Home | Contact | Links | ||
Quelle: a.a.a.p. Internationale Rätekorrespondenz 1934-1937 / Gruppe Internationaler Kommunisten (Holland). – Transkribiert und herausgegeben für Rätekommunismus ; Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek, Dezember 2020, 504 S., € 13,16, ISBN 979-8551636052 |
Differenzen in der RätebewegungQuelle: Differenzen in der Rätebewegung – In: Internationale Rätekorrespondenz : Theoretisches und Diskussionsorgan für die Rätebewegung. – Ausg[abe]. der Gruppe Int[ernationaler]. Kommunisten, Holland. – 1936, Nr. 16-17 (Mai); Quelle der Transkription: Rätekommunismus , 23. November 2020, Mitarbeit von der Association Archives Antonie Pannekoek. Über die Entwicklungstendenzen im KapitalismusEs haben sich in der Rätebewegung Deutschlands, Hollands, Amerikas und Dänemarks Differenzen gezeigt, die näher beleuchtet werden müssen. Vielfach, und auch in diesem Falle bestätigt sich die Regel, erscheinen diese Differenzen in persönlicher Form. Unser Bestreben wird sein, alles, was bei der Auseinandersetzung der Probleme diesen Charakter annimmt, aus unserer Zeitschrift fernzuhalten, weil es die wirklichen Probleme nur verschleiert. Die sachlichen Differenzen bestehen hauptsächlich, wo es um die Perspektive der kapitalistischen Entwicklung und die Schaffung eines Programms für die internationale Rätebewegung geht. Zur Orientierung schicken wir ein paar Bemerkungen über das Verhältnis der deutschen Arbeiterbewegung und der g.i.k-Holland voraus. Die g.i.k., die seit 1926 tätig ist, hat stets in enger Verbindung mit der deutschen Rätebewegung gestanden. Und zwar mit der Allgemeinen Arbeiter Union und der k.a.p.d. und später mit der k.a.u.d. (Kommunistische Arbeiterunion Deutschlands). Die Vertreter der g.i.k. nahmen an vielen Kongressen in Deutschland teil, die g.i.k. schrieb in der deutschen Presse (k.a.z. und Kampfruf) und es wurde ein reger Briefwechsel und Materialaustausch unterhalten. Faktisch war die g.i.k. ein Teil der deutschen Unionsbewegung, wenn wir auch nicht durch „Programme“ gebunden waren. Die praktische Tätigkeit war die Bindung. Beim Hitlerumsturz wurde die g.i.k. beauftragt, einen internationalen Pressedienst herauszugeben anstelle der „i.n.o.“. Die g.i.k. gab dann einen Pressedienst aus (p.i.k. = Pressedienst der Internationalen Kommunisten). Doch zeigte es sich bald, dass der Inhalt von den deutschen und dänischen Genossen abgewiesen wurde. Unsere Auffassung der Lage und die daraus hervorgehenden Aufgaben wurden als falsch zurückgewiesen. Darum stellten wir den Pressedienst nach dem Erscheinen der 4. Nummer wieder ein. Die deutschen Genossen teilten unsere Meinung nicht, dass die Hitlerdiktatur keine schnell vorübergehende Erscheinung sei, sondern das neue Gleichgewicht der Kräfte darstelle. Unsere Einschätzung der Situation war, dass wir uns auf eine Arbeit auf lange Sicht einzustellen hatten, eine Arbeit, die nicht darin bestand, zum direkten Kampf aufzurufen, sondern vielmehr die Ursachen des kampflosen Zusammenbruchs der alten Arbeiterbewegung prinzipiell klarzustellen und die Entwicklungslinien einer neuen Arbeiterbewegung herauszuarbeiten hatte. Das umso mehr, da wir die kampflose Hinnahme der nationalsozialistischen Diktatur aus der Partei- und Gewerkschafts-Ideologie erklärten, die von der Partei, vom Gewerkschaftsapparat und schließlich von der Staatsgewalt die Wahrnehmung der Arbeiterinteressen erwartet. Die Hitlerdiktatur erschien uns so gesehen als die logische Fortsetzung der alten Arbeiterbewegung und es war nicht anzunehmen, dass die breiten Arbeitermassen sich durch Aufrufe zum direkten Kampf dagegen bewegen ließen. Unsere Auffassung wurde vorläufig missverstanden, eben weil die deutschen Genossen die Situation anders einschätzten. Man glaubte dort, die Zeit für revolutionäre Massenpropaganda sei gekommen, ihre Einschätzung der Situation kam zum Ausdruck in der Parole: Jetzt heran an die Massen! Im Sommer 1933 reiste einer unserer Genossen nach Deutschland zur Information und er fand die Unionsbewegung noch ziemlich unberührt vom Naziterror, und auch die Organisation war noch vollständig intakt. Es fanden drei Konferenzen statt, welche von dem früheren Stamm der Genossen besetzt waren. Es zeigte sich nun, dass man in Worten jetzt auch mit einer längeren Periode der Hitlerdiktatur rechnete, aber im Grunde hatte man die Parole noch nicht aufgegeben. Nur war es in der damaligen Situation unmöglich, an die Massen heranzukommen, und darum musste die Tätigkeit auf ein anderes Gebiet verlegt werden. Diese Tätigkeit bestand in erster Linie darin, die Reste der früheren Parteigruppierungen zusammenzufassen, so weit diese dafür in Betracht kamen. Es wurden darum Verhandlungen eingeleitet, um zu einer Fusion zwischen k.a.u., k.a.p. und s.a.p.-Resten zu kommen, sei es vorläufig nur in Berlin. Die Verschmelzung mit der k.a.p. kam tatsächlich zu Stande und mit der s.a.p. war in allem Prinzipiellem Einigkeit erzielt, wie uns später von der k.a.u. berichtet wurde. Wir haben unsere Bedenken gegen dieses Vorgehen auf der Konferenz auseinander gesetzt, weil derartige Gruppierungen gerade in den Grundfragen von Partei- und Massenbewegung und bezüglich der Wirtschaftsgestaltung im Kommunismus ihre früheren Auffassungen nicht plötzlich geändert haben konnten. Es sei grundfalsch, die Neugestaltung der neuen Arbeiterbewegung als eine Organisationsfrage aufzufassen. Das Fiasko der alten Bewegung ist das Fiasko der alten Ideologie und darum handele es sich um tiefgehende Kritik an den alten Auffassungen und die Herausstellung klarer Grundbegriffe des neuen Kampfes. Es ist uns wahrscheinlich nicht gelungen, unseren Standpunkt deutlich zu machen, denn wohl herrschte in der Auffassung von der Notwendigkeit völliger Erneuerung „völlige Übereinstimmung“, aber als praktische Vorstufe dazu hielt man den organisatorischen Zusammenschluss, wie er von den Genossen vollzogen wurde, für notwendig. Im Dezember 1933 war die geeinte k.a.p.-k.a.u. im vollen Fraktionskampf. Es herrschte ein gegenseitiges Misstrauen. Von den früheren Genossen waren ein paar abgehängt. Die k.a.p.isten hatten eine andere Auffassung von den Aufgaben als die frühere k.a.u. (Verwerfung der Parole „Heran an die Massen“, Bildung von Berufsrevolutionären, keine Herausgabe von Material von einer zentralen Stelle aus). Im Sommer 1934 wurde die k.a.u. praktisch aufgelöst, obwohl sie dem Namen nach noch da war. Die Fraktionen schlossen einander gegenseitig aus. Bald darauf aber wurde eine neue Organisation, die der „Revolutionären Obleute“, gegründet. In einem Brief, datiert 11. Oktober 1934, wurde uns seitens dieser Organisation mitgeteilt, dass die alte k.a.u. sich im Gefolge der Entwicklung aufgelöst hat und dass die Organisation der Revolutionären Obleute an ihre Stelle tritt. Im Dezember 1934 hatte ein Genosse von uns eine Unterredung mit ein paar Genossen der Revolutionären Obleute. Es zeigte sich, dass die Neuorganisation sich stützte auf noch übrig gebliebene Stützpunkte der früheren k.a.u. und neue Stützpunkte in der Arbeiterschaft (im Besonderen in der früheren k.p.d.-Arbeiterschaft). Die Revolutionären Obleute hatten ein Programm herausgegeben, wovon der wesentliche Teil abgedruckt ist in Rätekorrespondenz, Nr. 7. Wir berichteten darüber: Die neue Bewegung wird aufgebaut werden von neuen jungen, unverbrauchten Kräften. Der erste Ansatz dazu ist schon da; im Herbst 1934 stellten die Revolutionären Obleute ein Programm zur Diskussion, das zur Grundlage einer neuen Arbeiterbewegung werden kann. Dann wurde im Juni 1935 in Brüssel eine Konferenz abgehalten, wo eine Resolution angenommen wurde, welche die g.i.k. zurückwies. Die Haltung unseres Vertreters, der auch für diese Resolution gestimmt hatte, wurde also abgelehnt. Weiter unten drucken wir diese Resolution ab. Zum besseren Verständnis bringen wir zuerst aus einer, von den Revolutionären Obleuten im Vorjahr 1935 stammenden Schrift über „Arbeiterbewegung Kapitalismus“ zwei Abschnitte, welche auch wir unterschreiben. Es sind die Abschnitte „Worauf kommt es an“ und „Von kapitalistischer und kommunistischer Produktionsweise“. Daran anschließend drucken wir den Abschnitt ab über die Entwicklung des Staatskapitalismus, dessen Inhalt wir ablehnen. Schriftstücke der deutschen GenossenWorauf kommt es an?Der Zusammenbruch der alten Arbeiterbewegung ist organisatorisch wie ideologisch endgültig und nicht mehr aufzuhalten. Allgemein ist deshalb ein weitverbreitetes Gefühl der Ohnmacht vorhanden, und aus dieser verzweifelten Lage heraus jammern alle Gruppen und Grüppchen über Zersplitterung und alle wollen irgendwie die Einheitsfront des Proletariats herstellen. Die Einen glauben dies mit zugkräftigen Einheitsfrontgarden, allerdings nur unter ihrer Führung zu schaffen, die anderen mit Vereinigungen, Verschmelzungen und anderen künstlichen, ja kunstvollen Kombinationen. Alle diese Bemühungen sind Versuche am untauglichen Objekt und von vornherein zum Fehlschlag verurteilt. Dieses Resultat ist die notwendige Folge der schon aufgezeigten grundsätzlich falschen Haltung, weil man alle Vorgänge rein mechanisch und nicht als Prozess, als Entwicklung sieht. Ja, weil man gar keine Vorstellung von den wirklichen Problemen hat, die vor der Arbeiterbewegung stehen. Man hat sich in jahrzehntelanger Arbeit ein Wunschgebäude des Charakters der Arbeiterrevolution zusammengezaubert, das natürlich beim ersten ernsthaften Ansturm der Klassengegner zusammenbrechen musste. Verständlich wäre nun eine objektive Untersuchung des schmählichen Zusammenbruchs, statt dessen aber wurschtelt man lustig weiter im alten Trott, als ob nichts gewesen wäre. Gegenseitig spricht man sich Mut zu und in den Presseberichten werden Erfolge über Erfolge erzielt, und anscheinend ist auf allen Fronten ein unaufhaltsamer kühner Vormarsch zu verzeichnen. Leider aber stehen diese Erfolge nur auf dem Papier, und als trauriges Endergebnis dieser falschen, ja, verbrecherischen Taktik wächst nur die Zahl der nutzlos geopferten und inhaftierten Genossen. Diese verkehrte Haltung der noch auf der alten Ebene arbeitenden Gruppen wird noch bekräftigt durch die Emigranten. Diese haben überhaupt keine wirkliche Vorstellung von der deutschen Situation. Alle Vorgänge in Deutschland sehen sie nur unter dem Gesichtspunkt des baldigen Zusammenbruchs, und was sie daher praktisch machen, ist lächerlicher Unfug. Das ist eigentlich erklärlich. Die brutale Vernichtung einer revolutionären Bewegung lässt in den Köpfen der davon Betroffenen, wesentlich vor allem bei den Immigranten, eine Erschütterung zurück, welche selbst sonst tüchtige Menschen entwurzelt. Gerade diese Immigranten aber, aber nicht nur alleine sie, wollen nicht einsehen, dass sich die Form der Bewegung, der Gang der Geschichte sich verändert hat. Sie übertragen schematisch ihre alten Praktiken auf die neuen Verhältnisse und kommen daher zur Konspirations- und Revolutionsspielerei, welche die Sache der proletarischen Bewegung ungeheuer schädigt. Sie spielen die Rolle eines sehr schlechten Generalstabs, der weit vom Schuss ist und keine Ahnung von den wirklichen Erfordernissen des Kampfes hat. In Zeiten der Krise aber wird ein solches Verhalten zum Verbrechen am Proletariat, was öffentliche Sühne herausfordert. Die Dinge so nehmen wie sie wirklich sind, heißt: Das revolutionäre Interesse in einer den veränderten Umständen entsprechenden und angepassten Form zur Geltung zu bringen. Und darauf kommt es an! Tatsache ist: Alles Alte ist endgültig vorbei auch nicht wieder aufzurichten und es muss vollkommen von vorne angefangen werden. Bei dieser Ausrichtung handelt es sich vor allem um ein ideologisches, geistiges von vorne Anfangen. Ideologische Grundlagen der alten Arbeiterbewegung sind zusammengebrochen. Und das nicht nur national, sondern auch international. Die deutsche Situation ist ein Musterbeispiel für die internationale Entwicklung. Die politische Entwicklung zu faschistischen Regierungsmethoden und ökonomisch zum Staatskapitalismus beweist: Zur sozialen Umgestaltung der Gesellschaft genügt es nicht, nur eine Veränderung des politischen Überbaus vorzunehmen, eine bessere Regierung an die Stelle der alten zu setzen. Statt einer bürgerlich-liberalistischen eine faschistische, statt einer sozialistischen eine bolschewistische Regierung zu haben. Eine solche Umgestaltung verändert wohl das äußere Gesicht der Gesellschaft, lässt aber ihre innere Struktur im Wesentlichen unangetastet. Das sowjetrussische Beispiel zeigt: Auch eine sozialistisch-bolschewistische Regierung behält das Lohnsystem bei. Man will wohl eine bessere Verteilung des Volkseinkommens vornehmen, indem höhere sozialistische Löhne gezahlt werden. Aber solange die Lohnarbeit herrscht, besteht Kapitalismus. Lohnarbeit und Kapital sind zwei Seiten ein und derselben Sache. Die Lohnarbeit setzt das Kapital, das Kapital setzt die Lohnarbeit voraus. Eins ist ohne das andere nicht möglich. Das hat Marx schon vor mehr als 60 Jahren nachgewiesen. So sehen wir als Ergebnis der alten Arbeiterbewegung, dass ihr Kampf zu einer Revolution von oben führt, wo zwar unter sozialistischer Flagge ein Regierungswechsel vorgenommen wird, die Massen aber von der Bestimmung des Charakters der neuen Gesellschaft ausgeschaltet sind und ökonomisch die Lohnarbeit als Wirtschaftsgrundlage weiter beibehalten wird. Damit sind aber alle Voraussetzungen des Kapitalismus erhalten geblieben. Die Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmittel allein hat nichts mit Kommunismus zu tun, wie das Marx ebenfalls schon nachgewiesen hat. Soll nun der Weg zur klassenlosen Gesellschaft wirklich beschritten werden, dann ist es eine der wesentlichsten Voraussetzungen, dass die Massen selbst die Entwicklung der Revolution der neuen Gesellschaft entscheidend beeinflussen und als ihr einziger Träger fungieren. Die Selbstbefreiung des Proletariats setzt voraus, dass alle Angelegenheiten von ihnen selbst, nur von ihnen allein in Angriff genommen werden. Sie müssen alles allein machen, niemand kann ihnen den Kampf um die soziale Neugestaltung der Gesellschaft abnehmen. Geben wir uns keinen Illusionen hin: Die Zeit der Überrumpelungen der von kleinen, bewussten Minoritäten an der Spitze bewusstloser Massen durchgeführten Revolutionen ist vorbei. Wo es sich um eine vollständige Umgestaltung der gesellschaftlichen Organisation handelt, da müssen die Massen selbst mit dabei sein, selbst schon begriffen haben, worum es sich handelt, für was sie eintreten sollen. Und das ist es, worauf es ankommt. Die Masse muss, indem sie Macht ausübt, lernen, Macht auszuüben! Es gibt keinen anderen Weg, ihr dieses beizubringen. Das Selbsthandeln der Masse durch ihre eigenen Organe - Räte, nur sich selbst verantwortlich und unter Ausschaltung jeder Führer- und Organisationsclique ist Voraussetzung der sozialen Revolution. Alle anderen Wege führen zurück zur bürgerlichen Revolution und zum Kapitalismus, mögen sie auch noch so revolutionär drapiert sein. Damit nun dieser Kampf der Arbeiter zu einer vollständigen Umgestaltung der Gesellschaft und zu einer neuen Wirtschaftsform führt – und das ist der eigentliche Charakter der proletarischen Revolution –, muss Klarheit über die Voraussetzungen der neuen Wirtschaftsgestaltung herrschen. Im Mittelpunkt muss stehen die sofortige Abschaffung der Lohnarbeit in jeder Form und die Findung eines richtigen Verhältnisses der Produzenten zum Produkt und zu den Produktionsmitteln. Diese beiden Aufgaben sind es, welche den Inhalt der sozialen Revolution ausmachen. Mit der Beseitigung der Lohnarbeit und der Geldrechnung wird die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen aufgehoben. Damit aber die Ausbeutung für immer beseitigt ist, muss das Verfügungsrecht über die gesellschaftliche Entwicklung in jeder Form bei den Produzenten liegen und darf sich keine betriebliche oder statistische Bürokratie herausbilden, die über den Umweg der „gerechten Verteilung der Produkte“ zu einer neuen Beherrschung der Produzenten gelangen. Von kapitalistischer zu kommunistischer Produktionsweise!Das Fundament des Kapitalismus ist die Lohnsklaverei. Die Lohnarbeit hat zur Voraussetzung die Trennung der Produzenten von den Produktionsmitteln, die Verurteilung der Arbeiter zu lebenslänglicher Lohnknechtschaft. In der Lohnknechtschaft beruhen die Ausbeutung des Menschen, die Produktion von Mehrwert (Profit) und damit auch die ökonomischen Krisenmechanismen. Denn in der kapitalistischen Produktionsweise werden „die gesellschaftlich erzeugten Produkte angeeignet nicht von denen, die die Produktionsmittel wirklich in Bewegung gesetzt und die Produkte wirklich erzeugt haben, sondern vom Kapitalisten. Produktionsmitteln und Produktion sind wesentlich gesellschaftlich geworden. Aber sie werden unterworfen einer Aneignungsform, die die Privatproduktion Einzelner zur Voraussetzung hat. Die Produktionsweise wird dieser Aneignungsform unterworfen, obwohl sie deren Voraussetzung aufhebt. In diesem Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und kapitalistischer Aneignung liegt die ganze Kollision der Gegenwart bereits im Keim.“ Das kapitalistische Lohnsystem ist somit der Grundwiderspruch der Profitordnung, aus dem die wirtschaftlichen Krisen und Katastrophen entspringen. Die ungeheure Entwicklung der Produktivkräfte, die schrankenlose Ausdehnung der Produktion, der internationale Triumph des kapitalistischen Regimes durch Herstellung des Weltmarktes, die gewaltsame Konzentration des Kapitals in Aktiengesellschaften und Trusts, - all diese umwälzenden ökonomischen Prozesse haben die Widersprüche des Kapitalismus zum Widersinn gesteigert, der in der herrschenden Weltkrise zum Ausbruch kommt. Die internationale Krise des Profitsystems wirft einerseits die arbeitenden Massen auf eine Stufe der Barbarei, andererseits ist sie die Antriebskraft einer staatskapitalistischen Umformung der bürgerlichen Gesellschaftsordnung. Durch staatliche Wirtschaftsplanung soll der Lebensweg des Kapitals, die Produktion von Mehrwert, gesichert werden. Die Eingriffe des Staates in den Produktionsprozess (zu einer planmäßigen Lenkung) beschränken wohl die wirtschaftliche Macht der Bourgeoisie, - aber durch die staatskapitalistische Umwandlung wird an der kapitalistischen Produktionsweise im Prinzip nichts geändert. Sogar die allgemeine Verstaatlichung (wie sie in Sowjetrussland durchgeführt ist) bedeutet nicht die Aufhebung der Kapitaleigenschaft der Produktionsmittel, sowie nicht die Beseitigung des Warencharakters der Produkte und der menschlichen Arbeitskraft. Denn auch im Staatskapitalismus besteht die Herrschaft der aufgehäuften Arbeit über die lebendige Arbeit, das heißt die Herrschaft des Produkts über die Produzenten und damit das Ausbeutungsverhältnis. Der Unterschied ist nur der, dass an die Stelle der überflüssigen bürgerlichen Klasse der Staat selbst als einziger Riesentrust der Ausbeutung tritt. Die ökonomischen Programme der Sozialdemokratie und des Bolschewismus beruhen (wie schon an anderer Stelle erklärt) sämtlich auf staatswirtschaftlicher Grundlage. Sie sind deshalb wesensverwandt mit kapitalistischer Produktionsweise, da sie nur eine Fortsetzung der Lohnsklaverei bedeuten. Allein der Kommunismus ist der Hebel zur ökonomischen Befreiung des Proletariats. Welches sind nun die Grundlinien der kommunistischen Produktionsweise?Im Mittelpunkt der proletarischen Revolution steht der Sturz des Kapitalismus, das heißt die Abschaffung des Lohnsystems. Dieses Ziel kann natürlich nur durch politischen Machtkampf erreicht werden, der jedoch nicht zu einer neuen Form staatssozialistischer Beherrschung der Arbeiterklassen führen darf. Es handelt sich in der (sozialen) Revolution deshalb um die Kernfrage, ein direktes Grundverhältnis des Produzenten zum gesellschaftlichen Produkt zu schaffen, das die Bildung eines neuen Unterdrückungsapparates unmöglich macht. Karl Max kam bei seiner gesellschaftswissenschaftlichen Forschungsarbeit, besonders aufgrund der Erfahrungen der Pariser Kommune, zu dem Ergebnis, dass die Organisation der kommunistischen Wirtschaft nur durch eine Assoziation (Verbindung) der freien und gleichen Produzenten zustande kommen kann. Die Assoziation hat nichts zu tun mit den in der Luft schwebenden idealistischen Weltverbesserungsplänen der sozialistischen Utopisten, sondern hat eine sehr materielle Basis. Die feste Unterlage ist die gesellschaftlich durchschnittliche Arbeitszeit, das heißt die Berechnung der Zeit, die zur Herstellung der Produkte nötig ist. Marx und Engels haben die Arbeitsstunde klar genug als Recheneinheit für den Produktionsprozess bezeichnet. „Die Gesellschaft kann einfach berechnen, wieviel Arbeitsstunden in einer Dampfmaschine, einem Hektoliter Weizen der letzten Ernte usw. stecken. Es kann ihr aber nicht einfallen, die in den Produkten niedergelegten Arbeitsquanten, die sie alsdann absolut und direkt kennt, noch fernerhin in einem dritten Produkt auszudrücken, anstatt in ihrem natürlichen, angemessenen absoluten Maß der Zeit.“ (Engels im Anti-Dühring). Für die Konsumtion gilt dasselbe. Marx bemerkt dazu im Kapital, Bd I, u.a.: „Die Arbeitszeit dient zugleich als Maß des individuellen Anteils des Produzenten an der Gemeinarbeit und daher auch an dem individuellen verzehrbaren Teil des Gemeinprodukts. Die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen zu ihren Arbeiten und Arbeitsprodukten bleiben hier durchsichtig und einfach, in der Produktion sowohl als in der Verteilung.“ Indem Marx und Engels die Arbeitszeitrechnung zum allgemeinen Maßstab für Produktion und Verteilung erheben, haben sie das Fundament für ein exaktes Verhältnis zwischen Produzent und Produkt gelegt. Die gesellschaftlich-rechtliche Festlegung dieses Grundverhältnisses ist die unbedingte Voraussetzung dafür, dass mit der produktiven Arbeit auch tatsachlich das Verfügungerecht über die Produktion verbunden ist. Nur eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel auf dieser revolutionären Basis führt zur Beseitigung der kapitalistischen Warenwirtschaft und damit zum Sturz der Herrschaft des Produktes über die Produzenten. Wo aber dieses unmittelbare Verhältnis des Produzenten zum Produkt nicht aufgestellt wird, muss sich unvermeidlich eine neue Form der Ausbeutung entwickeln. Die Sowjetunion bietet in dieser Beziehung ein lehrreiches Beispiel. Das russische Proletariat ist durch die Nationalisierung nur scheinbar Besitzer der Produktionsmittel, denn die Verfügungsgewalt über die Produktion liegt beim „Obersten Volkswirtschaftsrat“. Welchen Anteil der Produzent vom gesellschaftlichen Produktenvorrat erhält, bestimmt die bolschewistische Zentralleitung. Nicht die Produzenten bestimmen mit ihrer Arbeit zugleich ihren Produktenanteil nach Maßgabe der Arbeitszeitrechnung, sondern dieser Anteil wird von den Fachleuten der staatlichen Wirtschaftsführung durch „Preispolitik“ festgesetzt. Diese persönliche Entscheidung über die Verteilung des Produkts hat zur Folge die Fortsetzung des alten Kampfes um Machtpositionen, denn die zentrale ökonomische Macht ist zugleich politische Macht. Und wer die Staatsgewalt besitzt, verfügt auch über das gesellschaftliche Gesamtprodukt und beherrscht die Verteilung desselben. Damit besteht der alte Gegensatz zwischen Gesellschaft und Staat, zwischen Produzenten und Regierung weiter fort. Der Produzent ist abhängig von der herrschenden Bürokratie, die ihm das Produkt auf Grund „fachmännischer Statistik“ zuweist, er ist Lohnarbeiter! Der bolschewistische Staatssozialismus in Sowjetrussland hat also einen Produktionsapparat, der sich über die Produzenten erhebt und sie beherrscht, d.h. trotz Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln besteht das System der Ausbeutung in anderer Form weiter! Der Gegensatz zwischen „Staatssozialismus“ und Assoziation ist damit in Wirklichkeit der Gegensatz zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Demgegenüber ist in der kommunistischen Assoziation kein Platz mehr für einen besonderen Machtapparat über den Produzenten. Nicht der Staat hat hier die Leitung und Verwaltung von Produktion und Verteilung, sondern diese Funktionen werden von den Produzenten und Konsumenten ausgeübt. Während die reformistische Theorie der Verstaatlichung oder Nationalisierung der „schon reifen Betriebe“ praktisch nur eine Weiterführung der kapitalistischen Konzentration bedeutet, ist bei der Marx’schen Vergesellschaftung die Wirtschaft als Ganzes reif für den Kommunismus. Es kommt gerade darauf an, dass in allen Betrieben die revolutionäre Initiative entfesselt wird, damit die Proletarier selbst das Gebäude der kommunistischen Produktionsweise errichten können. Dieser Aufbau ist ein Prozess von unten auf, der nur von den Produzenten vollzogen werden kann, und kein Dekret von oben kann diese umwälzende ökonomische Praxis der Massen ersetzen. Indem die Arbeitszeitrechnung als allgemeine Basis des Produktionsprozesses eingeführt wird, gelangt die ökonomische Macht tatsächlich in die Hände der Arbeiterklasse. Denn das Verhältnis der Produzenten zum gesellschaftlichen Produkt liegt nun in den Dingen selbst und der individuelle Anteil am Produkt wird allein durch die sachliche Produktion selbst und direkt bestimmt. Der gesamte Produktionsprozess steht so auf reellem Boden, weil die Massen gerade bei diesem Grundverhältnis den Wirtschaftsgang selber leiten und regeln können. Damit ist auch die Existenzberechtigung eines bürokratischen Apparates, der durch „Preispolitik“ die Verteilung beherrscht, unwiderruflich aufgehoben. Das heißt: Die Bedingungen für das Absterben des Staates sind nunmehr gegeben, da das Eingreifen staatlicher Machtorgane in die ökonomischen Verhältnisse überflüssig geworden ist. Es ist jene gesellschaftliche Ordnung erreicht, die Engels mit den Sätzen kennzeichnet: „Die Gesellschaft, die die Produktion durch die Assoziation der freien und gleichen Produzenten neu organisiert, ersetzt die ganze Staatsmaschine dahin, wohin sie dann gehören wird: ins Museum der Altertümer, neben dem Spinnrad und die bronzene Axt. An die Stelle der Regierung von Personen tritt die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen. Der Staat wird nicht ‚abgeschafft‘, er stirbt ab.“ Im Kommunismus ist die Verteilung der Konsumgüter eine gesellschaftliche Funktion, die auf kollektive Weise vor sich geht. Die Produzenten-Assoziation bedingt deshalb auch eine Verbindung der freien und gleichen Konsumenten in der Form von Konsumgenossenschaften. Die kommunistische Wirtschaftsordnung kennt nur die gleichmäßige Verteilung des gesellschaftlichen Produkts unter alle Konsumenten, womit die Arbeitskraft aufgehört hat, eine Ware zu sein. Durch Fortfallen jeder „Preis-Politik“ wird auch der kapitalistische Markt überflüssig, da in den zu schaffenden Verteilungsorganisationen die Bedürfnisse der Massen zu kollektivem Ausdruck kommen. Ebenso bedeutet der Kommunismus die Abschaffung des Geldes, das durch die Arbeitszeitrechnung ersetzt wird. Mit Hilfe von Schlüsselzahlen (Indexziffern) wird die Umrechnung auf die neue Werteinheit durchgeführt. Über die Abschaffung der kapitalistischen Geldrechnung schreibt bereits Marx im Kapital, Bd. III: „Das Geldkapital fällt bei der gesellschaftlichen Produktion fort. Die Gesellschaft verteilt Produktionsmittel und Arbeitskraft in die verschiedenen Geschäftszweige. Die Produzenten mögen papierne Anweisungen erhalten, wofür sie den gesellschaftlichen Konsumtionsvorräten ein ihrer Arbeitszeit entsprechendes Quantum entziehen. Diese Anweisungen sind kein Geld. Sie zirkulieren nicht.“ Die Einführung des Arbeitsgeldes ist also keine Utopie, sondern eine reale Notwendigkeit der kommunistischen Produktionsweise . Die Verteilung der Konsumgüter selbst hat natürlich zur Voraussetzung, dass der Produzent nicht etwa den „vollen Ertrag“ seiner Arbeit erhalten kann. Denn der Produktionsprozess verbraucht im fortwährenden Fluss nicht nur menschliche Arbeitskraft, sondern auch Maschinen, Rohstoffe, Hilfsmaterialien, etc., die ebenfalls erneuert werden müssen, um den Fortgang der Produktion zu ermöglichen. Außerdem muss die Gesellschaft eine Gruppe „unproduktiver“ Anlagen oder öffentlicher Betriebe sowie kulturelle Anlagen unterhalten, deren Energieverbrauch gleichfalls durch den gesamten Wirtschaftsprozess getragen werden muss. Vom gesellschaftlichen Gesamtprodukt sind also, wie Marx in seinen „Kritischen Randglossen“ bemerkt, abzuziehen also: Deckung zum Ersatz der verbrauchten Produktionsmittel, ein zusätzlicher Teil für Ausdehnung der Produktion und ein Reservefonds gegen Missfälle, Störungen durch Naturereignisse, usw. Bevor es nun zur individuellen Teilung des als Konsumtionsmittel verbleibenden Gesamtproduktes kommt, gehen hiervon wieder ab: Fonds für Schule, Gesundheitswesen, et cetera, Fonds für Arbeitsunfähige und schließlich ein Teil für allgemeine Verwaltung, der aber gegenüber dem bürgerlichen System bedeutend eingeschränkt ist und auf ein Minimum sinkt. Es kann also nur der verkürzte Arbeitsvertrag unter die Konsumenten verteilt werden, da die Abzüge eine ökonomische Notwendigkeit sind. Die Höhe der gesellschaftlichen Akkumulation muss allerdings stets durch die Produzenten bestimmt werden, damit kein verwaltungstechnischer Apparat aufgrund statistischer Erhebungen willkürlich den Umfang der Akkumulation festsetzen kann, da in jedem Fall durch das dann entstehende Missverhältnis zwischen gesellschaftlicher Akkumulation und Konsumfähigkeit der kapitalistische Krisenherd bald wiederhergestellt würde. Reproduktion und Akkumulation sind auf kommunistischer Basis gesellschaftliche Funktionen, die das Proletariat durch seine allgemeine Buchhaltung (das heißt die Arbeitszeit-Rechnung) genau kontrollieren kann, und darüber hinaus das Verfügungsrecht über die Verwendung der Fonds besitzt. Diese gesellschaftliche Buchführung ist denkbar einfach und kann von jedem Arbeiter jederzeit ausgeführt werden, der des Lesens und Schreibens kundig ist. Es bedarf also hierzu keine irgendwie gearteter Spezialisten. In einer höheren Phase des Kommunismus jedoch noch wird mit dem Wachstum der gesellschaftlichen Produktivkräfte auch der Grundsatz soziale Wirklichkeit : „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen!“ Das sind die wesentlichen Grundlinien der kommunistischen Produktionsweise. Sie gelten nicht nur für die Industrie, sondern auch für die Landwirtschaft. Denn durch die kapitalistische Entwicklung sind die Bauern in die gleiche Abhängigkeit geraten, wie das Proletariat. Sie werden durch die Vergesellschaftung der Produktion gezwungen, sich in die neue Wirtschaftsordnung einzugliedern. Die ökonomische Diktatur der kommunistischen Assoziation verwirft jedes Recht der Ausbeutung und schließt jeden, der dieses Prinzip nicht anerkennt, aus ihrer Gemeinschaft aus. Indem aber die Produzenten durch ihre Betriebsorganisationen und Räte selbst die Leitung der Produktion in die Hand nehmen, schaffen sie zugleich das Fundament für eine Entwicklung, in der die Diktatur schließlich überflüssig wird und sich selbst aufhebt. Die pro1etarische Diktatur ist auf der Basis der Assoziation wirklich nur ein Übergangsstadium zur klassenlosen Gesellschaft. Indem der Kommunismus eine gesellschaftlich-planmäßige Regelung der Produktion nach den kollektiven Bedürfnissen der Gesamtheit einführt, wird die kapitalistische Aneignungsweise ersetzt durch die in der Natur der modernen Produktionsmittel selbst begründete Aneignungsform der Produkte: einerseits direkte gesellschaftliche Aneignung als Mittel zur Erhaltung und Erweiterung der Produktion, andererseits direkte individuelle Aneignung als Lebens- und Genussmittel. Damit hört der unsoziale Kampf um das Einzeldasein auf und die Spaltung der Gesellschaft in eine ausbeutende und ausgebeutete, in eine herrschende und unterdrückte Klasse verschwindet. So ist die Assoziation der freien und gleichen Produzenten – um mit Engels zu sprechen – nichts anderes als der Sprung der Menschheit aus dem Reich der Notwendigkeit ins Reich der Freiheit! Die Entwicklung zum StaatskapitalismusDie Weltwirtschaftskrise hat mit ihrer weitgehenden Zerstörung der sozialen Lebensbedingungen in allen modernen Ländern somit offenbart, dass der Kapitalismus keine Basis für den Fortschritt der menschlichen Gesellschaft mehr ist. Diese elementare Tatsache bedeutet aber nicht, dass nun auch der Endpunkt der kapitalistischen Entwicklung erreicht ist. Der innere Umformungsprozess des Kapitalismus (Konzentration und Zentralisation) wird durch die gegenwärtige Weltkrise nicht nur aufgehalten, sondern bekommt gerade durch die wirtschaftliche Niedergangsbewegung einen mächtigen Antrieb. Die Krise selbst, die schon allgemein die materiellen Existenzbedingungen der kapitalistischen Produktionsweise verändert hat, macht eine dementsprechende strukturelle Umwandlung des Kapitalismus zur Lebensnotwendigkeit für die bürgerliche Gesellschaft. Solche Veränderung der Struktur des Kapitalismus (die allerdings nur eine gewisse Verlagerung der Krise zeitigen kann) ist ebenso eine geschichtlich bedingte Erscheinungsform der Weltwirtschaftskrise, wie anderseits der allgemeine Zerfall der sozialen Basis. Die Dauerkrise zwingt den Kapitalismus den anarchischen planlosen Zustand seines Systems (d.h. die privatwirtschaftliche Zerrüttung seiner Produktionsweise) soweit als möglich aufzuheben, um eine rationelle Ausnutzung der durch die Weltkrise stark verringerten Profitmöglichkeiten zu gewährleisten. Die kapitalistische Anarchie besteht bekanntlich trotz aller bisherigen Konzentration des Kapitals in einer planlosen Produktion, die lediglich auf augenblickliche Konjunkturbedingungen eingestellt ist und dadurch periodisch immer zu einem unabsetzbaren Warenüberschuss führt. Nämlich: „Es werden zu viele Waren produziert, um den in ihnen enthaltenen Wert und darin eingeschlossenen Mehrwert unter den durch die kapitalistische Produktion gegebenen Verteilungsbedingungen und Konsumtionsverhältnissen realisieren und in neues Kapital rückwandeln zu können, d.h. um diesen Prozess ohne beständig wiederkehrende Explosionen auszuführen.“ Durch planmäßige Wirtschaftspolitik soll nun eine Regulierung der Produktion und Konsumtion durch Anpassung an die tatsächlichen Marktverhältnisse erreicht werden. Diese Frage ist infolge der Krise von so ausschlaggebender Bedeutung, dass ihre Lösung diktatorische Maßnahmen in Gestalt politischer Eingriffe in den Wirtschaftsprozess erforderlich macht. Der ökonomische Umwandlungsprozess, der dabei zwangsläufig vor sich geht, steht im Zeichen staatskapitalistischer Tendenzen. Die Anfänge der staatskapitalistischen Entwicklung liegen bereits in der Vorkriegszeit, wo mit der Bildung von Aktiengesellschaften die gebundene Wirtschaft und der anonyme Kapitalist entstanden. Die industrielle Hochdruckperiode mit ihrer schrankenlosen Kreditaufblähung, sowie die Handelskrisen mit ihrem Zusammenbruch privatkapitalistischer Unternehmen trieben zu dieser Form der Vergesellschaftung von Produktionsmitteln. Auf der weiteren Stufenleiter der Kapitalkonzentration und Vergesellschaftung (die letztlich die Ablösung des Kapitalismus überhaupt notwendig macht und die unmittelbaren Voraussetzungen dazu schafft) erfolgte die Trustbildung, die für bestimmte Waren ein Produktions- und Preis-Monopol herstellte. Der Trust ist schon der Versuch einer Produktionsregulierung im Rahmen eines Industriezweiges, der aber scheitern musste an dem wachsenden Gegensatz zwischen gesellschaftlicher Produktion und privatkapitalistischer Austauschweise. Der normale Fortgang des Konzentrationsprozesses drängt schließlich zur staatskapitalistischen Umformung als folgerichtigen Abschluss der Entwicklung des Kapitalismus. Denn je umfassender die Zentralisation der Produktionsmittel und damit die Vergesellschaftung der Arbeit werden, d.h. je mehr Privatkapital in Gesellschaftskapital verwandelt wird, desto mehr steigert sich der Grundwiderspruch der kapitalistischen Wirtschaftsweise zum Widersinn und löst krisenhafte Erschütterungen von verheerender Art aus. So sprengt die Monopolisierung – die im Bunde mit hochentwickelter Technik und Chemie eine gewaltige Umwälzung der Produktionsmethoden bewirkt hat – mit ihrer ungeheuren Ausdehnung der Produktion, die weit über die Möglichkeit der Marktausdehnung hinausgeht, immer ungestümer den zu eng gewordenen Rahmen der bürgerlichen Eigentumsordnung und erfordert gebieterisch eine neue Form des ökonomischen Unterbaues, damit der Lebenszweck der Kapitalwirtschaft: die Erzeugung von Mehrwert, auch unter den veränderten Existenzbedingungen sich erfüllen kann. In der Phase des allmächtigen Kapitalmonopols ist die staatskapitalistische Wirtschaftsweise diejenige ökonomische Basis, die sich mit dem Vergesellschaftungsprozess zwangsläufig herausbildet und das historische Endstadium des Kapitalismus bedeutet. Karl Marx hat diese Entwicklung klar vorausgesehen und kennzeichnet sie u.a. folgendermaßen: „Bildung von Aktiengesellschaften bewirkt ungeheure Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion und Unternehmungen, die für Einzelkapitale unmöglich waren. Solche Unternehmungen werden gesellschaftliche. Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form von Gesellschaftskapital, im Gegensatz zum Privatkapital, und seine Unternehmungen treten auf als Gesellschaftsunternehmungen, im Gegensatz zu Privatunternehmungen. Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst […] In den Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln und an der Mehrarbeit. Es ist dies Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion, ein notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als das Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als unmittelbares Gesellschaftseigentum. Es ist andererseits Durchgangspunkt zur Verwandlung aller mit dem Kapitaleigentum bisher noch verknüpften Funktionen im Reproduktionsprozess in bloße Funktionen der assoziierten Produzenten, in gesellschaftliche Funktionen. Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise selbst und daher ein sich aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt.“ Die Weltkrise ist ein treibendes Element der staatskapitalistischen Entwicklung, die schon international vor sich geht. Ja, der Staatskapitalismus wird heute gerade in erster Linie bedingt durch die Krisenverhältnisse, deren Überwindung angestrebt wird durch die Aufhebung der privatkapitalistischen Anarchie mit Hilfe der staatlichen Wirtschaftsplanung. Die Krise hat den Kampf um die Weltmärkte und Rohstoffgebiete gesteigert und damit die machtpolitischen Gegensätze ungeheuer verschärft. Die notwendige Folge davon ist die allgemeine Aufrüstung, die aber nur möglich ist bei wirtschaftlicher Mobilisierung der ganzen Nation, vor allem industriell. Die Entwicklung wird noch beschleunigt durch das Auftreten neuer mächtiger Konkurrenten, wie z.B. Japan, wobei zunächst ein Anwachsen der nationalen Gegensätze und ein Zurückziehen der Nationen auf sich selbst zu verzeichnen ist, was aber nicht unbedingt zu einer kriegerischen Zuspitzung der Verhältnisse führt. Sondern der Weg geht folgerichtig später zur Großraumwirtschaft und Überwindung des nationalen Gegensatzes. Unter diesen besonderen von der Weltkrise geschaffenen Umständen setzt der Staatskapitalismus nicht unbedingt höchstentwickelte Produktivkräfte voraus, sondern nur eine für den Privatkapitalismus bestimmte ausweglose Krisensituation an sich. Ebenso ist nicht erforderlich die juristische Aufhebung des Privateigentums, es genügt hier schon die Einschränkung der privatkapitalistischen Rechte durch staatliche Lenkung der Produktion. Zwingende Voraussetzung des Staatskapitalismus international ist heute die Ausweglosigkeit der nationalen Krisenlösung infolge internationaler Kapitalverflechtung (gegenseitige Abhängigkeit von Rohstoffen und Absatzmarkt). Über öffentliche Subventionierung bankrotter Industrien und Banken, über Produktionsvorschriften, Außenhandelsüberwachung, Gewinnbeschneidung, usw. geht ökonomisch die staatskapitalistische Entwicklung. Wohl sind die äußeren Merkmale in den einzelnen Ländern entsprechend wirtschaftlicher Besonderheiten verschieden, doch die Grundtendenz ist die Gleiche, nämlich Einengung der privatkapitalistischen Handlungsfreiheit, staatliche Wirtschaftsplanung, totale Mobilmachung der Nation. Wichtige Beispiele dafür sehen wir im Weltmaßstabe: Nord-Amerika sucht durch den Roosevelt-Plan (Nira) die wirtschaftliche Unordnung zu überwinden. Im Vordergrund stehen staatliche Arbeitsbeschaffung, Sozialversicherung und Beseitigung der Geldherrschaft einer kleinen Kapitalskaste, die „durch übermäßige Profite eine ungerechte private Macht über öffentliche Angelegenheiten“ ausübt, Italien kontrolliert die Wirtschaft durch den Korporativstaat. Der Rat der italienischen Korporationen hat die Aufgabe, die sozialen, wirtschaftlichen und industriellen Geschicke des Volkes zu leiten sowie „unverzüglich“ die Gesamtstärke der Nation für ihre Ausdehnungsziele in der Welt zu erhöhen“. (Mussolini). In England wird die Frage einer Reformierung der ökonomischen Ordnung durch Eingreifen des Staates immer aktueller. An der Spitze der Bewegung steht Lloyd George, der eine „umfassende Landes- und Weltreichplanung nach den Bedürfnissen der Nation“ als Ziel proklamiert hat. In Frankreich hat das Kabinett Flandin einen Industrieplan aufgestellt und Maßnahmen gegen die Getreidespekulation ergriffen, um das Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsumtion wiederherzustellen. Die Regierung Mexikos hat den Munitionsarbeitern die Munitionsfabriken überlassen, die nun in Produktionsgenossenschaften umgewandelt sind. Japan errichtet ein System des Militärsozialismus, bei dem durch ökonomische und soziale Reorganisation alle gesellschaftlichen Kräfte für die Sicherung der Nation mobilisiert werden. Sowjetrussland hat die am höchsten entwickelte Form des Staatskapitalismus, wo sämtliche Produktionsmittel verstaatlicht sind, ein starres Außenhandelsmonopol existiert, sowie straffe Planwirtschaft für Industrie- und Agrar-Produktion besteht. Die staatskapitalistische Entwicklung, deren internationale Zwangsläufigkeit sich aus der Weltkrise selbst ergibt, drängt auch zur Bildung von Großraumwirtschafts-Blöcken als nächstem Versuch der Krisenüberwindung. Es ist besonders der verschärfte Kampf um die Rohstoff- und Absatzgebiete, der den kontinentalen Zusammenschluss erfordert, um die Schlagkraft gegenüber den Konkurrenzmächten zu erhöhen. So sind fünf Großräume in der Formung begriffen: Pan-Amerika, das britische Weltreich, Ostasien, die Sowjetunion und schließlich Kontinental-Europa mit seinen afrikanischen Kolonien. In Deutschland weist die kapitalistische Umgestaltung folgende Hauptmerkmale auf: Das Bankwesen steht schon seit dem großen Finanzkrach 1931 unter staatlicher Kontrolle, die inzwischen verschärft wurde durch Überwachung des Devisenverkehrs und der Kreditgeschäfte (verbunden mit allgemeiner Zinssenkung). Durch das Reichsnährstandsgesetz gibt der Staat Vorschriften über die Arten der landwirtschaftlichen Produktion (betrifft Aussaat, Anbauflächen) und garantiert bei Durchführung feste Warenpreise sowie Absatz bis zu 75%. Das Verfügungsrecht der Bauernschaft über ihre Produkte ist damit stark eingeschränkt. In der industriellen Wirtschaft regelt der Staat die Verteilung der eingeführten Rohstoffe, zentralisiert die Warenausfuhr und organisiert die Ersatzstoffproduktion (Textilien, Ölfrüchte, chemische Treibstoffe, etc.). Die Braunkohlewirtschaft ist neben der Steinkohle etc. unter Staatsaufsicht gestellt mit dem Ziel, die chemische Treibstofferzeugung zur Versorgung der Wehrmacht durch die „Braunkohle Benzin a.g.“ zu sichern, wie überhaupt die starke Abhängigkeit Deutschlands vom ausländischen Ölmarkt (1933 bis zu 73,7%) zu überwinden. Die Herstellungskosten für Rüstungsmaterial überwacht der Staat, indem das Reichswehrministerium eigene Preiskalkulationen an die Lieferfirmen einreicht. Der Produktionskontrolle und Senkung dient auch die sofortige Überführung der Bergwerke und Hüttenbetriebe des Saargebiets in Reichsbesitz nach der Rückgabe. Die privatkapitalistische Verwendung der Profite ist gesetzlich begrenzt, die Aktiengesellschaften dürfen nur noch eine Dividende bis zu 6 oder höchstens 8% ausschütten, aus der restlichen Profitmasse wird ein Fonds („Anleihestock“) gebildet, über den die staatliche Golddiskontbank das Bestimmungsrecht hat. Die staatskapitalistische Entwicklung Deutschlands erhält einen wesentlichen Antrieb durch sein Rüstungsbestreben, das zur Herstellung der nationalen Selbständigkeit in Kriegszeiten eine planmäßige Wirtschaftsweise erfordert. Deshalb auch das spezielle Interesse der Reichswehrleitung am wirtschaftlichen Umbau. Die ökonomische Neugestaltung bedeutet aber durchaus nicht allgemeine Verstaatlichung. Ausschlaggebend ist schon der bestimmende Einfluss des Staates in den lebenswichtigen Wirtschaftszentren (Schlüsselindustrien, Bankwesen, Landwirtschaft, chemische Industrie, etc.) von denen ja die übrigen Produktionszweige abhängig sind. Elastische Staatsaufsicht, „der Staat am Steuer der Wirtschaft“ (Doktor Schacht), ist das moderne staatskapitalistische Prinzip. Wie in der Geschichte jeder Veränderung der ökonomischen Grundlage eine Umgestaltung aller Einrichtungen der Gesellschaft zur Folge hat, bedingt auch die staatskapitalistische Entwicklung eine Umwälzung des gesellschaftlichen Überbaus, das heißt der politischen, sozialen, juristischen, kulturellen Einrichtungen usw. Die parlamentarische Demokratie des liberalistischen Stadiums, die ein Feld innerpolitischer Kämpfe ist, wird abgelöst durch ein Regime der eisernen Diktatur. Der Staatskapitalismus braucht zu seiner Existenz die Umschmelzung der gesellschaftlichen Interessen durch eine autokratische nationalistische Ideologie, die im Gegensatz zur nationalen Vereinsmeierei des Bürgertums alle Schichten für das Ziel der Erhaltung der Nation zusammenschweißt. Der italienische Faschismus ist das mustergültige Diktatur-Instrument zur Nationalisierung der Gesellschaft. In andern Ländern verschärft sich der Kampf um eine neue staatliche Machtorganisation in dem Maße, wie die Wirtschaftskrise den Zersetzungsprozess des liberalistischen Systems weitertreibt. Deutschland hat die faschistische Umwälzung bereits hinter sich. Der Liberalismus, der die gesellschaftliche Gruppenbildung nach parteipolitischen und wirtschaftlichen Interessen ermöglichte, ist beseitigt, und an seine Stelle ein Staatswesen der straffsten Machtkonzentration getreten, um zwischen allen Schichten der Gesellschaft die nationale Einheit herzustellen. Das neue Prinzip ist die Gleichschaltung des gesamten gesellschaftlichen Lebens unter eine allein gültige Idee, die durch die politische Herrschaft einer einzigen Partei verkörpert wird. Diese absolute Idee setzt den Willen der Staatsführung gleich mit den Interessen des Volkes, um alle in andere Zielrichtung gehenden sozialen Bestrebungen als staatsfeindlich rücksichtslos ausschalten zu können. Ob es sich nun um Gewerkschaftswesen („Arbeitsfront“), Justiz, Presse, Kunst, Wissenschaft, Kirche oder Bildungswesen handelt: überall sehen wir diese nationalistische Umformierung. Dieser ganze Umgestaltungsprozess mit seinen vielfachen Ausstrahlungen ist nichts anderes, als die Schaffung eines der staatskapitalistischen Wirtschaftsbasis entsprechenden Überbaus faschistischer Art, denn jede ökonomische Struktur der Gesellschaft bedingt eine ihr eigentümliche, politische Herrschaftsform. So geht international die Entwicklung ökonomisch zum Staatskapitalismus, politisch zum Faschismus, als dem gesellschaftlichen Überbau. Die faschistische Methode beruht im Aufbau eines Staates, der von der unbeschränkten Diktatur einer einzigen Partei repräsentiert wird (Herrschaft der absoluten Idee, Totalität der Nation), demzufolge Ablösung der formalen Demokratie durch das Führerprinzip, völlige Ausschaltung der Massen von der Leitung des gesellschaftlichen Lebens, Nationalisierung der Gehirne zur Militarisierung der Gesellschaft, Gleichrichtung der proletarischen Klasseninteressen, also Erdrosselung jeder legalen Kampfbewegung des revolutionären Sozialismus. Auch Sowjet-Russland befindet sich politisch und ökonomisch auf der gleichen Ebene. Die Gesellschaft ist hier ebenfalls dem Prinzip des totalen Staates unterworfen, und alle marxistische Terminologie der bolschewistischen Machthaber kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aufrichtung eines Parteimonopols in jedem Falle eine politische Diktatur über die Arbeitermassen bedeutet. Ferner steht die russische Staatswirtschaft - deren Grundlage ja die Lohnsklaverei ist! - in keinem ökonomischen Gegensatz zum italienischen Faschismus und zum deutschen National-Sozialismus, denn die Abschaffung des Privateigentums hat an sich noch nichts mit Kommunismus zu tun. Die Beibehaltung der Lohnarbeit in der „sozialistischen Planwirtschaft“ der Sowjetunion bestätigt nur, dass das „sozialistische Endziel“ der alten Arbeiterbewegung identisch ist mit dem historischen Ablauf der Bourgeois-Periode zum Staatskapitalismus. Der Weg zur klassenlosen Gesellschaft wird gerade durch die Lohnarbeit versperrt und nur die Aufhebung der Lohnsklaverei öffnet ihn erst. So beweist das sowjetrussische System eindeutig, dass der Staatskapitalismus auch unter „kommunistischer“ Parteifahne bestehen kann. Der Nationalsozialismus repräsentiert in Deutschland die faschistische Ära des Kapitalismus. Er forciert mit planwirtschaftlichen Anweisungen und direkten Eingriffen in den Produktionsprozess den staatskapitalistischen Umbau. Die dafür notwendige Zusammenschweißung aller Gesellschaftsschichten erfolgt unter der Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ und wird mit den Mitteln einer terroristischen Parteidiktatur durchgeführt. Die wirtschaftliche und politische Umgestaltung leidet natürlich unter dem Widerstand konservativer und kleinbürgerlicher Gruppen, die teils ihre alten Machtpositionen verteidigen, teils die Erfüllung der utopischen Propagandalosungen des n.s.-Programms verlangen. Aber die Neuausrichtung, die ja kein einmaliger Akt ist, wird sich trotz aller auftretenden Schwierigkeiten durchsetzen, weil sie im Interesse des Fortbestehens der kapitalistischen Gesellschaftsordnung selbst liegt. Von entscheidender Bedeutung dabei ist für das Hitler-Regime vor allem die national-politische Frage der militärischen Bereitschaft Deutschlands in einem künftigen Kriege, dessen riesig gesteigerten technischen Bedürfnisse die Wirtschaft vor ungeheure Anforderungen stellen werden. Hier ist eine staatliche Wirtschaftsplanung insofern notwendig, als dadurch schon im Frieden unter Beiseiteschiebung privatkapitalistischer Sonderinteressen die einheitliche Organisation aller für die Kriegsbereitschaft ausschlaggebenden Produktionszweige möglich ist. Wie die moderne Kriegstechnik den Unterschied zwischen Front und Hinterland aufhebt, so erfordert sie auch die Formierung der ganzen Nation als militarisierte Gemeinschaft. Die n.s.-Regierung hat es sich gerade zur Aufgabe gemacht, das ökonomische Fundament für die totale Mobilmachung des Dritten Reiches im Kriegsfalle zu schaffen. Ein weiteres Kennzeichen der staatskapitalistischen Entwicklung und typischer Ausdruck des Krisendilemmas ist die schon erwähnte Tendenz zur Bildung eines Europäischen Großraumwirtschafts-Blocks, der den Terrainverlust auf den zusammengeschrumpften Weltmärkten ausgleichen soll durch ein System neuer Handelsbeziehungen. Die planmäßige Wirtschaftspolitik des n.s.-Staates, die gewiss einen ökonomischen Fortschritt gegenüber der kapitalistischen Anarchie bedeutet, hat an sich mit Sozialismus nichts zu tun. Sie bezweckt ja einerseits in erster Linie die Stabilisierung des Kapitalismus in der gegenwärtigen Krisenzeit der sinkenden Profitrate, wo der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und kapitalistischer Aneignungsweise zum gewaltsamen Ausbruch kommt als verheerende Stockung des Warenumlaufs und damit der Mehrwertbildung. Andererseits dient die faschistische Diktatur der staatskapitalistischen Ära vornehmlich zur politischen Fesselung der lebendigen und größten Produktionskraft: der Arbeiterklasse. Jedoch mit der Überführung der wesentlichen Wirtschaftsunternehmungen in Staatskontrolle – bedingt durch die Vergesellschaftung des Reproduktionsprozesses – erreicht der Kapitalismus die letzte Phase seiner Entwicklung. Denn in dem Maße, wie die staatliche Leitung der Produktion die privatkapitalistische Wirtschaftsform verdrängt, wird der moderne Staat zum ideellen Gesamtkapitalisten, d. h. zum Universal-System der Ausbeutung. Wie einst die Konzentration des Kapitals die ökonomische Selbstständigkeit der Mittelschichten vernichtete, so geht es in der staatskapitalistischen Periode der Bourgeoisie selbst: Sie erweist sich nun „als überflüssige Klasse, all ihre gesellschaftlichen Funktionen werden jetzt erfüllt durch besondere Angestellte“. (Fr. Engels). Die Ära des Staatskapitalismus ist somit eine geschichtliche Vorstufe der sozialistischen Gesellschaftsordnung. Resolution der Brüsseler KonferenzDiese Ausführungen waren uns vor der Brüsseler Konferenz allerdings nicht bekannt und wir lernten sie erst kennen in der Form der Resolution, welche wir jetzt abdrucken. Resolution Die vom 8. bis 11. Juni 1935 in Brüssel tagende Konferenz internationaler rätekommunistischer Gruppen, an der unter anderem Vertreter aus Deutschland, Holland und Dänemark teilnahmen, ergab nach sorgfältigster Aussprache folgende übereinstimmende Auffassung: 1. Es bestehen aufgrund der Aussprache nach Studium der Rätekorrespondenz sowie des vorliegenden deutschen Materials keinerlei grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten über die internationalen Entwicklungstendenzen des Kapitalismus ökonomisch zum Staatkapitalismus, politisch zum Faschismus und über die Lage der Arbeiterbewegung in den einzelnen Ländern und die sich daraus ergebenden Aufgaben und ihrer notwendigen Taktik. 2. Die bestehende Kritik, speziell der deutschen Situation in der Rätekorrespondenz, Nr. 7, ist zum Teil einseitig und negativer Natur und entspricht nicht den tatsächlichen Verhältnissen. 3. Die mehr praktischen Darlegungen über „Das Werden einer neuen Arbeiterbewegung“ in Nr. 8-9 der Rätekorrespondenz, sowie die vorher bestehenden Meinungsverschiedenheiten beweisen, dass die in der Rätekorrespondenz ausgedruckten holländischen Auffassungen aufgrund ungenügender Kenntnis der Situation in den faschistischen Ländern keine klaren Vorstellungen über die wirkliche Arbeiterbewegung enthalten. Die Ausführungen über die Klasse „an sich“ und die Klasse „für sich” zeigen, dass die Darstellung der Aufgaben der Arbeiterbewegung mehr von theoretisch-philosophischen Voraussetzungen vorgenommen wird. Der Abschnitt „Die Kinderkrankheiten“ geht an den wirklichen Schwächen der neuen Arbeiterbewegung vollkommen vorbei, die z.B. auf dem Gebiete der Herausbildung bestimmter intellektueller Arbeitsgruppen mit der Grundtendenz der Beherrschung der Bewegung der Arbeiter durch diese Gruppen liegen. 4. Die bestehenden Meinungsverschiedenheiten beruhen daher zum Teil auf einer missverständlichen Auslegung und mangelnder Kenntnis der gegebenen Verhältnisse. Es besteht grundsätzlich Übereinstimmung mit den Darlegungen in der Rätekorrespondenz, Nr. 5 „Arbeiterräte und kommunistische Wirtschaftsgestaltung“ und in Rätekorrespondenz, Nr. 8-9 Abschnitt: „Massenkampf [=Klassenkampf] und Kommunismus“, S. 10-13, sowie mit den Abschnitten „Die Selbstbewegung der Massen“, S. 13-20 und „Die neue Arbeiterbewegung“, S. 21-24, wobei sich in den beiden letzten Abschnitten noch bestimmte idealistische Schwächen bemerkbar machen. Als gemeinsame Grundauffassungen wurden herausgestellt: Der Versuch der einzelnen nationalen Bourgeoisien, die Wirtschaftskrise mit den alten privatkapitalistischen Methoden der Krisenüberwindung zu beheben, ist im Wesentlichen fehlgeschlagen und hat zu einer weiteren Verschärfung der Weltkrise allgemein geführt, wobei örtliche Strukturveränderungen der Krise zu verzeichnen sind. Die Unmöglichkeit der privatwirtschaftlichen Krisenüberwindung führt zu einer Verstärkung der internationalen Tendenz, der Ablösung der privatwirtschaftlichen Anarchie durch staatskapitalistische Planwirtschaft. Mit dieser Entwicklung geht der Vergesellschaftungsprozess des Kapitalismus seiner höchsten Vollendung entgegen und erreicht die Bourgeois-Epoche ihren historischen Abschluss. Das staatskapitalistische Wirtschaftssystem drückt sich im wesentlichen ökonomisch durch Gleichschaltung der verschiedenen Klasseninteressen zur einheitlichen Wirtschaftsgestaltung aus, wobei die privatkapitalistische Initiative zugunsten der staatskapitalistischen aufgehoben wird. Diese staatskapitalistische Entwicklung setzt nicht unbedingt die Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, wie das in Sowjetrussland geschehen ist, voraus, sondern äußert sich schon in der Lenkung und Planung der Wirtschaft durch den Staat. Entsprechend dieser ökonomischen Strukturveränderung ändert sich auch der gesellschaftliche Überbau. So ist der Faschismus Ausdruck der Nationalisierung der Gehirne, Ausschaltung des Mitbestimmungsrechtes der Massen durch das autoritäre Führerprinzip, Militarisierung der gesamten Nation, Diktatur einer Partei über die Massen, wobei die Parteidiktatur bolschewistisch, sozialistisch, demokratisch, bürgerlich, nationalistisch sein kann. Diese allgemeine Entwicklung führt zur Überwindung der früheren Klassenschichtung der bürgerlichen Gesellschaft in Großbourgeoisie, Mittelschichten (Bauern, Krämer, Beamte usw.) und Proletariat und zur Herausbildung zweier sich krass gegenüberstehenden gesellschaftlichen Gruppierungen, der Klasse der Besitzer der Produktionsmittel als Partei- Wirtschafts- und Staatsapparat und der ungeheuren Mehrheit der Bevölkerung als ausgebeutete, verelendete Massen der Produzenten. Die Herausbildung der staatskapitalistischen Plan- und Großraumwirtschaft weist ebenfalls eindeutig die Identität des sozialistischen Endzieles der alten Arbeiterbewegung mit diesem historischen Ablauf der Bourgeoisie-Epoche nach. Und gerade mit dieser notwendigen Entwicklung offenbart sich mehr und mehr für die arbeitenden Klassen die Erkenntnis, dass die neue Wirtschaftsgestaltung grundsätzlich anderer Natur sein muss, wie die sozialdemokratische, bolschewistische Zielsetzung über sozialistische Planwirtschaft, die, genau wie die kapitalistische, auf Lohnarbeit beruht. Solange jedoch Lohnarbeit besteht, herrscht kapitalistische Wirtschaft. Die staatskapitalistische Entwicklung überbrückt folgerichtig in der Herausbildung der Planwirtschaft die nationalen Gegensätze und erfordert die Bildung von Großraumwirtschaften. Der kapitalistische Konkurrenzkampf verschiebt sich damit mehr und mehr auf das Gebiet des Kampfes ganzer Kontinente gegeneinander. Die Überwindung der nationalen Gegensätze im kontinentalen Rahmen ist daher nur eine Frage der Zeit, deren Ablauf bestimmt wird von der Notwendigkeit, eine Zusammenarbeit im Rahmen der Großraumwirtschaft herbeizuführen. Die Großraum-Planwirtschaft ist somit eine Überwindung des alten kapitalistischen Krisenmechanismus, der im Konkurrenzkampf um die vorhandenen und in der Erschließung neuer Absatzmärkte beruhte. Die explosionsartigen, wellenhaften Krisenerschütterungen werden mehr und mehr verschwinden. An ihre Stelle tritt die latente sich stetig verschärfende Krise, die zu einer langsamen aber unaufhörlichen Verelendung der Massen der Produzenten führt. Die Entwicklung des Klassenkampfes wird damit in der Zukunft weniger bestimmt durch die vorübergehenden, sich stetig verändernden Krisenerschütterungen, als vielmehr durch die Zuspitzung der Klassengegensätze der ausgebeuteten, verelendeten Klassen gegen die parasitäre Bürokratie des Partei-, Wirtschafts- und Staatsapparates. Die Überwindung der Klassengegensätze durch die proletarische Revolution ist nur möglich als Selbstbefreiung der Klassen. Nur dadurch, dass die Massen in jeder Phase die Initiative und die Leitung ihrer Kämpfe selbst in Händen haben, ist die Überwindung jeglicher Bevormundung und Führung der Massen gegeben. Die Selbstbefreiung ist zugleich eine der wesentlichsten Voraussetzungen bei der Neugestaltung der Wirtschaftsverhältnisse. Dadurch, dass die Klassen sich selbst befreien, schulen sie sich für die selbsttätige Leitung des Wirtschaftsprozesses; und die Methode des direkten und unmittelbaren Verfügungsrechtes der Produzenten über die Produktionsmittel und Produkte zu finden, ist nur mittels der Räte und Betriebsorganisationen möglich. Nur durch die Abschaffung jeglicher Art Lohnarbeit ist die restlose Überwindung jeder kapitalistischen Wirtschaftsweise gewährleistet. So treten als unmittelbare Aufgaben der Bewegung der Arbeiter zu ihrer Selbstbefreiung von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung, die Abschaffung der Lohnarbeit und ihre Ersetzung durch die Arbeitszeitrechnung und die Ausübung des direkten Verfügungsrechtes der Produzenten über die Produktionsmittel und Produkte als Grundlage der neuen Wirtschaftsgestaltung auf. Die nächsten Aufgaben der Kommunisten beruhen in der Durchsetzung folgender Erkenntnisse: Die neue Arbeiterbewegung muss nicht nur die Lehren der Pariser Kommune und der russischen Revolution 1905 und 1917 und die Erfahrungen der Entwicklung bis zur Jetztzeit anerkennen, sondern vor allem auch praktisch anwenden. Denn die Zerschlagung des Staatsapparates und die Vereinigung der bestimmenden und ausführenden Gewalt bei den Massen unter jederzeitiger Kontrolle der Räte durch sie ist nur möglich durch praktische Anwendung des Räteprinzips in allen sich entwickelnden Kämpfen der Arbeitermassen. Deshalb ist es die Aufgabe der rätekommunistischen Gruppen in allen noch nicht faschisierten Ländern, die selbständige Leitung dieser Kämpfe zu propagieren und darüber hinaus die Ausbreitung aller Kämpfe über ihren örtlichen und beruflichen Rahmen zu Massenkämpfen anzustreben und selbst handelnd mit einzugreifen. Daneben ist die Bewusstmachung der Massen über die wirklichen Aufgaben des Arbeiterkampfes in Bezug auf die wirtschaftliche Neugestaltung und Ablösung der Lohnarbeit durch Arbeitszeitrechnung möglichst intensiv und allgemeinverständlich der Ideologie der Arbeiter angepasst, propagandistisch zu betreiben. Unter Ausnutzung der Erfahrungen der Bewegung in den faschistischen Staaten müssen sie sich schon jetzt auf die Illegalität vorbereiten und alle dementsprechenden Maßnahmen ergreifen. Die Aufgaben in den faschistischen Ländern bestehen darin: 1. Die organisatorische Sicherung der Arbeiterbewegung durch Ausbau des Gruppensystems (bis zu Dreiergruppen) durch Aufhebung aller alten Arbeitsmethoden und Abstoßung unbrauchbarer und unzuverlässiger Verbindungen (Vernichtung alles Organisationsmaterials und überflüssiger Literatur etc.) vorzunehmen. 2. In diesen Gruppen sind die Grundlagen des Arbeiterkampfes, wie sie allgemein für die Arbeiterbewegung bereits aufgezeigt wurden (staatskapitalistische Entwicklung, Arbeitszeitrechnung, Räteprinzip etc.), zu klären und anzuwenden. 3. Die örtlichen Verhältnisse und die wechselnde Zusammensetzung der Gruppen bedingen eine von Fall zu Fall neu anzuwendende Arbeitsmethode. 4. Formen und Methoden zur Gewinnung jetzt abseits oder im gegnerischen Lager stehenden Massen herauszuarbeiten (individuelle Propaganda, Vermeidung der Schlagwortpropaganda, neue Erklärungen der alten Begriffe durch den veränderten Verhältnissen angepasste Worte usw.). Die internationalen Aufgaben der Rätekommunisten beruhen:– in der Ausarbeitung gemeinsamer Auffassungen und Losungen der internationalen Entwicklung zum Staatskapitalismus und die durch ihn bedingte Faschisierung aller Länder, Aus diesen grundsätzlichen Erkenntnissen schlagen wir konkret vor: 1. eine straffere internationale Zusammenarbeit durch öftere Aussprachen herbeizuführen, Genossen! Hier sind in kurzen Zügen die Grundlagen der neuen Arbeiterbewegung entwickelt worden. Nehmt sofort ausführlich zu allen aufgeworfenen Fragen Stellung. Helft alle mit zäher unermüdlicher Zusammenarbeit, das Banner des internationalen Rätekommunismus zu errichten. Schafft von Euch aus alle Voraussetzungen für die internationale Erstarkung der Rätebewegung, und ihr stärkt damit den schweren Kampf der Genossen in den faschistischen Ländern. Damit aber erleichtert Ihr auch Euren eigenen Kampf zur Vorbereitung der kommenden allgemeinen Illegalität der Arbeiterbewegung. Schreckt nicht vor den vor Euch stehenden Schwierigkeiten zurück, denn der endliche Sieg ist der rätekommunistischen Bewegung sicher. Es lebe die internationale rätekommunistische Bewegung! Internationaler Hilfsfond 1. Aus Zweckmäßigkeitsgründen wird ab 1. August 1935 laufend die Solidarität für die Emigranten etc. der rätekommunistischen Bewegung zentral geregelt, als Zentralstelle soll die G.I.K. Hollands fungieren. Antwort der G.I.K.-H.Den ersten Teil der Antwort (Resolution der g.i.k.-h. zur Brüsseler Konferenz), der sich mit dem ersten Teil der Resolution befasst, lassen wir weg, weil die grundsätzlichen Differenzen dadurch nicht berührt werden. […] Es ist hierbei notwendig darauf hinzuweisen, dass in der Rätekorrespondenz verschiedentlich theo-retische Arbeiten von linkskommunistischen Gruppen zum Abdruck gebracht wurden, die in den meisten Punkten mit der Auffassung der holländischen Gruppen übereinstimmen, u.a. die „Thesen über den Bolschewismus“. Die verschiedenen Gruppen in Deutschland aber (darunter die, welche von dem Genossen auf der Konferenz vertreten wurden) bekämpfen sich untereinander. Hier zeigt sich in der Praxis die Auswirkung der theoretischen Grundauffassung der holländischen Gruppen. Wir bringen in der Rätekorrespondenz theoretische Arbeiten von verschiedenen, einander bekämpfenden Gruppen zum Abdruck, Arbeiten, die umstrittene Fragen des Klassenkampfes behandeln. Wir helfen so bei der Klärung der strittigen Fragen und dadurch bei der Vereinheitlichung und Erstarkung der Arbeiterklasse im revolutionären und kommunistischen Sinne. Aber das ist nur möglich, weil wir uns nicht nach diesem oder jenem Parteiprogramm orientieren, sondern bemüht sind, alle aktuellen Fragen des Klassenkampfes stets erneut marxistisch und nach historisch-materialistischer Methode zu prüfen. Aber wir wissen auch, dass diese unsere Praxis von der in der alten Arbeiterbewegung üblichen abweicht, und, wenn neue revolutionäre Gruppen mit uns zusammenarbeiten, aber auf diesem Gebiete die alte Arbeiterbewegung noch nicht überwunden haben, wir damit in Widerspruch geraten. Dieser Fall ist jetzt eingetreten und durch die Konferenz und ihre Resolution deutlich geworden. Durch die ganze Resolution läuft wie ein roter Faden das Bestreben [?] im internationalen Maßstabe aufzubauen. Zuerst wird festgestellt, dass man in allen grundsätzlichen Fragen übereinstimme; in diesem und jenem genügte zwar nicht die Formulierung (siehe Ziffer 3 und 4, S. 20-21) aber dafür werden öfter internationale Aussprachen und schließlich eine allgemeine Diskussion zur Formulierung eines internationalen Programms vorgeschlagen (siehe 1 und 6, S. 24). Ist einmal dieses internationale Programm geschaffen, dann muss ein internationales Sprachrohr zur Propagierung dieses Programms geschaffen werden (Ziffer 2, S. 24). Es folgt dann das internationale Komitée zur festeren Zusammenfassung der internationalen Arbeit (Ziffer 3), „organisatorische und finanzielle Maßnahmen“ (Ziffer 4) und Verpflichtung zu gegenseitiger internationaler Publikation und Unterstützung. Die neue, 5. oder 6. Internationale ist hier schon im rohen Umriss vorhanden, es ist nur noch nötig, nach einigen Besprechungen ihr eine konkrete Form zu geben und die internationale Parteiarbeit auf der Grundlage des angenommenen Programms kann beginnen. Es liegt nicht im Rahmen dieser Auseinandersetzung, hier den Nachweis zu erbringen, dass damit wieder der Weg der alten Arbeiterbewegung beschritten wird. Wir beschränken uns hier darauf festzustellen, dass eine solche Auffassung über die Aufgaben der neuen Arbeiterbewegung mit der der holländischen Gruppen in Widerspruch steht. Das heißt also mit dürren Worten, dass die holländischen Gruppen für eine derartige internationale Zusammenarbeit nicht zu haben sind. Wir sind nicht der Meinung, dass eine internationale „Räteorganisation“ geschaffen werden muss mit einem fixen und fertigen Programm, in welche Räteorganisation nachher alle diejenigen eintreten, die sich zu ihrem Programm bekennen. Wir sind der Meinung, dass revolutionäre Arbeiter überall in der Welt selbständige Gruppen bilden müssen zu dem Zwecke, um sich selbst zu entwickeln, selbst zu orientieren und dadurch selbständig werden. Mit dem Bekenntnis zu einem Partei- oder Räteprogramm wird dieses Selbständigwerden unterbunden. Wir sind übrigens auch der Meinung, dass gerade unter Verhältnissen wie in Deutschland nur solche selbständigen Gruppen möglich sind. Der Aufbau einer straffen internationalen Organisation, durch ein Programm zusammengehalten, wird sich als Illusion erweisen. Die Arbeiterklasse selbst muss imstande sein, sich fortwährend immer aufs Neue orientieren zu können; sie muss die gesellschaftlichen Verhältnisse analysieren und durchschauen können, mit einem Wort: sie muss selbst tun, was Parteien und Führer für sie glaubten tun zu müssen. Das aber kann nur geschehen, wenn in selbständigen Gruppen dieses „selbst Orientieren“ ständig getan und zur täglichen Praxis wird. Was können wir dabei tun? Wir können diese Erkenntnis propagieren, nämlich dass die neue Arbeiterbewegung notwendig diese Entwicklung nehmen muss, wenn die Arbeiterklasse zum Siege gelangen soll. Was heute sporadisch, oder wo in größerem Ausmaß doch nur spontan geschieht, das muss bewusst geschehen und als Notwendigkeit erkannt werden. So wie wir in revolutionärer Zeit (1919-1920) die selbständigen Betriebsorganisationen als das Instrument zur Beherrschung der Produktion erkannt haben, so erkennen wir jetzt in den selbständigen Diskussions- und Propagandagruppen das Instrument zur verstandesgemäßen Beherrschung der gesellschaftlichen Kräfte. Diese Erkenntnis gilt es zu propagieren und zu verbreiten. Das ist die eine Seite unserer Tätigkeit. Die andere ist, dass wir zeigen, wie solche Gruppen arbeiten müssen, worin das Wesentliche ihrer Tätigkeit besteht und welche Methode sie anwenden müssen, um ihre Aufgabe zu bewältigen. Wir müssen selbst so eine Gruppe sein. Der zweite Teil der Resolution erbringt schon den Beweis, dass die Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse selbst in dem kleinen Kreis der auf der Konferenz vertretenen Gruppen verschieden ist. Dort, in der Resolution, wird die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft zum Staatskapitalismus festgestellt und die Schlussfolgerung gezogen, dass die „Großraumwirtschaft im kontinentalen Maße“ als Planwirtschaft sich durchsetze. Des weiteren wird als Meinung ausgesprochen, dass damit der Kapitalismus den ihn zerrüttenden Konkurrenzkampf in diesem Raume überwinde. Wir fügen hinzu und fragen: Was steht im Wege, die Gedankenkonstruktion zu Ende zu führen und zu behaupten, dass schließlich, wenn die kontinentalen Gegensätze ausgekämpft sind (die Resolution nimmt an, dass, um diesen Kampf zu führen, die Gegensätze innerhalb der Kontinente durch Staatskapitalismus überwunden werden), der Kapitalismus durch Planwirtschaft im Weltmaßstab den Konkurrenzkampf ausschalten und seine Krisen überwinden wird? Bis jetzt haben wir eine solche Kennzeichnung der kapitalistischen Entwicklung nur bei den Sozialdemokraten angetroffen, wenn auch mit dem Unterschied, dass die Sozialdemokraten diese vermeintliche Entwicklung begrüßen, weil sie dem Sozialismus „die Wege ebne“, während die Resolution sie überwinden will durch die kommunistische Revolution. Die Gruppen in Holland weisen diese Analyse als falsch und unmarxistisch zurück. Wir haben seit Jahr und Tag in unseren Schriften das gerade Gegenteil nachgewiesen, nämlich dass der Kapitalismus von einer Krise in die andere taumelt, ja, wir brachten, und bringen noch Auseinandersetzungen unserer amerikanischen Genossen, die den Begriff von der „permanenten Krise“ prägen, und die sagen, dass Kapitalismus und Planwirtschaft Gegensätze sind, wovon der eine den anderen ausschließt. Dass die g.i.k. Holland also eine solche Auffassung über die Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft zum Staatskapitalismus nicht teilt, dürfte sowohl dem holländischen Vertreter auf dieser Konferenz als auch den übrigen Teilnehmern bekannt sein. Dass sie trotzdem als „gemeinsame Grundauffassung“ angenommen wurde, können wir nur bedauern. Diese Analyse der kapitalistischen Entwicklung ist keine Analyse im marxistischen Sinne, weil sie von der Ausnahme ausgeht, dass durch organisatorische und politische Maßnahmen der Staatsgewalt die inneren Widersprüche des Kapitalismus überwunden und planmäßig geordnet werden können. Die marxistische Analyse dagegen geht davon aus, dass die inneren Widersprüche des Kapitalismus (u.a. Konkurrenzkampf) zugleich sein Lebenselement sind. Nimmt man nun an, dass diese Widersprüche durch Plan- und Großraumwirtschaft im Staatskapitalismus überwunden werden, dann kann man in einer solchen Wirtschaft auch nicht mehr von Kapitalismus sprechen. Man ist dann zu Hause in der faschistischen Vorstellung, die glaubt, durch die Allmacht des faschistischen oder nationalsozialistischen Parteistaates die Kapitalherrschaft zu überwinden. Hier werden die Besitzer und Beherrscher der Produktionsmittel – private Unternehmer, Trust und Monopolherren usw. – zu Führern, und die von ihnen beschäftigten Lohnarbeiter zur Gefolgschaft umbenannt. Die Vorstellung ist feudalen Zuständen entlehnt und daher utopisch; sie ist unfähig etwas an der kapitalistischen Wirklichkeit mit all ihren Widersprüchen und den daraus folgenden Krisen zu ändern. Auch die sozialdemokratische Vorstellung von der Überwindung der kapitalistischen Krisen durch internationale Vertrustung des Kapitals („Generalkartell“ von Hilferding) ist utopischen Charakters. Auch hier erscheint die Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft als ein Konzentrationsprozess, der von Personen, den Kapitalbesitzern vollzogen wird. Sie, die Kapitalbesitzer, sind durch ihren Kapitalbesitz zugleich Kommandeure von Produktionsprozessen. Wird nun dieses Kommando über die kapitalistische Produktion durch die Kapitalkonzentration in „einer Hand“ vereinigt, dann ist nach der Hilferdingschen Auffassung in diesem generalen Kommando das Ziel der kapitalistischen Entwicklung erreicht. Das kapitalistische generale Kommando kann dann keine kapitalistischen Ziele mehr verfolgen, es ist selbst Endresultat der kapitalistischen Entwicklung. Darum muss es nun planmäßig die Wirtschaft leiten, – nicht mehr kapitalistisch, chaotisch, im gegenseitigen Konkurrenzkampf, der die inneren Widersprüche auf immer höherer Stufenleiter reproduziert – sondern nach neuen, sozialistischen Zielen. Natürlich sind die Sozialdemokraten der Meinung, dass sie die sozialistischen Ziele besser kennen als die Kapitalbesitzer; ihr Streben ist, das generale Kommando selbst zu übernehmen. Es ist wohl kaum nötig hierbei zu sagen, dass die Bolschewiki (Lenin) diese sozialdemokratische Auffassung vollkommen teilen. Was sie von den offiziellen Sozialdemokraten unterscheidet, ist nur die Art und Weise, wie sie den Kommandowechsel vollzogen: Die Bolschewiki auf revolutionärem Wege und die Sozialdemokratie auf dem Wege der bürgerlichen Demokratie. Der geschichtliche Ablauf erscheint hier, ebenso wie in der faschistischen Vorstellung, als die Handlung von Personen: Heute: Kapitalbesitzer, handelnd nach kapitalistischen Motiven, die schließlich ihr Ziel finden in der vollendeten Kapitalkonzentration, – morgen: Parteiführer, revolutionärer Diktator, zentral geleitete ökonomische Organisation, handelnd nach sozialdemokratischen, kommunistischen, nationalsozialistischen Parteiprogrammen. Die marxistische Analyse dreht diese Vorstellung um und stellt sie vom Kopf auf die Füße. Sie zeigt, dass die kapitalistische Produktionsweise wesentlich in der Trennung der unmittelbaren Produzenten von ihren Arbeitsbedingungen, bei gleichzeitiger gesellschaftlicher Produktion, besteht. Die Produktionsmittel gehören Nichtarbeitern, die Arbeiter selbst können damit nur produzieren, indem sie ihre Arbeitskraft und damit sich selbst als Arbeiter an die Besitzer der Produktionsmittel verkaufen. Die Arbeiter werden dadurch selbst zu einem Mittel, um zu produzieren, zu einem Produktionsmittel aus Fleisch und Blut in den Händen der Kapitalisten. Die kapitalistische Produktionsweise ist demnach ein bestimmtes Verhältnis der Menschen untereinander, und zwar in Hinsicht darauf, wie sie sich zu der Reproduktion ihrer Lebensbedingungen verhalten. Aus diesem Verhältnis, das historisch gegeben ist, erwächst die Konzentration des Kapitals als eine Naturnotwendigkeit, denn sie ist wesentlich nichts anderes als die Trennung der Produzenten von ihren Arbeitsmitteln bis zum Äußersten durchgeführt. Man kann auch ebenso gut sagen, dass sich das kapitalistische Produktionsverhältnis der Menschen untereinander – das wesentlich in der Enteignung der Produzenten besteht – auf immer höherer Stufenleiter sich vollzieht. In dieser Analyse erscheinen die, die Konzentration des Kapitals vollziehenden Kapitalbesitzer, als handelnde Personen in einem sich notwendig vollziehenden Prozess, in der Entwicklung des kapitalistischen Verhältnisses der Menschen zueinander. Und diesen Prozess, aus dem alle inneren Widersprüche der kapitalistischen Wirtschaft hervorgehen, kann man nicht auf einer beliebigen Entwicklungshöhe durch Planung stillsetzen oder in seinem Ergebnis verändern, ebenso wenig als man verändern kann, dass Feuer Wärme entwickelt und den Brennstoff verzehrt. Solange sich die gesellschaftliche Produktion in den Formen der Enteignung der Produzenten und der Aneignung ihres Arbeitsproduktes durch Nichtarbeiter vollzieht, solange reproduziert sich auch diese Aneignung auf immer größerer Stufenleiter, und solange werden auch die Kapitalbesitzer untereinander um die Beute kämpfen. Das gilt für Staatsplanwirtschaft im nationalen, kontinentalen oder Weltmaßstab (ob unter nationalsozialistischer, sozialdemokratischer oder bolschewistischer Führung ist dabei gleichgültig) ebenso gut wie für die Mammuth-Kapitalorganisation, die der Sozialdemokrat Hilferding in seinem Generalkartell zeichnete. Die in der Resolution geschilderte Entwicklung zur Plan- und Großraumwirtschaft geht offensichtlich davon aus, dass die Planung auf dem Wege durch die Staatsgewalt erreicht werden könne. Insofern ist ihre Darstellung von der kapitalistischen Entwicklung wesentlich dieselbe als diejenige der Planwirtschaftler. Sie unterscheidet sich nur davon, dass sie als Folge dieser vermeintlichen Planwirtschaft einen immer schärferen Gegensatz zwischen Kapitalbesitzer und Lohnarbeiterklasse voraussagt. Diese Voraussage kommt ziemlich unvermittelt, denn wenn man die Planung im Kapitalismus für möglich hält, dann ist darin doch sicher auch die Lebenslage der Arbeiterklasse miteingeschlossen. Eine Planwirtschaft, die damit keine Rechnung hält, ist auch, wenn man Staatsplanwirtschaft für möglich hält, nicht denkbar. Wir müssen demnach annehmen, dass man sich die Planwirtschaft vorstellt als ein durch die Allmacht des Staates erzwungenes Zusammenschmieden der besitzenden Klasse, deren Konkurrenzkampf unterbunden wird und die ihren Gewinnanteil schließlich durch den Staat zugewiesen bekommt. Auf der anderen Seite wird, auch durch die Allmacht des Staates, den Lohnarbeitern ihr Anteil am Produkt zugewiesen, und zwar, wie die Resolution annimmt, ein immer kleiner werdender Anteil. Abgesehen von der Unsinnigkeit der ganzen Vorstellung, wenn man die Planwirtschaft im Kapitalismus für möglich hält und zugleich die Verschärfung der Klassengegensätze voraussagt, ist kein anderer Schluss möglich. Aber warum muss denn der Anteil der Lohnarbeiter kleiner werden? Die Bolschewiki und auch die Nationalsozialisten versprechen den Arbeitern, dass ihre Lebenslage besser werden soll, wenn nur erst einmal der sozialistische Aufbau im Rahmen der Planwirtschaft genügend fortgeschritten ist. Woraus kann die Auffassung, in der Resolution niedergelegt, es ableiten, dass diese Staatsplanwirtschaft nur schärfere Ausbeutung bringen könne, wenn sie doch diese Planwirtschaft für möglich hält? Liegt es an den schlechten Führern der Nationalsozialisten oder der Bolschewiki, oder an dem verkehrten Programm, oder an dem auf die Verelendung der Arbeiter gerichteten Plan, dass die Ausbeutung der Arbeiter verschärft wird? Nein, wird man antworten, die beste Führung und Planwirtschaft kann nichts daran ändern, dass sich die Ausbeutung und der Gegensatz zwischen Besitzer- und Lohnarbeiterklasse verschärft, denn das Kapital verlangt seinen Profit. Das heißt aber mit anderen Worten, dass sich die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise durchsetzen entgegen aller Planwirtschaft. Mit der Äußerung der letzten Ansicht stößt man die erste, die Planwirtschaft im Kapitalismus für möglich hält, wieder um; die eine Auffassung schließt die andere aus […] Diese Antwort wurde nun von Genossen in Amerika, Dänemark und Deutschland angegriffen. Die Amerikaner brachten ihre Kritik in demselben Artikel, wo sie sich an der Diskussion über „Das Werden einer neuen Arbeiterbewegung“ beteiligen. Um die Sache nicht zu verwirren, haben wir sie abgetrennt und den ersten Teil in Rätekorrespondenz, Nr. 15 abgedruckt. Die deutschen Genossen übten ihre Kritik in einem Rundschreiben, aus dem wir nur das Prinzipielle entnehmen, um den Standpunkt der deutschen Genossen klar hervorzuheben. Wir bringen im Folgenden erst die Erwiderungen der amerikanischen Genossen. Erwiderungen der amerikanischen GenossenIV. Neben diesen eben behandelten Fragen warfen die Thesen der Brüsseler Konferenz (CouncilCorrespondence, Vol. I, No. 11) noch weitere Momente in die Diskussion. Die Frage des Zentralismus und die der staatskapitalistischen Tendenzen. Schon n.n. hat in seiner Kritik die Frage des Zentralismus berührt, und die Ausführungen der Holländer werden tatsächlich durch den Mangel an genügender Behandlung dieses Problems geschwächt. Die praktischen Forderungen der Brüsseler Thesen nach besserer Durchorganisierung der Arbeitsgruppen und illegalen Formationen zu deren Sicherung und Wirkungserhöhung, für den Ausbau der internationalen Verbindungen und der besseren Koordination, um die Ausarbeitung programmatischer Richtlinien zwecks Klärung und Orientierung im Interesse eines mehr einheitlichen und rationelleren Vorgehens usw., diese Forderungen werden von uns ebenfalls im vollsten Maße vertreten. Die gegen sie gerichtete Kritik der Holländer (Council Correspondence, Vol. II No. 1), welche sich als Einspruch gegen die mit dieser Koordination notwendig verbundene Zentralisation der Bewegung äußert, trifft unser vollstes Befremden. Was wir diesbezüglich aus den Brüsseler Thesen herauszulesen imstande sind, sind die einfachsten, praktischen und selbstverständlichen Schritte zur Lösung der uns gestellten Aufgaben. Das skeptische „Aha! Eine neue Fünfte oder Sechste Internationale!“ der Holländer erscheint uns unangebracht und muss anderen, ungenannten Dingen entgegengesetzt sein, denn die Thesen selbst rechtfertigen solchen Einspruch nicht. Die Selbständigkeit der Arbeitsgruppen wird durch eine organisierte Zusammenfassung nicht aufgehoben, ja, ohne diese ist jede Arbeitsgruppe über kurz oder lang zum Tode verurteilt. Selbständigkeit und Zentralisation, obwohl Gegensätze, sind dennoch unvermeidliche Gegensätze, und die Marx’sche Lehre von der Einheit der Gegensätze sollte bereits genügen, um die „für oder gegen“ Argumentation als nutzlos aufzuzeigen. Praktisch können auch die Holländer nicht umhin, das zu tun, was die Brüsseler Thesen vorschlagen; es sei denn, dass sie überhaupt auf jede wirkliche revolutionäre Arbeit verzichteten. Die Angst der Holländer, dass die Befolgung der Brüsseler Vorschläge zu einer Diktatur der Zentrale über die Gruppen führen würde, was deren Selbständigkeit beschneiden müsste, ist die Angst vor dem Leben selbst. Man kann nicht Dinge ablehnen, nur weil sie Gefahren in sich bergen, man muss in den Verhältnissen, so wie sie sind, arbeiten und sich in ihnen und trotz ihrer durchzusetzen versuchen. Mit der fortschreitenden Monopolisierung des Weltkapitalismus, der permanenten Krise und der Periode der Weltkriege verschwinden die nationalen Besonderheiten in Bezug auf den proletarischen Klassenkampf in den verschiedenen Ländern. Die Internationalisierung des Kapitals und die weltweite Überakkumulation erzeugten in allen fünf kapitalistischen Ländern dieselben objektiv-revolutionären Verhältnisse. In den einzelnen kapitalistischen Ländern unterscheiden sich die Aufgaben und Ziele der Arbeiter im Wesentlichen nicht. In Amerika lässt sich tatsächlich nichts anderes vertreten wie in England und Deutschland: der Sturz des Kapitals und der Kommunismus. Auch in den u.s.a. ist bereits die Möglichkeit ausgedehnterer reformistischer Aktivität nicht mehr möglich. Die weitgehendste Forderung ist auch hier zur realsten geworden. Damit ist die materielle Basis eines einheitlichen Klassenkampfprogramms für alle entwickelten kapitalistischen Länder gegeben. Dieses Programm, beschränkt wie jedes Programm, kann nur die prinzipiellen, allgemeineren Richtlinien enthalten. Es kann nicht mehr Einfluss auf die einzelnen Gruppen ausüben, als eben die Vermittlung der Gewissheit, dass überall Kräfte in unserer Richtung wirken. Es kann praktisch nur jede einzelne Gruppe in ihrer Entwicklung fördern. Unter den heutigen Bedingungen ist es ja gänzlich ausgeschlossen, dass sich eine neue Internationale als Kopie der bisherigen entwickeln kann. Die beiden überholten Internationalen waren, in allen ihren Aspekten, an das Vorhandensein der Demokratie in mehreren Ländern und damit an eine relative Stabilität der kapitalistischen Ökonomie gebunden. Unter den heutigen ökonomischen Bedingungen ist selbst die formelle Demokratie eine Unmöglichkeit, womit auch solche Gebilde, wie die bisherigen Internationalen, unmöglich werden. Wie albern wirken deshalb Trotzkis Versuche, durch Beschlüsse eine neue Internationale aus der Erde zu stampfen. Auch wir sind heute außerstande, eine Internationale zu bilden, die den von den Holländern gefürchteten Einfluss auf die Gruppen ausüben könnte. Die Frage der Räte-Internationale ist gar nicht akut; worum es sich dreht, ist die Ausnutzung der, wie immer beschränkten doch möglichen internationalen Zusammenarbeit unserer Gruppen. Eine Internationale hängt nicht von dem Beschluss zu ihrer Bildung ab, und wird auch nicht durch einen Einspruch verhindert. Die Räte-Internationale kann, in unserer Auffassung, nur das Resultat einer neuen weltrevolutionären Welle sein, die, so wie heute die Dinge liegen, Wahrscheinlichkeit erst im Gefolge des heraufziehenden neuen Weltkrieges hat. Oder aber die internationale Krise müsste sich so rapide vertiefen, dass sie die Aktionsfähigkeit des Kapitals in ungekanntem Masse lahmlegen müsste, was jedoch weniger Wahrscheinlichkeit für sich hat als ein baldiger Krieg. Mit den Verfassern der Brüsseler Thesen wollen auch wir, so weit wie möglich, eine bessere internationale Zusammenarbeit, und die damit verbundenen organisatorisch-technischen Dinge erscheinen uns so selbstverständlich, dass wir glauben, sie der Korrespondenz der einzelnen Gruppen überlassen zu können. Was für die bessere Zusammenarbeit im internationalen Maßstabe gilt, hat noch mehr Geltung für die Arbeitsgruppen in den einzelnen Ländern. Kann die alte Arbeiterbewegung auf Grund objektiver Unmöglichkeiten nicht neu erstehen, so können auch die mit ihr verbundenen Gefahren nicht in der neuen Arbeiterbewegung erneut auftauchen. Ohne Zweifel wird die neue Arbeiterbewegung ihre eigenen Unannehmlichkeiten und Gefahren haben, aber die der vergangenen Bewegung werden es nicht sein. Die so absolute und damit falsche Fassung der Forderung nach Selbständigkeit der Gruppen durch die Holländer, ist nicht nur unmarxistisch, sondern praktisch auch unmöglich. In Wirklichkeit können auch die Holländer nicht umhin, die nationalen und internationalen Arbeitsgruppen zusammenzufassen und damit bestimmte zentrale Funktionen zu schaffen. Und praktisch – selbst läge der Brüsseler Konferenz ein solcher Wille vor – so wäre sie doch außerstande, der neuen Arbeiterbewegung den Zentralismus der bisherigen zu überschreiben. Notwendig ist, die Zentralisierung zu ermöglichen, ohne damit die selbständige Entwicklung der Gruppen zu behindern, und dies ist nicht nur nötig, nichts anderes ist möglich. Wie die Gruppe so ist auch jeder zentrale Apparat durch die heutigen Bedingungen im weitgehendstem Maße gehindert, sich permanente Machtmittel zu schaffen, und die ekelhafte Tätigkeit der bisherigen zentralisierten Arbeiterbewegung zu wiederholen. V. Die holländische Antwort auf die Brüsseler Thesen spricht von zwei verschiedenen Ausgangspunkten, die beide Auffassungen trennen. Den Brüsseler Thesen sollen nach Ansicht der Holländer ausschließlich die aktuellen Probleme der deutschen illegalen Bewegung zugrunde liegen, der holländischen Auffassung jedoch die weiterreichende allgemeine Einstellung zu den Problemen des Kommunismus, wie sie in den bisherigen Publikationen der holländischen Gruppe zum Ausdruck kamen. Die Brüsseler Thesen sind in der holländischen Auffassung nicht mehr als der Reflex der momentanen deutschen Praxis, die eigenwillig zur allgemeinen Theorie erhoben wurde. Nun, man kann eine Theorie für den täglichen Kampf haben und man kam eine Theorie haben, die längere Zeiträume und weitere Probleme berücksichtigt. Man kann weiterhin eine Theorie haben, die beides in sich einschließt. Die Verbindung der engeren Theorie der Brüsseler Thesen mit der weiteren der Holländer würde dem Streit, welcher von beiden größere Wichtigkeit zukomme, aufheben. Eins widerspricht nicht dem anderen, sondern ist Teil des anderen. Scheinbar jedoch gelten die Ausführungen der Brüsseler Thesen den Holländern überhaupt nicht als Theorie, sondern als dargestellte praktische Arbeit, die nur über sich selbst und sonst nichts aussagt. Und dann versucht man nachzuweisen, dass ohne Theorie keine richtige Praxis möglich ist, und glaubt damit schon die Brüsseler Thesen erledigt zu haben. Die Praxis erscheint bei den Holländern nicht als notwendiges Gegenstück der Theorie, sondern als zweitrangiges Moment, das völlig von der Theorie abhängt. Dies hat allerdings mit marxistischer Dialektik nichts mehr zu tun, deren Lehre von der Einheit der Widersprüche auch das Problem der Priorität von Praxis und Theorie als eitles Gerede entlarvt. Theorie und Praxis, Bewusstsein und Notwendigkeit, sind untrennbar. Man verändert mit falschem Bewusstsein so gut oder so schlecht wie mit richtigem Bewusstsein (immer in den Grenzen der gesellschaftlichen Notwendigkeiten), aber man muss aufhören, Mensch zu sein, um ohne Bewusstsein, ohne Theorie zu praktizieren. Wie weit die Theorie den praktischen Notwendigkeiten der Klasse entspricht, bestimmt ihren Wert für die Klasse und unter Umständen kann eine sich selbst begrenzende Theorie mehr praktischen Wert haben, als eine, die versucht, mehr als die direkten Notwendigkeiten in sich einzuschließen. Auch ist die Wahl zwischen diesen Theorien keine freiwillige, sondern eine aufgezwungene. Jede Theorie muss von den aktuellen Dingen ausgehen und je mehr sich die Theorie auf die direkten Notwendigkeiten reduzieren lässt, desto grösser ihre direkte Wirkung. Diese direkte Wirkung bestimmt mehr als die Qualität der Theorie, sie bestimmt das Leben der Theoretisierenden. Dass die Thesen der Brüsseler Konferenz der Zwangsjackenperspektive des deutschen Faschismus entsprangen, entwertet sie nicht. Der holländische Vorwurf hat seine Stütze in der unüberwundenen sozialdemokratischen Vorstellung von der Entwicklung des menschlichen Bewusstseins. Erhoffte die Sozialdemokratie den Sozialismus durch die Entwicklung der sozialdemokratischen Ideologie, so halten die Holländer die kommunistische Revolution und den Kommunismus auch erst für möglich, wenn die Arbeiter in ausschlaggebendem Maße ihre Aufgaben und Möglichkeiten mehr oder weniger klar „begriffen“ haben. Auch hier macht das als Ideologie aufgefasste Bewusstsein Geschichte. Erst denkt der Mensch, dann begreift er und dann handelt er. Aber diese Auffassung widerspricht dem tatsächlichen geschichtlichen Geschehen, und das Unsinnige daran zeigt sich täglich erneut in der Tatsache, dass die Massen nicht begreifen und in letzter Instanz trotzdem richtig handeln. Die Revolution wird nicht bewusst gemacht im Sinne eines Bewusstseins, wie es heute allgemein verstanden wird. Die vielen Irrtümer mit Bezug auf die Frage: „Geschichte und Klassenbewusstein“ ergeben sich aus der Übertragung der Gesetze der Bewusstseinsbildung des Individuums auf das Klassenproblem. (Wir werden diese Frage bald aufs Gründlichste behandeln). Klassenbewusstsein ist jedoch etwas anderes und unterliegt anderen Gesetzen als das Bewusstsein des Individuums. Mit der Vernachlässigung dieses Unterschiedes hat man sich schon der Möglichkeit beraubt, der Lösung des Problems näher zu kommen. Die Masse der Arbeiter – ganz gleichgültig wie weit ihr Klassenbewusstsein (als Ideologie) entwickelt ist – kommt in Situationen, die sie zum Handeln zwingt. Handeln sie erst, so bringt die damit entstehende neue Situation ihre eigenen Konsequenzen hervor. Die Arbeiter werden, ob sie wollen oder nicht, zu immer radikaleren Schritten gezwungen, und jeder dieser Schritte zwingt zur weiteren Verfolgung eines begrifflich nicht oder nur wenig erkannten Zieles. Der Kampf um die bloße Existenz zwingt die Arbeiter zu revolutionären Aktionen, diese Aktionen zwingen zur Diktatur, die Diktatur zum Ausbau des Kommunismus. Jede einzelne Etappe erzwingt aus sich selbst heraus die nächste oder die erste Etappe endet schon in der Niederlage, die den Tod der Kämpfenden bedingt. Wird die kapitalistische Wirtschaft ideologisch vom Warenfetischismus bestimmt und ist Produktion und Distribution von einem sozialen Verhältnis geregelt, so war eine progressive Entfaltung des Kapitalismus trotzdem und gerade deswegen möglich. Dasselbe soziale Verhältnis, in dem sich die Revolution zu vollziehen hat, schließt ein bewusstes Handeln der arbeitenden Klasse aus, ohne deshalb die Revolution auszuschließen. Entwickelt sich und lebt der Kapitalismus „blind“, so kann auch die Revolution gegen den Kapitalismus sich nur „blind“ vollziehen. Eine andere Auffassung durchbricht den historischen Materialismus. Und mehr, sie wendet sich gegen alle geschichtlichen Tatsachen. Auf einen Zeitpunkt zu rechnen, wo die Massen bereits vor den Aktionen genau wissen, was sie zu tun haben, ist Unsinn. Ihr zwangsmäßiges Handeln schafft erst mit dem Erfolg die Möglichkeit des begrifflichen Erfassens der neuen Situation. Der Zwang zur Aktion muss stärker sein als die kapitalistische ideologische Beeinflussung, um die letztere wirkungslos zu machen. Es ist durchaus kein Widerspruch zu sagen, dass die Arbeiter die Revolution gegen ihre eigene Überzeugung beginnen. Und erst Verlauf und Resultat der Revolution ändern die Überzeugungen, passen das Bewusstsein der neuen Wirklichkeit an. (Lösungen dieses Bewusstsein-Problems wurden mit dem Sorel’schen Mystizismus und dem Lenin’schen Führerprinzip zu finden versucht. Es erübrigt sich zu sagen, dass wir mit diesen Versuchen nichts zu tun haben.) Mit wie viel Recht die Holländer auch die in den Brüsseler Thesen enthaltene Überbetonung der staatskapitalistischen Tendenzen als Überreste sozialdemokratischen Denkens kennzeichnen, und so richtig ihre Begründungen für die Ablehnung dieses Teils der Thesen auch sind, so haben sie selbst, in ihren eigenen Ausführungen in Bezug auf das Problem der Bewusstseinsentwicklung, genauso viel sozialdemokratische Einstellungen übernommen. Auch für uns haben die Brüsseler Thesen die „planwirtschaftlichen Tendenzen“ des Kapitalismus überschätzt und falsch gedeutet. All die Momente, die die Brüsseler Thesen hervorheben, sind durch die Monopolisierung und Konzentration tatsächlich erzeugte Tendenzen, die jedoch in genau entgegengesetzter Richtung arbeiten, als es die Thesen vermeinen. Selbst ein Staatskapitalismus russischen Musters erfordert die revolutionäre Umwälzung, die Aufhebung der heutigen besitzenden Klasse. Was zu untersuchen wäre, ist, ob das russische Beispiel in anderen Ländern oder im Weltmaßstabe wiederholt werden kann. In anderen Worten, zu untersuchen wäre, ob die kommenden Revolutionen in einem Staatskapitalismus russischen Musters stecken bleiben könnten? Wir halten dies nicht für möglich, ohne an dieser Stelle die Gründe für unsere Ablehnung dieses Gedankens geben zu wollen. Jedoch auf Basis des existierenden Kapitalismus sind es gerade die „staatskapitalistischen“ Tendenzen und „planwirtschaftlichen“ Versuche, die mit aller Deutlichkeit den Nachweis der Unmöglichkeit des Staatskapitalismus und der Planwirtschaft im nationalen wie internationalen Rahmen nachweisen. Nur durch eine revolutionäre Umwälzung und die Beseitigung der heutigen Privateigentumsverhältnisse könnte ein Staatskapitalismus Erwägung verdienen. Der Glauben, dass der heutige Kapitalismus sich zum Staatskapitalismus ausbilden könnte, widerspricht dem Marxismus und dem realen Geschehen. Gerade die Momente, die die Brüsseler Thesen hervorheben, sind ein Ausdruck der Vertiefung der kapitalistischen Widersprüche. Wir haben in früheren Nummern der Council Correspondence nachzuweisen versucht, dass der heutige Kapitalismus und Planwirtschaft (und damit auch der Staatskapitalismus) einander ausschließen. Dass die von der Brüsseler Konferenz aufgezeigten kapitalistischen Tendenzen existieren, bestreiten wir nicht, aber diese Tendenzen arbeiten, um es zu wiederholen, in genau entgegengesetzter Richtung als der, die sie, wortgemäß, anstreben. Der drohende neue Weltkrieg sollte eigentlich hier schon genügen, um zu zeigen, dass die Auffassung der Thesen der Wirklichkeit nicht entsprechen. Kapitalistische „Planung“ ist die Vergrößerung der Planlosigkeit. In diesem Paradox illustriert sich die Wirklichkeit. VI. Zusammenfassend können wir sagen, dass wir (mit den geäußerten Einschränkungen) den Artikel „Das Werden einer neuen Arbeiterbewegung“ bejahen, zugleich jedoch mit n.n. wünschen, dass die dort vertretenen Prinzipien zu konkreten, brauchbaren Richtlinien ausgearbeitet werden; eine Aufgabe, an der auch wir uns beteiligen werden. Wir lehnen jedoch den Teil der n.n.’schen Ausführungen ab, die wir als eine bloße Umbenennung der alten Parteiideologie bezeichneten. In Anbetracht des Verlangens nach Konkretisierung der allgemeinen Prinzipien der holländischen Arbeit, können wir nicht umhin, uns in Bezug auf unsere eigene Bewegung hinter die praktischen Forderungen der Brüsseler Konferenz zu stellen. Doch lehnen wir zugleich mit den Holländern die von der Brüsseler Konferenz entwickelten Auffassungen über die weiteren Entwicklungstendenzen des Kapitals ab. Deckt sich unsere Auffassung in dieser Hinsicht mit der der Holländer, so wenden wir uns wiederum mit aller Schärfe gegen den von den Holländern entwickelten Idealismus in der Frage der Entwicklung des Klassenbewusstseins. Wir selbst wollen eine internationale Zusammenfassung aller rätekommunistischen Gruppen auf der Basis eines einheitlichen Programms. Die bisherige Diskussion muss fortgesetzt werden, bis ausreichende Klärung vorhanden ist. In folgenden Nummern der Council Correspondence werden wir unsere eigenen Vorschläge bringen und die hier angeschnittenen Fragen ausführlich behandeln. Erwiderungen der dänischen GenossenHieraus entnehmen wir in Bezug auf die vorliegende Frage: […] Eine andere Sache sind allerdings die politischen organisatorischen Formen der kapitalistischen Niedergangsepoche und der Versuch der Bourgeoisie, alle in dieser Epoche entstehenden Ideologien, sobald sie organisatorisch stark werden und die Massen ergreifen, für sich nutzbar zu machen. An und für sich weiß wohl die Bourgeoisie in ihren klarsten Köpfen, dass etwas Neues einstmals an ihre Stelle treten wird. Sie weiß aber keinen Ausweg, weil eben die Gesetze der Profitordnung sich letzten Endes durchsetzen. Aber sie greift nach jeder sich bietenden Gelegenheit, um durch die entstandenen Massenbewegungen ihre Herrschaft zu verlängern. Dass solche Bewegungen ihre eigene Schwerkraft haben und diese sich erstmals am stärksten bemerkbar machten und auswirkten, ist in Deutschland klar ersichtlich. Diese Eigengesetzlichkeit der braunen Organisationsmaschinerie hat mit ihren bombastischen Phrasen und Ankündigungen und teilweisem Zupacken hier und dort tatsächlich starke ideologische Beeinflussung in allen Arbeiterorganisationen und Gruppen hervorgerufen. Wir sind uns heute darin einig, dass der totale Staat ohne jegliche Scheinkontrolle als Unterdrückungsinstrument gegen die verelendenden Massen von der Bourgeoisie erstrebt wird. Also der Faschismus oder Nationalsozialismus oder auch das russische Parteiprinzip ein bestimmtes System zur Beherrschung der Massen in dieser Epoche des Kapitalismus ist. Übrigens erkennt man in Holland dieses auch an. Die weitere Entwicklung zum Staatskapitalismus ist wohl etwas gewagt mit seiner Konsequenz der Großraumwirtschaft. Die deutschen Freunde glauben sich da auch auf Marx stützen zu können. Es ist doch nun mal nicht von der Hand zu weisen, dass der Monopolkapitalismus sich selbst durch seine Autarkiebestrebungen gewisse Fesseln anlegt, wenn auch nicht mit Wonne. Einzelne Gruppen kommen sich dabei sogar arg ins Gehege, siehe Hamburger Reedereien und Großkaufleute usw., während die Rüstungsindustrie mit Volldampf voraus eilt. Wie nun auch die Formen der Unterdrückung der Arbeiterklasse geartet sind und genannt werden, sei es nun in Japan, Russland, Amerika, Deutschland, Italien, Frankreich oder England, um nur die wichtigsten Länder zu nennen, so dienen doch alle Formen nur dem Zweck, die Profitrate der nationalen Bourgeoisie möglichst zu halten, da der sich immer mehr verengende Weltmarkt die Realisierung dieser Lebensgesetze der Warenordnung immer schwieriger gestaltet. Man verringert also die Unkosten, das sind die Löhne, teils geschieht es direkt durch Lohnsenkung und teils indirekt durch Preiserhöhung, und kümmert sich so nebenbei auch noch um Interessensphären, Kolonien genannt, die ja allerdings nach Grossmann nur Zuschussgebiete sein sollen oder Abladeplätze für überflüssigen Warenplunder. Unseres Erachtens nach schließt Staatskapitalismus, – das straffe Zusammenreißen der ökonomischen Kräfte – absolut nicht den Klassenkampf, auch nicht die Krisen aus, sondern wird ein Versuch sein, trotz allem Dilemma eben doch zu akkumulieren. Dass man teilweise auch ins Geschäft etwas hineinstecken muss, also die Kolonien nicht sofortige Profitquellen zu sein brauchen, versteht sich am Rande. Mussolinis Ausspruch: „Glaubt ihr, ich bin ein Sammler von Wüsten!“ bestätigt doch nur Rosa Luxemburg’s Auffassung. Anti-Kritik der deutschen GenossenWie gesagt, entnehmen wir aus dem Rundschreiben nur das Prinzipielle, wo es sich um die Grundfragen handelt. So sagt das Rundschreiben in Bezug auf unsere Kritik in der Frage des internationalen Programms: „[…] Zur Katastrophe wird die Auffassung der g.i.k.-h., wenn sie sich mit unseren Vorschlägen zur internationalen Zusammenarbeit beschäftigt. Abgesehen davon, dass die Vorschläge absolut in ihr Gegenteil verkehrt werden, verneinen sie jede Bereitschaft zur internationalen Zusammenarbeit. Und zu unserer Kritik an dem zweiten Teil der Resolution wird gesagt: „[…] Das schwerste Geschütz ihrer Polemik richtet doch die g.i.k.-h. gegen unsere theoretische Grundauffassung über staatskapitalistische Entwicklung der Produktionsverhältnisse, als auch der Kommentar von Engels zu diesem Kapitel. Es folgen weitere Zitate aus „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“. In letzterer Broschüre entwickelt Engels folgende These unter Abschnitt II: „D. Teilweise Anerkennung des gesellschaftlichen Charakters der Produktivkräfte, den Kapitalisten selbst aufgenötigt. Aneignung der großen Produktions- und Verkehrsorganismen, erst durch AktiengeseIlschaften, später durch Trusts, sodann durch den Staat. Die Bourgeoisie erweist sich als überflüssige Klasse; alle ihre geselIschaftlichen Funktionen werden jetzt erfüllt durch besoldete Angestellte.“ Diese, vor mehr als fünfzig Jahren erfolgte Analyse der Entwicklung der bürgerlichen Produktionsverhältnisse, ist durch die heutige Entwicklung absolut eindeutig bestätigt worden. Und diese Auffassung, wir haben sie in unseren Arbeiten immer und immer wieder zitiert, wird von der g.i.k.-h. als falsch und unmarxistisch zurückgewiesen. […] Die g.i.k.-h. geht in ihrer Polemik gegen unsere Auffassung offensichtlich davon aus, dass der Konkurrenzkampf die wesentlichste Ursache der Krisenverhältnisse ist. Wir haben schon zitiert, was Engels über die Entwicklung des Konkurrenzkampfes zu sagen hatte, wollen aber der Vollständigkeit halber noch etwas hinzufügen. Der Konkurrenzkampf der einzelnen Kapitalisten untereinander war nur ein Mittel, die durch die Lohnarbeit erzeugten Waren zu einem wohlfeileren Preise auf den Markt zu werfen, um durch den Verkauf dieser Waren den in ihnen enthaltenen Mehrwert zu realisieren. Diese Realisierung des Mehrwertes – denn die Produktion von Mehrwert ist der Lebensmotor des Kapitalismus, – stößt aber auf Schranken, die durch die Lohnarbeit gesetzt sind. Die Lohnarbeit erzeugt stets mehr Produkte – Waren, als ihr Konsumkraft überhaupt gegeben werden kann. Ein Teil der erzeugten Produkte wird stets unabsetzbar bleiben und so die Profitrate der Kapitalisten an sich schmälern. Diese Tendenz hat in der Vergangenheit zu den uns bekannten Handels- und Überproduktionskrisen geführt. An die Stelle des zügellosen Konkurrenzkampfes ist, durch die Entwicklung der modernen Industrie bedingt, aber eine organisierte Aufteilung der Markt- und Produktionsbereiche getreten, die einer kapitalistischen Gruppe das Monopol auf dem Markt sichert. Der Konkurrenzkampf der einzelnen Kapitalisten untereinander ist im Monopolkapitalismus ausgeschaltet, da im Rahmen des einzelnen Industriemonopols der Markt genau aufgeteilt und für jeden Betrieb eine genaue Produktionsquote festgelegt wurde, die er nicht überschreiten darf. Durch das Monopol beherrscht aber diese Kapitalgruppe den Markt ausschließlich und kann willkürliche Preise fordern. Es gibt in der deutschen Monopolwirtschaft genügend Beispiele, dass die Preise das sechs-, sieben- und mehrfache der tatsächlichen Produktionskosten ausmachten. Diese monopolkapitalistische Entwicklung hat zu den Krisen-Symptomen der letzten zehn Jahre geführt und die Klassengegensätze aufs Krasseste aufgerissen. An die Stelle der bisherigen Krisenzyklen (Hochkonjunktur, Überproduktion, Krise, Depression, Konjunkturanstieg) ist die permanente Krise, der stetig wachsende Gegensatz zwischen Mehrprodukt und Lohnarbeit getreten. Der Charakter der Krise hat sich wesentlich geändert. An die Stelle des bisherigen eruptiven, explosionsartigen, in langen oder kurzen Wellen aufeinanderfolgenden Krisenverlaufs, ist die latente, andauernde Krise getreten, die zur stetigen, langsamen, aber unaufhaltsamen Verelendung der Lohnarbeiter führt. Der Fall der Profitrate kann ausschließlich nur noch auf Kosten der Auspowerung der ungeheuren Mehrheit der arbeitenden Volksmassen aufgehalten werden. Der Grundwiderspruch der kapitalistischen Gesellschaft, der sich auf der Ausbeutung der Lohnarbeit erhebt und deren eigentliche Funktion, die Produktion von Mehrwert ist, tritt immer klarer in Erscheinung. Das gesellschaftlich erzeugte Mehrprodukt wird von der parasitären Minderheit der Bevölkerung angeeignet, während das Gros der Bevölkerung immer weiter verelendet. Alle wesentlichen Funktionen der Gesellschaft gehen mehr und mehr auf den Staatsapparat über, der letztlich ausschließlich das gesamte gesellschaftliche Leben beherrscht und als parasitärer Körper alles zu ersticken droht. Der Klassengegensatz tritt als Gegensatz der unterdrückten und ausgebeuteten Mehrheit der Bevölkerung zum herrschenden Partei- und Staatsapparat in Erscheinung. In dieser staatskapitalistischen Entwicklungsphase – die sich am klarsten in den deutschen und sowjetrussischen Verhältnissen manifestiert – werden die Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft nicht aufgehoben, sondern nur verlagert, konzentriert und treten als ein Widerspruch zu Tage. Eine Partei beherrscht den Staats- und Wirtschaftsapparat und die gesamte Nation. Ihren Interessen haben sich alle anderen Interessen unterzuordnen. Sie ist zur stärksten ökonomischen Schicht geworden und ihre Interessen setzten sich ausschließlich durch. Ökonomisch ist sie als Beherrscherin des Staatsapparates zur Besitzerin der Produktionsmittel geworden, sie ist der ideelle Gesamtkapitalist. Die naturnotwendige Konzentration der Produktionsmittel der bürgerlichen Gesellschaft hat zur Aufhebung der Bourgeoisie als selbständige Klasse und zur Errichtung des Staatskapitalismus geführt. Diese ökonomische Entwicklung – der Staat als Besitzer der Produktionsmittel – hat politisch zur gleichen Konzentration geführt, der Herrschaft einer Partei über die Gesellschaft. So ist der Faschismus nur der politische Überbau über die staatskapitalistischen Grundlagen der Gesellschaft. Diese Konzentration des Kapitalismus macht auch vor den Grenzpfählen der Nationen nicht halt. Die internationale Verflechtung des Kapitalismus bedingt eine immer intensiver werdende Zusammenarbeit der einzelnen kapitalistischen Gruppierungen. Wir haben diese internationale Verflechtung in der chemischen Industrie, der Elektroindustrie, der Eisen-, Stahlindustrie (Ireg), um nur ganz wenige Beispiele der internationalen Vertrustung zu nennen. Aber diese Vertrustung ist nur der Ausgangspunkt einer weiteren Entwicklung zur Großraumwirtschaft. Sie ist gegeben durch die großen Kolonialmächte (England, Frankreich, u.s.a., Holland, etc.). Durch die rasend fortschreitende Industrialisierung sind die früheren Kolonialgebiete zu unabhängigen, selbständigen Wirtschaftsgebieten geworden. Wir verweisen nur auf Kanada, Australien, Südafrika, vom französischen Beispiel ganz zu schweigen. Alle diese englischen Dominions sind zu sehr selbständigen und vor allem lebenskräftigen Gebilden geworden, die ein sehr gewichtiges Wort im englischen Imperium mitzureden haben. – Aber auch die Entwicklung zur Großwirtschaft kann die Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft nicht aufheben, sondern bestenfalls nur zu einer Verlangsamung der permanenten Krise der Gesellschaft führen. Die Erklärung der g.i.k.-h., dass es nicht möglich ist, den Konkurrenzkampf in der kapitalistischen Gesellschaft auszuschalten, haben wir bereits entkräftet in unseren früheren Arbeiten, die vor mehr als Jahresfrist erschienen sind und wo wir ausreichende Beispiele gebracht hatten. Aber wir wollen noch einmal ein Beispiel der jüngsten Vergangenheit herausgreifen und zwar das Beispiel der deutschen Butterknappheit. Sie ist entstanden durch systematische Drosselung der Buttereinfuhr zu Gunsten der Einfuhr anderer Rohstoffe. Nach den früher geltenden kapitalistischen Gesetzen hatte die Verknappung des Angebots bei steigender Nachfrage zu wesentlichen Preiserhöhungen geführt. Nichts davon war in Deutschland zu spüren. Durch Diktat des Preiskommissars wurden die Preise auf einem festen Niveau gehalten und jede willkürliche Preiserhöhung sofort unterbunden. Ein Zurückhalten der Vorräte war für die Grossisten nicht möglich, da durch die Marktordnung des Reichsnährstandes – der allumfassenden Organisation der Agrar- und Viehwirtschaft – die Produktions- und Marktverhältnisse genauestens bekannt und jedem Grossisten feste Quoten zugewiesen wurden, die er absetzen musste, wenn ihm nicht die Handelserlaubnis entzogen werden sollte. Darüber hinaus war die Butterknappheit der Anlass, eine weitgehende Neuregelung der gesamten Milch- und Futterwirtschaft zu treffen, um eine absolute Unabhängigkeit vom ausländischen Butterangebot zu erreichen. Und es besteht kein Zweifel daran, dass diese Maßnahmen erfolgreich sein werden. Es ist überhaupt ein typisches Zeichen der Neuregelung der deutschen Agrarverhältnisse durch die Marktordnung des Reichsnährstandes, dass immer mehr wissenschaftliche Methoden auf die landwirtschaftliche Produktion Einfluss erhalten. Die Ertragfähigkeit des Bodens wird durch eine systematische Düngung des Bodens und Mehrfelderwirtschaft erhöht. Die Anweisungen hierfür erhält der einzelne Bauer von den zuständigen Organen des Reichsnährstandes. Ihm wird genau vorgeschrieben, was er im kommenden Jahr anzubauen hat und ihm ein bestimmter Absatz zu einem festen Preis garantiert. Auf diese Weise wurde eine Erhöhung des deutschen Ölfrüchtebauens von 7 000 auf etwa 50 000 Hektar und damit eine weitgehende Unabhängigkeit vom Ausland erreicht. Dasselbe wird in diesem Jahr für den Futtermittelanbau durchgeführt. Für den Getreideanbau ist diese Entwicklung wesentlich abgeschlossen. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ist genau geregelt, es gelangen nur die Mengen auf den Markt, die benötigt werden, und jede willkürliche Preisschwankungen sind unterbunden worden. Der deutsche Bauer ist zwar nach wie vor Privateigentümer, aber er hat über sein Privateigentum ein erheblich eingeschränktes Verfügungsrecht; denn wenn er den Anweisungen des Reichsnährstandes nicht folgt, dann kann er entweder bei vollen Scheunen verhungern, da er seine erzeugten Produkte nur mittels des Reichsnährstandes absetzen kann, was dieser dann unterbindet. Oder ihm wird wegen Ungeeignetheit das Verfügungsrecht über sein Eigentum entzogen. Das Erbhofgesetz bietet hierfür die nötigen Grundlagen. Diese Marktordnung ist in ähnlicher Form in fast allen Zweigen der deutschen Volkswirtschaft wirksam. In der Rüstungsindustrie hat der Staat sogar den Gewinn genau vorgeschrieben, den die deutsche Rüstungsindustrie bei der Aufrüstung haben darf. Durch eigene Preiskalkulatoren wird die Produktion der Rüstungsindustrie genauestens überwacht und jeder übersteigerte Rüstungsgewinn unterbunden. Hinzu kommt, dass die Rüstungsindustrie, soweit sie sich überhaupt noch in nicht staatlichen Händen befindet, gezwungen wird, ihre Gewinne in umfangreichen Neuinvestitionen anzulegen. So werden z.B. große Konzerne von Staats wegen veranlasst, eine Verlagerung ihrer Produktionsstätten vorzunehmen. So musste Opel – Automobilfabrik – ein neues Lastwagenwerk in Brandenburg einrichten. Überhaupt verlagert man alle wesentlichen Schlüsselindustrien von den gefährdeten Grenzgebieten in das Innere des Landes oder an die Ostseeküste. Darüber hinaus werden in wirtschaftlichen Notstandsgebieten, die noch nie Industrien besaßen, Industriewerke geschaffen, die die dortige Arbeitslosigkeit aufsaugen und so eine Verminderung des wirtschaftlichen Notstandes in diesen Gebieten erreichen sollen. Die vorhandenen Aufträge werden unter Ausschaltung jeder Konkurrenz und Preisunterbietung systematisch auf notleidende Industrien verteilt und so planmäßig eine Wirtschaftsbelebung erreicht. Die Aufsaugung der Arbeitslosigkeit – immerhin wurden doch rund 4-5 Millionen im Produktionsprozess zusätzlich untergebracht – wurde dadurch nur möglich gemacht, indem eben planmäßig gewirtschaftet, d.h. der Arbeitseinsatz systematisch geregelt und mit den vorhandenen Möglichkeiten in Einklang gebracht wurde. Und wer mit offenen Augen die deutsche Wirklichkeit betrachtet, wird finden, dass noch unendlich viele Möglichkeiten gegeben sind. Gewiss führt diese Wirtschaftsankurbelung nicht zu den Hochkonjunkturen der früheren Jahre. Wer Derartiges erwartet, beweist damit nur, dass er das Eigentümliche der Entwicklung absolut nicht begreifen kann, dass er unter falschen Voraussetzungen an eine Kritik der bestehenden Verhältnisse herangeht. Es bleibt nur noch ein Einwand der holländischen Genossen übrig, auf den wir einzugehen haben, der die Situation der Lohnarbeiterschaft in der Planwirtschaft behandelt. Der Einwand ist eigentlich ebenfalls durch unsere früheren Arbeiten und vorhergehenden Ausführungen erledigt. Mit primitiven Worten sagen sie, die Ursache der Verelendung der Lohnarbeiterschaft sei, weil das Kapital seinen Profit verlangt! Aber „das heißt mit anderen Worten, dass sich die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise durchsetzen entgegen aller Planwirtschaft. Mit der Äußerung der letzten Ansicht stößt man die erste, die Planwirtschaft im Kapitalismus für möglich hält, wieder um: die eine Auffassung schließt die andere aus.“ Wir haben nie behauptet, dass Planwirtschaft und Kapitalismus Gegensätze sind, sondern wir sind durchaus der Meinung, dass auch die Planwirtschaft zu keiner Lösung der gesellschaftlichen Probleme führt. Planwirtschaft ist eine typisch technisch-wissenschaftliche Lösung der Probleme. Sie geht von der Auffassung aus, dass bei den jetzigen Krisenverhältnissen nur Organisationsfehler vorliegen, die man mit technischen Mitteln beseitigen kann. Diese Auffassung übersieht, dass die Grundursache der gesellschaftlichen Probleme einzig und allein in der Lohnarbeit begründet liegt. Die moderne kapitalistische Entwicklung beweist übrigens auch, dass die Planwirtschaft im Kapitalismus zu Hause, dass sie ein typisches Produkt des kapitalistischen Konzentrationsprozesses ist. Holland ist leider kein Industrieland und mancher deutsche Industriekonzern umfasst mehr Lohnarbeiter, als Holland Lohnarbeiter überhaupt zählt. Sie können daher diese gesellschaftlichen Probleme nicht sehen, weil sie keine eigene Erfahrung auf diesen Gebieten haben. Im übrigen zeugt es von einer gewaltigen Verkennung historischer Entwicklung, wenn man die sozialistische Gesellschaft – die Assoziation freier und gleicher Produzenten – mit Planwirtschaft gleichsetzt. Schon der Begriffsinhalt beider ist ein Widerspruch in sich. Die Assoziation regelt ihr Produktionsverhältnis aus sich selbst heraus, was mit Hilfe der Arbeitszeitrechnung geschieht. In der Assoziation ist die zentrale Planung absolut ausgeschlossen. Die Planwirtschaft geht von einer zentralen Planung der Gesellschaft aus und sie bedarf zur Regelung ihres Produktionsverhältnisses auch einer zentralen Leitung der Produktion. Planwirtschaft und Assoziation sind daher Gegensätze. Wenn also die g.i.k.-h. erklärt, dass sie unsere Auffassung über die Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft zum Staatskapitalismus nicht teilt, so setzen sie sich selbst in einen mehrfachen Widerspruch! Erstens, in einen Widerspruch zu den theoretischen Darlegungen von Marx-Engels, die die staatskapitalistische Entwicklung als gegeben nachgewiesen haben. Wir verweisen noch einmal auf unsere ausführlichen Zitate! Zweitens, in einen Widerspruch zu den wirklichen Verhältnissen, wie sie durch die sowjetrussischen und deutschen Verhältnisse eindeutig manifestiert werden und die absolute Richtigkeit der Auffassung von Marx-Engels beweisen. Drittens, in einen Widerspruch zu ihren eigenen Darlegungen in den „Grundprinzipien“ und den Artikeln über Sowjetrussland. In allen diesen Arbeiten ist das „sozialistische Endziel“ der alten Arbeiterbewegung als staatskapitalistisch entlarvt worden. Und wir haben an Hand von Marx-Engels nachgewiesen, dass der Staatskapitalismus überhaupt eine historische Etappe der bürgerlichen Entwicklung darstellt […]“ Bis so weit das Rundschreiben der deutschen Genossen. Schließlich drucken wir noch eine Kritik der Auffassungen der deutschen Genossen ab, welche uns aus Holland zuging: Staatskapitalismus und Diktatur / Anton PannekoekI.Die Manifeste und Rundschreiben der deutschen Genossen („Revolutionäre Obleute“), vor und nach der Brüsseler Konferenz, machen eine weitere Diskussion notwendig, da sie wichtige und grundsätzliche Fragen der künftigen Arbeiterbewegung betreffen. Die Differenzen betreffen nicht die direkte Praxis des Arbeiterkampfes; in der Auffassung, dass nur die Arbeitermassen selbst ihren Kampf führen können, ohne von einer Partei geleitet zu werden, dass die Räte ihre Organe des Selbsthandelns in jeder revolutionären Aktion sind, und dass ihre „Bewusstseinsentwicklung“, d.h. die Entwicklung ihrer Einsicht und Aktionskraft, ihrer Fähigkeit, selbst ihre Geschicke in die Hand zu nehmen, Vorbedingung und Maßstab ihrer Kampfkraft sind – sind wir miteinander völlig einverstanden; was sich da in Einzelheiten an Differenzen zeigen mag, mag nachher besprochen werden. Die jetzigen Differenzen betreffen die theoretischen Grundlagen; sie sind einerseits formeller Natur und betreffen das internationale Programm, andrerseits materieller, tatsächlicher Natur und betreffen die Frage der kapitalistischen Entwicklung. Die Revolutionären Obleute wollen eine theoretische Grundlage als internationales Programm festlegen. Wir wollen eine Zusammenarbeit Aller, die sich auf den obigen praktischen Boden stellen. Durch ein theoretisches Programm über die Entwicklung sondert man sich ab, schließt man aus, legt man im Voraus Anschauungen auf, die die Arbeiter anzunehmen haben, während sie doch für den praktischen Kampf nicht wesentlich sind; so wird man wieder zu einer Art Partei. Theoretische Grundlagen haben die Bedeutung, dass sie in Wirklichkeit Objekt für Diskussion und Aufklärung sind; was die Revolutionären Obleute über die Entwicklung des Kapitalismus in Deutschland und anderswo ausführen, ist wertvoll zur Klärung der Anschauungen, aber soll nicht binden oder trennen. Ein solches Programm wäre auch nicht eigenes Wissen der Massen. Die neue Bewegung der Arbeiter, weil sie aus den tiefsten Trieben in ihnen selbst hervorkommen muss, kann sich nur gründen auf das, was die Massen selbst sehen und empfinden, nicht auf was andere, Theoretiker, ihnen sagen über tiefere Tendenz und Zukunft. Sicher gibt es Personen, die eine breitere Erfahrung oder mehr Theorie oder gründlichere Einsicht haben als andere. Sie mögen ihre Einsicht in die Diskussion werfen zur Klärung der Anschauungen. Sie mögen sich zusammentun, vorwärtstreiben. Aber ihre Autorität darf nicht Grundlage der Bewegung sein aus dem einfachen Grunde, dass ihre Wissenschaft nie die wirkliche Grundlage der praktischen Aktionen sein kann. Da wirkt nur, was in den Massen lebt. Das Prinzip, dass die Arbeiterklasse selbst den Kampf zu führen hat, gilt auch in geistiger Hinsicht. Ihr Handeln beruht nur auf dem, was sie selber erkennt, nicht auf dem Hinnehmen der Behauptungen anderer. Sie erreicht im Kampfe auch nicht mehr, als was sie selbst geistig beherrschen kann. Diese Prinzipien bilden das einzige Programm, das jetzt nötig ist als die Grundlage, auf der die kommende Arbeiterbewegung aufzubauen ist. Aber auch den Inhalt dessen, was die Revolutionären Obleute in diesem Programm niederlegen wollen, erachten wir als unrichtig. Wenn sie ihre eigene, die deutsche Erfahrung, als Muster für die Entwicklung der ganzen Welt ansehen und den Staatskapitalismus für die notwendige Übergangsphase zwischen Kapitalismus und Kommunismus halten, so betrachten wir diesen Schluss als unzulässig. Und deshalb müssen wir widersprechen, wenn diese These zur theoretischen Grundlage der neuen Arbeiterbewegung proklamiert werden soll. Ein solcher Schluss war nur dadurch möglich, dass die verschiedenen Entwicklungsformen des Kapitalismus nicht unterschieden wurden und Aktiengesellschaften, Monopolbetriebe, staatliche Vorschriften und Staatsbetriebe alles zusammen als Staatskapitalismus oder Entwicklung zum Staatskapitalismus zusammengeworfen wurde. Will man zur Klarheit kommen, so müssen alle verschiedenen Entwicklungsformen scharf unterschieden und auseinandergehalten werden. II.Der Name Staatskapitalismus wird in den deutschen Schriftstücken für zwei verschiedene Dinge gebraucht, und diese Unsicherheit in der Bedeutung macht die Grundauffassungen unklar. Wenn man ihm den genauen Sinn gibt, der fast immer dafür angenommen wurde, so ist Staatskapitalismus eine Wirtschaftsform, in der der Staat die Rolle des kapitalistischen Unternehmers erfüllt, bei der die Arbeiter also in seinem Dienst stehen und von ihm ausgebeutet werden. So ist ein Staatspostbetrieb, eine Staatseisenbahn ein Stück Staatskapitalismus. In Russland herrscht in der Industrie der Staatskapitalismus vor, die Betriebe werden von einem Staatsorgan entworfen, gegründet, finanziert und geleitet, die Direktoren werden von ihm ernannt, der Profit wird als Staatseinkommen betrachtet. Dazwischen wird aber auch eine Beeinflussung oder eine Beaufsichtigung der kapitalistischen Unternehmungen als Staatskapitalismus (oder Staatssozialismus) angegeben. Als Sprachgebrauch ist es irreführend, weil hier der Privatkapitalismus noch immer herrscht. Gewiss ist der Privatkapitalist dabei nicht mehr unbeschränkter Herr in dem Betrieb. Er ist dies aber nirgends mehr; in jedem Lande schränkte eine Arbeiterschutzgesetzgebung schon seit langem seine Macht ein. Nun kommt es darauf an, wie weit diese Einmischung des Staates in die Unternehmungen sich ausdehnt. Wenn der Staat Vorschriften gibt über die Einstellung oder die Entlassung von Arbeitern, wenn er mittels einer Reichsbank Unternehmungen finanziert oder Subventionen gibt für den Export oder bei Aktiengesellschaften eine Grenze der Dividende angibt – dann kommt man einer völligen Regelung des Wirtschaftslebens durch den Staat immer näher. Dann wird er von dem strikten Staatskapitalismus nur noch graduell verschieden sein. Dann mag es nicht ganz unrichtig erscheinen, wenn einer vom heutigen Deutschland als von einer Art Staatskapitalismus reden wollte. In der Tat werden dann auch Russland und Deutschland in einem Atem als Länder des Staatskapitalismus genannt. Aber gerade der Vergleich Deutschlands mit dem russischen Staatskapitalismus zeigt sehr prinzipielle Verschiedenheiten. In Deutschland ist das private Großkapital nicht ein untergeordnetes Subjekt des Staates; als Werkzeug eben des schwer industriellen Großkapitals kam die nationalsozialistische Partei empor, durch dessen Subventionen großgepäppelt. Das Großkapital ist die herrschende Macht im Staat, hinter den direkt regierenden Spitzen der Behörden. In Russland war die Bourgeoisie durch die Revolution vernichtet und als Macht verschwunden; dort trat die Regierungsbürokratie als Meister über die emporwachsende Industrie auf. Der russische Staatskapitalismus konnte aufgebaut werden, weil eine mächtige Bourgeoisie dort fehlte. In Deutschland wie in Westeuropa und Amerika steht die Bourgeoisie in voller und höchster Macht als Besitzerin alles Kapitals, aller Produktionsmittel. Das ist wesentlich für den Charakter des Kapitalismus. Nicht die innere Verwaltungsform, größere oder geringere Regelung des Wirtschaftslebens, entscheidet dabei, sondern der Charakter der Klasse, die über das Kapital verfügt, die Besitzerin ist, die den Mehrwert erhält, also ausbeutet. Sollte diese Klasse es nötig erachten, sich selbst noch stärker durch Regelung zu binden – die Bindung dient außerdem hauptsächlich dazu, die kleineren Privatkapitalisten ganz von dem Willen des Großkapitals abhängig zu machen – so bliebe der Charakter noch immer Privatkapitalismus. Man übersieht also gerade das Wesentliche, wenn man einen stark vom Staate geregelten Privatkapitalismus als Staatskapitalismus bezeichnet. Diese starken Regelungen sind nicht einfach als ein Versuch zum Finden eines Ausweges aus der Krise anzusehen. Politische Gründe kommen hinzu. Die Beispiele, die das letzte Rundschreiben für die staatliche Regelung gibt, deuten alle auf ein gemeinsames Ziel hin: Vorbereitung für den Krieg. Die Kriegsindustrie wird reguliert, die bäuerliche Produktion zur Lebensmittelversorgung wird reguliert, um zum Kriege gerüstet zu sein. Die deutsche Bourgeoisie, durch den Ausgang des vorigen Krieges verarmt, von Provinzen von Rohstoffen, von Kolonien, von Kapital beraubt, muss versuchen, sich durch schärfste Konzentration aller Kräfte wieder zu erheben. Kriegsdrohung und Krieg als letzte Instanz voraussehend legt sie so viel ihrer Hilfsquellen wie nötig in die Hände der Staatsgewalt; vor dem gemeinsamen Ziel neuer Weltmacht müssen die privaten Interessen zurückstehen. Und dieser Grund gilt, sei es meist im geringeren Maße auch für andere Länder. An alle Mächte tritt die Frage heran, wieweit für den internationalen Machtkampf, sei es für Angriff oder für Verteidigung, die Staatsgewalt, als Vertreterin des gemeinsamen Interesses der nationalen Bourgeoisie, mit Macht über Personen, Finanzen und Industrie auszustatten ist. Und dadurch wird auch verständlich, weshalb gerade in den Nationen mit einer armen, an Zahl rasch wachsenden Bevölkerung, ohne oder mit wenigen Kolonien (Italien, Deutschland, Japan), der Staat die größte Macht über die Wirtschaft hat. Man kann die Frage stellen, ob nicht doch, bei anhaltender und immer zurückkehrender Krise und Depression, der Staatskapitalismus der einzige Ausweg für die Bourgeoisie ist. Zweifellos wäre ein Staatskapitalismus denkbar, wo die ganze Produktion nach bewusstem Plan, von oben für das Bedürfnis zentral geleitet würde und daher keinen Krisen ausgesetzt. Aber damit hätte die Bourgeoisie zugleich aufgehört eine wirkliche Bourgeoisie zu sein. Das Wesen der Bourgeoisie ist nicht nur Ausbeutung, sondern auch Kampf, und das muss so sein, weil Kapital, das nicht kämpft, bei der fortschreitenden Entwicklung zurückbleibt und vernichtet wird. Dieser Kampf ist noch was anderes als die alte freie Konkurrenz auf dem Warenmarkt. Unter der Decke der Zusammenarbeit des Kapitals innerhalb der Nation herrscht ein stetiger Kampf der Kapitalien, der großen Konzerne und Monopole: die Kapitalisten denken nicht daran, sich als faule Dividendenempfänger auf den Rücken zu legen, um Staatsbeamten, die für die Ausbeutung sorgen, alle Initiative zu überlassen. Sie kämpfen miteinander um Profite, um Beherrschung des Staates zu Gunsten ihrer Profite. Ihr Kampfgebiet geht auch über den Staat hinaus. Trotzdem in der letzten Krise eine starke Konzentration auf die eigene Nation stattfand, bleiben noch mächtige internationale Verflechtungen des Großkapitals bestehen. Und in der Form des Kampfes der Nationen geht der Kampf der Kapitalien weiter, wobei schwere politische Krisen in Krieg und Niederlage als wirtschaftliche Krisen wirken. Die Krisenfreiheit wäre also erst dann erreichbar, wenn die ganze Welt ein einziger zentral geleiteter Staatskapitalismus wäre. Da wird aber zuvor wohl die proletarische Revolution dazwischen fahren. Wenn also die Frage gestellt wird, ob der Staatskapitalismus, in der hier benutzten präzisen Bedeutung des Wortes, ein notwendiger Zwischenzustand ist, bevor das Proletariat die Macht erobert, also die höchste und letzte Form des Kapitalismus sein wird, die die Bourgeoisie durchführt, während sie noch herrscht, so ist die Antwort: nein. Spricht man aber über starke Beaufsichtigung und Regelung des privaten Großkapitalismus durch den Staat, so ist die Antwort: ja - aber mit der näheren Hinzufügung, dass das Maß dieser Regelung stark nach Ländern, Zeiten und Umständen verschieden sein wird. Dasselbe wirtschaftliche Ziel – Erhaltung und Steigerung des Profits – ist oft auf verschiedenen Wegen erreichbar; und es hängt von historisch-politischen Verhältnissen, von dem Verhältnis der Klassen ab, welcher Weg eingeschlagen wird. III.Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, sogar wahrscheinlich, dass der Staatskapitalismus noch eine bedeutende Rolle spielen wird als Zwischenzustand, bevor es dem Proletariat gelingen wird, den Kommunismus durchzuführen. Aber dann nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus politischen Gründen. Nicht als Wirkung wirtschaftlicher Krisen, sondern als Wirkung des Klassenkampfs. Der Klassenkampf ist in der Schlussperiode des Kapitalismus die wichtigste Kraft, die das Handeln der Bourgeoisie bestimmt und Staat und Wirtschaft gestaltet. Ist ja auch das Dritte Reich in erster Linie ein Produkt der Klassenkämpfe in Deutschland. Man wird damit rechnen müssen, dass in Zukunft, in der Folge großer politischer oder wirtschaftlicher Spannungen und Konflikte, der Klassenkampf des Proletariats in großen Massenaktionen auflodern wird, – mögen Lohnkämpfe, Kriege oder Krisen ihr Anlass, mögen Massenstreiks, Straßenaktionen oder Waffenkämpfe ihre Form sein. Und dass die Massen sich dabei in Räteorganisationen die Organe der Selbstbestimmung und der einheitlichen Durchführung der Aktionen aufbauen werden. Namentlich wird das in Deutschland der Fall sein. Hier sind alle Parteien, alle alten politischen Organe des Klassenkampfes vernichtet, als Einzelpersonen stehen alle Arbeiter dort neben einander, mit keiner Zugehörigkeit als zu ihrer Klasse, nur das elementare Arbeiter-sein, die unabsichtliche Klassenzugehörigkeit. Kommt es dort einmal zu tiefen politischen Bewegungen, dann können die Arbeiter nur als Klasse auftreten, nur ihre natürliche Klassengruppierung anwenden. Dann werden die Arbeiter nur als Klasse kämpfen können, wenn sie ihr proletarisches Prinzip, die Selbstbestimmung der Massen, dem kapitalistischen Prinzip der Führerdiktatur scharf entgegenstellen. Während in anderen, parlamentarisch regierten Ländern, die Arbeiter durch den schweren geistigen Druck der Parteien, die sie spalten, die ihnen bequemere Wege versprechen, die ihre Führung aufdrängen, die sie durch ihre Presse leithammeln, aufs schwerste in der Entwicklung des selbständigen Klassenhandelns gehemmt werden – sind diese Hemmnisse in Deutschland nur eine wegsterbende Tradition. Was jetzt als schwerer Druck erlitten wird, öffnet für die Zukunft den Weg solchen selbständigen Klassenhandelns als den einzig möglichen Weg der Aktion. Aber mit solchen ersten Massenkämpfen ist die Revolution nicht fertig, sondern fängt eine Periode revolutionärer Entwicklung erst an. Dann kommen sofort die Mächte los, die die Revolution aufhalten wollen. Nehmen wir den günstigen Fall, dass die proletarische Aktion so gewaltig war, dass durch sie die bürgerliche Staatsgewalt gelähmt und niedergeworfen ist. Trotz der einmütigen Aktion ist der Reifegrad der Massen verschieden – die klare Durchbildung über Ziele, Mittel und Wege findet erst im Prozess der Revolution statt – und nach dem ersten Sieg treten Differenzen über die weitere Taktik hervor. Sozialdemokratie und kommunistische Parteien oder Wortführer treten auf, sie sind nicht tot, wenigstens ihre Ideen nicht, die in dem „gemäßigten“ Teil der Arbeiter noch lebendig sind. Jetzt ist für sie die Zeit, ihr Programm zu verwirklichen, den Staatssozialismus. Gegenüber dem Bestreben der fortgeschrittensten Arbeiter, die Leitung des Kampfes ganz in die Hand der Arbeiterklasse zu legen, mittels der Räteorganisation, und damit die gegnerische Macht der Staatsgewalt weiter zu schwächen, wird die sozialistische Propaganda die Notwendigkeit eines raschen Aufbaues der neuen sozialistischen Ordnung hervorheben, mittels einer sozialistischen Regierung. Sie wird vor überspannten Forderungen warnen, sie wird an die Furchtsamkeit derjenigen Massen appellieren, denen der Gedanke des proletarischen Kommunismus noch zu groß und zu unfassbar erscheint. Sie wird zu Kompromissen raten mit bürgerlichen Reformern, sie wird raten, die Bourgeoisie lieber aufzukaufen, als sie durch Enteignung zum erbittertsten Widerstand zu treiben, sie wird versuchen, die Arbeiter von den radikalsten Zielen und dem entschiedensten Klassenkampf zurückzuhalten. Und um diese Propaganda werden sich alle scharen, die sich zu Parteihäuptern oder Arbeiterführern berufen fühlen, dazu ein großer Teil der Intelligenz, die sich dem Staatssozialismus leicht anpasst, aber nicht dem Rätekommunismus, und schließlich weite Kreise der Bourgeoisie, die darin eine neue Klassenposition erblicken, von der aus der Kommunismus mit Erfolg zu bekämpfen ist. Sozialismus gegen Anarchie, so ungefähr wird der Schlachtruf des Blocks lauten, das von dem Kapitalismus retten will, was noch zu retten ist. Wie dieser Kampf ausgehen wird, hängt selbstverständlich von dem Reifegrad, von dem Grad der klaren Erkenntnis, des klaren Klassenempfindens, der revolutionären Kraft der Arbeiterklasse ab. Diejenigen, die jetzt glauben, man habe nur auf die revolutionären Aktionen zu warten, da dann die wirtschaftliche Notwendigkeit den Arbeitern das richtige Handeln schon auflegen wird, geben sich einer auf mechanistischer Auffassung des Marxismus beruhenden Illusion hin. Sicher wird in solchen revolutionären Zeiten schnell und machtvoll gelernt, aber inzwischen können schwere Niederlagen erlitten werden, die unzählige Opfer kosten. Je gründlicher und umfassender die Aufklärungsarbeit zuvor innerhalb des Proletariats vor sich ging, um so fester stehen die Massen gerüstet gegen die Versuche, den Erfolg des Arbeiterkampfes in die Bahnen eines Staatssozialismus zu lenken. Immerhin, bei den Schwierigkeiten, die dieser Aufklärungsarbeit jetzt begegnen, ist es nicht wahrscheinlich, dass für die Arbeiter eine gerade Bahn zur vollen Freiheit, ohne Rückschläge, offen liegt. Und hier liegen die Möglichkeiten des Staatskapitalismus als eine notwendige, d.h. unvermeidliche Zwischenform vor dem Kommunismus. Also, aus ihren eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten heraus wird die Kapitalistenklasse nicht zum Staatskapitalismus greifen. Der Monopolkapitalismus, besonders wenn er den Staat als faschistische Diktatur benutzen kann, kann sich die meisten Vorteile einer Organisation verschaffen, ohne seine eigene Herrschaft über die Produktion aufzugeben. Anders wird es, wenn er von der Arbeiterklasse so schwer bedrängt wird, dass die alte Form des Privatkapitalismus unrettbar ist. Dann ist der Staatskapitalismus der Ausweg: die Erhaltung der Ausbeutung in der Form einer sozialistischen Gesellschaft, wo die „fähigen Führer“, die „besten Gehirne“, die „großen Männer der Tatkraft“ die Produktion leiten, und die Massen gehorsam arbeiten. Ob dieser Zustand Staatskapitalismus oder Staatssozialismus genannt wird, ist kein grundsätzlicher, sondern nur ein Namensunterschied. Ob man besser, nach der ersten Ausdrucksweise, von einer herrschenden und ausbeutenden Staatsbürokratie spricht, die Meister der Produktion ist, oder besser, nach der zweiten Ausdrucksweise einer notwendigen Beamtenschaft, die als pflichttreue und ergebene Diener der Gemeinschaft die Arbeit mit den Arbeitern teilt: der Unterschied kommt schließlich auf den Betrag der Gehälter und das quantitative Maß ihrer Beeinflussung durch Parteikongresse hinaus. Eine solche Gesellschaftsform kann nicht stabil sein; sie ist eine Form des Rückfalls, gegen welche die Arbeiterklasse sich doch wieder erheben wird. Sie wird eine gewisse Ordnung bringen können, aber die Produktion bleibt beschränkt. Die moralischen Kräfte der Selbstaufopferung, der Hingabe an der Gesamtheit, die unter dem Kommunismus die Produktion zu einer höheren Stufe emporheben werden, können nicht durch ein Kommando von oben ersetzt werden; die Entwicklung bleibt daher gehemmt. Russland konnte mittels dieser Produktionsform den Übergang von der Barbarei zum entwickelten Kapitalismus in einem raschen Aufschwung machen und sogar den Privatkapitalismus der westlichen Länder überholen; dabei war die Begeisterung, wie sie der junge Kapitalismus stets in den emporkommenden bürgerlichen Klassen ausgelöst hat, wo er seinen Lauf beginnt, ein mächtiger Faktor. Aber viel weiter bringt der Staatskapitalismus es nicht. In Westeuropa und Amerika wird dieselbe Wirtschaftsform kaum als Fortschritt wirken, da sie ja nur als Verhinderung des Kommunismus, als Hemmnis für die jetzt wirklich notwendige Umwälzung der Produktion dienen soll, also einen reaktionären Charakter hat. Und dieser Charakter wird ihr um so mehr anhaften, als sie die politische Form der Diktatur annimmt. IV.Die Denkschrift der Revolutionären Obleute zitiert Marx und Engels, die diese Entwicklung zum Staatskapitalismus vorausgesehen haben, und sie wollen durch diese Zitate nachweisen, dass wir uns in unseren Auffassungen vom Marxismus abgewandt haben. Was will man mit solchen Zitaten? Können sie eine Entscheidung geben über die Tatsachen von jetzt? Wir sind doch keine Marxisten, weil wir das, was Marx und Engels schrieben, als im Voraus richtig annehmen und uns vor ihren Zitaten beugen: er hat es gesagt! Sondern wir sind Marxisten, weil wir ihre Theorie an den Tatsachen, an unserer eigenen Erfahrung prüften und dabei fanden, dass sie Recht hatten und klare Einsicht gaben. Sollte sich ein Widerspruch zwischen Voraussage und den heutigen Tatsachen finden, so könnte das an den Tatsachen nichts ändern; wir müssten dann die Grundlagen ihrer Voraussage etwas näher nachprüfen. Nehmen wir zuerst die Ausführungen von Marx im Das Kapital, Bd. III. Hier ist von Staatskapitalismus überhaupt nicht die Rede, Marx behandelt dort die Konzentration des Kapitals in Aktiengesellschaften - die heutigen monopolistischen Riesenkonzerne bestanden damals noch nicht oder kaum – und legt dar, wie darin eine der Funktionen des Privatkapitalisten, z.B. Leiter der Unternehmung, Leiter des Produktionsprozesses zu sein, auf einen bezahlten Beamten, den Direktor übergeht. Die grundsätzliche Bedeutung dieser Umwandlung ist seither immerfort während des letzten halben Jahrhunderts in der sozialistischen Agitation hervorgehoben worden und zum Gemeingut geworden. Dabei ist wohl nicht immer genügend betont worden, dass in den modernen großen Monopolen die Großkapitalisten selbst als Leiter und hauptsächlichste Besitzer der Aktien zugleich auftreten. Über Staatskapitalismus kennen wir von Marx keine Äußerung, aus der hervorgehen könnte, dass er den Staat als alleinigen Gesamtkapitalisten als die Schlussphase des Kapitalismus betrachtete. Er sah in dem Staat vor allem das unterdrückende Gewaltorgan der Bourgeoisie. Von Engels haben wir dagegen die von den Rev. Obl. zitierten Sätze im Anti-Dühring (Seite 298). Auch hier bei Engels wieder zuerst die Hervorhebung des wachsenden Widerspruchs zwischen gesellschaftlicher Funktion und privatem Eigentumsrecht und wie die Produktivkräfte nach Aufhebung dieses Widerspruchs drängen. Die Kapitalisten werden genötigt, diesen gesellschaftlichen Charakter, soweit kapitalistisch möglich, anzuerkennen in der Bildung verschiedener Arten von Aktiengesellschaften. „Manche dieser Produktions- und Verkehrsmittel sind von vornherein so kolossal, dass sie, wie die Eisenbahnen, jede andere Form kapitalistischer Ausbeutung ausschließen. Auf einer gewissen Entwicklungsstufe genügt auch diese Form nicht mehr: der offizielle Repräsentant der kapitalistischen Gesellschaft, der Staat, muss ihre Leitung übernehmen. Diese Notwendigkeit der Verwandlung in Staatseigentum tritt zuerst hervor bei den großen Verkehrsanstalten: Post, Telegraphen, Eisenbahnen.“ Soll dies nun besagen, dass nach Engels der bürgerliche Staat allmählich alle großen Produktionsmittel in Staatseigentum überführen wird? Oder will Engels in der Hervorhebung dieser Tendenz, der Umwandlung solcher Produktionsmittel, als dazu geeignet erscheinen, in Aktiengesellschaften oder Staatseigentum eine Basis für seine folgende Darlegung schaffen, dass die gesellschaftliche Funktion des Kapitalisten damit verloren geht? Dass Ersteres nicht die Absicht sein kann, zeigt zwei Seiten weiter der Satz: „Das Proletariat ergreift die Staatsgewalt und verwandelt die Produktionsmittel zunächst in Staatseigentum.“ (S. 301-302). Also waren sie zuvor durch den bürgerlichen Staat noch nicht in Staatseigentum verwandelt worden. Will man Engels nach dem zitierten Satz zur Autorität des Staatskapitalismus machen, so bringt man ihn mit sich selbst in Widerspruch. Auch findet sich dann nirgends eine Bestätigung durch die wirklichen Tatsachen. Die Eisenbahnen sind in den Ländern des entwickeltsten Kapitalismus, in England und Amerika, noch immer Privatbesitz kapitalistischer Gesellschafter; Post und Telegraph sind fast überall Staatsbetriebe, aber aus anderen Gründen als ihrer gewaltigen Entwicklungshöhe, und die deutschen Eisenbahnen waren von Anfang an staatlich, zumeist aus militärischen Rücksichten. Der einzige wirkliche Staatskapitalismus, der russische, konnte die Produktionsmittel in Staatseigentun überführen, nicht wegen der großen, sondern umgekehrt wegen der geringen Entwicklungshöhe der dortigen Produktivkräfte. Und über das, was das heutige Italien und Deutschland uns zeigen: Eine sehr starke Beaufsichtigung, Regelung und Freiheitsbeschränkung des Privatkapitalismus durch eine allmächtige Staatsgewalt, darüber findet man bei Engels nichts. Natürlich nicht. Denn er war ja kein Wahrsager, sondern ein Forscher und Kenner der gesellschaftlichen Entwicklung. Was er darlegt, sind die wichtigen grundlegenden Tendenzen in der Entwicklung und ihre Bedeutung. Entwicklungstendenzen lassen sich nur gut dadurch zum Ausdruck bringen, dass man über die Zukunft redet; das schadet nichts, wenn man sich vorsichtig ausdrückt. Und wenn man sich unvorsichtig ausdrückt, wie Engels oft tat, so schmälert das Nichteintreffen seiner Erwartung nicht im Geringsten den Wert seiner Ausführungen: ein Mann wie er hat das Recht, dass man auch seine Mutmaßungen, wie er sie unter bestimmtem Verhältnissen zog, mit Aufmerksamkeit behandelt. Dass Marx und Engels die Entwicklungstendenzen des Kapitalismus ableiteten und darlegten, gibt ihnen einen Platz unter den herausragendsten unter den Denkern und Wissenschaftlern des 19. Jahrhunderts; aber ein halbes Jahrhundert voraus die Einzelheiten einer Wirtschaftsstruktur anzugeben, war ihnen auch nicht möglich. Also soll man nicht ihre wissenschaftliche Leistung zu einer Wahrsagerei herabdrücken, um der eigenen Wahrsagerei eine neue Stütze zu geben. Wenn die deutschen Genossen alle diese Regierungsmaßnahmen zur Regelung und Ordnung der Produktion darlegen und diese neuen Tendenzen als Beispiel zu den allgemeinen Tendenzen des Kapitalismus vorführen, so ist das außerordentlich wertvoll. Wenn sie diese neuen tatsächlichen Verhältnisse zur Grundlage ihrer Praxis, ihrer Taktik und Propaganda zur Aufklärung der Arbeiter machen, so stimmen wir dem vollkommen bei. Aber ganz etwas anderes ist es, wenn sie aufgrund ihrer Verhältnisse nun die These, dass der Staatskapitalismus überall als entwickelte Form des Kapitalismus auftreten wird, zur theoretischen Grundlage des proletarischen Klassenkampfes machen wollen. V.Ähnlich steht es mit der Diktatur. Solche Diktaturen wie in Italien und Deutschland sind als Zwangsgewalt nötig, um der unwilligen Masse der kleinen Kapitalisten die Ordnung und Regelung aufzuzwingen. Deshalb wird von den Revolutionären Obleute diese Diktatur als die zukünftige politische Form für den entwickelten Kapitalismus über der ganzen Welt gesehen. Vor 40 Jahren wurde in der sozialistischen Presse hervorgehoben, dass die Militärmonarchie die zum Großkapitalismus gehörende politische Form sei; denn die Bourgeoisie brauche Kaiser, Junker und Armee gegen eine revolutionäre Arbeiterklasse und gegen das Ausland. Vor 10 Jahren hieß es, dass die Republik die entsprechende Staatsform für den entwickelten Kapitalismus sei; denn dabei erst sei die Bourgeoisie wirklich allein Meister. Jetzt ist die Diktatur die notwendige Form. Und immer werden zutreffende Gründe angeführt. Aber während all dieser Zeit behalten Länder wie England, Frankreich, Amerika, Belgien, während ihr Kapitalismus sich gewaltig entwickelt und konzentriert, dieselbe politische Form der parlamentarischen Regierung bei, sei es Königtum oder Republik. Was beweist dies? Dass der Kapitalismus viele Wege hat, die zum gleichen Ziel führen. Und dass man aus der Teilerfahrung eines einzelnen Landes nicht zu rasch auf die ganze Welt schließen soll. In jedem Land führt das Großkapital seine politische Herrschaft durch mittels der vorgefundenen, überlieferten, historisch bedingten und politischen Institutionen, deren Funktion sich dann gradweise ändern. Nehmen wir England. Dort hat das System des Parlamentarismus mit einem hohen Maß von Selbstverwaltung und persönlicher Freiheit jenen bedeutenden Erfolg, dass so gut wie jede Spur von Sozialismus, Kommunismus oder revolutionärer Gesinnung in der Arbeiterklasse fehlt. Auch hier hat der Monopolkapitalismus sich entwickelt‚ auch hier beherrscht er die Regierung, auch hier greift die Regierung ein mit Maßnahmen gegen die Krisenfolgen; aber hier kommt man ohne Diktatur aus. Gewiss ist es keine Demokratie; vor einem halben Jahrhundert schon regierten zwei zumeist aristokratische Cliquen von Politikern abwechselnd, und jetzt ist es nicht anders. Aber sie herrschen mit anderen, auf die Dauer wahrscheinlich effektiveren Mitteln als durch brutale Diktatur. Wenn man mit Deutschland vergleicht, wo zuerst der scharfe Druck eines Polizeistaates die Arbeiter radikalisierte, dann die Arbeiter durch den militärischen Zusammenbruch ihrer Herrscher – nicht durch große innere Kraft – äußerliche politische Macht erhielten, die dann durch eine scharfe Diktatur seitens einer durch das Monopolkapital finanzierten Kleinbürgerrevolte vernichtet werden musste – so erscheint die gleichmäßige feste Macht des Großkapitals in England als die normalere Form. Dass soll nicht besagen, dass dies wirklich normal und Deutschland die abnormale Form ist, ebenso wenig wie umgekehrt. Sondern jeder Fall ist ein besonderer; jedes Land hat die besondere Form seiner politischen Entwicklung. Und vergleichen wir Amerika, so sehen wir in diesem Weltteil der kolossalsten Kapitalmonopole ebenso wenig einen Übergang zur Diktatur. Die schwere Krise hat einige Regelungen und Eingriffe seitens der Roosevelt- Regierung gezeitigt, darunter die Anfänge einer Sozialpolitik, die bisher nahezu fehlte; aber das Privatkapital rebelliert schon und fühlt sich mächtig genug, seinen eigenen Weg des Kampfes zu gehen. Von Amerika aus gesehen erscheinen die Diktaturen in einigen europäischen Ländern als die schweren, freiheitshemmenden Panzer, die die dicht zusammengepferchten, von ererbten Fehden gepeitschten Nationen Europas sich gegen die gegenseitige Vernichtung anlegen müssen; nicht als die zweckmäßige Organisationsform des höchstentwickelten Kapitalismus. Wenn die deutschen Genossen die deutsche Entwicklung als Muster für die etwas trägere Entwicklung der ganzen Welt halten, so kann man das als Spezialfall der allgemeinen Erscheinung hinnehmen, dass jeder die Welt durch die Brille seiner nächsten Umgebung sieht. Wenn sie aber glauben, dass ihre Auffassung die wirtschaftliche, theoretische Grundlage zur neuen Arbeiterbewegung abgeben soll, so irren sie sich vollkommen. Die neue Arbeiterbewegung, die wir mit dem Namen Rätekommunismus bezeichnen, findet ihren Grund nicht im Staatskapitalismus und faschistischer Diktatur. Sie ist überall für die Arbeiter notwendig und wird sich überall entwickeln müssen. Sie ist notwendig wegen der kolossal gestiegenen Macht des Großkapitals. Weil gegen diese gestiegene Macht die alten Formen der Arbeiterbewegung machtlos sind, deshalb müssen die Arbeiter zu neuen Aktionsformen greifen. Deshalb, wenn eine Programmbasis für die neue werdende Arbeiterbewegung angegeben werden soll, so kann das nicht Staatskapitalismus, Faschismus, Diktatur sein, sondern nur die in allen Ländern sichtbare steigende Macht des Kapitals und Ohnmacht der alten Arbeiterbewegung. Für die deutsche Arbeiterklasse fallen diese beiden zusammen; die gestiegene Macht des Großkapitals ist dort die Macht der politischen und wirtschaftlichen Diktatur. Wenn also dort in der Aufklärung über neue Aktionsformen an die Diktatur angeknüpft wird, so ist das nicht anders möglich und vollkommen richtig. Aber um so törichter ist es dann, diese Begründung in einem internationalen Programm festlegen zu wollen, auch für andere Länder, wo sie keiner Wirklichkeit entspricht. © Obgleich die Kommunistische Linke im Allgemeinen keine Urheberrechte bzw. „intellektuelle Eigentumsrechte“ für sich eingefordert hat, können einige Veröffentlichungen auf dieser Webseite urheberrechtlich geschützt sein. In diesem Fall steht ihr Gebrauch nur zum Zweck persönlichen Nachschlags frei. Ungeschütztes Material kann für nicht-kommerzielle Zwecke frei und unentgeltlich verbreitet werden. Wir sind Ihnen erkenntlich für Ihren Quellenhinweis und Benachrichtigung. Bei beabsichtigter kommerzieller Nutzung bitten wir um Kontaktaufnahme. Compiled by Vico, 4 December 2020 |
Übersicht
|