen auch sehr gut, dass die i.a.a. den Standpunkt der „Notwendigkeit des Abschließens von kollektiven Arbeitsverträgen“ einnimmt, was wiederum auf der Koalition von Kapital und Arbeit beruht und wiederum nur Führerpolitik sein kann. Obwohl sie also sehr gut wissen, dass sie nicht mehr als eine Führergewerkschaftszentrale ist, bewerben sie sich mit einem Fleiß, einer besseren Sache würdig, bei diesem Hemmschuh für die Entwicklung der B.O.’s aufgenommen zu werden. Das sind die Konsequenzen, wenn der „Kampf ums Brot“ Richtschnur des Handelns ist. Die erste Anfrage um Aufnahme in die i.a.a. wurde aber abgelehnt, weil das n.s.v. in Holland schon angeschlossen war. Die einzige Lösung war also Anschluss beim n.s.v.. Davon konnte aber keine Rede sein, was ein jeder verstehen kann, wenn man unsere Betrachtungen über diese Bonzen-Bande gelesen hat. Der Zersetzungsprozess im n.s.v. kam aber zu Hilfe. Nach dem Kuhhandel betreffend Verschmelzung mit der zentralistisch-kommunistischen n.a.s. fiel das n.s.v. auseinander. Und die B.O.’s. benutzten die Gelegenheit, eine neue Gewerkschaftszentrale zu gründen: das Syndicalistisch Verbond van Bedrijfsorganisaties (s.v.b.) (1 April 1928). So haben wir jetzt drei „revolutionäre“ Gewerkschaftszentralen: eine kommunistische (n.a.s.), eine syndikalistische (n.s.v.) und eine sog. anarcho-syndikalistische (s.v.b. Bei dem Zusammenbruch des n.s.v. sind die beiden anderen Zentralen selbstverständlich als Geier rund um das Aas geflogen. Beide versuchten möglichst große Stücke aus dem Kadaver zu reißen mit der Folge, dass das n.s.v.NSV vergangene Woche nur noch 1500 Mitglieder hatte. Die Zentrale der B.O.’s tat also auch das Ihre und forderte die syndikalistischen Gewerkschaften auf, zu ihr überzusiedeln. Der „Kampf ums Brot“ als Zielsetzung führte also zur Untergrabung ihrer eigenen Existenzberechtigung. Es wurden ganz gewöhnliche Koalitionspolitik treibende Führergewerkschaften aufgefordert, der Zentrale der Betriebsorganisationen beizutreten. Und das will dann noch den Namen haben, gegen den opportunistischen Reformismus und reformistischen Opportunismus zu kämpfen! Gerade bei der i.a.a. wird ein Name missbraucht, um eine versumpfte Ladung von altmodischer Arbeiterbewegung zu decken. Während eine neue Arbeiterbewegung ganz klar im Wort und vor allem in der Tat zeigen muss, dass nur das Rätesystem Grundlage des Klassenhandelns sein kann und dadurch nur die Führerpolitik beseitigt werden kann, wird hier dem organisatorischen Erweiterungstrieb nachgegeben und die eigenen Prinzipien verspottet. Kehren wir jetzt zurück zu der Frage der Aufnahme in die i.a.a. Wurde man bei der ersten Anfrage einfach zum NSV verwiesen, nach den „Einheitsbestrebungen“ dieser Zentrale lagen die Dinge anders. Und so waren dann auch die Anarcho-Kommunisten eingeladen, sich an dem in diesem Sommer abgehaltenen Kongress der i.a.a. in Lüttich zu beteiligen. Die Vertreter des n.s.v. waren auch dort und nahmen nun nicht gerade eine angenehme Position ein. Es war den Anarcho-Syndikalisten ein Leichtes, diese Brüder als Gewerkschaftsschieber hinzustellen. Wichtig ist aber zu bemerken, dass der Kongress nicht ohne Weiteres die Schieber ausschloss, sondern eine Resolution annahm, in Holland einen „Einigungskongress“ der Syndikalisten und Anarcho-Syndikalisten einzuberufen unter Präsidium der i.a.a. und dass die „Differenzen“ im laufenden Jahre geschlichtet sein müssen. Diese Lösung ist für die Schieber ein gefundenes Fressen im wahren Sinne des Wortes. Der beabsichtigte Kongress hat vor einem Monat stattgefunden, und im Prinzip wurde die „Einigung“ angenommen. Eine Urabstimmung muss noch den endgültigen Beschluss fassen. Die Bonzen können bereits erleichtert aufatmen, denn damit sind sie der Drohung, dass sie von dem Zerfall des n.s.v. selber kaltgestellt würden, entronnen. Wir können den Gang der Ereignisse für die revolutionäre Bewegung nicht anders sehen als einen Schritt rückwärts. Nicht nur, dass die Propaganda für das Rätesystem jetzt unterbunden wird, weil es den Interessen der Führer widerspricht, aber nun ist es auch unmöglich, Koalitions- und Führerpolitik prinzipiell anzugreifen, weil diese schließlich die Politik der i.a.a. ist. Dieser Ausgang war nicht anders zu erwarten. Die neu entstandenen Betriebsorganisationen waren und sind ideologisch noch nicht weit genug fortgeschritten um einzusehen, dass ihre Existenzberechtigung gerade dort liegt, wo sie sich scharf gegenüber jeder Bewegung stellen, die nicht das Räteprinzip und das Selbsthandeln zum Ausgangspunk jeder proletarischen Tätigkeit macht. Man entschuldigt sich dann mit der Redewendung, dass die „Anderen“ noch nicht so weit sind, und darum muss man den „Kampf ums Brot“ führen und Kompromisse machen. Damit sind diese Betriebsorganisationen auf das tote Gleis gekommen. Compiled by Vico, 20 August 2021 |
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