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Antonie Pannekoek Archives

Willy Huhn


Willy Huhn (1909-1970)


en | Introduction

Willy Huhn is a quite exceptional figure, very much defined by where (Berlin) and when (the period of the Cold War) he lived. He was very good in quoting out of context and in selective quoting, which has not yet been documented.


de | Über Willy Huhn


de | Lenin als Utopist / Willy Huhn, 1948

Quelle: Auf der Suche nach Rosas Erbe : Der deutsche Marxist Willy Huhn (1909-1970)  / Jochen Gester. – Berlin : Die Buchmacherei, 2017. – 835 S. – Von den 835 Seiten sind 628 Seiten gedruckt. Die restlichen Dokumente befinden sich als pdf auf einer beigefügten CD.

Quelle: “Left Wing” Communism – an infantile disorder? . Originalquelle: „Das Sozialistische Jahrhundert“, 2. Jg., Nr. 20, Berlin, 1948, S. 290 f. Reproduziert in: Auf der Suche nach Rosas Erbe ; Der deutsche Marxist Willy Huhn (1909-1970)  / Jochen Gester. – Berlin : Die Buchmacherei, 2017. – S. 267-272. Buchbesprechung: Arbeiterstimmen .


Das wichtigste Merkmal des utopischen Sozialismus besteht in dem Aberglauben an die Macht der Wissenschaft. Ein rationales System soll die gesellschaftliche Welt so entscheidend verändern, daß etwas ethisch Besseres und sozial Vernünftiges bewirkt wird. Die praktische Konsequenz aus dieser Überzeugung besteht darin, daß die Gelehrten das Schicksal des Menschengeschlechts selbst in die Hände oder vielmehr auf die Köpfe nehmen müssen.

So stehen an der Spitze des Staates bei den ersten Utopisten der abendländischen Geschichte, Platon, die Philosophen und die Insel „Utopia“ des Thomas Morus wird von einer „Gelehrtenklasse“ regiert. Wird nicht in unserer Zeit ein ähnlicher Anspruch von den Intellektuellen erhoben – einst von der juristischen Intelligenz (Engels hat sich einmal ausführlich mit diesem „Juristensozialismus“ (a1) auseinandergesetzt), jetzt von der technischen oder gar von der ökonomischen (Technokratie und Bürokratie)? Die Utopisten suchen nach einer „sozialen Wissenschaft“, um mit ihrer Hilfe neue soziale Bedingungen zu schaffen. Diese Aktion geht von ihrer intellektuellen Initiative aus, beruht auf der Einsicht und Tatkraft der Intelligenz, während sie „auf der Seite des Proletariats keine geschichtliche Selbsttätigkeit, keine ihm eigentümliche politisch Bewegung erblicken“, wie es im „Kommunistischen Manifest“ (a2) heißt.

„Wissenschaftlicher Sozialismus“

Ist deshalb der „wissenschaftliche Sozialismus“ selbst Utopismus? Nein, er ist gerade im Gegensatz zu dieser Auffassung entstanden. Er stellt die Wissenschaft nicht der gesellschaftlichen Entwicklung gegenüber mit dem Anspruch, daß sich die letztere nach ihr zu richten habe, indem die wissenschaftliche Einsicht „verwirklicht“ werden müsse. Umgekehrt „soll die Wissenschaft aus der kritischen Erkenntnis der geschichtlichen Bewegung schöpfen“ (Marx). (a3) So haben Marx und Engels im Laufe ihres Lebens den Marxismus aus der Geschichte West- und Mitteleuropas abgeleitet. Auch die Rolle der Intellektuellen bestimmte Marx gegenüber der utopistischen Auffassung bedeutend bescheidener: da „es sich nicht um Durchführung irgendeines utopischen Systems handele“, müsse er sich mit der „selbstbewußten Teilnahme an dem unter unseren Augen vor sich gehende geschichtlichen Umwälzungsprozeß der Geschichte“ begnügen (Marx, „Herr Vogt“) (a4). Indem die Wissenschaft aus der tatsächlich vor sich gehenden Geschichte abgeleitet wird, wird sie „ein bewußtes Erzeugnis der historischen Bewegung und hört auf, doktrinär zu sein“ („Das Elend der Philosophie“) (a5).

Für den Utopismus existiert das Proletariat nur unter dem Gesichtspunkte der leidenden, also passiven Klasse, der von oben und von außen geholfen werden muß. Der Marxismus geht von der selbständigen Aktivität der Arbeiterschaft aus. Für die Utopisten wird alle künftige Geschichte zu einer bloßen „Propaganda“ und „praktischen Ausführung“ ihrer „systematischen Gesellschaftspläne“, Marx hingegen verwirft im „Kommunistischen Manifest“ alle Systeme und verläßt sich, wie Engels 1890 versichert, für den schließlichen Sieg der im Manifest aufgestellten Thesen einzig und allein auf die geistige Entwicklung der Arbeiterklasse, „wie sie aus der vereinigten Aktion und der Diskussion notwendig hervorgehen mußte“ (a6). Entsprechend seiner rationalistischen Herkunft nimmt also der utopistische Sozialist gegenüber der Geschichte eine schulmeisterliche Haltung ein, während Marx und Engels in ihr unsere einzige Lehrmeisterin sahen.

Nationalpolitische Widersprüche

Der Marxismus wollte nach der (selbst erst geschichtlich gewachsenen und vertieften) Ansicht seiner Begründer nichts anderes sein als die Erkenntnis der gesellschaftlichen Entwicklung der fortgeschrittensten europäischen Länder, an der sie selbstbewußt teilgenommen hatten. Für sie war es eine Ableitung aus der geschichtlichen Bewegung ihrer Zeit und ihres eigenen praktischen Mittuns. Es ist Trotzky gewesen, der dieses Problem in aller Schärfe gesehen hat. Vor rund vierzig Jahren zeigte er, daß die Sozialisten und Intellektuellen rückständigerer Länder, die in sich den Übergang vom utopistischen zum wissenschaftlichen Sozialismus noch nicht erlebt und den Kampf zwischen beiden Haltungen noch nicht durchgefochten hatten, in Gefahr waren, die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Marx und Engels im Sinne des Utopismus, also dogmatisch und „orthodox“ aufzufassen. Eben davor warnte Trotzky, wenn er für Rußland folgerte: „Jene inneren Widersprüche in der Konstruktion des Sozialismus, die der Marxismus theoretisch überwunden hatte, kehren bei der praktischen Anwendung des Marxismus in der Form national-politischer Widersprüche zurück. Selbst die beste soziale Doktrin, d.h. diejenige, die die Welterfahrung am richtigsten wiedergibt, kann die Erfahrung selbst nicht ersetzen. Jedes Land mußte und muß für sich aufs neue den Marxismus erwerben, um ihn zu besitzen. Der internationale Charakter der sozialistischen Bewegung zeigt sich nicht nur darin, daß jedes Land aus der Erfahrung des fortgeschritteneren Landes Lehren für sich zieht, sondern auch darin, daß es dessen Fehler wiederholt.“

Im alten feudal-absolutistischen, überwiegend agrarischen Rußland mit seinem unterentwickelten Handel, seiner schwachen und zudem meistens auf fremdem Kapitalimport beruhenden modernen Industrie fehlten die wesentlichen Voraussetzungen für eine auf marxistischen Erkenntnissen fußende Arbeiterorganisation. Als im Jahre 1883 die erste marxistische Gruppe „zur Befreiung der Arbeit“ sich bildete, behauptete ihr Mitbegründer Plechanow, daß in Rußland weder die Basis noch die objektiven sozialen Bedingungen für eine sozialistische Organisation gegeben seien. Wenn trotzdem die revolutionäre Intelligenz Rußlands die fortgeschrittensten Wissenschaften und Ideen West- und Mitteleuropas studierte und übernahm, so mußte dieser „nationalpolitische Widerspruch“ aus der revolutionären Bewegung Rußlands in jeder Hinsicht einen „Typus aller Ideologen-Bewegungen machen“ (Kritschewsky).

Zehn Intellektuelle und ein Arbeiter

Gerade der bolschewistische Historiker Pokrowski hat auf die revolutionäre Intelligenz um die Mitte des 19. Jahrhunderts als den geistigen Vorläufer des Bolschewismus hingewiesen. So vertrat Tschernischewsky die Meinung, die „gebildeten Klassen“ Rußlands könnten durch ihre Aktion die politischen Verhältnisse ändern und die aus Kreisen seiner Anhänger und Schüler stammende „Proklamation des Jungen Rußlands“ forderte schon die Diktatur der Partei der revolutionären Intelligenz. Deren politisches Ziel war eine „aufgeklärte Despotie“, die von oben eine „ökonomische Umwälzung“ vollziehen sollte, um – ganz utopistisch – durch diese erst jene Bedingungen zu schaffen, welche die Voraussetzungen der Befreiung vom sozialen Elend sind. Auch der agrarische, auf der Bauerngemeinde zu errichtende Sozialismus der Narodniki wies jene utopistischen Züge auf. „Die revolutionäre Intelligenz müsse die Diktatur erobern und mittels derselben eine soziale Umwälzung durchführen […] Aus einer politischen Vorbedingung zur Befreiung der arbeitenden Klasse verwandelt sich auf diese Weise in den Köpfen der Intelligenz der bevorstehende Zusammenbruch des Absolutismus in ein Mittel, unmittelbar eine sozialistische Revolution herbeizuführen.“ (Paul Axelrod im Jahre 1892). Tatsächlich war die russische Sozialdemokratie selbst zu der Zeit als Axelrod diese Sätze schrieb, noch keine selbständige Arbeiterorganisation sondern nichts anderes als eine Partei der revolutionären Intelligenz: „Man kann wohl sagen“, bemerkte einer jener wenigen Arbeiter, die ihr damals schon angehörten, „daß in den neunziger Jahren auf je zehn Intellektuelle ein einziger Arbeiter kam“ (Schapowalow, „Auf dem Wege zum Marxismus“).

In diesen neunziger Jahren begann der theoretische und politische Weg Lenins. Von Anfang an erblickte er in der Arbeiterschaft lediglich die Klasse, die elementar erwache, und auf die sich der russische Revolutionär „stützen“, mit der sich der russische Intellektuelle – er nennt ihn bezeichnender Weise „Jakobiner“! – „verbinden“ könne. Diese beiden Ausdrücke verraten, daß es sich immer noch um eine Bewegung der Intellektuellen, um eine Aktion der „Wissenden“ handelt, die sich der Arbeiterbewegung lediglich als Mittel zum Sturz des Zarismus in einer großen, alle unzufriedenen Klassen der Bevölkerung umfassenden, nationalen Revolution bedienen will, einer geschichtlichen Bewegung also, wie sie seit der Ausbreitung der demokratischen Ideen nach Osten ab 1900 etwa auch für ganz Asien aktuell ist.

Drei Arten von Menschen

Dieser Umstand bewog Lenin, schon 1913 die These aufzustellen, daß nicht mehr Europa, sondern Asien der Träger des geschichtlichen Fortschritts sei. Diese Ideologie zeigt sich in China in einer auffälligen Parallele: Sun-Yat-sen, den man den „chinesischen Lenin“ genannt hat, unterscheidet in seinem Werke „Der Plan zum Aufbau des Reiches“ drei Arten von Menschen: „Erstens: die zuerst Wissenden, die Erfinder; zweitens: die spät Wissenden, die Erweiterer oder Propagandisten, drittens: die nichts Wissenden, die Mitarbeiter oder Praktiker.“

Besonders deutlich wird diese Analogie in Lenins „System der Zahnräder“. Es handelt sich 1. um die Masse der Ausgebeuteten und Unterdrückten; d.h. um die Bauern und Industriearbeiter; 2. um den Vortrupp dieser Masse, d.h. um das städtische Industrieproletariat; 3. um die Vorhut des Industrieproletariats, die „Kommunisten“ wie sich die bolschewistische Intelligenz seit 1918 nannte. Die drei Zahnräder „Masse“, „Vortrupp“ und „Vorhut“ sollen nicht demokratisch in dieser Reihenfolge aufeinander einwirken, sondern entsprechend dem Leninschen Organisationsprinzip „von oben nach unten“! Die eigentliche historische Initiative geht von der Partei der revolutionären Intelligenz aus. Schon Lenins Ausgangsstellung ist eine utopistische: 1894 vertritt er die Meinung, daß sich „die gesamte Geschichte […] aus Handlungen der Persönlichkeiten zusammensetze, und wirft die Frage auf, worin die Garantie dafür bestünde, „daß diese (öffentliche) Tätigkeit (einer Persönlichkeit) kein vereinzelter Akt bleibt, der in einem Meer entgegengesetzter Akte untergeht?“ (a8)

Das klingt nicht nach einer Geschichtsauffassung, die vor allem Masseninitiative und Klassenaktivität ins Auge faßt! Jene aktiven Persönlichkeiten stehen vor dem Problem, „auf welche Weise“ ihre „auf die Verwirklichung der sozialistischen Ordnung gerichtete Tätigkeit die Massen heranziehen soll, damit sie ernste Ergebnisse zeitige?“ Der Utopismus stand also vor dem Dilemma, auf der einen Seite die Massen gewinnen und heranziehen zu müssen, damit die Handlungen der Persönlichkeiten keine vereinzelten Akte blieben, auf der anderen Seite aber dafür sorgen, daß diese Handlungen der einzelnen historischen Aktivisten nicht in einem Meer entgegengesetzter Aktionen der Masse untergingen.

Der Kampf gegen die Spontanität

„Dazu war ein verzweifelter Kampf gegen die Spontaneität notwendig!“ (a9), schreibt Lenin acht Jahre später, in dem er sich auf die Organisationsprinzipien […] Lassalles beruft! Hierzu muß man sich vergegenwärtigen, daß Marx in einem Brief vom 13. Oktober 1868 an Schweitzer, den Nachfolger Lassalles, bemerkte, der letztere sei in den Fehler Proudhons verfallen, die wirkliche Grundlage seiner Agitation nicht in den „wirklichen Elementen der Klassenbewegung zu suchen, sondern letzterer nach einem gewissen doktrinären Rezept ihren Verlauf vorschreiben zu wollen.“ (a10) Drei Jahre später betont Marx in einem Briefe vom 23. November 1871 an Bolte nochmals, daß die Organisation Lassalles „eine bloße Sektenorganisation“ sei und „als solche der von der Internationalen angestrebten Organisation der wirklichen Arbeiterbewegung feindlich ist.“ (a11) Da Lenin gerade den Kampf Lasalles gegen die selbständige deutsche Arbeiterbewegung diesem als historisches Verdienst anrechnet, zielt die Polemik von Marx in diesem entscheidenden Punkt gegen Lenin selbst!

Ein sozialdemokratisches Bewußtsein kann nach Lenin den Arbeitern „nur von außen gebracht werden“. Die Geschichte aller Länder beweise, daß sie aus eigener Kraft nur zu einem trade-unionistischen Bewußtsein gelangten, während der Sozialismus von den gebildeten Vertretern der Bourgeoisie, der Intelligenz, ausgearbeitet worden sei: „Ebenso entstand auch in Rußland die theoretische Lehre der Sozialdemokratie ganz unabhängig von dem spontanen Anwachsen der Arbeiterbewegung, entstand als natürliches und unvermeidbares Ergebnis der Ideenentwicklung der revolutionär-sozialistischen Intelligenz.“ (a12)

Die Diktatur der Jakobiner

Die russische Sozialdemokratie konnte demnach nur ein Kartell, ein Bündnis der führenden Intelligenz mit den ihr folgenden Massen sein: „Der Jakobiner, der untrennbar verbunden ist mit der Organisation des Proletariats, das sich seiner Klasseninteressen bewußt geworden ist – das ist eben der revolutionäre Sozialdemokrat.“ (a13) Nun, die Diktatur der Jakobiner in der großen französischen Revolution war auch eine Herrschaft der Intelligenz, der einzigen regierungsfähigen Klasse nach dem Sturz des Hofadels und der mit ihm verbündeten hohen Finanz, ein „Advokatenregiment“, wie Kautsky es treffend bezeichnete. Rosa Luxemburg wies im Hinblick auf dieses Bekenntnis darauf hin, daß Lenin damit „seinen Standpunkt vielleicht scharfsinniger gekennzeichnet“ habe, „als es irgendeiner seiner Opponenten tun könnte“. (a14)

Deutlich kommt gerade in dieser Äußerung die alte Idee des russischen Utopismus zum Ausdruck, daß die Revolution das Werk der radikaldemokratischen Intelligenz sein müsse mit dem Ziel der Diktatur ihrer konspirativen Organisation, der jakobinischen Partei. Denn die spontane geschichtliche Bewegung führt zu keiner Revolution: „Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben.“ Nur die revolutionären Theoretiker und Intellektuellen garantieren die Revolution, „die Weisen, die die Wahrheit entdecken“, sind die eigentlichen geschichtlichen „Persönlichkeiten“, die allerdings der Propagandisten bedürfen, der „Verkünder, die die Wahrheit verbreiten“. Die Arbeiter aber sind auch für die leninistische Ideologie nur „die Ausführenden“, welche die eigentliche „Wahrheit nicht kennen“.


Redaktionelle Anmerkungen

[Quellenangaben zugefügt von F.C., 2. Januar 2018]

a1. „Juristen-Sozialismus“ / Friedrich Engels, Karl Kautsky. – m.e.w., Bd. 21, S. 491.

a2. Kommunistisches Manifest / Karl Marx, Friedrich Engels. – m.e.w., Bd. 4, S. 490.

a3. m.e.w., Bd. 16, S. 25.

a4. m.e.w., Bd. 14, S. 439.

a5. m.e.w., Bd. 4, S. 143.

a6. m.e.w., Bd. 22, S. 57.

a7. l.w., Bd. 3, S. 3.

a8. l.w., Bd. 1, S. 152.

a9. l.w., Bd. 5, S. 396.

a10. m.e.w., Bd. 32, S. 569.

a11. m.e.w., Bd. 33, S. 329.

a12. l.w., Bd. 5, S. 386.

a13. l.w., Bd. 7, S. 386.

a14. Organisationsfragen der russischen Sozialdemokratie  / Rosa Luxemburg, 1904.


en | Lenin as a Utopian / Willy Huhn, 1948


Posted on March 30, 2018 by A Free Retriever  Original source: Lenin als Utopist / Willy Huhn. In: Das Sozialistische Jahrhundert, 2. Jg., Nr. 20, Berlin 1948, S. 290 f. Reproduced in: Auf der Suche nach Rosas Erbe : Der deutsche Marxist Willy Huhn (1909-1970) / Jochen Gester. – Berlin : Die Buchmacherei, 2017. – S. 267-272. Translation: Jac. Johanson; proofreading: Fredo Corvo; source references by: F.C. and Jac. J., partially corrected here by Vico, 18 April 2018.


The first characteristic of Utopian socialism resides in the superstition of the power of science. A rational system is supposed to change the social world in such a decisive way that something ethically better and socially sound will be effected. The practical consequence from this conviction is that the scholars have to take the fate of humanity into their hands, or rather onto their heads.

With the first Utopian of Western history, Plato, the philosophers are at the helm of the State, and the island “Utopia” of Thomas More is governed by a “class of scholars”. Do not the intellectuals raise a similar claim – once the juridical intelligentsia (Engels has at one occasion treated this “lawyers’ socialism” exhaustively) (b1) and presently the technical or even the economical intelligentsia (technocracy and bureaucracy)?

The Utopians are searching for a “social science” in order to create new social conditions with its help. This action departs from their intellectual initiative, relies on the insight and the power to act of the intelligentsia, whereas the proletariat “offers to them the spectacle of a class without any historical initiative or any independent political movement”, as the “Communist Manifesto” states. (b2)

“Scientific socialism”

Is thereby “scientific socialism” itself Utopianism? No, it has originated precisely in contradiction to this conception. It does not oppose science to social development, claiming that the latter should be guided by the former, by “realizing” the scientific insights. Inversely science should be “(derived) from a critical knowledge of the historical movement” (Marx). (b3) In this way Marx and Engels have derived Marxism in the course of their lives from the history of Western and Central Europe. Faced with the Utopian conception Marx has determined the role of the intellectuals as a significantly more modest one as well: because it is not about “carrying through some Utopian system”, the latter should content himself with “the self-conscious participation in the historical process of revolution of history that goes on before our eyes” (Marx, “Herr Vogt”). (b4) By deriving science from the factually occurring history, it becomes “a conscious product of the historical movement” and “ceases to be doctrinaire” (“The misery of philosophy”). (b5)

For Utopianism the proletariat only exists from the point of view of the suffering, and thereby passive, class who needs help from above and from the outside. Marxism departs from the autonomous activity of the workers. For the Utopians all future history becomes a mere “propaganda” and a “practical carrying through” of its “systematic societal plans”. Marx, on the contrary, rejects in the “Communist Manifesto” allsystems and solely relies, as Engels assured in 1890, on the intellectual development of the working class, “as it necessarily has to ensue from the united action and discussion”, (b6) for the ultimate victory of the theses propounded in the Manifesto. In accordance with his rationalistic origins, the Utopian socialist thus takes up a school-masterly attitude towards history, whereas Marx and Engels saw in her our only learning mistress.

National-political contradictions

According to the view of its founders (which itself had grown and deepened historically), Marxism wanted to be nothing else than the knowledge of the social development of the most advanced European countries, in which they had taken part themselves self-consciously. For them it was a derivation from the historical movement of their time and their practical participation. It was Trotsky who has seen this problem in all its acuity. About forty years ago he demonstrated that the socialists and intellectuals of backward countries, who had not yet lived through the transition from Utopian to scientific socialism, and who had not fought through the struggle between both attitudes themselves, were in danger of taking up the scientific insights of Marx and Engels in the sense of Utopianism, and thereby in a dogmatic and “orthodox” way. Trotsky warned precisely against this, as he concluded for Russia: “These inner contradictions in the construction of socialism, which Marxism had superseded theoretically, return in the practical application of Marxism in the shape of national-political contradictions. Even the best social doctrine, the one that represents world experience in the most correct way, cannot by itself replace the experience. Every country had and has to acquire Marxism for itself anew in order to be in possession of it. The international character of the socialist movement does not only show up in every country drawing lessons for itself from the experience of the more advanced country, but also by repeating its mistakes.” (b7)

In old feudal-absolutist, mainly agrarian Russia with its underdeveloped trade, its weak modern industry, that moreover was mostly relying on import of foreign capital, the essential preconditions for a workers’ organization based on Marxist insights were lacking. As the first Marxist group ‘for the liberation of labor’ was formed in 1883, its co-founder Plekhanov stated that in Russia neither the basis nor the objective social conditions for a socialist organization existed. As the revolutionary intelligentsia of Russia studied and adopted the most advanced science and ideas of Western and Central Europe nevertheless, this “national-political contradiction” had to transform the revolutionary movement of Russia into one “typical of all movements of ideologues” (Kritshevksy) in every respect.

Ten intellectuals and a worker

It was the Bolshevik historian Pokrovski who, of all people, has pointed at the revolutionary intelligentsiain the middle of the 19th as the spiritual precursors of Bolshevism. Chernyshevsky held the opinion that the “educated classes” of Russia could change the political relations by their action, and the “Proclamation of young Russia”, originating from the circles of his adherents and pupils, already demanded the dictatorship of the party of the revolutionary intelligentsia. The political goal of the latter was an “enlightened despotism” that should enact an “economical revolution” from above, in order to – wholly Utopian – thereby create the preconditions for the liberation from social misery. The agrarian socialism of the Narodniki, that was to be built on the peasants’ community, also showed these Utopian characteristics. “The revolutionary intelligence should conquer dictatorship and carry through a social revolution by means of the latter… From a political precondition for the liberation of the working class, the forthcoming collapse of absolutism transforms itself in the minds of the intelligentsia into a means to immediately cause a socialist revolution.” (Pavel Axelrod in 1892). (b8) In fact, Russian Social-Democracy was, even at the time Axelrod wrote these sentences, still not an autonomous workers’ organization, but only a party of the revolutionary intelligentsia: “One can say”, observed one of the few workers who then already adhered to it, “that for ten intellectuals there was one worker in the 1890s” (Shapovalov, Auf dem Wege zum Marxismus [On the road towards Marxism]).

In these 1890s the theoretical and political trajectory of Lenin started. From the beginning he saw in the working class only the class who would wake up in an elementary way, whom the Russian revolutionary could “lean” on, and whom the Russian intellectual (he significantly designates the latter as “Jacobin”!) could “connect” himself to. Both these expressions betray that it is still about a movement of intellectuals, an action of the “knowing” who only want to use the workers’ movement as a means to bring about the fall of Tsarism in a big national revolution that comprises all discontented classes of the population; a historical movement as it is of actuality, since the extension of democratic ideas to the East from 1900 on, for about the whole of Asia as well.

Three kinds of humans

Already in 1913 this circumstance inspired Lenin to the thesis that no longer Europe, but Asia would be the bearer of historical progress. This ideology manifests itself in China in a remarkable parallel: Sun Yat-sen, who has been called the “Chinese Lenin”, distinguishes in his work “The plan for the construction of the Empire” three kind of people: “First, those who know, the inventors; second: those who know late, the extenders or propagandists; third: those who do not know, the collaborators or practitioners.”

This analogy becomes very clear in Lenin’s “arrangement of cogwheels”. (b9) It is about 1. the mass of exploited and oppressed; i.e. the peasants and the industrial workers; 2. the vanguard of this mass; i.e. the urban industrial proletariat; 3. the vanguard of the industrial proletariat, the “communists”, as the Bolshevik intelligentsia called itself since 1918. The three cogwheels “mass”, “[mass] vanguard” and “[proletarian] vanguard” should not democratically interact in this sequence, but according to the Leninist principle of organization “top-down”! The historical initiative, properly speaking, originates from the party of the revolutionary intelligentsia. Lenin’s point of departure is already a Utopian one: in 1894 he voices the opinion that “all history is made up of the actions of personalities […] The real question that arises in appraising the social activity of an individual is: what conditions ensure the success of his [public] actions, what guarantee is there that these actions will not remain an isolated act lost in a welter of contrary acts?” (b10)

This does not sound like a conception of history that first and foremost is concerned with mass initiative and class activity! Those active personalities are confronted with the problem: “how must [their] actions aimed at bringing about the socialist system attract the masses in order to yield serious fruits?” Utopianism thereby was confronted with the dilemma to have to win and attract the masses on the one hand, for the acts of the personalities not to remain isolated ones, and to take care, on the other hand, that these acts of the respective historical activists are not lost in a welter of contrary actions by the mass. (b11)

“A fierce struggle against spontaneity was necessary.” (b12) Lenin writes eight years later, laying claim to the organizational principles of… Lassalle! On this point one has to realize that Marx made the remark, in a letter of October 13, 1868 to Schweitzer, the successor of Lassalle, that the latter had fallen in Proudhon’s mistake “not to search the real foundation of his agitation from the real elements of the class movement”, but to “want to prescribe the latter its course according to a certain doctrinaire recipe.” (b13) Three years later, in a letter of November 23, 1871 to Bolte, Marx emphasizes once more that Lassalle’s organization is “nothing but a sectarian organization” and is “as such hostile to the organization of the genuine workers’ movement striven for by the International.” (b14) As Lenin precisely takes Lassalle’s struggle against the autonomous German workers’ movement as an historical merit of his, Marx’s polemic on this decisive point is directed against Lenin himself!

According to Lenin, a social-democratic consciousness can only be “brought to the workers from without.”The history of all countries would prove that by their own strength they only acquire a trades-unionist consciousness, whereas socialism would have been developed by the educated representatives of the bourgeoisie, the intelligentsia: “In the very same way, in Russia, the theoretical doctrine of Social-Democracy arose altogether independently of the spontaneous growth of the working-class movement; it arose as a natural and inevitable outcome of the development of thought among the revolutionary socialist intelligentsia.” (b15)

The dictatorship of the Jacobins

Russian Social-Democracy thereby could only be a cartel, an alliance of the leading intelligentsia with the masses following them: “A Jacobin who wholly identifies himself with the organization of the proletariat—a proletariat conscious of its class interests—[just that is] a revolutionary Social-Democrat.” (b16) Well, the dictatorship of the Jacobins in the great French revolution also was a reign of the intelligentsia, the only class able to govern after the fall of the court nobility and the high finance allied to it, a “lawyers’ regiment”, as Kautsky accurately designated it. With regards to this confession Rosa Luxemburg pointed out that Lenin has “characterized his position perhaps keener than anyone of his opponents could do.” (b17)

Precisely in this utterance the old ideas of Russian utopianism are expressed, that the revolution must be the work of the radical-democratic intelligentsia, aiming at the dictatorship of its conspiratorial organization, the Jacobin party. Because the spontaneous historical movement does not lead to a revolution: “Without revolutionary theory there can be no revolutionary movement.” Only the revolutionary theoreticians and intellectuals are guarantors of revolution, “the sages who discover the truth” are the real historical “personalities”, be they in need of propagandists, of “preachers who diffuse the truth.” But for Leninist ideology as well the workers are only the “executors” who “do not know” the real “truth”.


Annotations

Marx-Engels, Werke (m.e.w.) and Lenin, Werke, (l.w.) refer to the German editions, which are used as the primary reference for the quotations. If available, their English translation at the Marxists Internet Archive  website has been used and a reference to the latter has been included. Differences with the German language editions are indicated.

b1. m.e.w. Bd. 21, S. 491, “Juristen-Sozialismus” / Friedrich Engels/Karl Kautsky (In: Die Neue Zeit, 1887, Heft 2.

b2. Marx/Engels, The Communist Manifesto; 3. Critical-Utopian Socialism and Communism .

b3. m.e.w. Bd. 16, S. 25. Letter from Marx to J.B. von Schweitzer, January 24, 1865; on Proudhon.

b4. m.e.w. Bd. 14, S. 439.

b5. m.e.w. Bd. 4, S. 143.

b6. m.e.w. Bd. 22, S. 57; Preface to the 4th German edition of the Communist Manifesto  / Engels (1890).

b7. The quotation from Trotsky has not been found at MIA.

b8. Reference to works by Pavel Axelrod could not be found at Marxists Internet Archive .

b9. l.w. Bd. 32, S. 3-4: The Trade Unions, The present Situation and Trotsky’s Mistakes  / Lenin (December 30, 1920).

b10. l.w. Bd. 1, S. 152. What the “Friends of the People” are and how they fight the Social-Democrats / Lenin (1894); Part I. The English translation speaks of “individuals”, the German of “personalities”. Huhn uses the latter term.

b11. Translator’s note: Huhn’s texts twice uses the expression “a sea” (of “acts” or “actions”). We use “a welter” in accordance to the translation in l.w.

b12. l.w. Bd. 5, S. 396. What is to be done?  / Lenin (1902). II. The Spontaneity of the Masses and the Consciousness of the Social-Democrats.

b13. m.e.w. Bd. 32, S. 569. (Marx to Johann Baptist von Schweitzer).

b14. m.e.w. Bd. 33, S. 329. (Marx to Friedrich Bolte in New York – Abstract).

b15. l.w. Bd. 5, S. 386. What is to be done? / Lenin (see footnote 12).

b16. l.w. Bd. 7, S. 386. One Step Forward, Two Steps Back / Lenin (1904); q) The New Iskra. Opportunism In Questions Of Organization .

b17. Organisationsfragen der russischen Sozialdemokratie  / Rosa Luxemburg (1904). The sentence has been left out in the English translation on Marxists Internet Archive 


de | Karl Marx gegen den Stalinismus : Was Marx und Engels unter „Kommunismus“ verstanden / Willy Huhn, 1950

Quelle: Kurasje  (The Council Communist Archive, verschwunden); archive.org . Originalquelle: Pro und Contra ; Weder Ost noch West – eine ungeteilte sozialistische Welt!, Nr. 4 (Februar 1950), S. 5–11.


I.

Wenn es etwas gibt, das noch erstaunlicher ist als die Arroganz, mit der die s.e.d.-Scholastiker die bolschewistische Ideologie mit der marxistischen Theorie gleichsetzen, dann ist es die Ignoranz, mit der heute in gewissen Kreisen der politischen Traditionsträgerin der marxistischen Arbeiterbewegung in Deutschland, der s.p.d., Kommunismus und Bolschewismus identifiziert werden. Aber auch bei klügeren Köpfen, die wohl wissen, daß der Bolschewismus ein „russifizierter Marxismus“ ist (Sering), findet man kaum eine richtige Auffassung des Kommunismus im marxistischen Sinne. Es ist also tatsächlich einmal notwendig, an Hand der Werke von Marx und Engels ihren Begriff des Kommunismus herauszuarbeiten. Wenn ein Philosophieprofessor, in der Regel also ein Ideologe, sich einmal über Marxens und Engels’ Kommunismus äußern soll, dann darf man sicher sein, daß dabei wieder nur eine neue Ideologie herauskommt, die logisch-genetisch mit dem ideologischen Denken irgendwelcher „Vorgänger“ zusammenhängt. Nach Professor Paul Vogel z.B. sahen Marx und Engels im Kommunismus „die folgerichtige Fortentwicklung der junghegelschen Philosophie“, soll er „zu Ende gedachter Hegelianismus“ gewesen sein (b1).

Wir behaupten nicht, daß diese Feststellung falsch ist, aber wir behaupten, daß sie einseitig ist und sich lediglich auf die theoretische Form bezieht. Der Marxismus ist aber Theorie der sozialen Praxis, keine Ideologie, die erst nach ihrer logischen Genesis an die gesellschaftliche Wirklichkeit mit recht überheblichen Ansprüchen auf „Verwirklichung“ herantritt. Genau dies gilt aber auch für den Kommunismus, soweit er mit dem Marxismus identisch ist. Er ist das Selbstbewußtsein des gesellschaftlichen Seins im Kapitalismus (Georg Lukàcs). Seine Forderungen an die sozialen Wirklichkeit stammen aus ihr selbst, nicht etwa aus einer ideologischen Sphäre. Er ist die kapitalistische Epoche, „in Gedanken erfaßt“; er spricht aus, was ist.

Aufhebung des Eigentums

Dieser Grundgedanke durch zieht alle Äußerungen von Marx und Engels, in denen sie das Verhältnis ihrer Theorie zur Arbeiterbewegung näher zu bestimmen versuchen. Schon 1841/1842 heißt es in bezug auf die Aufhebung des Privateigentums, daß diese Forderung kein Prinzip außerhalb und gegenüber der gesellschaftlichen Wirklichkeit sei, sondern das Prinzip der kapitalistischen Gesellschaft selbst:

„Wenn das Proletariat die Negation des Privateigentums verlangt, so erhebt es nur zum Prinzip der Gesellschaft, was die Gesellschaft zu seinem Prinzip erhoben hat, was in ihm als negatives Resultat der Gesellschaft schon ohne sein Zutun verkörpert ist.“ (b2).

Die Arbeiterbewegung, die für die Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln kämpft, vertritt damit nicht ein der kapitalistischen Wirklichkeit widersprechendes, sondern ein ihr entsprechendes Prinzip, da der geschichtliche Prozeß innerhalb des Kapitalismus in einer solchen ständigen Negation des Privateigentums an den Produktionsmitteln besteht:

„Das Privateigentum treibt allerdings sich selbst in seiner national­ökonomischen Bewegung zu seiner eigenen Auflösung fort, aber nur durch eine von ihm unabhängige, bewußtlose, wider seinen Willen stattfindende, durch die Natur der Sache bedingte Entwicklung, nur indem es das Proletariat als Proletariat erzeugt, das seines geistigen und physischen Elends bewußte Elend, die ihrer Entmenschung bewußte und darum sich selbst aufhebende Entmenschung. Das Proletariat vollzieht das Urteil, welches „daß Privateigentum durch die Erzeugung des Proletariats über sich selbst verhängt (denn das Proletariat ist jene Klasse, die über keine individuellen Produktionsmittel mehr verfügt, W.H.), wie es das Urteil vollzieht, welches die Lohnarbeit „über sich selbst verhängt, indem sie den fremden Reichtum und das eigene Elend erzeugt.“ (b3).

Soweit also der Kommunismus seine Theorie in dem Ausdruck „Aufhebung des Privateigentums“ zusammenfaßt, handelt es sich lediglich um den „letzten und vollendetsten Ausdruck der Erzeugung und Aneignung der Produkte, die auf Klassengegensätzen, auf der Ausbeutung der einen durch die anderen beruht“, also auf der tatsächlich in der kapitalistischen Wirklichkeit vor sich gehenden Enteignung der Produzenten.

„Man hat uns Kommunisten vorgeworfen, wir wollten das persönlich erworbene, selbst erarbeitete Eigentum abschaffen; das Eigentum, welches die Grundlage aller persönlichen Freiheit, Tätigkeit und Selbständigkeit bilde. Erarbeitetes, erworbenes, selbstverdientes Eigentum! Sprecht Ihr von dem kleinbürgerlichen, kleinbäuerlichen Eigentum, welches dem bürgerlichen Eigentum vorherging? Wir brauchen es nicht abzuschaffen, die Entwicklung der Industrie hat es abgeschafft und schafft es täglich ab. Oder sprecht Ihr vom modernen bürgerlichen Privateigentum? Schafft aber die Lohnarbeit, die Arbeit des Proletariers ihm Eigentum? Keineswegs. Sie schafft das Kapital, d.h. das Eigentum, welches die Lohnarbeit ausbeutet, welches sich nur unter der Bedingung vermehren kann, daß es neue Lohnarbeit erzeugt, um sie von neuem auszubeuten. Das Eigentum in seiner heutigen Gestalt bewegt sich in dem, Gegensatz von Kapital und Lohnarbeit.“ (b4).

Der Kommunismus erhebt also nicht die Forderung nach der Aufhebung des Eigentums überhaupt, sondern die nach der Abschaffung des bürgerlichen Eigentums, das sich selbst schon in dem Gegensatz von Kapital und Lohnarbeit bewegt, also in dem Antagonismus von Eigentum und Nicht-Eigentum an den Produktionsmitteln. In diesem Sinne ist der Kommunismus nichts anderes als „die Lehre von den Bedingungen der Befreiung des Proletariats“ (b5), also von der Aufhebung sowohl des Kapitals wie der Lohnarbeit.

Die sozialistischen Realitäten

Auch der Kommunismus ist also nur „Sohn seiner Zeit“, ein durch ein bestimmtes gesellschaftliches Sein erzeugtes Bewußtsein und mit ihm entstanden. Die marxistische Theorie geht in ihren Forderungen nicht über die Tendenzen der gegenwärtigen Welt hinaus. „Als der Gedanke der Welt erscheint“ auch sie „erst in der Zeit, nachdem die Wirklichkeit ihren Bildungsprozeß vollendet und sich fertig gemacht hat“. Auch für das kommunistische „Ideal“ gilt das Wort Hegels, „daß erst in der Reife der Wirklichkeit das Ideale dem Realen gegenüber erscheint“. (b6).

Wie könnte bei den Arbeitern ohne eine tendenziell kommunistische Wirklichkeit eine kommunistische Denkweise entstehen? Wenn das gesellschaftliche Sein das Bewußtsein bedingt, dann muß dies auch für das sozialistische Bewußtsein gelten. Worin bestehen aber jene sozialistischen Realitäten innerhalb des Kapitalismus, die es notwendig hervorbringen?

In Rußland, wo es den modernen Kapitalismus in entwickelterer Form so wenig gab wie das moderne europäische Proletariat, löste Lenin das Problem durch den Hinweis auf die Intelligenz, die den modernen Sozialismus in Westeuropa oder in seiner Literatur studiert hatte, um ihn dann den russischen Arbeitern „beizubringen“. Für Marx und seine ersten Schüler stand die Sache ganz anders: die Maschine hatte für sie das individualistische Gewerbe „in eine kommunistische Industrie umgewandelt“, damit war aus dem individualistischen „ein kommunistisches Produkt geworden“. Dadurch kam aber ein schneidender Widerspruch in die Produktionsweise hinein: während „der Organismus der Produktion und des Austausches die kommunistische Form annimmt“, blieb „die Aneignungsweise individualistisch“. In Wahrheit bedeutet dies aber, daß die „auf das Eigentum basierte Gesellschaft selbst“ ständig das kleinere Eigentum zerstört. Daher sind auch den Arbeitern in den modernen Fabriken die alten „Instinkte des Klein­besitzers“ großenteils „ausgetrieben worden“:

„Das ungeheure Maschinengetriebe, an dem sie beschäftigt sind, stets vor Augen, begreifen sie instinktiv, daß es für sie unmöglich ist, dasselbe jemals individuell zu besitzen, daß es nur Gemeineigentum werden kann. Die mechanische Produktion hat die Idee des individuellen Besitzes aus den proletarischen Köpfen ausgetrieben und ihnen statt dessen die Idee des Gemeinbesitzes eingetrichtert. Diese geistige Revolution hat sich ohne Zutun der Kommunisten vollzogen; sie ist das Ergebnis der unter der Herrschaft der kapitalistischen Bourgeoisie organisierten mechanischen Produktion. Die kommunistischen Ideen existieren bereits im latenten Zustande in den Köpfen der Lohnarbeiter; die kommunistischen Agitatoren tun weiter nichts, als die Ideen zu erwecken und in Handlungen umzusetzen.“ (b7).

Lafargue, einer der ersten und begabtesten Schüler, später auch der Schwiegersohn von Marx, betonte daher ausdrücklich, daß die Kommunisten ihre Ideen „nicht von irgendwoher mitbringen, sondern (sie) aus den ökonomischen Erscheinungen ableiten, deren Spielball und Märtyrer die Arbeiter sind“ (ebenda).

Dieser Gedanke, daß der Kommunismus nicht eine utopistische Forderung an die Wirklichkeit darstellt, nach der sich die völlig entgegengesetzte Realität richten soll, indem sie „verwirklicht“ wird, sondern das innere tendenzielle Prinzip dieser Wirklichkeit selbst ist, das der Marxist nur in wissenschaftlicher Klarheit ausspricht, um das noch unklare Bewußtsein der Arbeiter zu klären und dadurch seine halbbewußten Reaktionen zu bewußten Aktionen zu erheben, zieht sich ebenfalls durch alle Werke von Marx und Engels.

II.

Schon 1844 bestimmt Marx im Unterschied zum „rohen“ Kommunismus, der zwar seinen Begriff bereits erfaßt habe, aber noch nicht sein Wesen, den vollendeten Kommunismus „als vollständige, bewußte und innerhalb des ganzen Reichtums der bisherigen Entwicklung gewordene Rückkehr des Menschen für sich als eines gesellschaftlichen, d.h. menschlichen Menschen.“ Die Arbeiterbewegung selbst stellt eben „die ihrer Entmenschung bewußte und darum sich selbst aufhebende Entmenschung“ dar (Vgl. das Zitat lt. Fuß­note 3). In diesem Sinne hat auch Engels schon 1843 den Kommunismus als „wahre Freiheit und wahre Gleichheit“ erklärt (b8)! Doch nicht im Sinne ihrer Auffassung als „Ideale“, die der Wirklichkeit ideologisch gegenüberstehen und „verwirklicht“ werden sollen, sondern als reale Tendenzen der Befreiung und der Herstellung der Gleichheit in der proletarischen Bewegung selbst.

„Der Kommunismus ist […] das wirkliche, für die nächste geschichtliche Entwicklung notwendige Moment der menschlichen Emanzipation und Wiedergewinnung. Der Kommunismus ist die notwendige Gestalt und ein organisches Prinzip der nächsten Zukunft, aber der Kommunismus ist nicht als solcher das Ziel der menschlichen Entwicklung- die Gestalt der menschlichen Gesellschaft.“ (b9).

Der Kommunismus ist kein Ideal

Der Kommunismus ist also kein Endziel der Geschichte, kein Ideal, sondern nichts anderes als die reale Bewegung des Kapitals und der Lohnarbeit selbst. Es ist eine in Gegensätzen ablaufende Bewegung, nämlich der Klassenkampf zwischen Monopolisten und Proletariern. Das gesellschaftliche Sein des tatsächlich vorhandenen Klassenkampfes zwischen den Kapitals­eigentümern und Kapitalsfunktionären einerseits und den Lohnarbeitern andererseits ist die reale Basis des kommunistischen Bewußtseins. Das Wesen, d.h. der geschichtliche Sinn des Kommunismus, ist die Aufhebung der Entmenschung des Proletariats, und in diesem Sinne ist er „der durch Aufhebung des Privateigentums vermittelte Humanismus“. Er ist also „keine Flucht, keine Abstraktion, kein Verlieren der von den Menschen erzeugten gegenständlichen Welt. […] Vielmehr erst das wirkliche Werden, die wirklich für den Menschen gewordene Verwirklichung seines Wesens und seines Wesens als eines wirklichen.“ (b10).

Die Existenz revolutionärer, kommunistischer Ideen in einer bestimmten Epoche setzt eben bereits die Existenz einer revolutionären, kommunistischen Klasse voraus. Aus ihrem unmittelbaren Klassenkampfe heraus empfanden, handelten und dachten die Arbeiter längst im kommunistischen Sinne, bevor es moderne proletarische kommunistische Theorien gab. Deshalb haben Marx und Engels 1845 ihren Standpunkt klar und deutlich bekannt:

„Der Kommunismus ist für uns nicht ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten habe. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt.“ (b11).

Die wirkliche Bewegung aber, die den jetzigen Zustand aufhebt, geht sowohl auf der Seite des Kapitals wie auf der Seite der Lohnarbeit vor sich, denn sie bilden trotz ihrer Gegensätze „ein Ganzes“, stellen beide „Gestaltungen der Welt des Privateigentums dar“. Sowohl die Wandlungen des Kapitals (Abtrennung der Kapitalsfunktion vom Kapitaleigentum!) wie die Arbeiterbewegung sind in diesem marxistischen Sinne kommunistisch.

Praktische Materialisten

Die Bewegung, die den jetzigen Zustand aufhebt, ist aber auf selten des Kapitals eine widerwillige, notgedrungene; dagegen auf selten des Proletariats in zunehmendem Maße eine gewollte und bewußte. In dem Maße, in dem die Arbeiter vom theoretischen (abstrakten, naturwissenschaftlichen) Materialismus zum praktischen (konkreten, historischen) Materialismus übergehen, werden sie „praktische Materialisten, d.h. Kommunisten“, denen es sich darum handelt, „die bestehende Welt zu revolutionieren, die vorgefundenen Dinge praktisch anzugreifen und zu verändern“. Während die theoretischen Materialisten wie alle bloßen Theoretiker „nur ein richtiges Bewußtsein über ein bestehendes Faktum hervorbringen“ wollen, kommt es „dem wirklichen Kommunisten darauf an, dies Bestehende umzustürzen“. Was also den proletarischen (kommunistischen) Materialisten vom bürgerlichen (naturalistischen) Materialisten unterscheidet, ist dies, daß der erstere „die Notwendigkeit und zugleich die Bedingung einer Umgestaltung sowohl der Industrie wie der gesellschaftlichen Gliederung sieht“. (b12).

„Der Kommunismus unterscheidet sich von allen bisherigen Bewegungen dadurch, daß er die Grundlage aller bisherigen Produktions- und Verkehrsverhältnisse umwälzt und alle naturwüchsigen Voraussetzungen zum ersten Mal mit Bewußtsein als Geschöpfe der bisherigen Menschen behandelt, ihrer Naturwüchsigkeit entkleidet und der Macht der vereinigten Individuen unterwirft.“ (b13).

Naturwüchsigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang: Verhältnisse, die ohne bewußtes Zutun der Menschen entstanden und gegeben sind. So wird auch die naturwüchsige Form des weltgeschichtlichen Zusammenwirkens der Individuen, „die allseitige Abhängigkeit“, durch die kommunistische Revolution „in die Kontrolle und bewußte Beherrschung dieser Mächte“ verwandelt, jener Machte, die zwar aus dem Aufeinanderwirken der Menschen erzeugt werden, diese aber „bisher als durchaus fremde Mächte […] beherrscht haben“. So setzt der Kommunismus an die Stelle der naturgegebenen und naturgesetzlichen Evolution die soziale Revolution als bewußte und gewollte ‚Tat‘ der Vereinigung der Arbeiter. Während „in allen bisherigen Revolutionen die Art der Tätigkeit stets unangetastet blieb und es sich nur um eine andere Distribution dieser Tätigkeit, um eine neue Verteilung der Arbeit an andere Personen handelte, richtet sich die kommunistische Revolution gegen die bisherige Art der Tätigkeit und beseitigt sie die (Lohn-) Arbeit und die Herrschaft aller Klassen mit den Klassen selbst.“

Revolution notwendig

Allerdings ist das Proletariat in seiner bisherigen Gestalt nicht ohne weiteres imstande, eine solche ungeheuere geschichtliche Aufgabe auf sich zu nehmen. Die kommunistische Revolution ist auch schon deswegen notwendig, weil die Arbeiterklasse „nur in einer Revolution kommen kann, sich den ganzen alten Dreck vom Halse zu schaffen, um zu einer neuen Begründung der Gesellschaft befähigt zu werden.“ (b14). Die Arbeiter können und ihre bewußten Elemente wollen auch nicht die alten Menschen bleiben, sie wissen, daß sie im Feuer der Klassenkämpfe umgewandelt werden.

„Stirner glaubt, […] daß die kommunistischen Proletarier, die die Gesellschaft revolutionieren, die Produktionsverhältnisse und die Form des Verkehrs auf eine neue Basis, d.h. auf sich als die Neuen, auf ihre neue Lebensweise setzen, ‚die Alten‘ bleiben. Die unermüdliche Propaganda, die diese Proletarier machen, die Diskussionen, die sie täglich unter sich führen, beweisen hinlänglich, wie wenig sie selbst ‚die Alten‘ bleiben wollen und wie wenig sie überhaupt wollen, daß die Menschen ‚die Alten‘ bleiben sollen. ‚Die Alten‘ würden sie nur dann bleiben, wenn sie mit Sankt Sancho (Stirner, W.H.) ‚die Schuld in sich suchten‘; sie wissen aber zu gut, daß sie nur unter veränderten Umständen aufhören werden, ‚die Alten‘ zu sein, und darum sind sie entschlossen, diese Umstände bei der ersten Gelegenheit zu verändern. In der revolutionären Tätigkeit fällt das Sich-Verändern mit dem Umändern der Umstände zusammen.“ (b15).

In den marxistischen Begriff des Kommunismus gehört also auch diese innere Bewegung der Arbeiterklasse, ihre sittliche und geistige Umformung hinein, wie sie sich aus ihren vereinigten Aktionen und Diskussionen ergibt. In diesem Sinne sagte Marx auch den Arbeitern im September 1850, daß sie die kommenden Bürgerkriege und Völkerkämpfe bis etwa zum Jahre 1900 nicht nur deswegen durchzumachen hätten, „um die Verhältnisse zu ändern, sondern um Euch selbst zu ändern“.

Die reale Bewegung

Wenn der Kommunismus aber die reale Bewegung der kapitalistischen Gesellschaft selbst, ihr immanent ist, wenn seine gesellschaftliche Wirklichkeit vor allem im Klassenkampfe der Arbeiterbewegung gegen das Kapital besteht, dann handelt es sich für den Marxismus lediglich darum, ihn innerhalb der kapitalistischen Erscheinungen als das Wesen des Kapitalismus zu entdecken, wenn seine Tendenzen zu manifestieren und in begrifflicher Form ins Bewußtsein zu heben. Er vollbringt damit eine ähnliche Arbeit wie die bürgerliche Nationalökonomie, als sie dem Wesen der bürgerlichen wirtschaftlichen Beziehungen nachspürte. „Wie die Ökonomen die wissenschaftlichen Vertreter der Bourgeoisklasse sind, so sind die Sozialisten und Kommunisten die Theoretiker der Klasse des Proletariats.“ (b16).

Klarer kann der Marxist in seinem Verhältnis zur Arbeiterklasse und in seiner Abgrenzung vom bürgerlichen Ökonomen überhaupt nicht bestimmt werden: die Kommunisten sind die wissenschaftlichen Vertreter der Proletarier. In diesem Sinne sprach auch Engels „vom Kommunismus […] als dem theoretischen Ausdruck einer „Bewegung‘“. Und Marx hat diese praktische Bewegung, deren theoretischer Ausdruck der Kommunismus nur ist, und die der Kommunist als wissenschaftlicher Vertreter der Arbeiterklasse begrifflich zu erfassen sucht, in aller Klarheit wie folgt beschrieben:

„Da zum Beispiel das Privateigenthum nicht ein einfaches Verhältnis oder gar ein abstrakter Begriff, ein Prinzip ist, sondern in der Gesammtheit der bürgerlichen Produktionsverhältnisse besteht – es handelt sich nämlich nicht vom untergeordneten, untergegangenen, sondern vom bestehenden, bürgerlichen Privateigentum –, da diese sämmtlichen bürgerlichen Produktionsverhältnisse Klassenverhältnisse sind, eine Einsicht, die jeder Schüler aus seinem Adam Smith oder Ricardo sich angeeignet haben muß –, so kann die Veränderung oder gar Abschaffung dieser Verhältnisse natürlich nur aus einer Veränderung dieser Klassen und ihrer wechselseitigen Beziehung hervorgehen, und die Veränderung in der Beziehung von Klassen ist – eine geschichtliche Veränderung, ein Produkt der gesammten gesellschaftlichen Tätigkeit, das Produkt einer bestimmten, ‚geschichtlichen Bewegung‘.“ (b17).

III.

Aus dieser Grundauffassung des Kommunismus als der realen Bewegung des Proletariats in seinem Klassenkampf gegen das Kapital selbst ergeben sich ganz bestimmte Folgerungen für das Verhältnis der „Kommunisten“, d.h. der Marxisten, zu den Arbeitern. Es ist im „Kommunistischen Manifest“ deutlich genug bestimmt worden:

„Die theoretischen Sätze der Kommunisten beruhen keineswegs auf Ideen, auf Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltverbesserer erfunden oder entdeckt sind. Sie sind nur allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse eines existierenden Klassenkampfes, einer unter unseren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung.“

Daher stellen die Kommunisten, die Theoretiker des Proletariats, auch „keine besonderen Prinzipien auf, wonach sie die proletarische Bewegung modeln wollen“, wenn sie auch „vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraushaben“. Sie haben also auch keine besonderen Interessen, die von denen des ganzen Proletariats verschieden wären.

Keine besondere Partei

Die Kommunisten bilden „keine besondere Partei gegenüber den anderen Arbeiter­parteien“, sondern nur den im Sinne der „umwälzenden Praxis“ entschiedensten, immer weiter treibenden „Teil der Arbeiterparteien aller Länder“, in denen sie die internationalen Interessen der Proletarier zur Geltung bringen und auf den verschiedenen Entwicklungsstufen des Klassenkampfes zwischen Kapital und Lohnarbeit „stets das Interesse der Gesamtbewegung vertreten“. Ihr Ziel ist dasselbe wie das aller Arbeiterparteien: Organisation des Proletariats als Klasse, Entmachtung der Kapitals-Monopolisten, Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse. (b18).

Ganz in diesem Sinne bestimmte der erste Artikel der „Statuten des Bundes der Kommunisten“ vom 8. Dezember 1847: „Der Zweck des Bundes ist der Sturz der Bourgeoisie, die Herrschaft des Proletariats, die Aufhebung der alten, auf Klassengegensätzen beruhenden bürgerlichen Gesellschaft und die Gründung einer neuen Gesellschaft, ohne Klassen und ohne Privateigentum“. Infolgedessen wurde der Kommunistenbund zwar als eine „geheime Gesellschaft“ organisiert, Marx betont aber ausdrücklich, daß sie „die Bildung nicht der Regierungs-, sondern der Oppositionspartei der Zukunft bezweckte.“

„Der Bund der Kommunisten war daher keine konspiratorische Gesellschaft, sondern eine Gesellschaft, die die Organisation der proletarischen Partei im geheimen bewerkstelligte, weil das deutsche Proletariat igni et aqua, von Schrift, Rede und Assoziation öffentlich interdiziert ist“ („Enthüllungen über den Kommunistenprozeß“, 1853. VI.) (b19).

Aus dem hier dargestellten Material ergibt sich die Abgrenzung des Kommunismus oder Marxismus nach zwei Seiten hin: sowie nach derjenigen der reformistischen kleinbürgerlichen Demokratie („Sozial­demokratismus“ im engeren, deutschen Sinne), als auch nach derjenigen der radikalen kleinbürgerlichen Demokratie („Bolschewismus im russisch-jakobinischen Sinne).

Die sich rot nennen

Die kleinbürgerlichen Demokraten, „die sich jetzt rot und sozial­demokratisch nennen“, hat Marx in der „Ansprache der Zentralbehörde an den Bund der Kommunisten“ vom März 1850 folgendermaßen charakterisiert: Es gehe ihnen lediglich darum, den Druck des großen Kapitals auf das kleine, des Großbürgertums auf das Kleinbürgertum abzuschaffen. Mit der kleinbürgerlichen Demokratie sei für die revolutionäre Arbeiterpartei nur ein zeitweiliges Zusammengehen möglich, da ihre Forderungen der Partei des Proletariats nicht genügen können: „Die demokratischen Kleinbürger, weit entfernt, für die revolutionären Proletarier die ganze Gesellschaft umwälzen zu wollen, erstreben eine Änderung der gesellschaftlichen Zustände, wodurch ihnen die bestehende Gesellschaft möglichst erträglich und bequem gemacht wird.“

Man bemerkt mit Erstaunen, wie alt und „überlebt“ diese „sozialen“ Forderungen der kleinbürgerlichen Demokratie sind. Sie treten ferner dafür ein, daß der Herrschaft und raschen Vermehrung des Kapitals durch „Beschränkung des Erbrechts“ und „durch Überweisung möglichst vieler Arbeiten an den Staat“ entgegengewirkt werde.

„Was die Arbeiter angeht, so steht vor allem fest, daß sie Lohnarbeiter bleiben sollen wie bisher, nur wünschen die demokratischen Kleinbürger den Arbeitern besseren Lohn und eine gesicherte Existenz, und hoffen dies durch teilweise Beschäftigung von Seiten des Staates und durch Wohltätigkeitsmaßregeln zu erreichen, kurz, sie hoffen, die Arbeiter durch mehr oder minder versteckte Almosen zu bestechen und ihre revolutionäre Kraft durch momentane Erträglichmachung ihrer Lage zu brechen.“

Demgegenüber betont Marx, daß es sich für die Kommunisten nicht um die Veränderung des Privateigentums sondern nur um seine Vernichtung, nicht um die Vertuschung der Klassengegensätze, sondern um die Aufhebung der Klassen überhaupt, „nicht um Verbesserung der bestehenden Gesellschaft, sondern um Gründung einer neuen“ handeln könne (b20).

In diesem Sinne hat deshalb Engels noch 1890 in seiner „Vorrede“ zum „Kommunistischen Manifest“ die Bezeichnung desselben als „kommunistisch“ damit begründet, daß man sich damit einerseits von den Utopisten, andererseits aber von den „mannigfaltigen sozialen Quacksalbern, die mit ihren verschiedenen Allerweltsheilmitteln und mit jeder Art von Flickarbeit die gesellschaftlichen Mißstände beseitigen wollten, ohne dem Kapital und dem Profit im geringsten wehe zu tun“, habe distanzieren wollen (b21).

Kurz vor seinem Tode hat er erklärt weshalb weder er noch Marx für ihren Standpunkt die Bezeichnung „Sozialdemokrat“ hätten annehmen können, die übrigens auch für die deutsche Sozialdemokratie unpassend sei, weil ihr ökonomisches Programm (von Erfurt) „nicht bloß allgemein sozialistisch, sondern direkt kommunistisch und deren politisches Endziel die Überwindung des ganzen Staates also auch der (parlamentarischen, W.H.) Demokratie ist“ (b22).

Die Abgrenzung des Kommunismus oder Marxismus gegenüber dem Bolschewismus läßt sich in unserem Zusammenhange besonders an dem Verhältnis der marxistischen oder kommunistischen „Partei“ zur Arbeiterklasse verdeutlichen. Nach Marx hatten die Kommunisten keine künftige Regierungspartei zu bilden, sondern die Oppositionspartei der Zukunft. Deren Hauptaufgabe bestand aber in der Organisation des Proletariats als Klasse und damit in der Förderung der selbständigen Arbeiterbewegung, da die Befreiung der Arbeiterklasse nur ihr eigenes Werk sein konnte. Das entsprach durchaus ihrer Auffassung des „wissenschaftlichen Sozialismus“ oder Kommunismus, der „nichts anderes ist als die reale Massenbewegung selbst, nur auf einen begrifflichen Ausdruck gebracht“ (b23).

Jene zukünftige Oppositionspartei war also nicht die proletarische Klassenorganisation selbst, sondern nur die Organisation zur geistigen und politischen Vorbereitung derselben. Sollten doch die Marxisten oder Kommunisten keine besondere Partei bilden, sondern in den spontan entstehenden, historisch gewachsenen nationalen Arbeiterparteien den bewußtesten und entschiedensten Teil bilden, sozusagen das marxistische Ferment in der Arbeiterbewegung. Marx selbst hat nach der Auflösung des Kommunistenbundes im November 1852 dementsprechend gehandelt: er hat überall die realen, selbständigen Arbeiterparteien beraten und die I. Internationale derselben geistig geführt. Er konnte aber 1860 an Freiligrath mit Recht schreiben, daß „die Partei in diesem ganz ephemeren (vorübergehenden, W.H.) Sinne für mich seit acht Jahren zu existieren aufgehört hat“.

Er war seitdem der festen Überzeugung, daß seine „theoretischen Arbeiten der Arbeiterklasse mehr nutzten, als Einlassen in Verbindungen, deren Zeit auf dem Kontinent vorüber“ wäre. Man habe ihn deshalb wiederholt wegen seiner „Tatlosigkeit“ angegriffen. Er sei „Kritiker“ und habe genug „an den 1849 bis 1852 gemachten Erfahrungen“. Wie viele andere Vereinigungen sei auch der Kommunistenbund „nur eine Episode in der Geschichte der Partei, die aus dem Boden der modernen Gesellschaft naturwüchsig sich bildet.“

Für Marx gab es also eine aus dem Boden der bürgerlichen Gesellschaft entstehende proletarische Partei, die ganz verschiedene Episoden in Gestalt verschiedener Organisationen durchlaufen konnte. Für ihn war also die Arbeiterpartei keine bestimmte Organisation, er sah sowohl die Organisation des Proletariats als Klasse wie auch die Bildung verschiedener politischer Arbeiter-Koalitionen als einen geschichtlichen Prozeß an. Und so schloß er seinen Brief an Freiligrath mit den Worten: „Ich habe […] das Mißverständnis zu beseitigen gesucht, als ob ich unter ‚Partei‘ einen seit acht Jahren verstorbenen ‚Bund‘ oder eine seit zwölf Jahren aufgelöste Zeitungsredaktion verstehe. Unter Partei verstand ich die Partei im großen historischen Sinne.“ (b24).

Es genügt, diese Auffassung von Marx neben diejenige Lenins zu halten, der bereits im Jahre 1897 „gegen jede selbständige Arbeiterorganisation als solche“ war (b25). Fünf Jahre später rühmt Lenin an Lassalle dessen „verzweifelten Kampf gegen die Spontaneität“ der deutschen Arbeiterbewegung. Dann fordert er „eine militärische Organisation von Agenten“ (b26), die imstande wäre „den gesamten Befreiungskampf des Proletariats zu leiten“: dazu bedarf es natürlich auch „einer stabilen und die Kontinuität wahrenden Führerorganisation“ (b27). Für Lenin entsteht natürlich auch nicht das sozialistische bzw. kommunistische Klassenbewußtsein auf Grund der realen Massenbewegung der Arbeiter selbst. Nach seiner Auffassung „konnten die Arbeiter ein sozialdemokratisches Bewußtsein gar nicht haben“, es konnte ihnen vielmehr „nur von außen gebracht werden“. Aus eigenen Kräften gelangen die Arbeiter nur zu einem „trade-unionistischen“, d.h. nur zu einem gewerkschaftlichen Bewußtsein. Die spontane Arbeiter­bewegung führe nur zur Herrschaft der bürgerlichen Ideologie, weil diese älter, vielseitiger und verbreiteter sei. Auf die Frage, woher dann überhaupt eine sozialistische Ideologie komme, antwortet Lenin, diese sei ein „natürliches und unvermeidliches Ergebnis der Ideenentwicklung der revolutionär-sozialistischen Intelligenz“.

„Die Lehre des Sozialismus ist hingegen aus den philosophischen, historischen und ökonomischen Theorien hervorgewachsen, die von den gebildeten Vertretern der besitzenden Klassen, der Intelligenz, ausgearbeitet wurden.“

Die theoretische Lehre der Sozialdemokratie sei „ganz unabhängig von dem spontanen Anwachsen der Arbeiterbewegung“ entstanden (b28). Für Lenin war also der Kommunismus nicht wie für Marx und Engels die wirkliche Bewegung der Arbeiterklasse, und der Marxismus nicht nur deren begrifflicher Ausdruck. Während für Lenin das Ziel seines Kampfes gegen die Spontaneität der Arbeiter darin besteht, die Proletarier „unter die Fittiche der revolutionären Sozialdemokratie“, d.h. der bolschewistischen Führerorganisation, „zu bringen“ (ebd.), verließ sich Marx für den schließlichen Sieg der im Manifest aufgestellten Sätze einzig und allein auf die intellektuelle Entwicklung der Arbeiterklasse, wie sie aus der vereinigten Aktion und der Diskussion notwendig hervorgehen mußte.

„Die Ereignisse und Wechselfälle im Kampf gegen das Kapital, die Niederlagen noch mehr als die Erfolge, konnten nicht umhin, den Kämpfenden die Unzulänglichkeit ihrer bisherigen Allerweltsheilmittel klarzulegen und ihre Köpfe empfänglicher zu machen für eine gründliche Einsicht in die wahren Bedingungen der Arbeiteremanzipation.“ (b29).

Zu diesen Allerweltsheilmitteln wird man wohl heute auch die Theorie der bolschewistischen Parteidiktatur zählen müssen. Der Bolschewismus ist also kein Kommunismus!

Anmerkungen

[Von Willy Huhn]

1. Paul Vogel, Hegels Gesellschaftsbegriff und seine geschichtliche Fortbildung durch Lorenz Stein, Marx, Engels und Lassalle, Berlin 1925, S. 239.

2. Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie (1844), in: Marx-Engels Werke (m.e.w.), Bd. 1, S. 391.

3. Karl Marx, Die Heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik (1844/45), in: m.e.w., Bd. 2, S. 37.

4. Karl Marx/Friedrich Engels, Das Manifest der Kommunistischen Partei (1848), in: m.e.w., Bd. 4, S. 475.

5. Friedrich Engels, Grundsätze des Kommunismus (1847), in: m.e.w., Bd. 4, S. 363.

6. G.W.F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, in: Ders., Werke, Bd. 7, Frankfurt, 1970, S. 28.

7. Paul Lafargue, Kommunismus und Kapitalismus ; Der Kommunismus und die ökonomische Entwicklung, Berlin, 1894, S. 23.

8. Friedrich Engels, Der Fortschritt der Sozialreform auf dem Kontinent (1843), in: m.e.w., Bd. 1, S. 480 ff.

9. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844), in: m.e.w.-Ergänzungsband 1, S. 546.

10. A.a.O., S. 583.

11. Karl Marx/Friedrich Engels, Die Deutsche Ideologie (1845/46), in: m.e.w., Bd. 3, S. 35.

12. A.a.O., S. 42 und 45.

13. A.a.O., S. 70.

14. Ebd.

15. A.a.O., S. 195.

16. Karl Marx, Das Elend der Philosophie (1847), in: m.e.w., Bd. 4, S. 143.

17. Karl Marx, Die moralisierende Kritik und die kritische Moral ; Gegen Karl Heinzen (1847), in: m.e.w., Bd. 4, S. 356.

18. Marx und Engels, Manifest, a.a.O.

19. Hermann Duncker, Materialien zur Geschichte des Bundes der Kommunisten, im Anhang seiner Ausgabe des Manifests, Berlin, 1929. S. 58 und 78.

20. A.a.O., S. 63 ff.

21. Friedrich Engels, Vorwort zu vierten deutschen Auflage des Manifests von 1890, in: m.e.w., Bd. 22, S. 58.

22. Friedrich Engels, Internationales aus dem „Volksstaat“, Berlin, 1894, S. 6 f.

23. Max Adler, Marx als Denker, Berlin, 1925, S. 83.

24. Franz Mehring, Freiligrath und Marx in ihrem Briefwechsel (= Nr. 12 der Ergänzungshefte zur „Neuen Zeit“ vom 12. April 1912, S. 42 ff.).

25. B.G. Gorew, Aus der Vergangenheit der Partei (Russischer Staatsverlag) 1924, zit. bei: W. I. Lenin, Sämtliche Werke, Bd. IV, 2. Halbband, S. 402.

26. W.I. Lenin, Was tun? in: Ders., Ausgewählte Werke, Moskau, 1946. Bd. I, S. 201 f.; Sämtliche Werke, Bd. IV, 2. Halbband, Fußnote auf S. 330. Diese fehlt in den Ausgewählten Werken, Bd. I, S. 309.

27. Lenin, Was tun?, a.a.O., S. 262 und 267.

28. Ebd.

29. Friedrich Engels, Vorwort zur vierten deutschen Auflage […], a.a.O., S. 57.


de | Zur Lehre von der revolutionären Partei / Willy Huhn, 1962


Quelle: “Left Wing” Communism – an infantile disorder? , hier korrigiert und die Kurziven sind nicht beibehalten. Originalquelle: Manuskript 1962; Nachlass Huhn. Erschien zuerst in WISO, Korrespondenz für Wirtschafts- und Sozial­wissenschaften, Heft 15, September 1961, 6. Jahrgang, in Antwort zu einem gleichnamigen Beitrag von Heinz-Otto Dracker in Heft 13, Juli 1961, 6. Jahrgang; beide Artikel erschienen dann im Karin Kramer Verlag als Teil der Textsammlung Partei und Revolution, Berlin 1970; diese Version ist entnommen von der CD zu Jochen Gester “Auf der Suche nach Rosas Erbe. Der deutsche Marxist Willy Huhn (1909-1970)”, Berlin, Die Buchmacherei, 2017 (Buchbesprechung ). Ergänzungen and erklärende No­ten des Herausgebers sind innerhalb Klammern wiedergegeben.


Vorwort zur Ausgabe von 2019

Huhn stellt sich die Frage in wiefern hat Lenin „in der Frage der Partei un­mittelbar an die Lehre von Marx und Engels angeknüpft?“, wie Dracker meinte. Entgegen dem ahistorischen Herangehen Drackers bemüht Huhn sich dar zu le­gen wie die Organisationsfrage sich stellte in der Praxis der bürgerlichen Revo­lutionen von 1848. Dabei zeigt er daß Lenin in der (vermeintlich) bürger­lichen Revolution in Rußland ein von Marx und Engels wesentlich verschiede­nes Konzept der Organisation vertrat.
Jetzt sind mehr als 150 Jahren vergangen nach den bürgerlichen Re­volutionen von 1848, mehr als 100 Jahren nachdem in Rußland sich die proletarische Weltrevolution ankündigte und mehr als 50 Jahren nachdem Huhn sich in diesem Text dem Leninismus widersetzte. Nach wie vor stehen die kommunistischen Minoritäten vor der Frage wie sie sich organisieren sollen um ihrer Funktion im Arbeiterkampf gerecht zu sein. Der Text den wir hier neu veröffentlichen gibt dazu wesentliche Elemente, auch wenn er noch tief geprägt ist von der damaligen letzten Jahren der Konterrevolution.

F.C., 24 März 2019


I.

Heinz Otto Dracker untersucht in der „WISO“ (Heft 13 vom 1. Juli 1961, S. 604 bis 618) „an Hand authentischer Quellen die Leninsche Partei“, die er von der „Partei alten Typs“, dem „Wahlap­parat“ nach Stalin, unterscheidet. Dieser Wahlapparat, der alte Parteityp, der in die vorrevolutionäre Periode gehörte, wird in der revolutionären Periode von dem neuen Parteityp abgelöst. Nach der Darstellung Drackers erscheint die „Partei neuen Typs“ als leninistisch-stalinistische Partei, denn seine authentischen Quellen sind fast ausschließlich „die Werke Lenins und Stalins“. Für seine Darlegungen sind erklärtermaßen außer den „Arbeiten Lenins sowie Stalins ‚Fragen des Leninismus‘“ auch die „Grundlagen des Marxismus-Leninismus“ „von ganz besonderem Wert“ gewesen (c1).

Es handelt sich also um die leninistisch-stalinistische Lehre von der revolutionären Partei. Selbstverständlich wird als ihre Grundlage „die Lehre von Marx und Engels“ angegeben. Tatsächlich werden auch Marx und Engels zehnmal zitiert, aber es handelt sich hier fast ausschließlich um die Darstellung der „Marx/Engelsschen Staatslehre“ (Seite 87-89). Obwohl aber Dracker erklärt, daß Lenin dieser „theoretisch kaum etwas hinzugefügt hat“, zitiert er von acht Marx/Engels-Anführungen sogar noch drei aus der Schrift von Engels „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ aus zweiter, nämlich aus Lenins Hand.

Da es sich aber in erster Linie um eine Darstellung der Lehre von der revolutionären Partei handeln soll, möchte man gerne wissen, an welche Marx/Engelssche Parteilehre Lenin „unmittelbar angeknüpft“ hat. Wirklich finden wir noch die beiden Marx/Engels-Zitate aus dem „Kommunistischen Manifest“ (S. 85-86), wo vor allem aus dem II. Abschnitt über „Proletarier und Kommunisten“ drei Absätze angeführt werden. Diese geben Dracker die Gelegenheit, „das Wesen einer proletarischen (kommunistischen) Partei“ herauszustellen und uns zu erklären, was „die Kommunisten sind“ (S. 136):

a) ein Teil der Arbeiterklasse, und zwar b) sein entschiedenster, dynamischster Teil, c) sein einsichtigster, bewußtester Teil.“ (Das gesperrte = fette Wort schon bei Dracker gesperrt = fett; der kursive Wortteil stammt von mir). Das derart von Dracker hervorgehobene „Teil“ erscheint in den von ihm zitierten drei Absätzen nur einmal im mittleren, und zwar im folgenden Satze:

„Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedens­te, immer weiter treibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder […]“ (Marx-Engels, „Das Kommunistische Manifest“, sechste autorisierte deutsche Ausgabe, Berlin 1894, S. 18. Der kursive Wortteil stammt wieder von mir).

Wie meine Hervorhebungen unterstreichen sollen, kommt es Dracker darauf an, die Behauptung aufzustellen, daß nach Marx und Engels die Kommunisten, und d.h. die proletarische, revolutionäre Partei, ein Teil der Arbeiterklasse ist. Dabei wird diese Behauptung nicht einmal durch seine eigenen Zitate ge­stützt: deutlich heißt es doch, daß die Kommunisten, d.h. die revolutionären Proletarier, ein Teil der Arbeiter-Parteien aller Länder sind, und auch in dem von ihm angeführten ersten Absatz aus dem „Manifest“ handelt es sich nur darum, wodurch sich die Kommunisten „von den übrigen proletarischen Parteien“ unterscheiden.

Hier könnte nun Dracker, um seine merkwürdige Zitier- und Interpretationsweise zu rechtfertigen, darauf hinweisen, daß nach dem letzten angeführten Satze die Kommunisten eben doch eine Partei neben den übrigen proletarischen Parteien seien. Tatsächlich hat er durch seine seltsame Art der Zitierung für eine solche Fehldeutung bestens vorgesorgt. Er hat nämlich drei wichtige Sätze vor den von ihm angeführten drei Absätzen einfach weggelassen! Der II. Abschnitt des „Kommunistischen Manifestes“ behandelt das Verhält­nis der „Proletarier und Kommunisten“ zueinander. Gleich der erste Satz stellt die Frage: „In welchem Verhältnis stehen die Kommunisten zu den Proletariern überhaupt?“ Und die Antwort lautet unmißverständlich:

„Die Kommunisten sind keine besondere Partei gegen­über den anderen Arbeiterparteien. Sie haben keine von den Interessen des ganzen Proletariats getrennten Interessen. Sie stellen keine besonderen Prinzipien auf, wonach sie die proletarische Bewegung modeln wollen.“

Unmittelbar darauf folgten die von Dracker zitierten drei Absätze. Es ist ganz offensichtlich, daß die drei ersten Grundsätze über das Verhältnis der Kommunisten zur Arbeiterklasse nicht in das leninistisch-stalinistische Konzept der revolutionären Partei Drackers passen wollen. Mußten sie deshalb ignoriert werden? Sicher ist, daß der „Leninismus-Stalinismus“ die proletarische Be­wegung „modeln“ wollte und gemodelt hat. Sein technisches Mittel dazu war die sogenannte „Kommunistische Partei“, während es nach dem „Manifest“ keine „besondere Partei“ von Kommunisten gegenüber den anderen Arbeiter­parteien geben sollte. Es wird wohl auch kaum noch – von den Interessenten abgesehen – bestritten werden können, daß die KPdSU, mindestens in der Ära Stalin in erster Linie Staatsinteressen, also von den Interessen des ganzen Proletariats getrennte Interessen, vertreten hat. Wenn von Stalinisten solche Sätze unterschlagen werden, wundere ich mich darüber nicht, aber hier? Dracker enthält uns also nicht nur den wichtigen Kernsatz vor, daß die Kommunisten keine besondere Partei gegenüber anderen Arbeiterparteien seien, sondern er modelt auch den Satz von Marx/Engels, daß die Kommunisten „praktisch der entschiedenste, immer weiter treibende Teil der Arbeiterpartei­en aller Länder“ sind, dahingehend um, daß die Kommunisten ein Teil der Arbeiterklasse wären. Und er tut uns noch dazu den Gefallen, uns zu verraten, warum er den Marx/Engelsschen Text derart interpretiert bzw. revidiert. Er setzt nämlich in einer Fußnote hinzu: „Später wird der Ausdruck von der ‚Vorhut‘ (oder der Avantgarde) des Proletariats gebräuchlich“ (S. 101). Eine Vorhut oder Avantgarde des Proletariats kann natürlich nur ein „Teil der Arbeiterklasse“ sein. Hier hat man ein Musterbeispiel dafür, wie eine bestimmte Doktrin – die leninistisch-stalinistische Parteilehre – jemand daran hindern kann, einen Text richtig zu lesen oder zu verstehen. Wir kennen diese doktrinäre Borniertheit vor allem aus der Geschichte der christlichen Theo­logie, insbesondere aus der Scholastik. Man stelle sich vor, wie der katholische Klerus den Satz: „Die Katholiken sind ein Teil, und zwar die Avantgarde des Christentums“, und wie er dagegen den Satz: „Die Katholiken sind der entschie­denste Teil der christlichen Kirchen aller Länder“ aufnehmen würde! Wer eben eine „alleinseligmachende Kirche“ aufbauen will, begnügt sich nun einmal nicht mit der Rolle des Sauerteigs …

Wir halten uns nicht damit auf, daß der Kritiker von Rosa Luxemburg, Fred Oelssner, als authentischer Autor angeführt wird (S. 90), während Rosa Luxemburg selbst auf der zehnten Seite der Abhandlung (S. 94) wenigstens einmal genannt wird. Wir begnügen uns damit, „die Lehre von Marx und Engels“ über die revolutionäre Organisation des Proletariats, an die Lenin in der Frage der Partei eben nicht angeknüpft hat und die Dracker unzulänglich behandelt und obendrein mißdeutet – um nicht zu sagen: entstellt – hat, „an Hand authentischer Quellen“, doch keineswegs erschöpfend, zu skizzieren.

II.

Hierbei läßt es sich nicht vermeiden, daß wir von einer grundlegenden Erkenntnis geschichtsphilosophischer Art, nämlich des historischen Materialismus von Marx und Engels, ausgehen. Wir tun es aber nur, soweit dies zum Ver­ständnis der geschichtlichen Rolle der Kommunisten und ihrer Aufgabe gegenüber der Arbeiterklasse unerläßlich ist. Solange die Produktivkräfte noch im Schoße der Bourgeoisie selbst ungenügend entwickelt sind, um die materiellen Bedingungen durchscheinen zu lassen, die notwendig sind zur Befreiung des Proletariats und zur Bildung einer neuen Gesellschaft, solange das Proletariat noch ungenügend entwickelt ist, um sich als Klasse zu konstituieren, und daher der Kampf des Proletariats mit der Bourgeoisie noch keinen politischen Charak­ter trägt, solange sind die schon auftretenden Kommunisten bzw. Sozialisten „nur Utopisten, die, um den Bedürfnissen der unterdrückten Klassen abzuhelfen, Systeme ausdenken und nach einer regenerierenden Wissenschaft suchen. Aber in dem Maße, wie die Geschichte vorschreitet und mit ihr der Kampf des Proletariats sich deutlicher abzeichnet, haben sie nicht mehr nötig, die Wissen­schaft in ihrem Kopfe zu suchen; sie haben nur sich Rechenschaft abzulegen von dem, was sich vor ihren Augen abspielt, und sich zum Organ desselben zu machen […] Von diesem Augenblick an wird die Wissenschaft bewußtes Erzeugnis der historischen Bewegung, und sie hat aufgehört, doktrinär zu sein, sie ist revolutionär geworden.“ (Karl Marx, „Das Elend der Philosophie“, 9. Auf­lage, Stuttgart/Berlin 1921, S. 109.)

Utopisten unterscheiden sich also dadurch von den Marxisten, daß sie wissenschaftliche Systeme ausdenken, nach denen sich die gesellschaftliche Wirklichkeit richten soll, bzw. daß sie sich von den „Ideen“ oder „Idealen“ leiten lassen, die erst noch „verwirklicht“ werden müssen. Für die Marxisten dagegen ist der Kommunismus nicht ein Zustand, der erst noch hergestellt werden soll, sondern

„ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten habe. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt.“ (Marx/Engels, „Die Deutsche Ideologie“, Teil I. in: „Der Historische Materialismus. Die Frühschriften“. Herausgegeben von S. Landshut und J.P. Mayer. Leipzig, 1932, Band II, S. 25. Neuausgabe Ostberlin 1953, S. 32).

Der wissenschaftliche Sozialismus bzw. Kommunismus (den bereits auch die Utopisten für sich reklamierten, aber in der oben bezeichneten doktrinären Form), wie ihn Marx/Engels weiterentwickelten, legt sich also nur Rechen­schaft ab von der wirklichen kommunistischen Bewegung der Arbeiter selbst, die sich in Gestalt der Arbeiterbewegung vor unseren Augen abspielt, und macht sich zum Organ oder Werkzeug derselben. Und das bedeutet, daß die Kommunisten oder Marxisten der Arbeiterbewegung dienen, und zwar auf die Art der folgenden Kennzeichnung ihrer Funktion:

„Wie die Ökonomen die wissenschaftlichen Vertreter der Bourgeoisieklasse sind, so sind die Sozialisten und Kommunisten die Theoretiker der Klasse des Proletariats.“ (Marx, „Elend der Philosophie“, a.a.O., ebd.)

Die Kommunisten oder Marxisten sind also die Theoretiker oder die wissenschaftlichen Vertreter der Arbeiterklasse. Schon hier wird wohl deutlich, wieviel „Utopismus“ noch in den dominierenden Doktrinen der sogenannten „Kommunistischen Parteien“ steckt, gemessen an solchen Hauptsätzen der Be­gründer des Marxismus. Man kann sie für falsch und veraltet erklären, dann soll man sie kritisch-wissenschaftlich überwinden, aber man kann und darf nicht wie Dracker behaupten und hinschreiben, daß „Lenin auch in der Frage der Partei ‚unmittelbar an die Lehre von Marx und Engels‘ anknüpft“ (S. 85). Diese nämlich, der „Marxismus“, wie sie zuerst in populärer Form als „Kommunistisches Manifest“ veröffentlicht wurde, stellte „die wissenschaftliche Einsicht in die ökonomische Struktur der bürgerlichen Gesellschaft als einzig haltbare theoretische Grundlage“ auf, und setzte auseinander, daß „es sich nicht um Durchführung irgendeines utopistischen Systems handele, sondern um selbstbewußte Teilnahme an dem unter unseren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Umwälzungsprozeß der Gesellschaft“, wie Marx selbst noch 1860 ausführte. (Karl Marx, „Herr Vogt“, Erste Neuausgabe nach der Originalausgabe London 1860, Moskau 1941, S. 58.) Er schreibt dies berichtend im Rückblick auf den „Bund der Kommunisten“ und sein „Manifest“ (Februar 1848), in dem es von den „theoretischen Sätzen der Kommunisten“ – d.h. jenen von Marx/Engels selbst – heißt, sie seien „nur allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse eines existierenden Klassenkampfes, einer unter unsern Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung.“ („Manifest“, a.a.O., S. 19.) (c2).

Die Kommunisten oder Marxisten nehmen also als wissenschaftliche Vertreter der Arbeiterklasse an deren bereits vor sich gehender Bewegung teil. Sie schließen sich deswegen in allen Ländern „den bereits konstituierten Arbeiter­parteien“ an, ohne selbst eine Partei zu bilden, also den „Chartisten“ in England, den Agrar-Reformern in den u.s.a., an die „Sozialistisch-Demokratische Partei“ in Frankreich (unter Ledru-Rollin und Louis Blanc!) usw., unterstützen also überall „jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände“. (Vgl. den ganzen IV. und letzten Abschnitt des „Manifestes“!) Die Voraussetzung der Betätigung der Kommunisten oder Marxisten ist also stets das Vorhandensein einer geschichtlichen Bewegung eines sozialrevolutionären Prozesses. Hierbei unterlassen sie es keinen Augenblick, „bei den Arbeitern ein möglichst klares Bewußtsein über den feindlichen Gegensatz zwischen Bourgeoisie und Proletariat herauszuarbeiten“, also das Klassenbewußtsein der Arbeiter zu klären. Trotzdem verwenden Marx/ Engels auch in diesem Abschnitt den Ausdruck „kommunistische Partei“ für den Kampf des „Bundes der Kommunisten“ in Deutschland. Wie ist das zu verstehen? Nach dem II. Abschnitt des „Manifestes“ ist „der nächste Zweck der Kommunisten derselbe wie der aller übrigen proletarischen Parteien“, und an erster Stelle wird die „Bildung des Proletariats zur Klasse“ genannt (a.a.O., S. 18). Demnach erscheint nicht die kommunistische bzw. eine andere proletarische Partei als die eigentliche Klassenorganisation des Proletariats.

Die Kommunisten, vereinigt in ihrem „Bunde“, der keine „besondere Par­tei“ gegenüber den anderen Arbeiterparteien ist, deren entschiedenster, immer weiter treibender Teil sie sind, mit denen sie die nächsten Zwecke – sogar den „Sturz der Bourgeoisieherrschaft“, die „Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat“ (Hervorhebung von mir!) – gemeinsam haben, betrachten offenbar als Voraussetzung für diese Aktionen jene „Bildung des Proletariats zur Klasse“, also die Schaffung einer revolutio­nären Klassenorganisation der Arbeiter. Für diese Deutung gibt es noch genügend andere Zeugnisse: Im März 1850 stellte die Zentralbehörde des Kommunisten-Bundes ihren Emissären die Aufgabe, daß „die Selbständigkeit der Arbeiter hergestellt werden muß“ und beim Bevorstehen einer neuen Re­volution „die Arbeiterpartei möglichst organisiert, möglichst einstimmig und möglichst selbständig auftreten muß“. (Karl Marx, „Enthüllungen über den Kommunistenprozeß zu Köln“, 1852, Anhang zur Züricher Auflage von 1885: „Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom März 1850“. Neudruck Ostberlin 1952, Seite 125).

Hier scheint ein Unterschied zum heutigen Sprachgebrauch zu bestehen: während wir heute geneigt sind, Partei und Organisation zu identifizieren, haben Marx/ Engels anscheinend die Vorstellung, daß die „Arbeiterpartei“ erst „möglichst“ organisiert werden muß! Zum Schluß dieser Ansprache heißt es noch, daß die deutschen Arbeiter selbst „das meiste“ zu ihrem endlichen Siege tun müssen, und zwar dadurch,

„daß sie sich über ihre Klasseninteressen aufklären, ihre selbständige Parteistellung sobald wie möglich einnehmen, sich … keinen Augenblick an der unabhängigen Organisation des Proletariats der Par­tei Irremachen lassen“. (Ebd. S. 136).

Die „Kommunistische Partei“ bzw. der „Bund der Kommunisten“ betrachten sich demnach ganz offensichtlich selbst nicht als jene unabhängige Organisation des Proletariats! Man beachte auch die folgende Stelle:

„Die Arbeiter, vor allem der Bund, müssen dahin wirken, neben den offiziellen Demokraten eine selbständige geheime und öffent­liche Organisation der Arbeiterpartei herzustellen und jede Gemeinde (des Bundes, W.H.) zum Mittelpunkt und Kern von Arbeitervereinen zu machen, in denen die Stellung und Interessen des Proletariats unabhängig von bürgerlichen Einflüssen diskutiert werden.“ (Ebd., S. 130).

Die Hauptaufgabe des Bundes der Kommunisten alias „Kommunistische Partei“ scheint also darin zu bestehen, die Entstehung einer eigenen und selbständigen Klassenorganisation der Arbeiter zu fördern und die Konstituierung einer „Organisation der Arbeiterpartei“ zu unterstützen. Das Wort „Arbeiterpartei“ scheint mit dem Begriff „Arbeiterbewegung“ fast identisch zu sein, und die Kommunisten sind bemüht, aus dieser proletarischen Bewegung eine selbständige Organisation ohne bürgerliche Einflüsse herzustellen. Nach dem Siege der bürgerlich-demokratischen Revolution sollen die Arbeiter dementsprechend sofort selbständige Regierungsorgane ihrer Klasse neben den offiziellen der Bürger schaffen:

„Sie müssen neben den neuen offiziellen Regierungen zugleich eigene revolutionäre Arbeiterregierungen, sei es in der Form von Gemeindevorständen, Gemeinderäten, sei es durch Arbeiterclubs oder Arbeiterkomitees, errichten […], hinter denen die ganze Masse der Arbeiter steht“. (S. 131/132).

Hier ist es offensichtlich, daß diese Fabrik-Komitees, Gemeinde- und Arbei­terräte als selbständige Klassenorgane des Proletariats aufgefaßt werden.

III.

Auch in der späteren Ansprache der Zentralbehörde des „Bundes“, vom Juni 1850, heißt es nochmals, daß der Zweck des „Bundes“ „die revolu­tionäre Organisation der Arbeiterpartei“ sei, mit der sich also der Bund, gele­gentlich auch „Kommunistische Partei“ genannt, keineswegs identifiziert (S. 140). Und wieder scheint es, als ob die längst existierende „Arbeiter­partei“ nur noch der selbständigen „revolutionären Organisation“ bedarf. Ein Satz ist hier noch besonders interessant:

„Die Arbeiterpartei kann unter Umständen sehr gut an­dere Parteien und Parteifraktionen zu ihren Zwecken gebrauchen, aber sie darf sich keiner anderen Partei unterordnen.“ (Ebd.)

Nach unserem heutigen Sprachgebrauch ist es undenkbar, daß sich eine „Arbeiterpartei“ anderer Parteien für ihre Zwecke bedienen oder sich einer an­deren Partei unterordnen könnte. Und welche „andere Partei“ könnte dies sein im Juni 1850? Dies wird deutlich durch einen Rückblick auf die Ansprache, vom März 1850, wo es sich um das „Verhältnis der revolutio­nären Arbeiterpartei“ zur „kleinbürgerlich-demokratischen Partei in Deutschland“ handelt. Bei der „Arbeiterpartei“ müssen wir an jene zurückdenken, deren Selbständigkeit erst hergestellt und die „möglichst organisiert“ werden mußte. Bei der kleinbürgerlichen Demokratie unterscheidet aber die An­sprache vom März 1850 drei „Elemente“ bzw. Fraktionen: 1. die fortgeschrittensten Teile der großen Bourgeoisie; die den sofortigen vollständi­gen Sturz des Feudalismus und Absolutismus als Ziel verfolgen; 2. das Kleinbürgertum, das einen konstitutionell-demokratischen Bundesstaat anstrebt; 3. das Kleinbürgertum, dessen Ideal eine Föderativpolitik nach dem Muster der Schweiz ist und das „sich jetzt rot und sozialdemokratisch“ nennt. Die kleinbürgerlich-demokratische „Partei“ in Deutschland, heißt es weiter, sei sehr mächtig: sie umfasse nicht nur die große Mehrheit der bürger­lichen Einwohner, der Städte, die kleinen industriellen Kaufleute und die Gewerksmeister, sondern auch die Bauern und das Landproletariat (S. 126-127). Nun dürfte es wohl ganz klar sein, daß für Marx/Engels „Parteifraktionen“ verschiedene Klassenschichten bedeuten können, während unter „Partei“ eine ganze Klasse mit ihren verschiedenen sozialen Gruppen und Anhängern zu verstehen ist. Dementsprechend verwenden sie auch den Begriff „Arbeiterpartei“, d.h. dem nicht in der Partei organisierten Teil der proletarischen Klasse, und der Bedeutung einzelner, hervorragender Persönlichkeiten. Der „frühe“ Plechanow, insbesondere seine Schrift über die Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte, dürfen auch heute noch für den Marxismus-Leninismus als grundlegend gelten (c3).

Für die revolutionäre Partei sind [gemeint] die Volksmassen von und mit in Opposition stehendem Proletariat. Mit dieser Feststellung lassen sich die oben angeführten Widersprüche auflösen: eine solche „Arbeiterpartei“ bedarf tat­sächlich noch einer revolutionären Organisation!

Eine Stelle aus der Ansprache der Zentralbehörde des „Bundes der Kommunisten“ vom Juni 1850 erscheint mir noch besonders bemerkenswert. Nach der Niederlage von 1849 „trat überall das Bedürfnis nach einer starken geheimen Organisation der revolutionären Partei über ganz Deutschland“ und in der Schweiz „hervor“ und veranlaßte die Entsendung eines Emissärs der Zentralbehörde nach Deutschland und der Schweiz. Von der „Verbindung“, die Anfang 1850 in der Schweiz entstand, heißt es aber, daß sie „einen bestimmten Parteicharakter nicht trug“ und daß sie „eines be­stimmten Parteistandpunktes“ ermangelte. Die Mitglieder bestanden nämlich aus „buntscheckigen Elementen“, ehemaligen Pfälzer Regierungsmitgliedern, zaghaftesten kleinbürgerlichen Demokraten, entschiedenen Kommunisten und selbst ehemaligen Bundesmitgliedern, also „aus Leuten aller Fraktionen der Bewegungen“. (Hier ist die Gleichsetzung von Parteifraktionen mit solchen der Bewegungen und damit die Identität von Partei und Bewegung wieder ganz deutlich). Diese Gesellschaft in der Schweiz bestand nach einer vollständigen Mitgliederliste in ihrer höchsten Blütezeit aus kaum 30 Mitgliedern. Und dann heißt es wörtlich: „Es ist bezeichnend, daß die Arbeiter unter dieser Zahl fast gar nicht vertreten sind. Es war von jeher eine Armee von lauter Unteroffizieren und Offizieren ohne Soldaten“ (a.a.O., S. 138). Ein halbes Jahrhundert später wird Lenin eine „Avantgarde des Proletariats“ sogar als „Generalstab“ organisieren.

Wenn aber der „Bund der Kommunisten“, auf den sich alle „kommunistischen Parteien“ als auf ihren Vorläufer berufen, selbst die von ihm geforderte und geförderte „selbständige Organisation der Arbeiterpartei“ (Arbeiterbewegung) noch nicht darstellte, was war er dann? Er war zunächst einmal nicht die Organisation eines Teils (Vorhut) des Proletariats, sondern „eine Organisation innerhalb der deutschen Arbeiterklasse“, die schon „der Propaganda wegen notwendig“ war. Und obwohl sie nur eine geheime sein konnte, waren Marx/Engels von der Notwendigkeit überzeugt, den „Bund von den alten kon­spiratorischen Traditionen und Formen zu befreien“. Die folgende Charakterisierung ist wohl die entscheidende Äußerung:

„Die Organisation selbst war durchaus demokratisch, mit gewählten und stets absetzbaren Behörden und hierdurch allein al­len Konspirationsgelüsten, die Diktatur erfordern, ein Riegel vorgeschoben und der Bund – für gewöhnliche Friedenszeiten wenigstens – in eine reine Propagandagesellschaft verwandelt.“ („Enthüllungen“, a.a.O., S. 20-21).

Es handelt sich bei diesen Sätzen um solche aus der „Geschichte des Bundes der Kommunisten“ von Friedrich Engels mit dem Datum des 8. Oktober 1885. Der „Bund der Kommunisten“ war also eine reine Propagandagesellschaft, solange keine neue Revolution ausbrach und den „Friedenszeiten“ ein Ende setzte. Und wenn die Revolution erneut ausbrach, worin bestand dann die Aufgabe des „Bundes der Kommunisten“? In der Revolution von 1848/49 hatte „die proletarische Partei auf dem Kontinent“ ausnahmsweise „die legalen Mittel der Parteiorganisation“ zur Verfügung gehabt, nämlich: Presse, Redefreiheit und Assoziationsrecht. Nach wie vor der Revolu­tion war man wieder auf den Weg der „geheimen Verbindung“ bzw. „Gesell­schaft“ angewiesen. In Deutschland war der Zweck der geheimen Gesellschaf­ten „die Parteibildung des Proletariats“ und nicht der Umsturz der bestehenden Regierung:

„Es war dies notwendig in Ländern wie Deutschland, wo Bourgeoisie und Proletariat gemeinsam ihren halb feudalen Regierungen unterlagen, wo also ein siegreicher Angriff auf die bestehenden Regierungen der Bourgeoisie oder doch den sogenannten Mittelständen, statt ihre Macht zu brechen, zunächst zur Herrschaft verhelfen mußte. Kein Zweifel, daß auch hier die Mitglieder der proletarischen Partei an einer Revolution gegen den Status Quo sich von neuem beteiligen würden, aber es gehörte nicht zu ihrer Aufgabe, diese Revolution vorzubereiten, für sie zu agitieren, zu konspirieren, zu komplottieren. Sie konnten den allgemeinen Verhältnissen und den direkt beteiligten Klassen diese Vor­bereitung überlassen. Sie mußten sie ihnen überlassen, wollten sie nicht auf ihre eigene Parteistellung und auf die historischen Aufgaben verzichten, die aus den allgemeinen Existenzbedingungen des Proletariats von selbst hervorgingen.“ („Enthüllungen“, S. 94-95).

Deutschland befand sich also nach 1850 in derselben politischen Si­tuation wie das Zarenreich ein halbes Jahrhundert später, trotzdem nahm sich aber Lenin diese Einstellung von Marx/Engels ebensowenig zum Vorbild wie ihre Auffassung von der Organisation der „Arbeiterpartei“ und von der Rolle einer geheimen oder öffentlichen Gesellschaft von Marxisten.

Weil aber das deutsche Proletariat von Schrift, Rede und Assoziation ausge­schlossen war, konstituierte sich der „Bund der Kommunisten“ nun nicht etwa als konspiratorische Vereinigung, sondern als „eine Gesellschaft, die die Orga­nisation der proletarischen Partei im geheimen bewerkstelligte“, d.h. jene im Manifest geforderte „Bildung des Proletariats zur Klasse“, also eine „geheime Gesellschaft, welche die Bildung nicht der Regierung sondern der Oppositionspartei der Zukunft bezweckt“.

Auch hier sei mir nur der antizipierende Hinweis gestattet, daß Lenin mit seiner Partei genau das Gegenteil, nämlich die Bildung einer Regierungspartei, anstrebte. Man kann die Ansicht vertreten, daß seine Haltung nach 1900 historisch richtig war, aber man kann nicht behaupten, daß Lenins Partei eine Renaissance des „Bundes der Kommunisten“ von 1849/50 gewesen ist (c4). Die Reorganisation des Bundes der Kommunisten nach dem Untergange der Revolution von 1848 hatte zur Voraussetzung, daß „die deutsche Arbeiterbewegung nur noch unter der Form theoretischer, zudem in enge Kreise gebannter Propaganda existiert.“ (Karl Marx in seinem Nachwort zur Leipziger Auflage vom 3. Januar 1875; a.a.O., S. 122).

Trotzdem war der „Bund“ sogar in der Revolution – jedenfalls in Ber­lin nach einem Bericht von Stephan Born vom 11. Mai 1848 – aufgelöst, zerstreut und noch nicht wieder fest organisiert. Engels selbst berichtete am 14. Januar 1848 aus dem kurz vor der Revolution stehenden Paris: „Mit dem Bund geht’s hier miserabel. Solche Schlafmützigkeit und kleinliche Ei­fersucht der Kerls untereinander ist mir nie vorgekommen … Ich mache jetzt noch einen letzten Versuch, wenn das nicht glückt, ziehe ich mich von dieser Art Propaganda zurück.“ (Marx/Engels, „Briefwechsel“, Bd. I, S. 108/09).

Wilhelm Wolff, der nach dem Ausbruch der Märzrevolution von Mainz über Köln nach Breslau reiste, traf kaum noch Spuren des Bundes an. In Berlin hielten „etwa noch zwanzig Leute“ zusammen, aber ohne organisatorische Form. Auch in Breslau war „von Organisation nichts vorhanden“. Aus Koblenz berichtete Ernst Dronke am 5. Mai 1848, daß die Leute momentan sehr durch die Wahlen in Anspruch genommen seien; er habe eine Gemeinde konstituiert und bis jetzt vier Mitglieder aufgenommen. In Frankfurt, wo man fast „gesteinigt wird, wenn man sich als Kommunist bekennt“, habe er zwei Leute gewonnen und werde er eine Gemeinde konstituieren. In Mainz habe er den Bund im „Beginn zu völliger Anarchie gefunden“, einer habe im Café Domino gespielt, während eine Versammlung anberaumt war. So erwies sich denn, nach den Worten von Engels, der „Bund der Kommunisten“ in der Revolution von 1848 „gegenüber der jetzt losgebrochenen Bewegung der Volksmassen als ein viel zu schwacher Hebel“. Der „Bund“, der in friedlichen vorrevolu­tionären Zeiten eine reine Propagandagesellschaft sein sollte, hörte also – wieder nach Engels – in dem Augenblick, wo er nicht mehr geheim aufzutreten brauchte, „auf als solcher etwas zu bedeuten“. Zwar standen einzelne seiner Mitglieder überall an der Spitze der extrem-demokratischen Revolution, aber als Organisation spielte er in der Volksbewegung selbst eine nicht nur bescheidene, sondern so gut wie gar keine Rolle.

Welchen Wert besaß also die reine Propagandagesellschaft des „Bundes der Kommunisten“ in der Revolution und für die Revolution selbst? Die Antwort von Engels lautet, er sei „eine vorzügliche Schule der revolutionären Tätigkeit gewesen“. („Einleitung“ von 1885, S. 24). Man darf dies wohl so verstehen, daß der „Bund“ der revolutionären Bewegung geschulte Führer gestellt hat. Und Franz Mehring knüpft an das Wort von Stephan Born an, der „Bund“ sei trotz seines aufgelösten, zerstreuten und desorganisierten Zustandes in Berlin „überall und nirgends“ gewesen:

„Überall und nirgends – mit diesen Worten hat Born treffend das Wirken des Kommunistenbundes in der Märzrevolution gezeichnet. Seine Organisation war nirgends, aber seine Propaganda war überall, wo die realen Vorbedingungen des proletarischen Emanzipationskampfes schon gegeben waren. Das war in den Revolutionsjahren freilich erst in einem verhältnismäßig kleinen Teil Deutschlands der Fall, und darin fand die damalige Arbeiterbewegung ihre vorläufig unzerbrechlichen Schranken. Aber was sie innerhalb dieser Schranken leisten konnte, das hat sie in hervorragendem Maße geleistet, dank in erster Reihe dem Bund der Kommunisten.“ (Franz Mehring, „Einleitung“ zur vierten Auflage, Berlin 1914; a.a.O., S. 162).

Offenbar war auch Mehring die Nachwirkung der Propaganda wichtiger als die Existenz einer Organisation, obwohl auch er hervorhebt, daß man den Bund der Kommunisten „durch Abstreifung allen Verschwörertums mit dessen notgedrungen immer hierarchischen Tendenzen zu einer demokratischen Propagandagesellschaft machte.“ (Ebd., S. 153).

Das Prinzip der hierarchischen Organisation stammt bekanntlich aus der katholischen Kirche, und es ist in Gestalt des Jesuitenordens eine besonders enge Verbindung mit den militärischen Organisationsprinzipien des ehemaligen Offiziers Ignatius von Loyola eingegangen. Der Jesuitenorden war aber eine konterrevolutionäre Organisation, nämlich die Kampfformation des katholischen Klerus gegen die Reformation. Als revolutionäre Organisation, die der Arbeiterbewegung dienen wollte, konnte sich der „Bund der Kommunisten“ nicht gut als säkularisierter Jesuitenorden organisieren: „Er ist niemals die geschlossene Kriegsformation des Proletariats gewesen, die das böse Gewissen der herrschenden Klassen in ihm sah, aber seine anfeuernde, klärende und werbende Wirkung hat tief und weit genug gereicht.“ (Mehring, a.a.O., S. 162).

Lenin aber wird nach 1900 versuchen, den Kampf der Arbeiterbewegung nach militärischen Gesichtspunkten zu „modeln“ und eine solche „Kriegsformation“ als „Avantgarde“ des Proletariats in „Kadern“ zu organisieren. (Die Verwendung dieser Ausdrücke aus dem militärischen Jargon ist aufschlußreich: im ersten Falle handelt es sich um den „Vortrupp“ oder die „Vorhut“, im andern um den „Stamm eines Regiments an Offizieren und Unteroffizieren“; vgl. auch „Stamm-Batterie“ für das ältere Wort „Kader-Batterie“.) (c5).

Nach der hier angeführten Meinung von Marx/Engels von 1852/53 sollte also der „Bund der Kommunisten“ vor der Revolution, in „gewöhnlichen Friedenszeiten“, „eine reine Propagandagesellschaft sein.“ Als jedoch die friedliche Periode zu Ende war und die Revolution, also die „Kriegsformation“, aus­brach, da verwandelte er sich keineswegs in eine „geschlossene Kriegsformati­on“. Die „Bewegung der Volksmassen“ war stark und mächtig, der „Bund“ aber nur „ein viel zu schwacher Hebel“, um in der Revolution etwas zu bedeuten. (Wir weisen nur vorwegnehmend darauf hin, daß der legitime und bewußte Erbe des „Bundes der Kommunisten“, nämlich der „Spartakusbund“ Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts, in der Revolution von 1918/19 genau dieselbe „schwache“ und „unbedeutende“ Rolle spielte). Seine Bedeutung lag ausschließlich darin, „eine vorzügliche Schule der revolutionären Tätigkeit gewesen“ zu sein, der Revolution und den aufgestandenen Volksmassen politische Führer gestellt und trotz seiner geringen Mitgliederzahl eine weithin wirkende und nachhallende Propaganda ausgeübt zu haben. Was war also der „Bund der Kommunisten“? Ein Seminar für revolutionäre Führer der Arbeiterbewegung und eine Gesellschaft für die Propaganda der Theorien von Marx/Engels (c6).

Gerade in der Revolution und für die Revolution – für die „ungewöhnlichen Kriegszeiten“ – war demnach der „Bund der Kommunisten“, die „Marx-Partei“, wie er zu Unrecht im Kölner Kommunistenprozeß bezeichnet worden war, ungeeignet und nicht geschaffen. Marx selbst gab dies 1860 mit dem Satze zu: „Während der Revolutionszeit in Deutschland erlosch seine Tätigkeit von selbst, indem nun wirksamere Wege für die Geltendmachung seiner Zwecke offenstanden.“ („Herr Vogt“, a.a.O., S. 59). Eine ausgebrochene Revolution schafft ganz andere Möglichkeiten für die Aussaat der Samen einer revolutionären Theorie wie derjenigen von Marx/Engels, als sie einer „Partei“ in gewöhnlichen Friedenszeiten – öffentlich oder geheim – zur Verfügung stehen.

Die Ansprache der Zentralbehörde des „Bundes der Kommunisten“ vom März 1850 hatte noch am Schlusse die „Revolution in Permanenz“ erklärt. Und die vom Juni 1850 drückte am Ende noch die Hoffnung aus, „daß der Ausbruch einer neuen Revolution nicht lange mehr ausbleiben kann.“ (A.a.O., S. 136 und 144). Doch schon am 15. September 1850 spaltete sich die Zentralbehörde („Herr Vogt“, S. 59), weil ihre Min­derheit, die „Fraktion Willich-Schapper“, an jener Permanenzerklärung der Revolution festhielt, während ihre Mehrheit, die Fraktion Marx/Engels, der Minderheit vorwarf:

„Statt der wirklichen Verhältnisse wird ihr der bloße Wille zum Triebrad der Revolution“. (Aus dem Antrag von Marx auf Trennung in „Enthüllungen“, a.a.O., S. 39).

Die Motive dieser Spaltung sind für unsere Untersuchung von so großer Bedeutung, daß wir sie ein wenig gründlicher betrachten müssen. Friedrich Engels war zwar der Ansicht, daß der reorganisierte „Bund“ nach dem Juni 1850 „die einzige revolutionäre Organisation war, die in Deutsch­land eine Bedeutung hatte“, aber mit Marx stellte er sich damals doch die Frage „wozu diese Organisation dienen sollte“. Die Antwort darauf hing aber wieder „sehr wesentlich davon ab, ob die Aussichten auf einen erneuten Aufschwung der Revolution sich verwirklichten. Und dies wurde im Lauf des Jahres 1850 immer unwahrscheinlicher, ja unmöglicher.“ (1885, a.a.O., S. 27) Marx und Engels glaubten also nicht mehr an eine bald bevorstehende neue Revolution, während Willich und Schapper diese willensmäßig inszenieren wollten (c7).

Marx und Engels entdeckten bei ihren ökonomischen Studien, daß die Revolution von 1848 durch die industrielle Krisis von 1847 vorbereitet worden war und daß sich dank einer „neuen, bisher unerhörten Periode der industriellen Prosperität“ der Revolutionssturm von 1848 allmählich erschöpfte. Es waren aber gerade diese Studien, die erst den späteren reifen „Marxismus“ als „Kritik der politischen Ökonomie“ – wie der Untertitel des „Kapitals“ lautete – hervorbrachten und die Marx und Engels bestimmten, ihr Verhältnis zum „Bunde“ und damit zur Organisation und last not least zur „Arbeiterpartei“ völlig neu zu definieren. Dies ist schon enthalten in den Sätzen des Marxschen Antrages auf Trennung von der Fraktion Willich-Schapper:

„An die Stelle der kritischen Anschauung setzt die Minorität eine dogmatische, an die Stelle der materialistischen eine idealistische“ („Enthüllungen“, S. 39).

Nach Marx und Engels gehörte es nicht zu den Aufgaben des „Bundes der Kommunisten“, die Revolution „vorzubereiten, für sie zu agitieren, zu konspirieren, zu komplottieren“, wenn auch „die Mitglieder der proletarischen Partei“ sich selbstverständlich an einer neuen, spontan ausgebrochenen Revolution des Volkes „gegen den Status quo“ von neuem beteiligen würden. Eine Revolution zu organisieren wäre ihnen wohl lächerlich erschienen. (Inzwischen sind von so manchen „Leninisten“ die Grenzen zwischen Revolution und Aufstand verwischt worden, und viele dieser Sorte haben über ihrer „Kunst des bewaffneten Aufstandes“ völlig vergessen, daß die Bolschewiki während einer bereits fast ein dreiviertel Jahr dauernden Revolution und über die längst existierenden und von ihnen nicht sonderlich geachteten Sowjets, also über die Räte, an die Regierung gekommen sind – wie die Herren Genossen um Ebert, nebenbei bemerkt!) Wir wiederholen eine frühere Textinterpretation: eine Organisation ist nicht dadurch eine revolutionäre Vereinigung, daß sie sich vornimmt, eine Revolution zu inszenieren, sondern durch ihre Bereitschaft, sich in den Dienst einer künftig ausbrechenden Revolution zu stellen, ihr Ratgeber und Führer zu stellen. Also nicht die Organisation ist die Voraussetzung der Revolution, sondern die Revolution ist die Voraussetzung der Organisation, deren Zwecke und Sinn erst in der ausgebrochenen Bewegung des Volkes bzw. der Arbeiter ihre Erfüllung finden und zugleich ihre Bewährungsprobe in ihr abzulegen haben.

Für die kritische Analyse der ökonomischen Situation im Herbst 1850 aber ergab sich für Marx/Engels folgendes:

„Bei dieser allgemeinen Prosperität, worin die Produktivkräfte der bürgerlichen Gesellschaft sich so üppig entwickeln, wie dies in­nerhalb der bürgerlichen Verhältnisse überhaupt möglich ist, kann von einer wirklichen Revolution keine Rede sein. Eine solche Revolution ist nur in den Perioden möglich, wo diese beiden Faktoren, die modernen Produktivkräfte und die bürgerlichen Produktionsformen, miteinander in Widerspruch geraten.“ (Marx-Engels, „Revue von Mai bis Oktober 1850“ in der „Neuen Rheinischen Zeitung“, V/VI. Heft, Hamburg 1850; zit. nach Engels 1885, a.a.O., S. 28.)

Diesem Standpunkt gegenüber empfand sich die Fraktion Willich-Schapper als „Partei der Tat“, denn ein „Bund“, der bloß auf die Gründung einer selb­ständigen proletarischen „Oppositionspartei der Zukunft“ abzielte, aber keine „Regierungspartei“ bilden wollte, war nichts für ehrgeizige Individuen, die „ihre persönliche Unbedeutendheit unter dem Theatermantel von Konspiration aufspreizen“ (S. 95), wie vor allem Willich selbst, von dem Engels noch 1885 schreibt:

„Willich war einer der seit 1845 im westlichen Deutschland sehr häufigen Gemütskommunisten, also schon deshalb in instinkti­vem, geheimen Gegensatz gegen unsere kritische Richtung. Er war aber mehr, er war vollständiger Prophet, von seiner persönlichen Mission als prädestinierter Befreier des deutschen Proletariats überzeugt und als solcher direkter Prätendent auf die politische nicht minder als auf die militärische Diktatur. Dem früher von Weitling gepredigten urchristlichen Kommunismus trat somit eine Art von kommunistischem Islam zur Seite.“ (A.a.O., S. 26).

Hier hätte Mr. Jules Nonnerot das Vorbild seines „Islams des zwanzigsten Jahrhunderts“ finden können! Vgl. seine „Soziologie des Kommunismus“, Pa­ris 1949, Köln-Berlin 1952, S. 9-24.

Auch Willich neigte als früherer preußischer Leutnant (und späterer Gene­ral im nordamerikanischen Bürgerkriege) zu einer militaristischen Betrachtung gesellschaftlicher Prozesse, und er hatte als „Mann der Aktion“ noch nicht begriffen, daß die erste Tugend des bewußten Revolutionärs die Geduld ist:

„Während wir den Arbeitern sagen: Ihr habt fünfzehn, zwanzig, fünfzig Jahre Bürgerkriege und Völkerkämpfe durchzumachen, nicht nur um die Verhältnisse zu ändern, sondern um euch selbst zu ändern, und zur politischen Herrschaft zu befähigen, sagt ihr im Gegenteil: ,Wir müssen gleich zur Herrschaft kommen, oder wir können uns schlafen legen.‘ Während wir speziell die deutschen Arbeiter auf die unentwickelte Gestalt des deutschen Proletariats hinweisen, schmeichelt ihr aufs plumpste dem Nationalgefühl und dem Standesvorurteil der deutschen Handwerker, was allerdings populärer ist. Wie von den Demokraten das Wort Volk zu einem heiligen Wesen gemacht wird, so von euch das Wort Proletariat. Wie die Demokraten schiebt ihr der revolutio­nären Entwicklung die Phrase der Revolution unter.“ (Marx in seinem „Antrag auf Trennung“, a.a.O., S. 39.)

Nachdem sich die beiden Fraktionen Mitte September 1850 getrennt hat­ten, handelten beide Gruppen nach ihren verschiedenen Auffassungen. Die Ironie des Kommunistenprozesses zu Köln bestand aber gerade darin, daß die „Marx-Partei“ wegen der Absichten angeklagt wurde, welche die andere „Partei Willich-Schapper“ verfolgt hatte! Am 10. Mai 1851 wurde ein Emissär des Bundes in Leipzig verhaftet, und die Polizei kam dem „Bund der Kommunisten“ auf die Spur. Weitere Verhaftungen (u.a. Bürgers und Rösers) erfolgten kurz darauf. Nach Marx hörte der Bund auf dem Kontinent danach auf, faktisch zu bestehen; er und Engels hatten seitdem keine Verbindung mehr mit Europa und waren somit auf der Insel England von ihrer „Partei“ isoliert. Man könnte annehmen, daß sie nun darüber sehr unglücklich gewesen wären. Das Gegenteil aber bezeugen die folgenden Sätze von Engels an Karl Marx vom 13. Februar 1851:

„Wir haben jetzt endlich wieder einmal – seit langer Zeit zum erstenmal – Gelegenheit zu zeigen, daß wir keine Popularität, keinen support [Unterstützung, W.H.] von irgendeiner Partei irgendwelchen Landes brauchen und daß unsere Position von dergleichen Lumpereien total unabhängig ist. Wir sind von jetzt an nur noch für uns selbst verantwortlich, und wenn der Moment kommt, wo die Herren uns nötig haben, sind wir in der Lage, unsre eignen Bedingungen diktieren zu können. Bis dahin haben wir wenigstens Ruhe. Freilich auch eine gewisse Einsamkeit […] Wir können uns übrigens im Grund nicht einmal sehr beklagen, daß die petits grands hommes [Kleinen Gernegroße, W.H.] uns scheuen; haben wir nicht seit soundsoviel Jahren getan, als wären Krethi Plethi [allerlei Gesindel, W.H.] unsre Partei, wo wir gar keine Partei hatten und wo die Leute, die wir als zu unsrer Partei gehörig rechneten, wenigstens offiziell, sous reserve de les appeler des betes incorrigibles entre nous [mit dem Vorbehalt, sie unter uns unverbesserliche Dummköpfe zu nennen, W.H.], auch nicht die Anfangsgründe unserer Sachen verstanden? Wie passen Leute wie wir, die offizielle Stellun­gen fliehen wie die Pest, in eine ‚Partei‘? Was soll uns, die wir auf die Popularität spucken, die wir an uns selbst irre werden, wenn wir populär zu werden anfangen, eine ‚Partei‘, das heißt eine Bande von Eseln, die auf uns schwört, weil sie uns für ihresgleichen hält? Wahrhaftig, es ist kein Verlust, wenn wir nicht mehr für den ‚richtigen und adäquaten Ausdruck‘ der bornierten Hunde gelten, mit denen uns die letzten Jahre zusammen­geworfen hatten […] Nicht nur keine offizielle Staatsstellung, auch solan­ge wie möglich keine offizielle Parteistellung, kein Sitz in Komitees usw., keine Verantwortlichkeit für Esel, unbarmherzige Kritik für alle, und dazu jene Heiterkeit, die sämtliche Konspiration von Schafsköpfen uns doch nicht nehmen werden.“

Diese längeren Ausführungen von Engels sind die von Marx ausdrücklich er­betene Antwort auf die folgenden Zeilen von ihm vom 11. Februar 1851:

„Mir gefällt sehr die öffentliche authentische Isolation, worin wir zwei, Du und ich, uns jetzt befinden. Sie entspricht ganz unserer Stellung und unseren Prinzipien. Das System wechselseitiger Konzes­sionen, aus Anstand geduldeter Halbheiten, und die Pflicht, vor dem Publikum seinen Teil Lächerlichkeit in der Partei mit all diesen Eseln zu nehmen, das hat jetzt aufgehört.“ (Marx-Engels, „Briefwechsel“, Band I, 1844 bis 1853, Ostberlin 1949, S. 180 bis 181 und 176 bis 177.)

Die beiden Begründer des Marxismus waren also längst vor den ersten Verhaftungen von Mitgliedern der „Marx-Partei“ im Frühjahr 1851 innerlich nicht nur mit der Fraktion Willich-Schapper, sondern mit „ihrer“ Partei überhaupt fertig. Nach der Verurteilung der Angeklagten im Kölner Kommunisten­prozeß (4. Oktober bis 12. November 1852) schrieb Marx am 19. November an Engels:

„Der Bund hat sich vergangenen Mittwoch auf meinen Antrag hin aufgelöst und die Fortdauer des Bundes auch auf dem Kontinent für nicht mehr zeitgemäß erklärt.“ (A.a.O., S. 527).

Damit endete die Geschichte der ersten „marxistischen“ Partei, und es hat auch nie mehr eine Partei gegeben, deren Mitglieder Marx und Engels gewesen sind. (Ihre Beteiligung an der Gründung der I. Internationale steht auf einem anderen Blatte). Es genügt, dazu Marx selbst zum Abschluß das Wort zu erteilen:

„Ich bemerke […] daß […] ich nie mehr einer geheimen oder öffentlichen Gesellschaft angehört habe oder angehöre, daß also die Partei in diesem ganzen ephemeren [eintägigen, kurzlebigen, W.H.] Sinne für mich seit acht Jahren zu existieren aufgehört hat […] Also von ‚Partei‘ […] weiß ich nichts seit 1852 […] Ich bin Kritiker und hatte wahrhaftig genug an den 1849-1852 gemachten Erfahrungen. Der ,Bund‘ […] war nur eine Episode in der Geschichte der Partei, die aus dem Boden der modernen Gesellschaft naturwüchsig sich bildet […] Ich habe […] das Mißverständnis zu beseitigen gesucht, als ob ich unter Partei einen seit acht Jahren verstorbenen ,Bund‘ oder eine seit zwölf Jahren aufgelöste Zeitungsredaktion verstehe. Unter Partei verstand ich die Partei im großen historischen Sinne.“ (Karl Marx am 29. Februar 1860 an den Dichter Ferdinand Freiligrath. In: Franz Mehring, „Freiligrath und Marx in ihrem Briefwechsel“, Ergänzungshefte zur „Neuen Zeit“, Nr. 12 vom 12. April 1912, S. 42 und 46).

In wiefern hat also Lenin „in der Frage der Partei unmittelbar an die Lehre von Marx und Engels angeknüpft“?

Anmerkungen

c1. Es werden zitiert auf: S. 604 Lenin 1, Stalin 4; S. 605 Lenin 1, Stalin 3; S. 606 Lenin 2, Stalin 1; S. 607 Lenin 7, Stalin 4; S. 608 Lenin 2, Stalin 0; S. 609 Lenin 1, Stalin 1; S. 610 Lenin 2, Stalin 1; S. 611 Lenin 4, Stalin 0; S. 612 Lenin 5, Stalin 0; S. 613 Lenin 0, Stalin 2; S. 614 Lenin 2, Stalin 2; S. 615 Lenin 2, Stalin 3; S. 616 Lenin 0, Stalin 4; S. 617 Lenin 1, Stalin 2; Lenin = 28 mal, Stalin = 27 mal. [Willy Huhn hat sich verrechnet: Lenin = 30 mal! – Jochen Gerster].

c2. [Siehe dazu weiter Willy Huhn „Lenin und die russische Revolution“ (1948) und „Lenin als Utopist“ (1948).]

c3. [Georgi Plechanow „Über die Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte“ (1898).]

c4. „Der revolutionäre Marxismus von 1848 fand seine Fortsetzung im Rußland des Zaren.“ Lenin ging den Weg „einer Neubelebung des Urmarxismus von 1848“. So „schuf er den Bolschewismus mit seinem scharfen Gegensatz zur westeuropäischen Sozialde­mokratie und seinem gar nicht unberechtigten Anspruch, den echten revolu­tionären Urmarxismus wieder zum Leben zu erwecken.“ (Arthur Rosenberg, „Geschichte des Bolschewismus“, Rowohlt. Berlin 1932, S. 26 und 31).

c5. Für Lenin ist „die Revolution […] ein Krieg“, (in „Wperjod“ am 31./18. Januar 1905, „Sämtliche Werke“, Bd. VII, S. 122). „Nehmen wir die moderne Armee. Sie ist eines von den guten Vorbildern der Organisation. Und gut ist diese Organisation nur deshalb, weil sie elastisch ist und zugleich Millionen von Menschen einen einheitlichen Willen zu verleihen versteht. (Fett schon bei Le­nin, kursive Hervorhebungen stets von mir. W.H.)
 Heute noch sitzen diese Mil­lionen bei sich zu Hause, an verschiedenen Ecken und Enden des Landes. Morgen kommt der Mobilmachungsbefehl – und schon haben sie sich an den ihnen bezeichneten Punkten gesammelt. Heute liegen sie in den Schüt­zengräben, liegen da mitunter monatelang. Morgen gehen sie in anderer For­mation zum Sturm vor. Heute verrichten sie ein Wunder, vor Kugel und Schrapnell sich deckend. Morgen verrichten sie Wunder im offenen Kampf. Heute le­gen ihre Vortrupps Minen unter der Erde, morgen stoßen sie nach den Weisun­gen der Flieger kilometerweit über die Erde vor. Ja, dies heißt Organisation, wenn im Namen eines bestimmten Zieles, beseelt von einem bestimmten Wil­len, Millionen von Menschen die Form ihres Verkehrs und ihres Tun ändern, entsprechend den veränderten Umständen und Erfordernissen des Kampfes. Dasselbe gilt auch für den Kampf der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie.“ (In „Kommunist“, Nr. 1/2, Sommer 1915; S. 59). Wie man sieht, besteht für Lenin die „Güte“ bzw. der Wert einer Organisation in der Dispositionsmöglichkeit über Menschenmassen.

c6. Im Worte „Seminar“ – eigent­lich Samen-, dann Pflanzenschule – steckt auch schon die „Propaganda“-Verbreitung über das Land. Das Christentum entstand in den Städten des römi­schen Reiches, und seine „propaganda fide“ mußte über das „heidnische Land“ verbreitet werden; der „Heide“ war also der „Bauer“ (paganus) in der Heide (frz. paysan). Sofern ein Seminar im engeren Sinne eine „Vorbereitungsschule und Übungsstätte für angehende Lehrer und Geistliche“ ist, gehen ja auch diese später auf das Land und in das Volk, um das Erlernte weiterzuverbreiten.

c7. Engels spricht in diesem Zusammen­hang von einer „Verfallzeit der europäischen Revolutionen“ des 19. Jahr­hunderts von „fünfzehn bis achtzehn Jahren.“ (Nach der Revolution von 1830 kam jene von 1848 nach achtzehn Jahren; die nächste Krise war also etwa 1863 bis 1866 fällig gewesen; sie brach dann auch aus, wurde aber als Krieg abgefangen und von Marx/Engels als „Revolution von oben“ charakterisiert, wie auch der Krieg 1870/71, der den ersten nach einer Pause von fünf Jahren nur fortsetzte. Infolgedessen wurde die nächste Revolution 1885/86 bis 1888/89 fällig, und Engels erwar­tete sie also 1885 „bald“.) Wenn man auch darüber lächeln mag: aber von 1918 an dauerte es nur wieder fünfzehn Jahre bis zur nächsten „Revolution von oben“ im Jahre 1933!


de | fr | Trotsky, Trotzki – der gescheiterte Stalin / Le Staline manqué, 1973


de | Der Etatismus der Sozialdemokratie / Willy Huhn, 2003

Der Etatismus der Sozialdemokratie ; Zur Vorgeschichte des Nazifaschismus  / Willy Huhn. – Berlin : ça ira Verlag, 2003. – 224 S. Buchbesprechung: Rote Ruhr Uni  (Fabian Kettner).


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Compiled by Vico, 2 March 2018, latest additions 13 May 2019



























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